Bitte gehen Sie doch weiter, hier gibt es nichts zu sehen

Wer diese Woche Tickets für die Daily Show with Jon Stewart hatte, stand zwar wegen des Autorenstreiks vor verschlossenen Türen, bekam aber auf einem überdimensionalen Plakat an der Wand von „Comedy Central’s World News Headquarters“ in New York einen Alternativvorschlag.

Schlagwörter: ,
Michael, 7. November 2007, 21:48.

Streiklustige Typen

Fünf Monate dauerte der letzte Streik der amerikanischen Film- und Fernsehautoren im Jahr 1988, und noch heute sind viele Autoren der Meinung, im Streit um die Beteiligung an Gewinnen aus Videoverkäufen damals zu früh eingeknickt zu sein. Um genau diesen Punkt geht es auch diesmal im Wesentlichen, nur dass aus den damals unbedeutenden Kaufvideos heute DVDs und Internetportale geworden sind, die eine immer größere Rolle spielen, während die Einschaltquoten für Fernsehausstrahlungen durch die Bank rückläufig sind.

Bei fiktionalen Produktionen wird man den Streik erst später spüren. Viele Episoden sind bereits fertiggestellt und müssen nur noch gesendet, andere schon geschrieben und müssen nur noch gedreht werden. In etlichen Monaten kann es aber sein, dass aktuelle Staffeln zum Beispiel von Dr. House, CSI: Miami oder Boston Legal nach deutlich weniger als den sonst üblichen 24 Folgen zu Ende gehen. Besonders merkwürdig wäre das im Fall von 24.

Sofort betroffen sind die Late-Night-Shows, die auf täglich frisches Material ihrer Autoren angewiesen sind. Ohne sie sei er nicht lustig, sagte Marktführer Jay Leno, suggerierend, im Normalfall sei er es. Leno, David Letterman, Jon Stewart, Conan O’Brien, Craig Ferguson, Jimmy Kimmel und Stephen Colbert haben ihren aktuellen Betrieb sofort eingestellt, bis auf Weiteres werden Wiederholungen gezeigt. Doch irgendwann werden sie wieder auf Sendung gehen, und dann wird es spannend, was sie zu senden haben. Den kleinsten Schaden könnte David Letterman davon tragen, dessen Show schon im Normalfall aus vielen absurden Situationen besteht, die einfach nur fragende Blicke ins Fernsehgerät verursachen.

Von Juni bis August 1988, nach einer dreinhalb Monate langen Auszeit, füllte er während des Autorenstreiks mit den folgenden Maßnahmen Sendezeit. Wie es sich für Letterman gehört, sind sie in eine Top-10-Liste gegliedert.

  1. David Letterman ließ sich von einem Frisör rasieren.
  2. Er ließ sich einen Anzug schneidern. (Special Event. Konnte man fünf Tage lang ausschlachten.)
  3. Er toastete Brotscheiben und warf sie ins Publikum. Gemeinsam mit seinem Gast John Cleese bestrich er sie mit Marmelade. Der Toaster war das Geschenk des Senders NBC anlässlich seiner 1000. Sendung.
  4. Live-Übertragung per Satellit der Geschehnisse in einem Waschsalon.
  5. Live-Übertragung per Satellitaus einem feinen Restaurant, in dem NBC-Chefs speisten, um zu zeigen, wie sie auf ihre tollen Ideen kommen.
  6. Ein Video zeigte den Präsidentschaftskandidaten Michael Dukakis, der seinen Rasen mähte.
  7. Late-Night-Ikone Johnny Carson persönlich erteilte David Letterman die Erlaubnis, sein Spiel „Stump The Band“ zu stehlen, bei dem Zuschauer aus dem Publikum versuchen mussten, sich von der Studioband Lieder zu wünschen, die niemand kennt.
  8. 14 Minuten Pantomime.
  9. Live-Übernahme von Lokalnachrichten eines anderen Senders.
  10. David Letterman versuchte sich an einer Wettervorhersage vor einer echten Wetterkarte der NBC-Nachrichtenredaktion und erinnerte damit an den Beginn seiner Karriere, als Letterman als Wettermann eines Lokalsenders in Indiana Hagelkörner in der Größe von Dosenschinken vorhersagte und einem tropischen Sturm zur Beförderung zum Hurrikan gratulierte.
Schlagwörter: , ,
Michael, 6. November 2007, 20:58.

Was Lokführer können, können Hollywoodautoren schon lange

Alle erfolgreichen amerikanischen Late-Night-Shows haben mit Beginn der Woche ihren Betrieb eingestellt, weil die Autorengewerkschaft streikt. Für meine Freizeitplanung war es ganz glücklich, dass der Streik noch nicht vergangene Woche begann, sonst hätte ich in New York nicht an aufeinanderfolgenden Tagen im Publikum bei Conan O’Brien, Stephen Colbert und David Letterman sitzen können. Alle machten sich bereits über den bevorstehenden Streik lustig. Letterman erklärte, es könne unter Umständen sogar ganz interessant sein, zu sehen, was passiere, wenn ihm wieder selbst etwas einfallen müsse.

So einfach ist die Sache natürlich nicht. Die Late-Night-Moderatoren gehören zugleich zum Autorenteam ihrer eigenen Shows und sind deshalb an den Streik der Gewerkschaft gebunden. Sie könnten in ihrer Rolle als Moderatoren zwar auftreten, dürften aber kein geschriebenes Material verwenden, auch nicht ihr eigenes. Improvisieren wäre erlaubt. Oder zwangloses Geplauder. Wenn der Streik lange andauert, wonach es im Moment aussieht, werden die Shows früher oder später wieder auf Sendung gehen. Wie Letterman beim letzten mehrmonatigen Autorenstreik 1988 mit der Situation umging, werden wir etwas später an dieser Stelle schildern.

Jon Stewart erklärte den Zuschauern den Inhalt des Streits zwischen Autoren und Auftraggebern. Unter anderem geht es darum, dass die Autoren gern höher an den Einnahmen durch neue Verbreitungswege wie DVD-Verkäufe oder Internetnutzung beteiligt würden. In den bisherigen Verträgen waren diese Wege so gut wie gar nicht vorgesehen. Stewart erklärte noch ironisch, er könne die Begehrlichkeiten nicht verstehen, wie viel Fernsehen stünde schon ernsthaft im Internet zur Verfügung, um im nächsten Atemzug die Zuschauer darauf hinzuweisen, sie könnten sich während der Sendepause ja mit dem neuen Online-Archiv vergnügen, wo jede Episode abrufbar ist, seit Stewart die Show 1999 übernahm.

Außerdem ist mir das Kunststück gelungen, mir stundenlang als Zuschauer den Marathon in New York am Streckenrand anzuschauen und dabei sowohl Lance Armstrong, als auch Ulrike von der Groeben, Peter Kloeppel, Elton und Katie Holmes zu übersehen. Das ist doch was.

Michael, 6. November 2007, 14:58.
Blättern:  1 2


Das Buch

die Autoren

Weitere Bücher

New York für Fern-SeherDie kleine House-Apotheke

Links