Verdammt langatmig, das Ansehen

Respekt! Beim ersten Lesen der Inhaltsbeschreibung („Fünf Menschen, die früher mal befreundet waren, sehen sich nach langer Zeit wieder“) wäre niemand auf die Idee gekommen, dass es sich bei dem neuen Sat.1-Vorabendfüller Verdammt lange her — Das Wiedersehen um einen Abklatsch des Fernsehpreisgewinners Das perfekte Dinner handeln könnte. Bei Ansicht der neuen Dokusoap wird es allerdings schon in den ersten fünf Minuten klar.

Die Unterschiede: Hier wird nicht gekocht, und die Teilnehmer haben sich vorher schon mal gesehen. Das ist aber etliche Jahre her, dann brach der Kontakt ab, und seitdem kann viel passiert sein. Die Erforschung dessen erstreckt sich bei jeder Fünfergruppe über fünf Vorabende — und hier sind wir bei den Parallelen angekommen. Jede Woche lernen wir fünf neue Leute kennen, die uns dann ein paar Tage begleiten, deren Treffen dokumentiert werden und die zwischendurch einzeln ihren Senf in die Kamera sprechen. Jeden Tag ist ein anderer der Gastgeber, über den man sich auslassen kann, eine Off-Stimme kommentiert, und am Ende bewerten die Teilnehmer nicht umständlich die Gastgeberqualitäten, sondern direkt die Menschen. Wenn dann alle wollen, dass in Zukunft der Kontakt bestehen bleibt, bekommt die Gruppe einen gemeinsamen Urlaub spendiert, schert nur einer aus, bleiben alle zu Hause.

Hier eröffnet sich bereits die Möglichkeit, im doppelten Erfolgsfall (= Einigkeit der Gruppe + Popularität der Sendung) einen Serienableger zu spinnen und gleich noch eine weitere Vox-Show zum Vorbild zu nehmen: Der perfekte Urlaub.

Einen Deutschen Fernsehpreis wird der Wiedersehenswettbewerb jedenfalls nicht gewinnen. Zumindest nicht in der Kategorie „Beste Kochshow“.

Wiedersehen.

Verdammt lange her — Das Wiedersehen, werktags um 19.15 Uhr in Sat.1.

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Michael, 15. Oktober 2007, 06:10.

Helden

Heroes ist eine Mysteryserie. Das merkt man schon daran, dass es völlig rätselhaft ist, warum sie so populär ist. Sie ist kurzweilig, aber man weiß nicht warum, denn es passiert eigentlich nichts. Ihre Spannung zieht sie allein daraus, dass irgendwann etwas passieren könnte.

Die Sache ist die: Ein paar an sich langweilige Typen entdecken an sich selbst Superkräfte, wissen aber nicht, was sie damit anfangen sollen. Jeder hat andere Fähigkeiten. Eines Tages werden sie erfahren, dass sie ihre Fähigkeiten bündeln und die Welt retten müssen. Der erste, der die bevorstehende Katastrophe kommen sieht, ist der nervtötende japanische Comicfan Hiro, weil er die Zeit anhalten und in die Zukunft reisen kann. Die Rettung der Welt liegt in den Händen eines Trottels. Na super.

Zunächst mal lernen wir ihn und die anderen samt ihrer Eigenarten ausführlich kennen und sehen ihre individuellen Geschichten und Erfahrungen mit ihren Fähigkeiten. Manche Wege kreuzen sich bereits. Und dann ist da wohl noch eine Verschwörung oder sonstwas, was man noch nicht durchschaut. Jedenfalls gibt es diesen undurchschaubaren Menschen, der gezielt undurchschaubar aussieht und guckt, als führe er Böses im Schilde. Der führt bestimmt Böses im Schilde.

Heroes ist nicht so langweilig und deprimierend wie Jericho und nicht so verwirrend wie Lost, müsste Fans beider Serien dennoch und anderen deshalb gefallen. In den USA hat die Serie in der vergangenen Saison einen Hype ausgelöst, in England löste ihn die BBC bereits aus, bevor sie vor zwei Monaten die Ausstrahlung begann. Jetzt beginnt sie bei RTL2, das sich gerade nach fünf Staffeln von einer anderen Fankultserie (24) verabschiedet hat. Mit seinen vergleichsweise billig in Kanada produzierten Sciencefiction-Serien, die in den USA nur bei kleineren Kabelsendern oder Lokalstationen laufen, ist RTL2 seit Jahren mittwochs abends recht erfolgreich. Mal sehen, ob das auch mit einer hochwertigen US-Produktion des großen Networks NBC funktioniert.

Heroes, mittwochs um 20.15 Uhr bei RTL2.

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Michael, 10. Oktober 2007, 07:09.

Familienkrimi mit Ach und Kracht

Die ARD glaubt, ein neues Genre erfunden zu haben: Die Familienkrimiserie. Eine Kreuzung aus Krimi und Familienserie. Mit Ermittlern, die ein Privatleben haben, das eine ebenso große Rolle spielt wie ihr jeweiliger Fall. Dolles Ding. Jetzt müsste es nur noch kurzweilig sein. Das hat bei der ersten von gleich drei neuen Familienkrimiserien, die in den nächsten Monaten montags mit jeweils sechs Folgen an den Start gehen sollen, leider nicht so gut geklappt.

Ein Fall für Nadja mit Marion Kracht als Hausfrau und Mutter, die plötzlich Privatdetektivin wird, ihr Leben nach einem schweren Unfall und einer Scheidung wieder in geregelte Bahnen bringen will und um das Sorgerecht für ihr Kind kämpft, hat einige nette Momente, aber leider noch mehr Längen. Die banalen Fälle wären in manch anderer Serie vermutlich innerhalb von zwei Minuten als Nebenschauplatz abgehandelt worden, hier füllen sie eine halbe Episode. Und die andere Hälfte macht klar, warum das Privatleben von Ermittlern sonst nie gezeigt wird: Es ist zu deprimierend.

Deshalb hier nur einer der netten Momente: Ihr zukünftiger Geschäftspartner stellt sich Nadja vor und hält ihr seine Visitenkarte entgegen.

Henry: „Wilkens. Henry Wilkens. Privatdetektiv.“
Nadja: „Da steht Theodor drauf.“
Henry: „Nee, is‘ durchgestrichen, ich hab‘ Henry drübergeschrieben.“

Interessant übrigens, dass sich bis zum Ende der ersten Folge bereits die Telefonnummer geändert hat, wie man auf dem neuen Geschäftsschild sehen kann.

Ein Fall für Nadja, montags um 20.15 Uhr im Ersten.

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Michael, 8. Oktober 2007, 07:05.

Ein Baumhügel

Die Teenieserie One Tree Hill galt einmal als heißer Anwärter auf einen Sendeplatz im werktäglichen Nachmittagsprogramm von ProSieben. Vier Jahre nach dem US-Start läuft One Tree Hill nun endlich bei ProSieben an, hat es jedoch nicht einmal auf einen Nachmittagssendeplatz am Wochenende geschafft: Sonntags morgens gegen 10.00 Uhr wird die Serie ab diesem Wochenende gezeigt.

Das kann kaum damit zusammenhängen, dass die Serie schlecht ist. Verstehen Sie mich nicht falsch: Die Serie ist schlecht, nur normalerweise besteht ja darin bei ProSieben kein Zusammenhang zum Sendeplatz. Nachmittags laufen weiterhin die Busenhexen, und übernächste Woche startet die alberne Geisterjagd Supernatural zur Primetime. Beide sind allerdings nicht halb so langweilig wie One Tree Hill.

Hauptdarsteller ist Chad Michael Murray, der zuvor die Macho-Nervensäge Charlie in Dawson’s Creek und die Macho-Nervensäge Tristan in Gilmore Girls spielte. Hier spielt er einen vergleichsweise schüchternen Jungen und Basketball, aber letztlich dieselbe Rolle, die alle Teenieserien-Hauptdarsteller spielen müssen.

Die Serie verfährt nach dem bekannten Strickmuster von Highschool-Soaps: Liebchen-wechsel-dich, Verbrüderungen und jede Menge Anfeindungen, Intrigen, Lügen und schlechte Stimmung.

Hätte ich die Wahl, mir eine Stunde lang One Tree Hill ansehen zu müssen oder eine Stunde lang immer wieder den U2-Song anzuhören, nach dem die Serie benannt ist, fiele die Wahl auf U2. Wer allerdings auf melodischen, modernen Gitarrenrock steht, könnte die Serie schon wegen ihres großartigen Soundtracks mögen. Der Titelsong „I Don’t Want To Be“ von Gavin DeGraw ist ein fantastischer Ohrwurm, und der Rest hält ganz gut mit. Die vielen langatmigen Dialoge dazwischen stören lediglich.

One Tree Hill, sonntags gegen 10.00 Uhr auf ProSieben.

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Michael, 6. Oktober 2007, 07:52.

Freitagskrimi jetzt auch am Mittwoch

Das ZDF hat großes Vertrauen in seine Serie mit Rainer Hunold als Der Staatsanwalt. Sie startete vor knapp drei Jahren mit einem erfolgreichen einzelnen Fernsehfilm. Noch bevor die wiederum einzelne Fortsetzung ausgestrahlt war, wurde eine ganze Staffel mit vier einstündigen Folgen gedreht, und noch bevor diese heute Abend an den Start geht, laufen bereits die Dreharbeiten für die nächste Staffel.

Es gibt aber auch keinen Grund, kein Vertrauen zu haben. Der Staatsanwalt ist bewährte Kost: Eine grundsolide, unspektakuläre, professionelle, zeitlose Serie wie alle ZDF-Krimis seit 35 Jahren. Nichts deutet darauf hin, dass es sich um eine Produktion der Gegenwart handelt, außer dass Rainer Hunold noch dicker geworden ist. Wenn er zwischendurch mit einem Freund Billard spielt, glaubt man trotzdem, in alte Folge von Ein Fall für zwei geraten zu sein. Aus dieser Serie stieg er damals viel zu früh aus, deshalb ist es schön, ihn wieder in einer Anwaltsrolle zu sehen.

Wer schon alle anderen ZDF-Krimiserien guckt, hat zwar keinen Grund, diese auch noch zu schauen, aber auch keine Ausrede, sie nicht zu mögen.

Der Staatsanwalt, mittwochs um 20.15 Uhr im ZDF.

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Michael, 19. September 2007, 07:30.

Bauer sucht Frau auf dem Nil

Ein Landwirt aus Bayern fand keine Partnerin fürs Leben, wollte aber auch nicht an einer RTL-Show teilnehmen. Also charterte er auf eigene Kosten für 75.000 Euro ein ganzes Kreuzfahrtschiff und veranstaltete seine eigene Singlereise. 106 Teilnehmer fand er. Da sollte die Auswahl doch groß genug sein.

Der SWR hat über die ungewöhnliche Privatkreuzfahrt eine dreiteilige Dokusoap gedreht. Am Ende von Teil 1 sagt eine Teilnehmerin über einen Teilnehmer: „Er ist bestimmt nur darauf aus, hier mal schnell jemanden kennenzulernen.“ Toll, sie hat das Konzept einer Single-Kreuzfahrt verstanden!

Brautschau auf dem Nil, donnerstags um 22.30 Uhr im SWR Fernsehen.

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Michael, 13. September 2007, 21:49.

Endlich wieder Furzwitze!

Es ist passiert. Das deutsche Fernsehen ist endlich auf dem Niveau von Furzwitzen angekommen. In der orthographisch falsch betitelten und humoristisch altbackenen Versteckte-Kamera-Show Ist doch nur Spass dürfen Passanten dumme Gesichter machen, wenn sie in absurde Situationen geführt werden, die oft mit altertümlichen Scherzartikeln und Sprungfedern zu tun haben. Oder eben mit Furzsimulationen, wie in der ersten Folge, die RTL schon heute Vormittag zeigte. Das ist also die neue Wunderwaffe fürs Nachmittagsprogramm, wo die Show ab heute den Problemsendeplatz um 17.00 Uhr einnehmen wird.

Immerhin kommt niemand zu Schaden. Die vorgestern Nacht ebenfalls bei RTL gestartete Pannen-Clipshow Sport ist Mord rühmt sich ja allen Ernstes, „die härteste Clipshow der Welt“ zu sein, weil sie auch Sportunfälle zeigt, bei denen Menschen verletzt wurden.

Die Filmchen stammen durchweg aus Kanada, und die Sendung käme wie in der kanadischen Originalversion komplett ohne Moderator aus, doch RTL lässt den Schlagersänger Ben am Anfang eine kurze Ansage machen, um den Eindruck einer Eigenproduktion zu erwecken.

Wer sich übrigens fragt, wohin man sich nach den Furzwitzen noch steigern will: Gute Frage. Die Polizisten in Strapsen waren nämlich auch schon in der Premiere dabei.

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Michael, 3. September 2007, 10:44.

Leben nach dem Tod

Der englische Sender E4 veranstaltet seit Jahren jede Woche den „Second Chance Sunday“. Da werden die aktuellen Episoden der populären Serien aus der abgelaufenen Woche ein zweites Mal gezeigt, für alle, die sie verpasst haben.

In Deutschland gibt etwas Ähnliches: Einen Second-Chance-Sender. Er heißt Kabel 1, und da werden nur wenige Jahre später all die Serien noch einmal ausprobiert, die der Absetzsender ProSieben vorzeitig aus dem Programm genommen hat. Heute starten zum Beispiel, beide von vorn, die Serien Las Vegas und The Shield, die erste von der Kritik gehasst, die zweite gelobt, die erste 2006 nach sechs, die zweite 2004 nach 13 Folgen abgesetzt.

Im Prinzip sind diese Serien eine ganz normale Erbschaft innerhalb der Senderfamilie. Wie in einer richtigen Familie.

Aber erbt man in einer richtigen Familie nicht erst nach dem Tod eines Familienmitglieds, werden Sie womöglich fragen?
Aha, dann gehören Sie also zu den wenigen Serienzuschauern, für die ProSieben noch nicht gestorben ist.

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Michael, 12. August 2007, 13:25.

Patchwork in Afrika

In einer Pilotfolge muss in der Regel zunächst mehr oder weniger krampfhaft die eigentliche Ausgangskonstellation einer Serie herbeigeführt werden. Es passiert deshalb oft sonst nicht viel. Wenn man dann noch eine Serie vor sich hat, deren Hauptziel es ist, Aufnahmen schöner Landschaften und wilder Tiere in Afrika zu zeigen, steht die Handlung noch mehr im Hintergrund. Und so passiert in der ersten Folge der britischen Serie Wildes Herz Afrika ungefähr Folgendes: Eine Patchworkfamilie reist von England nach Afrika, und ein schießwütiger kleiner Junge verliebt sich in ein Äffchen. Das dauert 45 Minuten.

Darüber hinaus deutet vieles darauf hin, dass wir es ab nächster Woche mit einer klassischen, harmlosen, aber netten Tierarztfamilienserie zu tun haben werden, die in Afrika spielt. Das macht sie zu einer Art Daktari mit Familienanschluss, ist aber, obwohl vierzig Jahre später gedreht, kaum moderner. Das tut den schönen Tier- und Landschaftsbildern natürlich keinen Abbruch. Und wer weiß, vielleicht fängt das Äffchen ja sogar eines Tages an zu schielen.

Wildes Herz Afrika, freitags um 19.25 Uhr im ZDF.

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Michael, 10. August 2007, 06:58.

Martinstag

Mit Doktor Martin ist das ZDF ins Mürrische-Ärzte-Geschäft eingestiegen. Angesichts des gigantischen Erfolgs von Dr. House lag der Verdacht nahe, das ZDF wolle mit einer schnellen Kopie auf den Zug aufspringen, doch dieser Verdacht zerschlug sich schon in den ersten Sekunden: Kühe. Kühe symbolisieren in deutschen Serien immer die Provinz, und die Provinz muss in deutschen Serien nur dann symbolisiert werden, wenn sie im Kontrast zur Historie der Hauptfigur steht. So hat Doktor Martin mehr von Allein unter Bauern als von Dr. House: Ein ehemals erfolgreicher Großstädter zieht aufs Land. Dort fühlt er sich so fremd wie Ein Bayer auf Rügen, kümmert er sich als Landarzt um eigenwillige Dörfler, hat eine ebenso faule wie inkompetente Sprechstundenhilfe wie der mürrische Becker, kann dann aber doch allein durch kurzen Anblick Diagnosen so schnell erstellen wie Dr. House.

Aus so vielen verschiedenen Serien erkennt man Elemente wieder, dass man unmöglich unterstellen kann, Doktor Martin sei von einer einzigen konkreten Serie inspiriert oder adaptiert worden.

Außer natürlich von der britischen Serie „Doc Martin“, deren Originaldrehbücher sie verwendet.

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Michael, 25. Juli 2007, 22:46.
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