Selbst ist der Leser: Fernsehpreis live!

Guten Abend meine Damen und Herren. Dieser Text kommt live aus der Lobby eines Hotels. Dort gibt es nämlich Internet. Leider kein Fernsehen. Das unterscheidet die Lobby von meinem Zimmer. Da gibt es Fernsehen, aber leider kein Internet. Willkommen im Jahr 2009!

Die geplante Live-Bloggung zum Deutschen Fernsehpreis muss deshalb leider ausfallen, was aber niemanden daran hindern muss, unten Nettig- und Gehässigkeiten abzusenfen.

Gute Unterhaltung, und mögen die Besseren gewi… — Halt, die sind ja in vielen Fällen gar nicht nominiert.

Michael, 26. September 2009, 20:08.

Legendär: Emmys im Anzug!

ProSieben ist in diesem Jahr etwas konsequenter, was die Emmy-Verleihung angeht. Statt einfach nur aus Unlust oder Inkompetenz einzelne Preise oder Gags zu unterschlagen, indem zu früh aus der Live-Übertragung ausgestiegen oder zu spät wieder eingeblendet wird, zeigt ProSieben die ganze Veranstaltung dieses Jahr einfach gar nicht.

Hier im Fernsehlexikon gibt’s trotzdem heute Nacht Live-Zeugs.

Moderator ist diesmal Neil Patrick Harris, bekannt als Barney aus How I Met Your Mother und als Doogie Howser aus Doogie Howser, M.D.

Im deutschen Fernsehen wird die Verleihung ab 2 Uhr bei einem Sender namens TNT Serie übertragen.

2.o1 Uhr: Die Show eröffnet mit einer Musicalnummer, in der Neil Patrick Harris die Zuschauer singend auffordert, die Fernbedienung aus der Hand zu legen. Ich nehme die Fernbedienung in die Hand und stelle lauter.

2.05 Uhr: Die Show läuft seit fünf Minuten, und Harris stellt fest: „Wir hängen bereits 27 Minuten.“ Außerdem erklärt er seinen Job: „Ich bin hier, um dafür zu sorgen, dass alles glatt läuft. Ich hoffe, Kanye West mag 30 Rock.“

Das Orchester ist diesmal auf der Bühne zu sehen. Harris: „Normalerweise sitzen die im Graben. Heute können Sie sie sehen, und dann sehen Sie, warum sie somnst im Graben sitzen.“

Die Verleihung ist diesmal in fünf große Blöcke nach Genres geteilt. Es geht los mit allen Preisen aus dem Bereich Comedy.

2.13 Uhr: Beste Nebendarstellerin Comedy wird Kristin Chenoweth aus Pushing Daisies und weint sich durch die Dankesrede. Frau Chenoweth hat schon eine extrem quietschende Stimme, wenn sie nicht weint, aber diese Rede jetzt können wohl nur noch Hunde hören.

2.21 Uhr: John Hodgman spricht heute die informierenden Off-Texte über die Gewinner, während sie aus dem Pulikum auf die Bühne treten. Als er kurz vorgestellt wird, erklärt er, das meiste zu erfinden. Und das tut er tatsächlich. Nie waren diese kurzen, beiläufigen Texte lustiger.

2.23 Uhr: 30 Rock gewinnt seinen ersten Preis für heute, fürs Drehbuch. Keine Überraschung, vier der fünf Nominierten waren Autoren von 30 Rock.

Neil Patrick Harris kommt nicht so gut an, wie ich erwartet hätte, nachdem er für seine Moderation des Musical-Preises Tony viel gepriesen worden war. Ich finde ihn lustig, aber das Publikum ist recht still. Harris merkt das auch: „Der  Abend hätte sich in zwei Richtungen entwickeln können. Momentan entwickelt er sich in die zweite.“

2.26 Uhr: Bester Nebendarsteller Comedy: Jon Cryer in Two And A Half Men.

2.34 Uhr: Justin Timberlake präsentiert den Preis für die beste Comedy-Hauptdarstellerin und überreicht ihn an Toni Collette für United States of Tara.

2.38 Uhr: Voll von gespieltem Sarkasmus gratuliert Neil Patrick Harris nachträglich seinem Kollegen Jon Cryer. In dessen Kategorie war auch Harris selbst nominiert. Nur um sicher zu gehen, lässt er sich von Cryer nochmal den Umschlag mit dem Namen des Gewinners zeigen.

2.42 Uhr: Bester Comedy-Regisseur: Jeff Blitz von The Office. Off-Sprecher Hodgman erfindet: „Als er von seiner Nominierung erfuhr, küsste er Angelina Jolie und ging wieder ins Bett.“

2.50 Uhr: Bester Comedy-Hauptdarsteller: Alec Baldwin in 30 Rock.

2.54 Uhr: Aha: Genre-Fünfteilung hin oder her, der wichtige Preis für die beste Comedy-Serie kommt doch erst am Ende der Übertragung. Jetzt läuft aber noch eine kurze Trickfilm-Zuspielung der nominierten Serie Family Guy. Es ist das erste Mal seit Familie Feuerstein, dass eine Trickserie als beste Comedy nominiert ist. Baby Stewie befragt den sprechenden Hund Brian, welche Serie den Emmy bekommen sollte. Brian findet How I Met Your Mother habe den Preis verdient, Neil Patrick Harris sei grandios. Nach einer ausführlichen Jack-Bauer-Folter durch den Kleinen sieht der Hund ein, dass natürlich Family Guy gewinnen müsse. Brutal lustig.

3.00 Uhr: Wir sind im Reality-Teil angekommen. Jeff Probst gewinnt als bester Moderator für Survivor und beglückwünscht Neil Patrick Harris zu dessen Leistung: „So moderiert man die Emmys!“ Er ist also einsichtig. Probst und vier Reality-Kollegen waren vergangenes Jahr als Emmy-Moderationsquintett gescheitert.

3.08 Uhr: The Amazing Race gewinnt zum siebten Mal den Emmy als beste Reality-Spielshow. Seit es diese Kategorie gibt, hat noch nie eine andere Sendung gewonnen. Das dritte Jahr in Folge schreibe ich im Wortlaut diesen Satz und erhöhe lediglich die Zahl.

Ein schöner Running Gag des Abends ist, dass Harris die Laudatoren ankündigt mit „Sie kennen ihn als…“ und dann frühe Nebenrollen nennt, an die sich kein Mensch erinnert.

3.13 Uhr: Wir sind in der Filmkategorie angekommen. Die großen US-Sender zeigen aber keine eigenproduzierten Filme mehr, also so ähnlich wie es die deutschen Sender mit eigenproduzierten Serien halten. Es gewinne deshalb in der Regel Pay-TV-Produktionen. Deshalb muss man sich als Deutscher keine Gedanken machen, wenn man keinen der Filme gesehen hat: Die Amerikaner haben es auch nicht.

3.30 Uhr: Zum ersten Mal dürfen die (echten) Emmy-Buchhalter auf der Bühne erklären, wie die Stimmen der Juroren ausgewertet werden. Zu blöd, dass ausgerechnet währenddessen sich der böse Dr. Horrible mit seinem Videoblog ins Programm hackt.

Harris spielte die Rolle des Superschurken Dr. Horrible bereits in dem mehrfach ausgezeichneten Web-Musical „Dr. Horrible’s Sing-Along Blog“. Er erklärt das Fernsehen für tot, denn „warum solle man Filme so groß sehen, wenn man sie auch so groß sehen kann?“ (Das Fernsehbild schrumpft auf ein kleines Kästchen in der Bildmite zusammen.) Außerdem sehe man Filme im Internet ohne die lästigen Unter… (buffering… buffering… buffering…) brechungen. Als dem bösen Videoblogger der Akku ausgeht, sind die Buchhalter zufällig gerade fertig.

3.52 Uhr: Die Variety-Kategorie beginnt mit einem Preis für den Regisseur von American Idol.

3.53 Uhr: Dann kommen die kleinen Filmchen, in denen traditionell die nominierten Autoren der Late-Night-Shows auf skurrile Weise vorgestellt werden. Die Autoren des Colbert Report stellen sich zum eitlen Gruppenfoto vor dem Ed Sullivan Theater in New York auf. Das Theater ist sehr prägnant, denn auf seiner Markise prangt in großen Leuchtbuchstaben der Schriftzug der Show, die dort produziert wird: Late Show with David Letterman. Lettermans Autoren sind ebenfalls nominiert. Ihre Namen werden von Billy Crystal gesungen. Es gewinnen aber die Schreiber der Daily Show with Jon Stewart.

4.02 Uhr: Jimmy Fallon fällt.

4.04 Uhr: Als beste Originalmusik wird Hugh Jackmans Eröffnungssong der Oscar-Verleihung geehrt.

4.08 Uhr: Ricky Gervais übergibt den Preis für die Beste Comedy-/Varietyshow an die Daily Show with Jon Stewart, wie immer. Off-Sprecher John Hodgman, selbst Mitarbeiter der Daily Show, erläutert: „Die Daily Show ist jetzt in ihrem 76. Jahr, sie begann einst auf Comedy Central Radio…“ Es ist der siebte Gewinn in Folge.
Jon Stewart: „Wenn die Oscar-Typen mir ein Lied schrieben, ich würde es singen! Ehrlich!“

4.20 Uhr: Willkommen in der abschließenden Kategorie Drama: Als bester Nebendarsteller gewinnt Michael Emerson für Lost, als beste Nebendarstellerin Cherry Jones als US-Präsidentin in 24. John Hodgman aus dem Off: „Sie ist jetzt die Favoritin für die republikanische Präsidentschaftskandidatur 2012“.

4.25 Uhr: Während in einer Collage aus kurzen Ausschnitten an die Verstorbenen des Jahres erinnert wird und Patrick Swayze mehr Applaus bekommt als Michael Jackson, gibt es Livemusik: Sarah McLachlan singt ihren Hit „I Remember You“.

4.35 Uhr: In der Kategorie „Bestes Drehbuch“ sind fünf Bücher nominiert, vier davon sind von Mad Men-Autor Matthew Weiner. Er verliert also dreimal.

4.40 Uhr: Beste Drama-Hauptdarstellerin: Glenn Close in Damages.

4.49 Uhr: Bester Drama-Hauptdarsteller: Bryan Cranston für Breaking Bad. Er setzt sich u.a. gegen Hugh Laurie durch, hätte aber auch Konkurrenz haben können, die er offenbar mehr gefürchtet hätte: „Ich bin so froh, dass Glenn Close eine Frau ist.“

4.53 Uhr: Fernsehlegende Bob Newhart erzählt von seiner ersten Show vor fast 50 Jahren: „Unsere Einschaltquote lag bei minus sieben. Nicht nur sah niemand zu; auch Menschen, die gar keinen Fernseher besaßen, sagten, wenn sie einen hätten, sie würden nicht zusehen.“
Er übergibt den Preis für die beste Comedyserie wie gewohnt an 30 Rock. Hauptdarstellerin, Autorin und Produzentin Tina Fey bedankt sich beim Chef des Senders NBC, dass ihre Serie noch auf Sendung sei, obwohl sie viel teurer sei als eine Talkshow. Eine bissige Anspielung auf das neue Herbstprogramm von NBC, in dem fünf einstündige Sendeplätze für Serien fehlen und stattdessen eine tägliche Talkshow mit Jay Leno läuft.

5.0o Uhr: Beste Dramaserie: Wie vergangenes Jahr Mad Men.

Das war’s. Es war unspektakulär, aber ganz lustig. Viele Gags lassen sich in der Theorie natürlich schlecht nacherzählen. Vielleicht tauchen ja noch ein paar Videos auf…

Das Fazit hatte Ricky Gervais eigentlich schon eine Stunde vor Schluss auf der Bühne ausgesprochen:
„Besser als letztes Jahr, gell?“

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Michael, 20. September 2009, 23:11.

Vice Vice Baby: Palin-Biden Liveblogging

Stefan, 3. Oktober 2008, 02:06.

Heidiheida: Der große Emmy-KLUMpen live!

Die Emmy-Verleihung hat dieses Jahr keinen Moderator, sondern fünf. Vor ein paar Jahren hatten sich die Produzenten der Veranstaltung schon einmal gegen einen und für mehrere Gastgeber entschieden, und damals bestand weitgehende Einigkeit darüber, dass es nicht funktioniert hatte. Aber als einst der erste Marathonläufer tot am Ziel zusammenbrach, sagte man sich ja auch: Cool, daraus machen wir einen Massensport!

Es sind die fünf Nominierten einer neuen Kategorie, die heute Nacht beim wichtigsten amerikanischen Fernsehpreis gemeinsam gastgeben: „Beste Moderation einer Realityshow (Wettbewerb)“. Sie heißen Ryan Seacrest (wie im Vorjahr), Jeff Probst, Tom Bergeron, Howie Mandel und Heidi Klum und moderieren hauptberuflich die amerikanischen Versionen von Deutschland sucht den Superstar, Survivor, Let’s Dance bzw. Deal Or No Deal sowie irgendeine Modeshow, aber nicht das Gegenstück zu Gemany’s Next Topmodel.

Ja, Sie haben den richtigen Schluss gezogen: Heidi Klum moderiert auch im US-Fernsehen eine Realityshow, und ja, weil sie das so toll macht, ist sie für einen Fernsehpreis nominiert. Eigentlich müsste man also exakt jetzt bereits die Berichterstattung über diesen Preis einstellen.

Stundenlang werden diese Menschen also diese Gala begleiten, in der Preise an meist gute Serien vergeben werden, die in Deutschland noch nicht laufen und nur einer Minderheit bekannt sind, die wiederum sich dann später, sollten diese Serien jemals hierzulande gezeigt werden, darüber beklagt, wie schlecht sie synchronisiert sind. Aber auch einige Stars aus Erfolgsserien, die auch bei uns populär sind, sind für Preise nominiert oder treten als Laudatoren auf. Wir sind dabei.

2.00 Uhr: Schöne Idee: Bekannte Fernsehgesichter sagen bekannte Sprüche anderer bekannter Fernsehgesichter auf. Daraus könnte man ein prima Zuordnungsquiz machen.

2.01 Uhr: Oprah Winfrey betritt die Bühne und eröffnet die 60. Emmy Awards. Kann ich so früh nach dem Aufstehen schon so viel Gutmensch ertragen?

2.04 Uhr: Drei der fünf Moderatoren erklären laaaang und breeeit, dass sie überhaupt nichts vorbereitet haben und lassen dann Tom Bergeron allein mit Heidi Klum auf der Bühne stehen. William Shatner kommt dazu und reißt Klum die Kleider vom Leib. Jetzt trägt sie nur noch ein fesches Kleid statt des Anzugs von eben.

2.09 Uhr: Tina Fey und Amy Poehler aus Saturday Night Live sagen den besten Nebendarsteller in einer Comedyserie an, begrüßen aber zuerst die Fremdzuschauer, z.B. Menschen in Frankreich, Griechenland, Spanien, Italien, auf dem Mars und Papageien. Fey immer schön in der Landessprache, Poehler mit blöden Akzenten.
Fey: „Du hattest versprochen, du würdest das üben.“
Poehler: „Ich hab gelogen.“

Es gewinnt wie jedes Jahr Jeremy Piven für Entourage.

2.18 Uhr: Alter Ausschnitt aus Seinfeld. Gern. Besser alte Witze als gar keine.

2.21 Uhr: Julia Louis-Dreyfus sagt die beste Nebendarstellerin in einer Comedyserie an. Es gewinnt Jean Smart für Samantha Who?. Sie preist in ihrer Dankesrede zuallererst Hauptdarstellin Christina Applegate.

2.27 Uhr: Sämtliche Desperate Housewives stehen da und beteuern, dass sie von Beginn an immer eine glückliche, liebende Familie waren. Nur Eva Longoria-Parker sagt: „Mann, seid ihr gute Schauspieler!“

Sie übergeben den Emmy für den besten Nebendarsteller in einer Dramaserie an Zeljko Ivanek für Damages der sich damit u.a. gegen Ted Danson aus derselben Serie durchsetzt.

2.31 Uhr: Der großartige Ricky Gervais tritt auf. Er konnte im Vorjahr nicht kommen, gewann aber damals einen Emmy und reibt es jetzt allen unter die Nase. Mehrfach. Jon Stewart und Stephen Colbert übergaben den Preis damals stattdessen ihrem Freund Steve Carell, von dem Gervais die Trophäe nun einfordert.

2.43 Uhr: Conan O’Brien blickt auf seinen Karrierebeginn zurück, als er Autor für Die Simpsons war: „Als ich Dialoge für Bart Simpson schrieb, wurde mir klar, dass man auch mit einer blöden Frisur und einer Stimme wie ein Mädchen ein Fernsehstar werden kann.“

Er würde den Emmy für die beste Nebendarstellerin in einer Dramaserie an Dianne Wiest für In Treatment übergeben, aber sie ist nicht da. Also sagt er, Steve Carell bekomme ihn stattdessen.

2.49 Uhr: Der Emmy für die beste Autorenleistung einer Comedy-Varietyshow geht zum ersten Mal an The Colbert Report. Colbert vergibt Hollywood.

2.54 Uhr: Die Moderatoren bleiben langweilig, aber Laudatoren werden immer besser. Steve Martin kündigt einen Ehren-Emmy für Tommy Smothers an (der hatte vor 40 Jahren mal eine Comedyshow, das würde jetzt zu weit führen, aber das Publikum steht geschlossen auf, als er die Bühne betritt). Steve Martin erklärt den Ehrenpreis damit, dass Zeit gefüllt werden müsse. Steve Martin war damals ein junger Autor für die Smothers Brothers Comedy Hour. Noch früher, als Kind, sei er nach der Schule immer nach Hause gelaufen, habe sich schick angezogen und „60. Emmy Awards“ gespielt.

3.03 Uhr: Heidi Klum trägt schon das vierte Kleid des Abends. Und ich dachte schon, sie hätte gar keine Aufgabe. Josh Groban singt ein Medley aus bekannten Titelmusiken, jede etwa acht Sekunden lang. Schöne Idee. Inklusive South Park und Baywatch.

3.20 Uhr: Jon Stewart schreibt Emmy-Geschichte und gewinnt zum sechsten Mal hintereinander den Emmy für die beste Comedy-Variety-Show für The Daily Show with Jon Stewart. Damit zieht er insgesamt mit David Letterman gleich, der aber nur fünf seiner sechs Emmys in aufeinander folgenden Jahren gewann. Seit 1997 hat in dieser Kategorie nun schon niemand mehr gewonnen, der nicht Stewart oder Letterman war.

Stewart: „Ich freue mich schon auf die nächste Regierung, egal, wer sie stellt… Ich habe nichts, um diesen Satz zu ergänzen. Ich freue mich nur wirklich auf die nächste Regierung.“

3.27 Uhr: Hauptdarstellerin Tina Fey bedankt sich für ihren Emmy für die beste Autorenleistung in einer Comedyserie für 30 Rock: „Ich finde es toll, erst Autorin gewesen zu sein und es auch heute noch zu sein. Denn wenn man auf Hochzeiten sagt, man sei Autorin und nicht Schauspielerin, haben die Leute weniger Interesse, mit dir zu reden.“

3.35 Uhr: Christina Applegate bedankt sich für die netten Komplimente, die Christian Slater ihr macht. Sie würden jedoch nichts daran ändern, dass sie ihn im Herbst in den Quoten zerstören würde. Der Gag hinkt, denn ihre Serien Samantha Who? und My Own Worst Enemy laufen zwar am gleichen Tag auf verschiedenen Sendern, aber nicht gleichzeitig, sondern nacheinander.

3.42 Uhr: CSI-Chef William Petersen stellt seinen Nachfolger Lawrence Fishburne vor. Leider pointenfrei, zum Glück aber auch ohne aufgeschnittene Leichen.

3.45 Uhr: Jon Stewart und Stephen Colbert vergeben Film- und Miniserienpreise und sind sich einig: Heute keine Politik. Colbert fängt an, verschrumpelte Trockenpflaumen zu essen. Von denen könne man nie genug bekommen. Runzelige, alte Früchte brächten die nötige Erfahrung mit. Stewart fragt, ob es nach acht Jahren Pflaumen nicht endlich genug sei. Die Namen Bush und McCain fallen kein einziges Mal.

3.55 Uhr: Zwischendurch werden immer wieder Ausschnitte aus alten Fernsehsenmdungen gezeigt, um das Jubiläum der 60. Emmy-Verleihung zu feiern. Jetzt gerade M.A.S.H. Schöne Sache, so eine Art Fernsehmuseum. Wenn die Moderatoren schon langweilig sind.

3.57 Uhr: Fernsehärztin Sandra Oh aus Grey’s Anatomy erklärt, ihre Eltern könnten nicht stolzer sein, es sei denn, sie sei eine echte Ärztin.

4.01 Uhr: The Amazing Race gewinnt zum sechsten Mal den Emmy als beste Reality-Spielshow. Seit es diese Kategorie gibt, hat noch nie eine andere Sendung gewonnen. Es ist das erste Mal, dass eine Sendung sechs Jahre hintereinander in ihrer Kategorie gewinnt, seit vor 41 Minuten zum sechsten Mal The Daily Show gewann.

4.04 Uhr: Tom Hanks, Produzent des Mehrteilers John Adams, muss seine Oscars etwas näher zusammenschieben, denn er gewinnt einen Emmy für die beste Miniserie.

4.12 Uhr: Der 82-jährige Don Rickles bekommt keinen Ehren-Emmy, sondern einen ganz regulären für die beste Einzelleistung in einer Comedy-, Musik- oder Varietysendung. „Das ist ein Fehler. Ich bin seit 55 Jahren in diesem Geschäft, und der größte Preis, den ich bisher gewonnen habe, war ein Aschenbecher.“

Was sonst nur bei Ehrenpreisen geschieht: Das Orchester traut sich nicht, ihn in seiner Dankesrede zu unterbrechen und von der Bühne zu spielen.

4.16 Uhr: Beste Regie einer Dramaserie: Dr. House.

4.25 Uhr: Paul Giamatti erhält den Emmy als bester Film-Hauptdarsteller für John Adams: „Ich bin der beste Beweis, dass jeder einen Präsidenten darstellen kann. Jeder. Wirklich: Jeder.

4.28 Uhr: Der Emmy für den besten Hauptdarsteller in einer Comedyserie geht an Alec Baldwin für 30 Rock. Es ist sein erster Emmy. Die Preise werden jetzt wie am Fließband verliehen. Die Show scheint in verzug zu sein.

4.30 Uhr: Die nächste: Beste Hauptdarstellerin in einer Dramaserie: Glenn Close für Damages.

Direkt danach auf dem Emmy-Fließband: Estelle Getty, Bernie Mac, George Carlin, Sydney Pollack und die anderen Toten des Jahres. Es scheint niemand mehr zu moderieren. Auch egal. Vielleicht sind Heidi Klum aber auch nur die Kleider ausgegangen.

4.39 Uhr: Kiefer Sutherland verdient sein Geld heute in 24 Sekunden statt Stunden. „Wir sind spät dran“, darf er sagen und hurtig den Emmy für den besten Hauptdarsteller in einer Dramaserie an Bryan Cranston für Breaking Bad überreichen, und weg.

4.43 Uhr: Beste Hauptdarstellerin in einer Comedyserie: Tina Fey für 30 Rock. Sie sei deshalb so gut, weil ihre Regisseure sagten: „Spiel einfach Julia Louis-Dreyfus!“ Louis-Dreyfus sitzt im Publikum und streckt zähneknirschend grinsend die Daumen hoch. Sie war ebenfalls nominiert.

4.47 Uhr: Die fünf Moderatoren sind wieder auf der Bühne versammelt, jetzt als Nominierte in ihrer Reality-Moderatoren-Kategorie. Late-Night-Moderator Jimmy Kimmel macht das, was sonst die Reality-Moderatoren machen: Er siebt allmählich aus, ohne wirklich auszusieben, und vertröstest sie dann bis nach der Werbung.

4.51 Uhr: Es gewinnt Jeff Probst für Survivor.

4.53 Uhr: Ausschnitt aus Mary Tyler Moore mit Mary Tyler Moore und Betty White. Anschließend Auftritt Mary Tyler Moore, die seit dem Ende ihrer Serie vor 31 Jahren keine Nahrung mehr zu sich genommen hat. Niemand hat sich getraut ihr zu sagen, dass sie erst wieder ärmellose Kleider tragen sollte, wenn wieder Fleisch ihre Oberarmknochen umgibt. Betty White kommt dazu. Sie übergeben den Emmy für die beste Comedyserie an das Team von 30 Rock.

4.58 Uhr: Der Abend endet, und zwar pünktlich, mit Tom Selleck, der die Serie Mad Men als beste Dramaserie auszeichnet.

Drei Stunden mögen lang sein, aber ohne die lieblose Fließbandabfertigung in der letzten Dreiviertelstunde hätte man vielleicht noch zwei bis vier unterhaltsame Elemente in der Schlussphase der Show sehen können, die leider alle kurzfristig gekappt wurden.
Vielleicht hätten die fünf Realityhansel auch einfach nur noch weitere Zeit totgeschlagen.

Over.

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Michael, 22. September 2008, 01:46.

Erosion Song Contest

Heute versingen und verpunkten sie sich wieder. Das Interesse am Eurovision Song Contest hat zwar in den vergangenen Jahren leicht nachgelassen (repräsentative Umfrage unter mir selbst), aber dennoch sei zweierlei empfohlen: Bei Stefan läuft noch bis zum Beginn der Punktevergabe die Grand-Prix-Wette 2008, und bei Lukas wird ab Beginn der Show livegebloglästert.

Michael, 24. Mai 2008, 18:51.

Chefstewart Oscar — LIVE!

Eigentlich sollte die Überschrift Little Jon & The Golden Statues lauten, eine Anspielung auf Long John & The Silver Beatles, den früheren Namen der Beatles, und auf Jon Stewarts Körpergröße von nur 1,68 Meter, aber das erschien dann sogar mir zu weit hergeholt.

Als ich den Fernseher einschalte, steht Steven Gätjen gerade ratlos herum und hält nach irgendwem Ausschau, den ich nicht kenne. Diese Situation ist nicht repräsentativ. Ich bin sehr beeindruckt, welche Kinokenntnisse Gätjen wieder aus dem Ärmel schüttelt und wie professionell er seine Sendezeit im Gespräch mit dem roten Teppichvolk füllt.

Aber eigentlich sind wir ja hier, um den Amerikanern zuzusehen. Mit meinem Respekt vor Steven Gätjen stehe ich erfahrungsgemäß ohnehin allein da.

2.00 Uhr: Das ist Regis Philbin, der in diesem Jahr die 30-minütige Vorab-Show moderiert. Philbin ist etwa ungefähr 150 Jahre alt, in den USA eine Fernsehlegende und Guinness-Weltrekordhalter für die meisten moderierten Fernsehstunden. Er teilt mit:

1978 habe ich das hier schon mal gemacht, und ich war so gut, dass sie mich nur 30 Jahre später schon wieder gefragt haben.

2.14 Uhr: Der Informationsgehalt der halben Stunde vor der Show beschränkt sich wie üblich darauf, dass die Schauspielerinnen Kleidung tragen und diese von jemandem entworfen wurden. Wer hätte das gedacht?

2.17 Uhr: Ich hätte die Zeit nutzen können, mich über die nominierten Filme zu informieren. Ich glaube, dieses Jahr kenne ich zum ersten Mal keinen einzigen. Ich hätte ja was im Fernsehen verpassen können, während ich im Kino sitze.

Ist es nicht eigentlich merkwürdig, dass die Verleihung von Fernsehpreisen im Fernsehen gezeigt wird, die Verleihung von Kinopreisen aber auch?

2.27 Uhr: So, jetzt müsste aber allmählich mal dieser Teppich gereinigt werden. Regis ist schon im Theater und erklärt Treppenstufen und sitzende Menschen. Er nennt etliche Namen, und es klingt wie Dieter Thomas Heck, der den Abspann vorliest. Der gleichzeitig durchlaufende Abspann deckt sich aber nicht mit den Namen. Dann geht’s jetzt wohl gleich los.

2.33 Uhr. Jon Stewart freut sich, dass der Autorenstreik endlich zu Ende ist, nachdem Hollywood dreieinhalb Monate gespalten war:

Willkommen zum Versöhnungssex!
 

2.36 Uhr:

Die Geschichte einer Frau, die ihren eigenen Mann vergisst. Hillary Clinton nennt ihn „Den Wohlfühlfilm des Jahres.“

2.38 Uhr:

Dennis Hopper ist hier. Ich sage das nur, damit Dennis Hopper weiß, wo er ist. Keine Sorge, ich werde es alle 15 Minuten erwähnen.

2.40 Uhr: Das prominente Publikum reagiert verhalten auf ein paar politische Witze, taut aber auf, als Jon Stewart den Bogen von Barack Obama und Hillary Clinton wieder zurück zum Film schlägt.

Wenn man einen Schwarzen oder eine Frau als Präsident sieht, rechnet man eigentlich damit, dass jeden Moment ein Asteroid die Freiheitsstatue zerstört.

2.41 Uhr:

Barack Hussein Obama. Sein mittlerer Name ist der Nachname des früheren irakischen Tyrannen. Sein Nachname reimt sich auf Osama. Das muss man erst mal überwinden. Wir erinnern uns alle an die gescheiterte 1944er Präsidentschaftskampagne von Gaydolf Titler.

2.48 Uhr: George Clooney feiert die 80-jährige Oscar-Geschichte:

Eines hatten alle Verleihungen gemeinsam: Sie waren lang.

2.49 Uhr: Sehr schöne Clipshow bewegender Oscar-Momente. Lässt sich schlecht wiedergeben. Nur schade, dass sie dazu Celine Dion spielen. Weiß ABC in den USA denn nicht, dass wir in Deutschland in den Werbepausen bereits Monrose ertragen müssen?

2.52 Uhr: Es ist so toll, dass Steve Carell, ein früherer Mitarbeiter von Jon Stewarts Daily Show, nicht nur Fernsehen, sondern auch Filme macht. So haben wir bei jeder Art von Preisverleihung eine lustige Rede von ihm. Diesmal hebt er an, den Stellenwert relevanter Dokumentationen herauszustellen, muss sich dann aber darauf hinweisen lassen, dass er nur „Bester Trickfilm“ vergeben darf. „Ratatouille“ gewinnt.

2.56 Uhr: Der Preis für Make-up steht an. Eigentlich müsste der Maskenbildner der roten Teppichshow gewinnen. Regis Philbin sah noch gar nicht aus wie 150.

2.57 Uhr: Stattdessen gewinnt jemand, der aussieht wie Horst Schlämmer. Gut, auch schlüssig.

3.02 Uhr: Ich tippe mal, dass die unmoderierten Oscar-Ausschnitte mit Michael Douglas und Catherine Zeta-Jones auch mit der 80-Jahr-Feier zu tun haben. Oder ist das Paar bei einem Autounfall ums Leben gekommen?

3.05 Uhr: Ich mag diesen Song, mit dem sie Germany’s Next Top Model bewerben: „Acceptable In The 80s“ von Calvin Harris. Ich bin ja so gespannt, ob ich ihn in zwei Stunden immer noch mag.

3.07 Uhr: Jon Stewart erklärt, was im Saal eigentlich während der Werbung passiert:

Wir machen gehässige Bemerkungen über die Outfits, die Sie zu Hause tragen.

3.12 Uhr: Hat die ältere Frau gerade „I am so grapefruit“ gesagt? Oder doch „grateful“? Ich sehe sie mir noch mal an und bin weiter unsicher.

3.19 Uhr: Javier Bardem („No Country For Old Men“) ist der beste Nebendarsteller und bedankt sich auf spanisch. Wenn er jetzt flucht, kann der ABC-Zensor womöglich nicht schnell genug reagieren.

3.23 Uhr: Einige Filmmontagen mit alten Ausschnitten haben wir schon gesehen. Jetzt erklärt Jon Stewart, wie die Oscars ausgesehen hätten, wenn der Autorenstreik nicht rechtzeitig beendet worden wäre: Vier Stunden lang noch mehr Montagen. Als Beweis zeigt er „Oscars Würdigung von Ferngläsern und Periskopen.“

3.27 Uhr: Der übersteuerte Ton bei diesem nominierten Song klingt furchtbar. Warum konnte es nicht bei Celine Dion derart zerren?

3.31 Uhr: Jerry Seinfeld ist als animierte Biene aus „Bee Movie“ zu hören und zeigt eine Montage mit Ausschnitten aus Bienenfilmen, um auf seine früheren Rollen hinzuweisen.

3.36 Uhr: Tilda Swinton gewinnt den Oscar als beste Nebendarstellerin für „Michael Clayton. Cate Blanchett als Bob Dylan und Ilja Richter für seine Rolle in „Tante Trude aus Buxtehude“ gehen leer aus.

3.45 Uhr: Jon Stewart zählt durch:

Wie aufregend: Jessica Alba ist schwanger, Cate Blanchett ist schwanger… gleich zwei schwangere Frauen im Saal! Andererseits… die Nacht ist noch jung, und Jack Nicholson ist hier. Am Ende des Abends wird neu ausgezählt.

3.48 Uhr: Die verrückten Coen-Brüder gewinnen für „No Country for Old Men.“ Der Name ihrer Kategorie, „Best Writing, Screenplay Based on Material Previously Produced or Published“, ist länger als ihre Dankesrede.

3.50 Uhr: Eine Filmeinspielung, für die offenbar nicht Jon Stewart und seine Autoren, sondern die Academy direkt verantwortlich ist, erklärt ausführlich, wie die Gewinner ermittelt und bis zur Preisverleihung geheim gehalten werden. Das ist ungefähr so lustig und auch mit der gleichen Musik unterlegt wie die Sicherheitshinweise vor einem Langstreckenflug.

3.52 Uhr: Jon Stewart kommt nach dieser filmischen Erläuterung zurück auf die Bühne und sagt im aufgesetztesten Tonfall, den man sich vorstellen kann:

Wow, das war fantastisch! Ich dachte immer, es geschehe durch Superdelegierte.

3.54 Uhr: Ähnlich wie die Werbepausen bei ABC und ProSieben sind die Pinkelpausen bei den fünf Filmfreunden und dem Fernsehlexikon synchron. Aber woher wissen ABC und ProSieben, wann wir wieder zurück sind?

4.01 Uhr: Jon Stewart stockt auf: Jessica Alba ist schwanger, Cate Blanchett ist schwanger — und Nicole Kidman auch. Der Bildschirm wird in Einzelbilder geteilt wie bei den Nominierten und Jon verkündet:

And the baby goes to…. Angelina Jolie!
  

4.04 Uhr: Ich habe keine Ahnung, wer die hässlichen Männer sind, die sich darum streiten, wer bei der Laudatio die Rolle von Halle Berry, und wer Judi Dench spielen darf, aber keiner von ihnen ist Ilja Richter.

4.13 Uhr: Als beste Hauptdarstellerin wird die einzige Frau in dieser Kategorie geehrt, deren Namen ich nicht schreiben kann. Machen wir es über das Ausschlussprinzip: Es sind nicht Cate Blanchett, Julie Christie, Laura Linney und Ellen Page.

4.23 Uhr: Nach dem letzten nominierten Song konnte man für einen kurzen Augenblick hören, dass die Laudatoren über die Saalbeschallung offenbar namentlich angekündigt werden. Diese Geheiminformationen dürfen die Zuschauer zu Hause jedoch auf keinen Fall erreichen. Aber gut, Jack Nicholson, der jetzt kommt, kenne sogar ich.

4.24 Uhr bis ca. 8.00 Uhr: Lange Liste der bisher als „Bester Film“ ausgezeichneten Werke.

4.28 Uhr: Oh, doch schon fertig.

4.29 Uhr: Der Preis für den besten Schnitt wird präsentiert von Renée Zellweger, die einst als beste Schnitte gewann. (Entschuldigung.)

4.34 Uhr: Robert Boyle, der alte Ausstatter, bekommt im Alter von 98 Jahren den Ehrenoscar fürs Lebenswerk. Für den richtigen war er zwar viermal nominiert, hat aber nie gewonnen. Martin Scorsese hätte das beinahe auch geblüht.

4.42 Uhr: Jon Stewart schockt die Welt:

Wir hatten ein kleines technisches Problem und müssen mit der Show noch mal von vorn anfangen.

4.44 Uhr: Der österreichische „Fälscher“ wird bester fremdsprachiger Film.

4.47 Uhr: Der da den finalen besten Song-Nominierten singt, sieht aus wie ein junger Tom Cruise, ist aber etwa einen Meter zu groß.

4.50 Uhr: Der Oscar für den besten Song wird überreicht, was Anlass zur Hoffnung gibt, dass ab jetzt niemand mehr singt. Das dreifach nominierte „Enchanted“-Duo aus Alan Menken und Stephen Schwartz geht leer aus, „Once“ gewinnt.

4.56 Uhr: Der bisher schönste Oscar-Moment: Markéta Irglová, eine Hälfte des Autorenduos, das eben den Oscar für den besten Song gewann, war nicht zu ihren Danksagungen gekommen, weil das Orchester die beiden von der Bühne spielte. Klar, Musiker haben wenig Verständnis für Musiker. Nach der Werbepause holt Jon Stewart sie zurück auf die Bühne und lässt sie, ohne dass ein ag dahintersteckt, ihren Dank nachholen. Respekt!

5.05 Uhr: Der Applausometer-Preis für den beliebtesten Verstorbenen geht an Deborah Kerr und Ingmar Bergman. Heath Ledger profitiert vom allgemeinen Schlussapplaus.

5.12 Uhr: Fünf Soldaten präsentieren die Kurzdoku-Nominierten per Satelliten-Schaltung aus Bagdad. Der Ton ist nicht ganz so schlecht wie bei den ersten Song-Nominierten.

5.18 Uhr: Der Langdoku-Sieger Alex Gibney („Taxi To The Dark Side“ über die US-Folterpraktiken in Afghanistan, dem Irak und Guantanamo) verkündet:

Meine Frau hatte gehofft, ich drehe eine romantische Komödie.

5.30 Uhr: Helen Mirren sagt einzelne Wörter auf. Sollen charakterdarstellerische Eigenschaften symbolisieren. Dann sagt sie auf, wer bester Hauptdarsteller wird: Daniel Day-Lewis.

5.36 Uhr: So, zwei hamwa noch, dann is Schicht. Beste Regie und Bester Film. Heißt: ProSieben zeigt den langen Trailer für „Michael Clayton“ höchstens noch achtmal.

5.43 Uhr: Noch ein Oscar, diesmal Regie, für Joel und Ethan Coen. Ethan, der vorhin schon nur „Danke“ sagte, erklärt, er habe dem von vorhin nichts hinzuzufügen.

5.46 Uhr: Bester Film: „No Country for Old Men“. Die Coen-Brüder waren nicht mal zurück auf ihren Plätzen.

5.48 Uhr: Ende. Ich danke allen Lesern und Kommentierenden für die Anteilnahme, Jon Stewart für die lustige, unaufdringliche Moderation, ProSieben dafür, dass mich die Werbeblockfüllungen immerhin etwas weniger genervt haben als normalerweise, …. (Orchester spielt mich ins Bett.)

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Michael, 25. Februar 2008, 02:02.

Seatfiller

„Seatfiller“ sind die menschlichen Platzhalter bei der Oscar-Verleihung, unbekannte Menschen in feinem Zwirn, die sich auf den Platz eines Prominenten setzen, wenn dieser mal auf die Bühne muss, um einen Preis anzunehmen oder als Laudator zu sprechen. Im Publikum sollen nämlich zu keinem Zeitpunkt leere Plätze zu sehen sein, weil’s doof aussieht.

Und auch dieses kleine Textchen ist eigentlich nur ein Platzhalter, bis hier das Oscar-Liveblogging beginnt. Heute Nacht.

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Michael, 24. Februar 2008, 19:48.

Live aus Maden-Maden

22:08. Sie sehen an der Überschrift, Damen und Herren, das wird ein fröhliches Pointenlimbo heute abend, mit der alten Der-Preis-ist-heiß-Regel: Nicht überbieten. Und wenn Sie sich für den weiteren Verlauf des Abends vielleicht jetzt schon die Information merken möchten: DJ Tomekk kann nicht schwimmen.

Frau Zietlow und Herr Bach scheinen sich schon auf eine angenehme Gehässigkeit vorgeglüht zu haben. Gleich geht’s los: Die dritte Staffel der einzigen Show im deutschen Fernsehen mit einem ironischen Titel: Ich bin ein Star — holt mich hier raus!

22:10. Ich geb’s zu: Das find ich schon lustig. Wie Dirk Bach und Sonja Zietlow mit einem braunen Schrumpelsäckchen mit zwei Augen dastehen, das der Teddybär von Ross sein soll, und Bach hält, als der geschriebene Text schon zuende ist, das Gammelteil noch einmal hoch und sagt: „Süß, ne?“ Und Zietlow antwortet, diplomatisch: „Geht so.“

22:16. DJ Tomekk hat Angst davor, jemandem auf die Fresse zu hauen. Bata Illic wünscht sich, dass sie Freunde werden. Hauptsache, Björn Hergen Schimpf hat Karlchen mitgebracht.

22:21. Ja gut, das ist jetzt alles egal. Diese Hotel-Anreisegeschichte mit Vorab-Interviews, in denen alle sagen, was für eine „Herausforderung“ das für sie ist. Muss aber wohl sein, schon weil man ja die Leute nicht kennt. Also, die „Stars“.

22:22. Frau Schaffrath geht in den Dschungel, um zu lernen, „Nein“ zu sagen. Frau Schaffrath? Clever wär es gewesen, vorher Nein zu sagen.

22:23. Bata Illic IST Franz Josef Wagner! Sieht aus wie 205 und man versteht kein Wort.

22:28. Ich mag die beiden. Also Sonja und Dirk. Die Dialoge von denen sind möglicherweise die ehrlichsten Gespräche im Privatfernsehen überhaupt. Mit soviel echter Lust an der Bosheit. Und dieser immer wieder zu spürenden Verachtung für diese Idioten da unten im Dschungel.

22:30. Das ist das, was an dieser Show so toll ist: Sie zeigen Julia Biedermann, wie sie sagt, dass sie dummes Geschwätz nicht ausstehen kann. Dann schneiden sie daran einen Endlos-Dummes-Geschwätz-Monolog von Ross. Und dann schwenken sie auf Julia, die neben ihm steht, und zeigen ihr eingefrorenes Gesicht.

22:32. Frau Edvardsson heult schon im Hotel!

22:34. Julia Biedermann ging noch nie. Julia Biedermann war immer schon eine der schlimmsten Frauen im deutschen Fernsehen. Schon als Kind. Julia Biedermann geht gar nicht. Maden für Julia Biedermann!

22:39. PR-Berater aus der Hölle: „Das ist für mich ganz wichtig“, sagt Lisa Bund, in den Dschungel zu gehen, „damit die Leute sehen, dass ich gar nicht die Zicke bin, als die ich bei DSDS abgestempelt werde“.

22:41. Lisa Bund hat sich ein Kissen mitgebracht mit Fotos von ihren Freunden drauf, sagt sie. Nun geht sie die Bilder durch: „Das bin ich, das bin ich, das bin ich, das da bin ich…“

22:43. Bach und Zietlow: „Was designt Barbara Herzsprung?“ — „Dirndlschürzen!“ — „Es gibt Designer für Dirndlschürzen?“ — „Barbara Herzsprung!“

22:45. Ach: die, die aussieht wie Cordula Stratmann, ist die Pornotusse?!

22:46. Diese ganzen Witze auf Kosten von Ross gehen mir auf den Sack, aber schön isses schon, wenn er mit seinem englischen Akzent sagt, es sei so „schwul und stickig“ da unten.

22:49. Wenn man Frau Illic sieht, ahnt man, warum er in den Dschungel will. Cordula Stratmann Gina Wild Frau Schaffrath heult auch schon. Ross auch! Was fürn Geheule. War das früher auch schon so?

22:58. Werbepause. Und leider die Erkenntnis, dass mich die Show jetzt schon wieder so gepackt hat wie die beiden Male davor. Ein Grund ist glaube ich, dass es sonst fast keine Sendung im Fernsehen gibt, bei der man wirklich nicht weiß, was passiert. Gut, es ist vollständig egal, was passiert, aber das ist ja nicht der Punkt. Wann wird dieses alberne profilneurotische Rumgepose von Tomekk aufhören (kleiner Spoiler: HEUTE NOCH)? Wer bringt Ross zum Schweigen? Wird Lisa Bund die Zickenkönigin des Camps oder Julia Biedermann? Wer erweist sich dann doch als überraschend sympathisch, wer als unerwartet unerträglich? Es ist tatsächlich irgendwie auch ein echtes psychologisches Experiment, bei dem man zugucken darf. Und keiner, der dabei ist, kann sagen, er hätte nicht gewusst, worauf er sich einlässt, und sei ein Opfer. (Außer Lisa Bund, vielleicht, wegen der PR und so.)

23:00. Lustiger als hier oben ist es unten in den Kommentaren: „Wurde Bata Illics Frau gerade von Anke Engelke gespielt?“ — „Die Frau von Bata Ilic sieht aus wie Jabba the Hut…“

23:07. Julia Biedermann sieht jetzt schon um zehn Jahre gealtert aus. DJ Tomekk hat angeblich versucht, Wodka in seiner Wasserflasche ins Camp zu schmuggeln. Diverse Leute versuchten es mit Zigaretten. Bata Illic wollte drei verbotene „Nimm zwei“-Bonbons mitnehmen. Und Ross hat seinen abgenagten Teddykopf als Hülle für Schmuggelgut missbraucht! Wer macht denn sowas?

23:13. Als ich Björn-Hergen Schimpf das letzte Mal gesehen habe, sah der mindestens 30 Kilo dicker aus. Der hat bestimmt voll strebermäßig vorher abgenommen, um im Dschungel gut auszusehen, und nun macht er auf: „Oh Gott, ich muss hier nicht gewinnen.“ Vielleicht kann ihm Frau Herzsprung aus der Ledergesichtshaut von Bata Illic ein Ersatz-Karlchen basteln?

23:17. Ach herrjeh, am Ende der heutigen Sendung werden dann schon alle geheult haben. Lisa Bund fällt immer wieder vom Superwackelsteg ins Camp, hängt an so einem Sicherheitsseil, aber weint vor Panik. (Musik: „Hard To Be A Girl“.) Und irgendeine blöde Kandidatenkuh ruft vom sicheren Rand: „Lisa, geh mal weiter!“

23:21. Und nun Bata Illic mit Magenproblemen. Sonja: „Camp-Rentner ist eben nicht mehr so geschmeidig wie Barbara (Herzsprung)“.

23:28. Die Zeiten, in denen Ich bin ein Star… die Show mit den kürzesten Werbeblöcken überhaupt war, weil es den Unternehmen angeblich zu fies war, sind anscheinend vorbei.

23:31. Herr Schimpf gibt sich wenig Mühe, seine Enttäuschung zu verbergen: „Ist das schon das Camp?“

23:32. DJ Tomekks Ansage im Camp: Dass das mal klar ist, alle sollen morgens um 7 aufstehen und „salutieren“. „Das machen die Frauen bei mir auch.“ Michaela Schaffrath: „Wovon träumst Du nachts?“

23:38. Hach, das ist auch immer wieder schön, wenn alle einzeln und doch gemeinsam den Gipfel der Heuchelei erklimmen. Beim Vorschlagen, wer die erste fiese Prüfung machen soll, so Sätze wie: „Ich glaube, das ist der beste Weg für Ross, seine Ängste zu überwinden.“

23:43. Tomekk hat sich das wirklich verdient, diese Dschungelprüfung. Ist das nicht schön? Die ersten 90 Minuten erarbeitet es sich ein „Star“ ganz alleine die Schadenfreude, die man dann empfindet, wenn man ihn zwischen Krabbelgetier unter Wasser leiden sieht. Das ist bestimmt gesund — kathartisch, oder wie man das nennt.

23:54. Und mit einem Rutsch ist die ganze coole „Ich besorg Euch das Abendessen, Mädels“-Nummer vom Ober-DJ dahin: Aale sind nicht seins. Aale sind definitiv nicht seins. Die Prüfung bricht er vorher ab, mit der Hälfte der möglichen Sterne, die ins Abendessen umgewandelt werden. „Mit Fischen komm ich nicht zurecht“, sagt er, „ganz besonders, wenn es Baby-Krokodile sind.“

23:57. Ross vermisst seine Eltern, seine Famile. Fühlt sich dreckig. Heult. Die müssen sich doch noch ein Steigerungspotential für die nächsten Wochen lassen!

0:01. Die Dschungelprüfung für morgen hat RTL in der Pressemitteilung so angekündigt: „Hier wird aus Gläsern allerlei Getier gekostet, aber nicht gegessen. Wer es also schafft, z.B. eine Hand voll lebender Maden 30 Sekunden im Mund zu behalten, erhält zwei Sterne.“ Und die arme Lisa muss ran. Weil sie ihren ganzen Fans gesagt hat, sie sollen für sie anrufen, sagt sie. Genau.

0:03. Gina Wild erzählt Lisa Bund, sie soll sich keine Sorgen machen, weil Regenwürmer eigentlich nach nichts schmecken. Und Ross sitzt neben ihr und sieht aus, als kotzt er gleich.

0:07. Hach, ja, ich werde mir das jetzt wieder jeden Abend angucken. Vermutlich schön auf dem Festplattenrekorder, um die langweiligen Teile vorzuspulen. Aber so kondensiert von zwei Stunden ist das eine gepflegte Stunde gute Fernsehunterhaltung. Und das ganze Gerede vom Trash-Fernsehen ist eh Unfug: Musikauswahl, Schnitt, Moderationen, all das ist so professionell und gleichzeitig liebevoll gemacht. Und, Hand aufs Herz: An welchem Ort würden wir die Leute, die da im Dschungel sitzen und zu unserem Vergnügen und mit der Hoffnung auf den großen PR-Effekt leiden, lieber sehen?

Nur die Tiere müssen einem natürlich wieder leid tun.

0:10. Aber zum Livebloggen eignet sich das nur so mittel — die boshafte Kritik des Geschehens an sich steckt schon in der Sendung selbst; da kann man als Kritiker kaum noch was nachlegen und draufpacken. Aber in den Kommentaren schien ja Stimmung zu sein, das les ist jetzt noch mal in Ruhe durch. Schönen Abend noch und bis bald!

Stefan, 11. Januar 2008, 22:09.

Der Deutsche Fernsehpreis 2007 – LIVE

Okay, nicht „live“ im Sinne von live, schließlich herrscht zwischen dem Coloneum in Köln-Ossendorf und dem Rest der Welt heute eine zweistündige Zeitverschiebung, aber so live, wie es vom Sofa aus geht.

19.25 Uhr. Ist noch gar nicht losgegangen, und schon der erste Knaller: Michael Schumacher bekommt den Deutschen Fernsehpreis 2007. In der Kategorie „Bester ehemaliger Rennfahrer“… nee, gar nicht wahr. Ohne Kategorie. Ein „Sonderpreis“. Von wem Schumacher ausgewählt wurde, ist unklar. Vielleicht hat der federführende Sender (in diesem Jahr Formel-1-Sender RTL) einfach einen PR-technisch nützlichen Preisträger frei. Ah ja, der RTL-Sportchef schwärmt in der Pressemitteilung: „…hat die Formel 1 2006 zwar eine Lichtgestalt verloren, doch schon 2007 hat sie eindrucksvoll bewiesen, welcher Glanz weiter von ihr ausgeht.“ Kann man so sehen, muss man aber nicht.

19.38 Uhr. SMS-Hilferuf live aus dem Coloneum:

Es wird ganz schlimm. Schon das warm up. Horror.

Ist grade der große Autorenstreik? Niemand da zum Moderationen schreiben. Schreyl schnauzt alle an.

19.42 Uhr. SMS-Hilferuf live aus dem Coloneum:

Einige haben sich Bücher mitgebracht und lesen in der letzten Reihe. Echt. Es ist endlos.

Rückfrage von mir: „Im Saal??“ Antwort:

Ja. Schwöre.

19.52 Uhr. Ah, schön, RTL hat natürlich das gleiche dehnbare Verständnis von einer „Live“-Berichterstattung und blendet schon während der (vor mindestens zwei Stunden aufgezeichneten) Vorberichterstattung mit Frauke Ludowig das LIVE-Logo in der Ecke ein.

19.57 Uhr. Frauke Ludowig verrät, was Moderator Marco Schreyl vor der Sendung macht: Oh Gott ja, er wird geschminkt. Ich dachte, wir sehen jetzt endlich mal, wie er auf eine Moderationskarte die Worte schreibt: „Herzlich Willkommen, meinen Damen und Herren, in Köln!“


20.02 Uhr. Armin Morbach kommentiert im RTL-„Klamottencheck“ die Kleidung der weiblichen Gäste und hat dafür so einen bemalbaren Monitor bekommen, auf dem sonst die Fußballexperten Aufstellungen und Spielzüge einzeichnen, und kringelt die Dinge ein, von denen er redet. Endlich sieht man mal, was die Modeleute meinen, wenn von „Handtaschen“ oder „Schuhen“ die Rede ist.

20.14 Uhr. Marco Schreyl sagt: „Wir können schon mal sagen, es wird ein besonders schöner Fernsehpreis.“ Genau.

20.18 Uhr. Gut, wenigstens kann man Schreyl nicht vorwerfen, die Veranstaltung mit Glamour und, äh, Bedeutung zu überfrachten. Er schlappt halt so auf die Bühne, der spärliche Applaus versiegt, und dann erklärt er nochmal die Telefonnummern, unter denen man seinen Superstar — ach nee. Klingt aber so.

20.24 Uhr. Noch kein Preis verliehen, und schon der erste fiese Moment zum Fremdschämen. Schreyl sagt, RTL-Sportfrau Ulrike von der Gröben soll doch mal RTL-Nachrichtenmann Peter Kloeppel erklären, „wieso, weshalb, warum Borussia Mönchengladbach in der nächsten Saison Erstligafußball spielen wird.“ Stille. Drei Menschen applaudieren im Publikum. Stille. Schreyl: „Hat sie eigentlich mehr Applaus verdient, oder?“ Pause. Zögernder, pflichtbewusster Beifall.

Und wann hatte ich das letzte Mal so ein Gefühl von Sympathie für Oliver Pocher? Schreyl erklärt aus unerfindlichen Gründen, was Werbung ist, und sagt, dass Pocher in dieser Zeit ein Kaugummi unter seinem Stuhl verstecken könnte. Und Pocher stöhnt, runzelt die Stirn und zeigt demonstrativ gelangweilt auf die Uhr. Spontan-Fernsehpreis für Pocher!

20.30 Uhr. SMS-Hilferuf aus dem Coloneum, in Sachen Michael Schumacher:

Geschichte habe er geschrieben. Hah. Standing Ovation für diesen Trottel. Unfassbar.

20.32 Uhr. Ich bin ein bisschen hintendran. (Sorry, Pizza ist grad fertig geworden.) Fernsehpreis „Beste Sportsendung“ für Petra Höfer und Freddie Röckenhaus für „Blut und Spiele“ (ARD).

20.36 Uhr. Tim Mälzer liest eine Definition vor, was eine Sitcom ist, erzählt einen Witz („wirklich so passiert“) und wirft unwillkürlich die Frage auf, warum eigentlich die Dankesreden der Preisträger zeitlich begrenzt werden anstatt der Reden der Laudatoren und Preisüberreiche. Hilfe.

20.37 Uhr. Beste Sitcom: „Stromberg“. (ProSieben) Gut, man muss nur lange genug überleben als Sitcom im Deutschen Fernsehen, bis die nominierte Konkurrenz so schwach oder völlig abwegig (Mitten im Leben!?) ist, um den Deutschen Fernsehpreis zu bekommen. Trotzdem verdient, bringt aber die Absurdität der Veranstaltung ganz gut auf den Punkt.

20.40 Uhr. Oliver Pocher, gerade von mir mit dem Spontan-Fernsehpreis für notwendige Bösartigkeit ausgezeichnet, disst auf der Bühne nochmal Schreyl, klatscht ihn fies an und sagt: „Ich hätt den Geissen hier lieber gesehen. — Aber wir sind hier nicht bei nem Wunschsender“. Pocher vergibt den Preis für die beste Informationssendung:

Informationssendungen — ja, einige sind heute nicht nominiert. Schade für Sat.1.

Ungefähr erster großer Lacher des Abends. Ah ja. Pocher:

Da klatschen jetzt 200 Ex-Mitarbeiter.

Und als Sat.1-Chef Alberti gezeigt wird, legt er noch einen drauf:

Nächstes Jahr sitzt da ein anderer.

Wenn er nicht so quietschen würde vor Vergnügen über seine eigene Lustigkeit, wär er fast gut.

20.43 Uhr. Beste Informationssendung: RTL aktuell. Na, das ist ja mal eine Überraschung. Zufällig in dem Jahr, in dem RTL die Show… Ach, es langweilt mich schon beim Hinschreiben. Oder wie Peter Kloeppel sagt: „Wir wissen, die anderen beiden oder die anderen vier hätten genauso gut hier oben stehen können wie wir.“ In der Tat. Können ja alle immer irgendwie gewinnen, warum auch nicht; der Versuch herauszufinden, warum es der eine ist oder nicht der andere, ist bei dieser Veranstaltung so aussichtslos, dass die These vom Kuschelpreis für den ausrichtenden Sender mindestens so überzeugend ist wie jede andere.

20.45 Uhr. Wenn man beim Fernsehpreis 2007 Ulrich Wickert schon 13 Monate nach seinem Abschied für seinen „Abschied 2007“ feiert, könnte man dann nicht wenigstens in dem eingeblendeten Ausschnitt von seiner Abschiedssendung die Datumseinblendung „tagesthemen, 31.08.2006“ unkenntlich machen? Amateure.

20.47 Uhr. Okay, ein bisschen rumlügen muss man bei solchen Veranstaltungen. Aber man kann Marco Schreyl doch nicht ernsthaft von „einer der beliebtesten und witzigsten weiblichen Comediens“ sprechen und damit Mirja Boes meinen lassen.

20.50 Uhr. Bester Schauspieler Nebenrolle: Gabriela Maria Schmeide für Die Flucht. Schade, ich hätte viel Geld auf Roeland Wiesnekker für Blackout gesetzt. Und es ihm gegönnt.

20.56 Uhr. Wer hat den Laudatoren eigentlich gesagt, dass es eine gute Idee sei, diverse Definitionen des Genres, das sie auszeichnen, vorzulesen? Nach der Sitcom erklärt uns Sandra Maischberger nun, was der Unterschied zwischen Kabarett und Comedy ist. Beste Comedy: Neues aus der Anstalt (ZDF).

21.00 Uhr. Ach herrje, da funktioniert aber auch nichts. Die Preisträger Urban Priol und Georg Schramm haben sich offenbar vorgenommen, so lange durcheinander zu reden, bis das Mikrofon, wie angekündigt, automatisch runterfährt und die Musik anfängt zu spielen und sie schließlich zu übertönen. Aber das Mikro fuhr nicht, die Kapelle spielte nicht und, ja, in anderen Ländern hätte man das hingekriegt.

21.03 Uhr. Ist fast angenehm, Piet Klocke beim Reden zuzuhören, weil es da immerhin die Möglichkeit gibt, dass er extra Dinge sagt, die vollständig unverständlich und unwitzig sind.

21.05 Uhr. Bester Schauspieler: Matthias Koeberlin. Dem glaub ich sogar, dass er nicht damit gerechnet hat, den Preis zu gewinnen. Und ein feiner Dankesredensatz:

Ich möchte mich bei meiner Agentin bedanken, weil sie mich drum gebeten hat.

21.06 Uhr. Weitere Argumente, die Autoren von Marco Schreyl zu entlassen und aus dem Land zu jagen:

Meine Damen und Herren, es gibt Dinge, die sind einfach so. Wenn man mit einem Nachnamen zur Welt kommt, der auf den Buchstaben „ko“ endet, muss man einfach Berufsboxer werden — Wladimir Klitschko.

21.07 Uhr. Niki Lauda bereut sichtlich, bei diesem Unsinn als Laudator zugesagt und damit mehrere Stunden kostbarer Lebenszeit unwiderbringlich verschwendet zu haben.

21.12 Uhr. Beste Unterhaltungssendung: Schlag den Raab (ProSieben). Absolut verdient. Und es scheint der Abend von ProSieben werden — wie man dem glücksstrahlenden Gesicht von Jobst Benthues ansieht, dem Unterhaltungschef, der schon zum zweiten Mal auf die Bühne darf.

21.13 Uhr. Raab:

…und möchte mich bedanken bei ProSieben und Haim Saban, oder wem der Sender gerade gehört…

21.21 Uhr. Ich muss mein Urteil über die Autoren der Sendung revidieren. Sie sind nicht unfähig, sondern grausam. Sie haben Schreyl sagen lassen:

Wie heißt’s doch so schön? Kannst du nix, dann geh zum Fernsehen, und genau mit diesem Vorurteil würd‘ ich gern mal aufräumen.

Ach könnt‘ er’s doch.

21.24 Uhr. Damit war wirklich nicht zu rechnen. Sonja Zietlow schafft es, sich trotz scheinbar uneinholbarer Vorlagen ihrer Vorgänger unter die Favoriten für die Kategorie „missglückteste Ansage des Abends“ zu katapultieren. Sie erklärt die Aufgabenteilung zwischen ihr und ihrem Autor und Ehemann:

Ich steh hier vorne und bin sozusagen das Gesicht. Und er arbeitet eher hinten, unten im Dunklen. Er ist dann sozusagen dahinter. Aber wie das Leben so spielt: Viel zu selten werden Autoren für das gelobt, was hinten rauskommt.

21.27 Uhr. Bestes Drehbuch: Ralf Husmann (Dr. Psycho, Stromberg). Okay, es wird definitiv der Abend von ProSieben. Ich mag Husmann und seine Arbeit, auch wenn er auf der Bühne nicht gerade als Sympathieträger rüberkam, und dass ein Autor von Sitcoms und Comedyserien ausgezeichnet wurde, ist für Fernsehpreis-Standards eine kleine Sensation, denn traditionell ist diese Kategorie eigentlich für die großen Fernsehfilme reserviert. Husmann in seiner Dankesrede:

Ich möcht‘ mich bedanken bei den fünf-, sechs-, manchmal siebentausend Leuten, die das gucken, was ich mache.

21.34 Uhr. Franziska fürchtet sich (in den Kommentaren) vor dem Busen von Anke Schäferkordt. Ich kann sie verstehen, aber nichts dagegen tun.

21.35 Uhr. Beste Serie: KDD Kriminaldauerdienst. Absolut verdient, eine Revolution im ZDF-Freitagskrimi, leider nur mäßig vom Zuschauer goutiert. Manfred Zapatka, einer der Hauptdarsteller, ist völlig aus dem Häuschen und empört, dass ihr Erfinder Orkun Ertener den Drehbuchpreis nicht gewonnen hat. Schön, dass für ein paar Preisträger dieser Preis wirklich etwas wert ist, und für solche Sendungen wie KDD, die es auch senderintern schwer haben, hat die Auszeichnung wohl tatsächlich eine Bedeutung.

21.48 Uhr. Marco Schreyl erklärt gekonnt die Bedeutung des Sonderpreises — nicht dass jemand denkt, er verhalte sich zu anderen Preisen wie die Sonderschule zur Schule.

Mit ihm werden Persönlichkeiten geehrt, die mit außerordentlichen Leistungen Millionen von Menschen begeistert haben, und das eben nicht nur einen Sommer lang, sondern über Jahre. Solche Menschen sind rar, und aus diesem Grund ist der Sonderpreis auch nur sehr selten verliehen worden — der Halleysche Komet kommt ja schließlich auch nicht jeden Tag vorbei geflogen.

21.50 Uhr. So. Dank Niki Lauda ist nun klar, warum Michael Schumacher den Deutschen Fernsehpreis gewonnen hat:

Er war in der Lage, auch Großmütter hinter dem Kamin hervorzuholen, durch seine Leistung, damit sie alle vor den Fernseher gekommen sind, und darum sind wir heute alle hier. Die deutsche Gründlichkeit und seine Leistung hat es zustande gebracht, dass viele Deutsche sich mit ihm personifiziert haben und alle versucht haben, die lange Leitung zu verkürzen, dass sie mit ihrem eigenen Leben schneller und besser zurecht kommen.

Hilfe.

21.53 Uhr. Da sind sie nun, die stehenden Ovationen für Schumacher.

22.00 Uhr. Tatsächlich, auch Katja Burkard und Nazan Eckes scheinen den Schreylschen Gagautor zugeteilt bekommen zu haben. Ich kann den ganzen Unfug unmöglich transkribieren. Beste Kochshow: Das perfekte Dinner (Vox), und Tim Mälzer sieht aus, als ob er gleich heult. Es ist der erste Deutsche Fernsehpreis für Vox, und wirklich schön ist, dass von der Bühne aus Daniel Werner gelobt wird, der unverzicht- und wunderbare Off-Sprecher des Perfekten Dinners.

22.04 Uhr. Hat irgendjemand die Rede von Cordula Stratmann verstanden?

22.06 Uhr. Franz Dinda bekommt den ersten Nachwuchspreis — es trifft ihn wunderbar unerwartet, als erste Reaktion im Publikum fragt er seine Nachbarin: „Wusstest du das?“, und als erste Reaktion auf der Bühne fragt er Cordula Stratmann: „Und wofür jetzt genau?“ (Die Antwort: Blackout.)

22.10 Uhr. Der zweite Nachwuchspreis geht an Dennis Jacobsen, Randa Chahoud, Oliver Jahn für Ijon Tichy: Raumpilot (ZDF), und entweder ist die Musikkappelle, die ihren Auftritt und alle anderen begleitet, Entschuldigung: Scheiße. Oder schläft, wie das Publikum, in Teilen schon.

22.14 Uhr. Vielleicht könnte man gesetzlich verordnen, dass sich jede Jury, die mit dem Gedanken spielt, Veronika Ferres für einen Preis zu nominieren, den Ausschnitt ansehen muss, in dem Marco Schreyl sie auf ihre Konkurrenz anspricht, sie mit dem (zugegebenermaßen sehr blöden) Satz konfrontiert: „Ich bin der Meiunung, dieses Kleid muss doch auf die Bühne, oder?“, und sie sehr pikiert antwortet:

Wir sind keine Konkurrentinnen, wir sind Kolleginnen, und ich fand’s wunderschön, wie wir drei uns eben im Arm hatten.

22.21 Uhr. Schreyl nennt den „Late Night Talker“ „LNT“ und stellt den „LNT des ZDF vor: JBK“.

22.26 Uhr. Bester Fernsehfilm: Rose (ARD). Hm, hab ich nicht gesehen. Aber die Gewinner sind hin und weg, das ist doch schön.

22.31 Uhr. Laudatorin Maybrit Illner trägt zwar aus mir unbekannten Gründen eine Fahrradkette von imposanter Größe um den Hals, erzählt aber die schöne Geschichte, wie sie Post-Chef Zumwinkel nach den Zustellern fragen wollte, aber von den Zuhältern sprach. Andererseits — und das mag jetzt ein sehr abwegiger Gedanke sein: Aber wäre es nicht schön gewesen, wenn jemand im Rahmen der Kategorie „Reportage“, statt die üblichen Standards zu erzählen, kurz dem japanischen Fotografen Kenji Nagai gedacht hätte, der gerade in Birma getötet wurde?

22.35 Uhr. Beste Reportage: Gert Monheim für Der Gotteskrieger und seine Frau (ARD).

22.40 Uhr. Okay, meine Meinung über Reinhold Beckmann und Johannes B. Kerner ist vermutlich bekannt, aber diese Nominierungen in der Kategorie „Beste Moderation Information“ sind eine Farce. Nominiert wurden offensichtlich nicht die Moderatoren, sondern ihre außergewöhnlichen Gäste (Bert Dietz, Marina Litwinenko, Michael Buback/Peter-Jürgen Book). „Bester Gast in einer Talkshow“, das wäre doch noch eine Kategorien-Idee fürs nächste Jahr. Gewonnen hat jedenfalls: Reinhold Beckmann.

22.44 Uhr. Beste Regie: Lars Kraume für Guten Morgen, Herr Grothe.

22.47 Uhr. Schon irgendwie ’ne schöne Idee, und ausnahmsweise passend: Erika Berger den merkwürdigen neuen Preis für den „besten TV-Coach“ überreichen zu lassen. Leider hat auch ihr niemand eine paar nette Worte zum Aufsagen aufgeschrieben. Gewinnerin: Katharina Saalfrank. Für sie kommt der Preis natürlich spät, drei Jahre nach Sendestart, aber irgendwie doch verdient. Wenn man sich die Super-Nanny ansieht, entdeckt man, dass entgegen vieler Kritik es nicht nur um Voyeurismus geht, sondern auch um Lebenshilfe, und dass das so ist, liegt fast ausschließlich an ihr.

23.00 Uhr. Die Vorstellung der vier Gewinner in den Kategorien Schnitt, Musik, Ausstattung, Kamera ist immerhin marginal weniger peinlich als in den Vorjahren. Da mussten sie alle einmal kurz im Publikum aufstehen; diesmal durften sie immerhin für schätzungsweise zweieinhalb Sekunden gemeinsam auf der Bühne stehen, bevor Schreyl sagte: „Ihr Applaus, und vielen Dank“, und das auch erledigt war. Wer wer war, und für welche Sendungen sie gearbeitet haben, scheint aber nicht so wichtig gewesen zu sein.

23.02 Uhr. Es wird still in den Kommentaren. Wahrscheinlich liest keiner mehr mit. Wahrscheinlich guckt auch keiner mehr. Kurt Krömer soll die „beste Dokumentation“ ansagen, hat die Hose offen und liest aus seinem „Tagebuch“ vor.

23.05 Uhr. Immer noch.

23.07 Uhr. Warum überreicht Kurt Krömer den Preis für die beste Dokumentation? Warum? Warum? „So, Mädels“, sagt er, „Viel Spaß“. Und gibt den Preis an Jana Matthes und Andrea Schramm für Im Schatten der Blutrache (ARD). Hihi.

23.12 Uhr. Heiner Lauterbach. Ich hatte für Sekunden die Hoffnung, dass jemand aus Publikum auf die Bühne stürmen würde und ihn mindestens knebeln würde, wenn nicht Schlimmeres, wenn nicht das gesamte Publikum, wie ein Mann. Deklassiert alle bisher Nominierten in der Kategorie „Peinliche Laudatio“. Als sei es nicht schlimm genug für den Abend, dass seine traurige Sitcom nominiert war. Heiner, geh nach Hause.

23.15 Uhr. Die Dankesreden heute sind zumindest besser als die Vorreden. Maria Furtwängler, beste Schauspielerin, sagt:

Wow. Meine Güte. Mein Kopf ist ganz blutleer. Ich hatte mich so irrsinnig darauf konzentriert, was für ein Gesicht ich mache, wenn ich ihn nicht kriege, dass ich jetzt gar nicht mehr weiß, was ich sagen wollte.

23.27 Uhr. Regisseur und Produzent Nico Hofmann hält eine Laudatio auf Götz George. Und es ist wirklich eine Laudatio, eine genaue, ehrliche, persönliche Lobrede auf den Schauspieler und den Menschen, mit dem Satz:

Das Verhältnis der Deutschen zu ihrem großen Star Götz George erzählt auch viel über Deutschland und seine Stars, dass wir nämlich manchmal unfähig sind, unsere Stars zu lieben.

Es ist ein völliger Bruch mit dem Rest des Abends, weil hier echtes Interesse am Fernsehen und seinem Protagonisten zu spüren ist, und dass Hofmann behauptet, George sei im letzten Sommer 70 geworden, obwohl das erst im nächsten Jahr soweit sein wird, ist da auch egal.

Lange Standing Ovations.

23.30 Uhr. Ah, Abspann. Um das dann doch mal festzuhalten: Autoren der Sendung waren Klaus de Rottwinkel (früher bei Geld oder Liebe), Jens Oliver Haas (der Mann von Sonja Zietlow und Autor von Ich bin ein Star, holt mich hier raus) und Tim Gorbauch (kenn‘ ich nicht).

23.36 Uhr. Es gibt dann doch noch positive Überraschungen des Abends: Frauke Ludowig schafft es, neben einem sympathisch rumpöbelnden und auf RTL herumhackenden Stefan Raab große Gelassenheit und sogar ein gewisses Vergnügen auszustrahlen, bevor sie ihn mit ein paar Zetteln Papier aus dem Bild schubst.

23.38 Uhr. Weitere gute Nachrichten, diesmal von Marco Schreyl, der über den Fernsehpreis sagt:

Das kann man nur einmal moderieren.

Besser wird’s nicht. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und die rege Teilnahme und werde jetzt noch ein paar Screenshots von gelangweilten Saalgästen einbauen. Bis zum nächsten Jahr, dann im ZDF und, wenn wir Pech haben, präsentiert von Markus Lanz.

Stefan, 29. September 2007, 19:29.

Ryanweise Preise — LIVE!

1.45 Uhr: Ryan Seacrest, der souveräne Allesmoderator, der heute die Emmys und sonst Amarican Idol beim US-Sender Fox und die „Nachrichten“ beim Promi-Klatschsender E! moderiert, verdient sich eine Viertelstunde vor der Emmy-Verleihung noch etwas dazu: Für seinen Haussender E! sitzt er unter der Emmy-Bühne und zeigt aufgeregt auf die Rückseite der Tür, durch die er gleich gehen wird. Er kündigt eine „Song & Dance“-Nummer für den Beginn der Show an. Um 2.00 Uhr beginnt die Übertragung auf ProSieben.

2.00 Uhr: Die „Song & Dance“-Nummer wird Ihnen präsentiert von… dem Baby Stewie und dem sprechenden Hund Brian aus der Fox-Zeichentrickserie Family Guy, die darüber diskutieren, dass es zwar noch nie so viel Müll im Fernsehen gab, aber auch noch nie eine so große Auswahl an Müll.
Dann watschen sie der Reihe nach alle Sender ab, außer Fox.

2.05 Uhr: Ryan Seacrest kommt in die Mitte des zur Arena umgebauten Shrine Auditoriums in Los Angeles und preist ein paar siner Vorgänger als Emmy-Moderatoren: „Sie waren großartig — wenn man auf sowas steht…“ und nennt such „Full-Service-Moderator“: „Wer von denen hätte sich die Mühe gemacht, vier Stunden vorher aufzukreuzen und auch noch die Rote-Teppich-Berichterstattung zu übernehmen?“

2.10 Uhr: Zwei Jahre nach dem Ende des Hits Alle lieben Raymond kehrt Ray Romano als Laudator auf die Bühne. Seine Frau beklage sich, er sei viel zu oft zu Hause, und er habe gehört, seine Frau habe was mit Frasier. (Romanos Serienfrau Patricia Heaton und Frasier-Star Kelsey Grammer beginnen in den nächsten Tagen eine gemeinsame neue Serie.) Er gibt den Emmy für den besten Nebendarsteller in einer Comedyserie an Jeremy Piven für Entourage.

2.16 Uhr: Unfassbar! ProSieben steigt aus der Live-Übertragung aus, um Klingeltonwerbung zu zeigen. ProSieben-Zuschauern entgeht, dass Terry O’Quinn den Emmy als Bester Drama-Nebendarsteller für Lost gewinnt. Ausgerechnet für eine ProSieben-Serie! Können die denn wirklich GAR NICHTS?

2.24 Uhr: Tina Fey und Julia Louis-Dreyfus, heute beide für einen Comedy-Hauptdarstellerinnen-Emmy nominiert, preisen ihre Gemeinsamkeiten: „Wir haben beide Kinder und Emmys, die wir gleichermaßen lieben. Und wir werden beide so tun, als freuten wir uns für die andere, falls sie gewinnt.“ Jaime Pressly wird beste Comedy-Nebendarstellerin für My Name ist Earl.

2.31 Uhr: Super! ProSieben zeigt die Video-Premiere der neuen Monrose-Single. Gut, wenn man seine Werbespots natürlich schon während der Übertragung verschießt, hat man nicht mehr so viele für die tatsächlichen Werbepausen übrig.

2.34 Uhr: Zurück aus der Werbung, sitzt Ellen DeGeneres neben Dr. House Hugh Laurie und fragt: „Ich weiß, du bist kein richtiger Arzt, aber sollte ich mir das entfernen lassen?“

2.35 Uhr: Merkwürdige Zusammenstellung einer Montage aus Ausschnitten verschiedener Late-Night-Shows: Erst Witze über George W. Bush, dann Würdigungen des kürzlich verstorbenen Moderators Tom Snyder.

2.39 Uhr: Katherine Heigl wird als beste Drama-Nebendarstellerin für Grey’s Anatomy ausgezeichnet, ebenfalls eine ProSieben-Serie, und ProSieben macht sich sogar die Mühe, es zu übertragen. Und ich fand Katherine Heigl tatsächlich toll. In Roswell.

2.44 Uhr: Der Emmy für das beste Comedy-Variety-Autorenteam steht an. Statt die Autoren selbst im Bild zu zeigen, während ihre Namen vorgelesen werden, zeigt das Team der Late Show with David Letterman ein paar lustige George-Bush-Momente (er stolpert, stößt sich den Kopf, rüttelt an einer verschlossenen Tür, etc.).
Gegen die weiteren Nominierten Daily Show with Jon Stewart und The Colbert Report gewinnen überraschend die Autoren von Late Night with Conan O’Brien.

2.50 Uhr: Die Emmys sind ja auch so etwas wie eine Informationsveranstaltung. Durch das Duett von Christina Aguilera und Tony Bennett erfährt man zum Beispiel, dass Tony Bennett noch lebt.

2.54 Uhr: Alec Baldwin präsentiert den Emmy für den besten Regisseur eines Variety-/Musik- oder Comedyspecials. Es gewinnt ein Tony-Bennett-Special. Wussten Sie, dass der noch lebt?

2.58 Uhr: Oscar-Preisträger Robert Duvall bekommt seinen ersten Emmy als bester Hauptdarsteller in „Broken Trail“ (Kategorie Miniserie/Fernsehfilm).

3.04 Uhr: Eine Hommage „30 Jahre Roots„, und das Ensemble der Serie von damals übergibt den diesjährigen Miniserien-Emmy ebenfalls an „Broken Trail“.

3.11 Uhr: Die Sopranos gewinnen ihren letzten Drama-Regie-Emmy.

3.14 Uhr: Und für das beste Drehbuch gleich hinterher.

3.21 Uhr: Nach einer längeren Dürre in dieser Show bringt der großartige Steve Carell endlich wieder Humor auf die Bühne, als er sich ausschweifend mehrfach für den freundlichen Applaus bedankt, der längst verstummt ist.
Er überreicht den Emmy für die beste Comedy-Variety-Show an seinen früheren Arbeitgeber, die Daily Show with Jon Stewart, wie jedes Jahr. Es ist Jon Stewarts fünfter Emmy hintereinander in dieser Kategorie, vorher hatte fünf Jahre lang jedes Jahr die Late Show with David Letterman gewonnen.
Mehr Statistik? Gern. Letterman gewann den Emmy in dieser Kategorie insgesamt sechsmal (erstmals 1994), so oft wie niemand sonst. Nächstes Jahr könnte Jon Stewart gleichziehen. Cool, wie ich das auf die Schnelle ausgerechnet habe, oder?

3.25 Uhr: Diese Tony-Bennett-Show gewinnt schon wieder einen Emmy, diesmal als bestes Variety-Special. Sein Sohn hälkt eine Dankesrede. Er sieht ganz anders aus als Papa Bennett, so viel kahler. Tony scheint die Toupet-Gene nicht vererbt zu haben.

3.44 Uhr: Endlich wieder Song & Dance! Das Ensemble des Musicals „Jersey Boys“ würdigt die Jersey Boys aus den Sopranos, die in diesem Jahr zu Ende gegangen sind. Dann kommen alle Sopranos auf die Bühne, und man denkt, es passiert vielleicht noch was, aber das war’s.

3.50 Uhr: Helen Mirren muss ihre vielen Preise im Regal wieder etwas enger zusammenschieben, denn jetzt kommt ein Emmy als beste Hauptdarstellerin für das Finale von Heißer Verdacht dazu, das das ZDF in zwei Wochen zeigt.

3.51 Uhr: Der scharfe, laute und sehr witzige Komiker Lewis Black schreit zwei Minuten lang Senderchefs im Allgemeinen an:
„Euer Job ist das Geschichtenerzählen! Es ist nicht euer Job, uns zu sagen, was als nächstes oder in zwei Wochen kommt! Uns interessiert nicht, was als nächstes kommt, uns interessiert das, was wir gerade schauen! Was verlangt ihr? Dass wir alles stehen und liegen lassen und einen Bleistift suchen, um eine Notiz zu machen? Es stört das Drama! Oder die Comedy! Oder das Nickerchen, das ich gerade mache!“

4.01 Uhr: ProSieben präsentiert schon wieder die Video-Premiere der neuen Monrose-Single. Bis zur wievielten Ausstrahlung spricht man eigentlich von einer Premiere?

4.06 Uhr: Nach dem Oscar gewinnt der Star aller Medien, Al Gore, jetzt einen Emmy für sein interaktives Internetfernsehen Current. Nur fair, schließlich hat Al Gore das Internet ja erfunden. Jetzt braucht er eigentlich nur noch einen Bravo-Otto.

4.08 Uhr: Nur die Bush-Witze und Roots — bisher wurden auffallend wenige Ausschnitte gezeigt. Dafür zeigt Joely Fisher jetzt einen ziemlich tiefen. Sie steht neben ihrem deutlich größeren Serienpartner Brad Garrett (aus der Sitcom Til Death, läuft bei uns nicht).
Joely Fisher: „Gefällt dir mein Kleid?“
Brad Garrett: „Es ist toll. Du solltest es von hier oben sehen. Notiz an mich selbst: Milch kaufen. Du hast es gerade auf Charlie Sheens To-Do-Liste geschafft.“

4.10 Uhr: Beste Einzelperformance im bereich Comedy/Variety? Nominiert: Jon Stewart, Stephen Colbert, David Letterman, Ellen Degeneres und Tony Bennett, der schon wieder gewinnt.

4.16 Uhr: Zwei weitere Comedypreise gehen an die US-Versionen von Verliebt in Berlin und Stromberg: Alles Betty (Regie) und The Office (Drehbuch).

4.23 Uhr: Ryan Seacrest trägt plötzlich das Kostüm von Henry VIII. Es gibt keinen Grund dafür. „Wow, das sah im Schrank weit weniger schwul aus. Darf ich das behalten?“

4.26 Uhr: Der Schauspieler Rainn Wilson aus The Office muss in einem Gesangswettbewerb gegen Kanye West antreten. Es geht darum, Songtexte auswendig vorzutragen. Die Kategorie: „Songs von Kanye West“. Wilson gewinnt.

4.29 Uhr: The Amazing Race gewinnt zum fünften Mal den Emmy als beste Reality-Spielshow. Seit es diese Kategorie gibt, hat noch nie eine andere Sendung gewonnen.

4.36 Uhr: Jon Stewart und Stephen Colbert präsentieren den Emmy für den besten Hauptdarsteller in einer Comedyserie. Colbert kommt mit einem Laubbläser auf die Bühne und behauptet, er sei umweltfreundlich: Er werde mit Al Gores Tränen betrieben.
Den Emmy gewinnt Ricky Gervais für Extras. „Ricky Gervais kann heute leider nicht hier sein, deshalb geben den Preis unserem Freund Steve Carell.“ Carell rennt auf die Bühne, und die drei fallen sich um den Hals.

4.41 Uhr: Sally Field gewinnt als beste Drama-Hauptdarstellerin für Brothers & Sisters. Als das Orchester sie von der Bühne spielen will, keift sie, sie sei nocht nicht fertig, und vergisst dann, was sie eigentlich sagen wollte. Irgendwas mit Krieg.

4.44 Uhr: Weil auch im vergangenen Jahr wieder viele Entertainer gestorben sind, füllen sich die nächsten zwei Minuten Sendezeit wie von selbst.

4.50 Uhr: Alles-Betty-BettyAmerica Ferrera wird beste Hauptdarstellerin einer Comedyserie

4.56 Uhr: Bester Drama-Hauptdarsteller. Nominiert: James Spader (Boston Legal), Hugh Laurie (Dr. House), Denis Leary (Rescue Me), James Gandolfini (Die Sopranos) und Kiefer Sutherland (24). James Spader gewinnt. Er hatte nicht damit gerechnet, alle anderen auch nicht: „Ich fühle mich, als hätte ich der Mafia einen Haufen Geld gestohlen.“

5.03 Uhr: Kelsey Grammer und Patricia Heaton zeichnen 30 Rock als beste Comedyserie aus, eine sehr lustige, in Deutschland nicht gezeigte und auch in Amerika nur durchschnittlich erfolgreiche Sitcom, die hinter den Kulissen einer Comedyshow spielt. Hauptdarstellerin und Produzentin Tina Fey bedankt sich „bei unseren Dutzenden und Dutzenden von Zuschauern“.

5.10 Uhr: Wir sind fast am Ende, zum Schluss kommt noch wichtigste Preis des Abends. Den Emmy für die beste Dramaserie übergibt Helen Mirren erwartungsgemäß an Die Sopranos. Wieder kommen alle auf die Bühne, aber diesmal darf Erfinder David Chase wenigstens ein paar Worte sagen.

5.13 Uhr: Ryan Seacrest verabschiedet sich noch kurz, und das war’s. Er selbst war angenehm unauffällig, und wer auch immer ihm die paar Witze geschrieben hat, hat einen ganz guten Job gemacht.
Und damit guten Morgen allerseits.

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Michael, 17. September 2007, 01:54.
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