Ordensschwester Lotte, König Herodes Antipas, der Capuccino-Mann Angelo und Johnny Flodder klären gemeinsam Verbrechen auf.
Wäre dies wirklich so, hätte die neue ZDF-Serie Donna Roma einen Platz in unseren Top 5 der bescheuertsten Krimiserien aller Zeiten verdient, die wir morgen an dieser Stelle veröffentlichen werden. Aber dies sind zum Glück nur die bisher populärsten Rollen der vier Hauptdarsteller.
Jutta Speidel ist aus Um Himmels Willen, einer der erfolgreichsten deutschen Serien der letzten zehn Jahre, ausgestiegen, um das zu spielen, was sie schon immer spielen wollte: Eine Kommissarin. Keine Nobelpreisträgerin, keine Friedenstifterin, keine Heilige, nein, eine Kommissarin. Gut, wenn das jeder macht, will man das natürlich auch. Als Berliner Kriminalpsychologin jagt sie nun per Amtshilfe in Rom raffinierte Mörder und hat dabei zwei einheimische Kollegen zur Seite, von denen einer, Luca Barbareschi, im letzten „Jesus“-Film mitspielte und der andere, Bruno Maccallini, früher seiner Nachbarin in der Fernsehwerbung verklickerte, er habe gar kein Auto und heute in der wirklichen Welt Speidels Lebensgefährte ist. In der Fernsehwelt wiederum ist Jutta Speidel gerade noch mit Johnny Flodder verheiratet, der in der wirklichen Huub Stapel heißt und in seiner neuen Rolle Konstantin.
Man ist zunächst versucht, Donna Roma als Blödsinn abzutun, denn auf den ersten Blick scheint vieles ungereimt: Warum will man uns weismachen, ein Flug von Berlin nach Rom dauere fünf Stunden? Warum sollen wir mit einer Frau sympathisieren, die in einer fremden Stadt bei den neuen Kollegen ankommt und erst mal alle barsch herumkommandiert? Warum sollen wir glauben, dass das Deutsch, das Jutta Speidel mit ihrer Familie in Berlin spricht, tatsächlich Deutsch ist, das Deutsch, das sie mit ihren Kollegen in Rom spricht, aber Italienisch? (Es werden lediglich einige obligatorische Allerweltsitalienismen wie „scusi“, „prego“, „pronto“ und „grazie“ eingestreut – nicht, dass ich mir wünschen würde, die ganze Sendung würde in italienischer Sprache gezeigt, aber es wirkt einfach komisch, wenn Jutta Speidel vom Kollegen für ihr hervorragendes Italienisch gelobt wird.) Will man uns für dumm verkaufen, wenn einerseits aus den Dialogen hervorgeht, dass die Handlung am Monatsanfang spielt, aber gleichzeitig alle Hotels ausgebucht seien, weil der Papst Geburtstag habe? (Der Papst wurde am 16. April geboren, sein Vorgänger am 18. Mai.)
Auch die Akustik ist sehr gewöhnungsbedürftig. Sie kennen doch den typischen Studioklang einer synchronisierten Serie und den typischen affektierten Tonfall deutscher Synchronsprecher? Beides steht nun leider im krassen Gegensatz zu der atmosphärischen Originaltonaufnahme, die beim Vor-Ort-Dreh tatsächlich entsteht. Hier treffen nun beide aufeinander, denn jeder Darsteller spielte in seiner Muttersprache. Auf der Presse-DVD, die das ZDF verschickt hat, sind hinten noch ein paar unsynchronisierte Originalaufnahmen, und da klingt es recht lustig, wenn Jutta Speidel eine deutsche Frage stellt und Luca Barbareschi auf Italienisch antwortet. In der TV-Fassung ist Barbareschi aber synchronisiert, Speidel nicht, und das klingt einfach merkwürdig.
Jetzt kommen wir zum großen „Aber trotzdem!“: Lässt man nämlich all diese Dinge hinter sich, was überraschend leicht fällt, ist die Serie gut. Nicht ZDF-gut, sondern gut. Also auch gut für Menschen, die sich noch selbst ernähren können, den Fernseher auch bei normaler Lautstärke hören und nicht bei der Gründung der Stadt Rom schon gelebt haben. (Ich übertreibe natürlich und entschuldige mich dafür schon jetzt beim ZDF und bei allen, die sich beleidigt fühlen könnten. Fakt ist aber: Der durchschnittliche ZDF-Zuschauer ist fast 60 Jahre alt. Bei den Zuschauern unter 50, derentwegen die Werbewirtschaft freudig im Dreieck springt, liegt das ZDF im laufenden Jahr auf Platz sechs, hinter RTL, Pro Sieben, Sat.1, der ARD und Vox. Rechnete man Wetten, dass…? heraus, sähe alles noch viel, viel düsterer aus.)
Während die meisten ZDF-Serien in den vergangenen zwanzig Jahren entweder Abwandlungen der Drombuschs, des Landarztes oder von SOKO 5113 waren, ist Donna Roma originär und originell. Die Chemie zwischen den Hauptdarstellern stimmt, die im Vordergrund ebenso viel Wärme und Charme versprühen wie im Hintergrund die schönen Aufnahmen Roms, und die Fälle sind kurzweilig und die ausgefallensten seit CSI. Mit CSI hat Donna Roma aber rein gar nichts zu tun. Der Fall spielt zwar eine große Rolle, aber die Charaktere sind ebenso wichtig. Es sind extrem eigensinnige Charaktere. Sie forsch und hartnäckig, er grummelig, doch entspannt. Aber beide im Grunde freundlich und sympathisch. Und obwohl es anfangs gar nicht so aussieht, als sprühten auch in dieser Serie die obligatorischen romantischen Funken zwischen weiblichem und männlichem Hauptdarsteller, führt wohl kein Weg daran vorbei.
Donna Roma ist sehenswert – und enthält außerdem den besten Dialog der Woche:
Sie: „Tanzen Sie?“
Er: „Nein, ich trinke lieber.“
Donna Roma,
donnerstags um 20.15 Uhr im ZDF.
Michael, 1. März 2007, 02:26.