Won By Two Strangers
„Am Ende hat Stefan Raab doch meistens Recht.“
Ich, nachdem ich ausführlich dargelegt hatte, warum ich es für einen Fehler hielt, Lena noch einmal zum Eurovision Song Contest antreten zu lassen.
Nach wie vor glaube ich, dass die Suche nach einem neuen Künstler im Vorfeld des Eurovision Song Contest deutlich interessanter gewesen wäre als das diesjährige Prozedere, und dass dann nach der Rekordquote vom Vorjahr sogar noch ein bisschen Luft nach oben gewesen wäre, einfach weil es sich um einen Wettbewerb im eigenen Land handelte. Aber hey, was weiß ich schon? Ich habe auch geglaubt, Island würde gewinnen.
Am Ende hatte also Stefan Raab doch wieder Recht, weil nach dem ESC alle zufrieden sein können.
- Lenas Fans können mit dem Platz unter den Top 10 zufrieden sein. Platz 10 ist ordentlich, kein Gesichtsverlust, und im vergangenen Jahr wäre Platz 10 nach den Katastrophen der Vorjahre schon als Erfolg gefeiert worden.
- Die Lena-Hasser können zufrieden sein, weil der Lena-Hype jetzt trotzdem vorbei sein wird, und weil sie ja immer gesagt haben, Lena würde nicht noch einmal gewinnen.
- Stefan Raab kann zufrieden sein, weil er sich vor 100 Millionen Zuschauern bei einem Wettbewerb austoben konnte, der ihm seit Jahren am Herzen liegt, und weil sich kaum noch jemand an Ralph Siegel erinnert.
- Gegner des Fremdschämens können zufrieden sein, weil das deutsche Moderatorentrio keinen Anlass dazu lieferte, nachdem man viele Jahre davor Angst gehabt hatte, falls der ESC mal nach Deutschland kommen sollte.
- Der NDR kann zufrieden sein, weil Raab und Brainpool ihm die Kreativarbeit abnahmen, was in Vorgenanntem resultierte.
- Die ARD kann zufrieden sein, weil mit 13,83 Millionen Zuschauern zwar die Zahl vom Vorjahr verfehlt wurde, aber nur um etwa 800.000 Zuschauer. Die gestrige Quote war insgesamt die zweithöchste eines Eurovision Song Contests; sie lag 20.000 Zuschauer über dem 1982er Sieg von Nicole.
- Die britischen Ex-Stars von Blue können zufrieden sein, weil sie jetzt wieder in die Bedeutungslosigkeit zurückkehren können, in die sie gehören.
- Die Ozonschicht kann zufrieden sein, weil die Weltkarriere der irischen Zwillinge Jedward ausgebremst wurde.
- Aserbaidschan kann zufrieden sein, weil mit dem Televoting beim ESC eine Art Demokratie ins Land kommt. Und wer ist nicht zu beneiden, der eine Großveranstaltung von 1 Uhr bis 4.30 Uhr morgens ausrichten muss?
- Frank Elstner kann zufrieden sein, weil er vielleicht nie wieder eine arrogante Zicke ohne Manieren interviewen muss, die ihm permanent unter die Nase reibt, dass er nicht die geringste Ahnung von dem hat, was er moderiert.
- Und die Zuschauer können zufrieden sein, denn wenn man die Musik mal außen vor lässt, war auch dieser Eurovision Song Contest eine sehr unterhaltsame Veranstaltung.