Heilandsack

Wer immer das Gefühl hatte, deutsche Hauptstadtkrimis seien nicht betulich genug, darf aufatmen: Felix Huby schreibt wieder. Der Schöpfer von Tatort-Kommissar Bienzle hat sich einen neuen schwäbischen Polizisten ausgedacht, ihn aber nach Berlin verfrachtet. Er spricht gar nicht schwäbisch, aber viel, ist jung und wirkt schon in den ersten Minuten des ZDF-Fernsehfilms Der Heckenschütze, als habe er das Potenzial, seinen Kollegen und uns Zuschauern gehörig auf den Keks zu gehen. Das legt sich zum Glück im Lauf des Films.


Foto: ZDF/Britta Krehl

Peter Heiland (Fabian Busch) heißt der Mann („Ich bin der Heiland“), und vielleicht werden die TV-Krimis mit ihm eine Reihe. Die Bücher sind es schon. Seit 2005 veröffentlichte Felix Huby drei Romane mit Peter Heiland (eine Besprechung des Debüts finden Sie bei unseren Freunden vom Tatort-Fundus), die wichtige Unterschiede zur Fernsehfassung aufweisen. Im Buch gibt es eine direkte Verbindung zwischen Heiland und Bienzle: Bienzle war früher Heilands Chef, bevor der nach Berlin ging. Im Film ist davon keine Rede. Das heißt natürlich nicht, dass Bienzle-Darsteller Dietz-Werner Steck nicht mitspielt. Aber er spielt eine völlig andere Rolle, einen Wirt. Und noch natürlicher ist auch der schwäbische Volksschauspieler-Veteran Walter Schultheiß dabei, der Bienzles Vermieter und Robert Atzorns Vater in Hubys Oh Gott Herr Pfarrer spielte. Wenn Felix Huby eines Tages nicht mehr schreibt, muss Schultheiß wahrscheinlich schon in Alter von 216 Jahren in Rente gehen. Insofern gibt es zumindest indirekte Verbindungen zu Hubys früheren Werken.


Foto: ZDF/Britta Krehl

Kommissar Heiland muss eine Mordserie aufklären. Ein Serienkiller bringt eine Reihe von Schwaben um, und Heiland selbst ist in Gefahr. Die Geschichte ist okay, die Umsetzung hätte jedoch auch in der halben Zeit funktioniert. Ein wahrer Lichtblick ist der völlig bescheuerte Straßensänger, eine Mischung aus Cosmo Kramer und Troubadix, den Heiland zu Beginn des Films vor einer Schlägerei bewahrt, und der daraufhin beschließt, Heilands bester Freund zu sein. Das und ein sehr unerwartetes Ende machen Der Heckenschütze insgesamt zu einem sehr ansehnlichen, wenn auch nur mäßig spannenden Film.

Der Heckenschütze, Montag, 20.15 Uhr im ZDF.

Schlagwörter: ,
Michael, 8. September 2008, 05:24.

Römisch II

Vor einem Jahr gab es im ZDF schon einmal eine Krimiserie, die zum Teil in Rom spielte und in den gegensätzlichen Hauptrollen eine deutsche Frau einem Mann aus Italien gegenüberstellte. Donna Roma war ganz nett, floppte aber.

Auf dem gleichem Sendeplatz beginnt heute ein neuer Versuch, der aber weit weniger weltlich ist und ein bisschen an den „Da Vinci Code“ erinnert. Aber nur ein bisschen, denn während der „Da Vinci Code“ eine wirre Abenteuergeschichte im Stil von Fünf-Freunde-Büchern war, ist Ihr Auftrag, Pater Castell ein nachvollziehbarer Krimi, der an ZDF-Serien erinnert.


Foto: ZDF

Das Umfeld ist ein ungewohntes. Hauptfigur ist ein Pater aus Rom, der als Sonderbeauftragter des Vatikans kriminelle Taten in aller Welt aufklären soll, deren Opfer Mitarbeiter der Kirche wurden. Bei seinem ersten Fall trifft er wenig überraschend auf eine toughe Kirchengegnerin in ungefähr seinem Alter, die rein zufällig ebenfalls keinen Lebensgefährten hat. Sie ist die Hauptkommissarin, mit der er in München zusammenarbeiten muss. München, weil es verboten ist, dass in ZDF-Serien niemand bayerisch spricht. Was die Sache ein wenig unglaubwürdig macht, ist, dass ihn auch seine nächsten Fälle immer wieder nach München führen werden, wo in den nächsten Wochen so viele Mönche, Kardinäle und Theologen ermordet werden, dass das ohnehin bestehende Personalproblem der katholischen Kirche bedenkliche Ausmaße annimmt. Auf diese Weise können sich die beiden gegensätzlichen Hauptdarsteller nämlich noch eine Weile kabbeln.

Auch die Besetzung macht die Sache ein wenig unglaubwürdig, denn ein bisschen fühlt man sich an Karneval erinnert. Alle Männer, die hier Würdenträger spielen, sind bekannte deutsche Schauspieler, die wir schon tausendmal als Verdächtige in ZDF-Krimis oder als Ärzte gesehen haben, die sich aber diesmal mit bunten Mützchen und Gewändern als Kirchenleute verkleiden.

Letztendlich kommt es aber auf die Geschichte an, und die ist in der Premiere völlig okay, gegen Ende wird es sogar noch richtig spannend. Ihr Auftrag, Pater Castell ist originell, schön umgesetzt und ordentliche Unterhaltung.

Ihr Auftrag, Pater Castell, donnerstags um 20.15 Uhr im ZDF.

Schlagwörter: , ,
Michael, 8. Mai 2008, 05:50.

Warmes Herz für kalte Fälle


Foto: ProSieben.

In Alexandra Neldels neuer Serie Unschuldig muss man zumindest nicht darauf warten, ob sie sich eines Tages der fiesen Verkleidung entledigen wird.

Außerdem hat Unschuldig keinen Untertitel. Kein Gedankenstrich, kein Titelzusatz. Kein Unschuldig — Grundlos gefangen. Oder Unschuldig — Auf der Jagd nach der Wahrheit. Oder wenigstens Unschuldig — Die total abgefahrene ProSieben-Krimikopie. Nichts. Schon allein das muss gepriesen werden.

Auch sonst lässt sich wenig Negatives über die neue Krimiserie sagen. Gut, sie sieht aus wie Cold Case. Verzeihung, es muss natürlich heißen: Cold Case — Kein Opfer ist je vergessen.

Und so wird es verborgen: Alexandra Neldel spielt keine Polizistin, sondern eine Rechtsanwältin, und die Fälle, die sie übernimmt, wurden nicht als unlösbar zu den Akten gelegt, sondern es wurde jemand als schuldig eingebuchtet, den die Protagonistin für unschuldig hält und rausholt. So oder so muss ein alter Fall neu aufgerollt werden, und damit haben wir im Wesentlichen Cold Case, inklusive der Jerry-Bruckheimer-Serien-typischen Flashbacks, die mit hektischen Weißblitzen ein- und ausgeblendet werden, und der pathetischen Musik, wenn am Ende in Zeitlupe der wahre Täter abgeführt wird.

Aber das macht ja mal wieder nichts, denn Krimiserien beruhen im Grunde ohnehin alle auf derselben Idee. Man muss diese Idee also nur mit guten Geschichten füllen, und schon freuen wir uns alle ganz doll. Das ist hier der Fall: Die Geschichten der ersten beiden Episoden sind originell, überraschend und spannend, und im Gegensatz zu den meisten Jerry-Bruckheimer-Serien spielt nicht schon die erste Episode in der Sadomaso-Szene, sondern erst die zweite. Und es gibt noch einen Unterschied: Die Hauptfigur lügt.

Schon früh in der Pilotfolge wird Rechtsanwältin Anna Winter von einem Bewunderer gefragt: „Warum machen Sie das?“, und sie antwortet: „Weil es mein Beruf ist.“ Doch wer deutsche Serien kennt, weiß: Protagonisten machen niemals etwas, weil ihr Beruf ist, sondern immer, weil es ihre Berufung ist. Weil sie ein Kindheitstrauma zu bewältigen haben. Weil ihnen einst selbst eine große Ungerechtigkeit widerfuhr. Oder weil der Untertitel es verlangt. Und deshalb erfahren wir am Ende dieser ersten Episode auch von dem Ereignis in Anna Winters Leben, das der wahre Grund für ihr Engagement ist.

Auch für die anderen beiden Hauptfiguren, die im Wesentlichen die Detektivarbeit für die Anwältin machen, haben sich die Autoren geheimnisvolle persönliche Geschichten ausgedacht, die hier und da aufblitzen. Das ist löblich, aber egal. Die Figuren sind uninteressant. Wer diese Serie sieht, wird sie wegen der Fälle sehen.

Deshalb wäre ein Wetten auf die Einschaltquote ein reines Glücksspiel. Unschuldig ist eine gute, aber unbedeutende Serie. Es gibt keinen Grund, warum sie ein Erfolg werden sollte. Es gibt aber auch keinen, warum sie keiner werden sollte.

Interessant könnte es werden, wenn ab übernächster Woche Cold Case direkt im Anschluss läuft. Falls Unschuldig dann überhaupt noch im Programm ist.

Unschuldig, mittwochs um 20.15 Uhr auf ProSieben.

Schlagwörter: , ,
Michael, 23. April 2008, 06:06.

In Rente geschicklt

Deutschlands Fernsehkommissar mit der größten Ausdauer hat sich verabschiedet. Wilfried Klaus war als Horst Schickl von der SOKO 5113 nicht nur der dienstälteste deutsche Krimiermittler, sondern übertraf auch die Amtszeiten von Derrick und allen Alten um Längen. Nach Amerika müssen wir gar nicht erst schauen. James Arness als Marshal Matt Dillon in Rauchende Colts und Kelsey Grammer als Psychiater Frasier Crane in Cheers und Frasier spielten ihre Rollen jeweils 20 Jahre und gelten in den USA als Rekordhalter. Klaus spielte den Schickl mal eben zehn Jahre länger.

Seinen letzten Fall zog das ZDF als großes Finale auf: In Spielfilmlänge und zur Primetime, und wie in einer großen Samstagabendshow kamen zum Schluss noch einmal alle Mitwirkenden auf die Bühne. Schickls letzter Fall beinhaltete Wiedersehen mit vielen Stars aus den großen SOKO-Jahren in den 80ern und 90ern: Bernd Herzsprung als Fred Leß, Olivia Pascal als Lizzy Berger, Heinz Baumann als Jürgen Sudmann, und dazu Christine Döring als Susanne von Hagenberg, die ab 2000 sechs Jahre zum festen Team gehörte. Selbst der verstorbene Werner Kreindl als Ex-SOKO-Chef Karl Göttmann spielte noch einmal eine Rolle, zwangsläufig passiv. Schickls letzter Fall trug den Episodentitel „Die Akte Göttmann“ und schrieb nebenbei fast 20 Jahre SOKO-Geschichte neu. (Es folgen Handlungsdetails. Wer sie nicht wissen möchte, bitte beim nächsten Absatz weiterlesen oder joggen gehen.) Lizzy wird umgebracht! Göttmann starb vor 15 Jahren nicht an einem Herzinfarkt, sondern wurde ebenfalls umgebracht! Und zwar von einem Maulwurf bei der Polizei! Und dieser Maulwurf war Fred Leß! Und am Ende lässt sich Schickl zum Schein erschießen, um unter falschem Namen ein neues Leben zu beginnen, weil die Menschenhändler aus seinem letzten Fall ihm Rache geschworen haben! Puh.

Die Handlung war stellenweise an den Haaren herbeigezogen, doch so ließen sich eben die Gastauftritte der Altstars am besten integrieren. Ohne sie hätte die man die Geschichte freilich in der halben Zeit erzählen können, aber das wäre nicht angemessen gewesen. Und dass in dem Moment, in dem klar ist: „Wir haben einen Maulwurf!“, erst mal der Kreis der Eingeweihten verdoppelt wird — geschenkt. Es war ein würdiges Finale zum Abschied von Wilfried Klaus, das ein bisschen wie ein Serienfinale wirkte, obwohl die Serie auch ohne ihn weitergeht. Doch er war der letzte Mann der ersten Stunde. Ohne ihn wird sich die Original-SOKO-Serie wohl kaum noch von den gefühlt 5113 anderen SOKO-Serien mit ihren jährlich wechselnden Besetzungen unterscheiden. Hartmut Schreier und Michel Guillaume sind jetzt die Dienstältesten, beide immerhin auch schon seit mehr als 15 Jahren dabei.

Wilfried Klaus, der im Gegensatz zu anderen ZDF-Stars in jüngerer Vergangenheit freiwillig aufgehört hat, geht bis auf weiteres mit der langlebigsten Serienrolle im deutschen Fernsehen in die TV-Geschichte ein.

In vier Jahren kann Claus Theo Gärtner als Josef Matula in Ein Fall für zwei an ihm vorbeiziehen.

Schlagwörter: , ,
Michael, 23. März 2008, 23:35.

Freitags wieder Herzog

Gut ein Monat ist seit der tragischen Absetzung der RTL-Serie Herzog vergangen, da können wir freitags plötzlich wieder Herzog gucken. Leider einen völlig anderen, und deshalb entschuldige ich mich bei allen Lesern, die ich in der Überschrift absichtlich in die Irre geführt habe.

Rolf Herzog heißt ab heute Der Alte, Walter Kreye spielt ihn, und Sky Du Mont ist seine Synchronstimme.*
(*Ist er nicht, aber die Ähnlichkeit ihrer Stimmen ist auffallend. Schließen Sie nur mal die Augen! — Halt, die fallen Ihnen früher oder später von allein zu.)

Der alte Alte ging ja im Dezember in den Ruhestand, und der neue Alte fängt da an, wo der alte aufhörte. Während der erste Alte Siegfried Lowitz als Erwin Köster noch ein bockiger, eigenwilliger Kauz war und der zweite Alte Rolf Schimpf in der Leo-Kress-Rolle noch als dickköpfiger, aber besonnener Kommissar begann und sich erst im Lauf der zwei Jahrzehnte zum eigenschaftslosen Greis wandelte, fängt der dritte Alte Walter Kreye schon eigenschaftslos an. Er hat auch keine Vorgeschichte. Bei Leo Kress machten sich die Autoren noch die Mühe, eine Versetzung von Augsburg nach München zu erfinden. Rolf Herzog kommt einfach und ist da. Er sitzt gegenüber von Gerd Heymann (Michael Ande) am Tisch und wundert sich vermutlich selbst, warum sein Assistent eigentlich älter aussieht als er, der „Alte“. Noch fünf Jahre, und wir Zuschauer werden das Gefühl haben, Waldorf und Statler sitzen Kriminalfälle aus.

Die Drehbücher haben sich nämlich nicht geändert. Das Team der Mordkommission wandelt ahnungslos zwischen verstörten Menschen umher, und am Ende führt ein blöder Zufall dazu, dass die alten Männer gerade noch rechtzeitig vor Ablauf der sechzig Minuten jemanden dazu bringen, ein Geständnis abzulegen.

Einen netten Gag haben die Autoren aber eingebaut, und den gleich zweimal. Als der neue Alte zum ersten Mal auf den Spurensicherer Werner Riedmann und den Polizeiarzt zugeht, dessen Namen wir noch nie erfahren haben, weil er immer nur „Doktor“ oder „Doc“ genannt wurde, gehen sie offensiv mit der Namenlosigkeit um. Denn eigentlich wäre jetzt der Punkt gekommen, an dem man sich einander vorstellt.

Riedmann: „Das ist unser Doc. — Wie heißt du eigentlich im richtigen Leben?“
Doc: „Ach, vergiss es.“

Und später:

Herzog: „Ich habe eine Verabredung mit dem Gerichtsmediziner. Wie heißt der eigentlich?“
Heymann: „Doc.“

Aber sonst bleibt alles beim Alten beim Alten.

Der Alte, freitags um 20.15 Uhr im ZDF.

Schlagwörter: , ,
Michael, 7. März 2008, 07:27.

Keine Lappalie für LaPaglia

Wenn eine Serie ein paar Jahre erfolgreich läuft, bekommen ihre Hauptdarsteller in der Regel einen hübschen Titel: Producer. Oder noch besser: Executive Producer. Das hat ein bisschen mit inhaltlichem Mitspracherecht zu tun, aber selten mit tatsächlichen zusätzlichen Aufgaben, sondern in erster Linie mit Geld. Es ist schlicht ein Titel. Er ermöglicht es, die wichtigen Stars einer Serie zusätzlich zu kompensieren, ohne neu über das eigentliche Schauspielergehalt verhandeln zu müssen. Manchmal nehmen die Schauspieler aber tatsächlich zusätzliche Aufgaben an und führen hin und wieder bei einzelnen Episoden Regie. Dass sich jemand ernsthaft am kreativen Prozess beteiligt, sich die Zeit nimmt, sich hinzusetzen und selbst eine Episode zu schreiben, ist äußerst selten.

Anthony LaPaglia hat es getan. Nach viereinhalb Jahren als Vermisstenfahnder Jack Malone in Without A Trace — Spurlos verschwunden machte der herausragende Hauptdarsteller sich die Mühe, selbst Autor zu werden. Er schrieb die Episode „Tiefe Wasser“ auf der Basis wahrer Ereignisse.

An Weihnachten 2002 verschwand die schwangere Laci Peterson, deren Ehemann zunächst nicht verdächtig war, aber nach dem Auffinden der Leiche Monate später festgenommen und schließlich wegen Mordes verurteilt wurde, vor allem wegen seines verdächtigen Verhaltens in den Tagen und Wochen nach dem Verschwinden seiner Frau: Als wisse er, dass sie nicht zurückkehrt, abonnierte er nach zwei Tagen zwei Pornokanäle, verkaufte nach zwei Wochen ihr Auto und machte aus dem Babyzimmer ein Büro. Es stellte sich außerdem heraus, dass er seine Frau betrogen hatte und seiner Affäre schon zwei Wochen vor Lacis Verschwinden erzählt hatte, er sei Witwer.

LaPaglia ließ sich von der Geschichte nur inspirieren, er übernahm die Story nicht einfach. In der fertigen Episode erinnert wenig an den Fall Laci Peterson. Stattdessen verknüpfte er die Geschichte mit politischen Motiven. So wird aus der Verschwundenen in seiner Episode eine Senatorin. Es ist keine „besondere“ Episode geworden, sondern eine für Without-A-Trace-Verhältnisse gewöhnliche. Sprich: Sie fügt sich prima in diese Serie ein, die jede Woche tolle Episoden abliefert.

Dem amerikanischen TV Guide sagte er im vergangenen Jahr:

Ich hatte nie den brennenden Wunsch, zu schreiben oder Regie zu führen. Es ist das fünfte Jahr unserer Serie, und ich mag das Schauspiel, aber es fing an mich zu jucken. Eines Tages saß ich mit Mike Mills herum, der mein Make-up macht, und wir redeten über diese wahren Geschichten. (…) Ich biss mich an diesem Fall fest. (…) Warum sollte sich jemand so verhalten, besonders wenn das FBI schon ermittelt?

LaPaglia schrieb die Episode nicht allein. Er verfasste sie handschriftlich, und jemand musste sie abtippen. Und schließlich setzte er sich mit dem erfahreren Autor Byron Balasco zusammen, um eine fertige Episode daraus zu machen. Fast neun Monate hat die Arbeit an dem Drehbuch insgesamt gedauert.

Ich hatte immer schon großen Respekt vor Autoren. Die schreiben jede Woche eine neue Folge.

Und dann kommt LaPaglia zu einer Erkenntnis, die vor ihm schon so viele erfolgreiche hauptberufliche Autoren hatten, die deutschen Verantwortlichen aber leider so fremd ist:

Was man schreibt, muss von Herzen kommen. Wenn man nämlich nur das schreibt, von dem man denkt, dass es jemandem gefallen könnte, wird es ärgerlich.

Without A Trace: „Tiefe Wasser“, heute um 20.15 Uhr bei Kabel 1.

Schlagwörter: ,
Michael, 21. Januar 2008, 06:54.

Leos letzter Kressreport

Es wird ein leiser, unauffälliger Abschied, wenn Rolf Schimpf heute um 20.15 Uhr nach 22 Jahren zum letzten Mal als Der Alte zu sehen ist. Die Ära geht mit einer ganz gewöhnlichen Episode zu Ende, dem üblichen depressiven Kammerspiel also. Dann ist Josef Matula das letzte verbleibende Urgestein aus der Zeit, als die ZDF-Freitagskrimis noch Pflichttermine waren.

Rolf Schimpf ist zu preisen, weil er nicht zu den Schauspielern gehört, die nach einer Handvoll Folgen befinden, ihre Rolle sei auserzählt, und verkünden, sie wollten sich nicht so sehr auf eine Rolle festlegen lassen. Er entschied sich, Leo Kress zu werden, und stand dazu. Anfangs trotzte er noch dem großen Schatten seines Vorgängers Siegfried Lowitz, dessen Erwin Köster ein eigensinniger Grantler war, und trat ebenfalls eigensinnig, impulsiv und unkonventionell auf. Erst später verlegte Schimpf sein Tätigkeitsfeld in den Schatten von Derrick und befragte in den gleichen Münchner Villen die gleichen Reichen mit den gleichen Standardfloskeln. Durch seine unauffällige Verlässlichkeit wurde Rolf Schimpf einer der größten deutschen Serienstars, ohne dass es besonders ins Auge fiel.

Nach 222 Folgen erklärte der heute 83-jährige Schimpf seinen Ausstieg, denn „es soll ja glaubwürdig wirken, wenn ich einen Kommissar spiele“.

Für den Fall, dass er es sich anders überlegt hätte, hätte man sich in seiner letzten Episode mit einem simplen Schnitt vom Abschied verabschieden können. Erst drei Minuten vor Schluss, nachdem der eigentliche Fall gelöst ist, kommt der bevorstehende Abschied zum ersten Mal zur Sprache, in einer rührungsfreien finalen Szene, die keinen Bezug zum bisher Geschehenen hat. Klebte man einfach unmittelbar vorher den Abspann dran, würde niemand merken, dass die heutige Episode eine besondere ist.

Ab 0.50 Uhr zeigt das ZDF noch einmal vier alte Alte-Folgen.

Mach’s gut, Alter!

Schlagwörter: , , ,
Michael, 21. Dezember 2007, 07:08.

Meer Morde

Nach dem alten Mann kommt das Meer. Das ist bekannt. Wenn Rolf Schimpf also als Der Alte seinen letzten Fall gelöst hat, ermittelt anschließend Walter Sittler zum ersten Mal in Der Kommissar und das Meer. Er spielt einen deutschen Kommissar in Schweden, der mit einer Paprika verheiratet ist. Haha, fremde Namen sind ja so lustig. Paprika Steen heißt die Darstellerin seiner Fernseh-Gattin, doch das Familienleben ist zweitrangig. Im Vordergrund stehen brutale Morde.

Die neue Reihe hat ein akustisches Anfangsproblem, das jede internationale Koproduktion hat. Es klingt einfach merkwürdig, wenn Walter Sitter völlig natürlich spricht, aber seiner Dialogpartnerin Inger Nilsson eine extrem affektierte Synchronstimme aufgesetzt wurde, und dann noch Sólveig Arnarsdóttir dazukommt, deren Akzent die Frage aufwirft, warum eigentlich sie nicht synchronisiert ist.

Dann ist da noch das Glaubwürdigkeitsproblem, das mit unbedachtem Starcasting zu tun hat. Friedrich von Thun spielt Walter Sittlers Vater. Friedrich von Thun ist aber nur zehn Jahre älter als Walter Sittler, und obwohl von Thun schon seit Beginn seiner Karriere altbacken spielt, sieht er gar nicht so alt aus.

Eine andere Umgereimtheit in Sachen Glaubwürdigkeit stört interessanterweise gar nicht: Wenn zu Beginn der zweiten Folge Blut auf die Linse der Kamera spritzt, werden für einen kurzen Moment Fiktion und Wirklichkeit unlogisch vermischt, doch als Stilmittel ist diese Maßnahme originell.

Mit Der Kommissar und das Meer, nach Romanen der Bestsellerautorin Mari Jungstedt, weitet das ZDF seine Schwedenkrimikompetenz auf den Freitagabend aus. Und trotz der Ungereimtheiten und Irritationen ist dies eine solide Krimireihe, die zwar frei von großen Überraschungen, aber auch nicht vorhersehbar ist und deren einzelne Episoden nicht so lang wirken wie sie sind.

Einsatzort ist die Ferieninsel Gotland, die das ZDF in seinen Vorankündigungen als Idylle beschreibt, die aber in der filmischen Umsetzung von Beginn an düster-grau und kalt wirkt. Dazu macht Inger Nilsson ein dauergrimmiges Gesicht, als dürfe um Himmels Willen nie jemand bemerken, dass sie in einem früheren Jahrtausend die lustige Pippi Langstrumpf gespielt hat.

Doch mitten im grimmigen Grau glänzt etwas: Walter Sittler, wie immer.

Der Kommissar und das Meer, freitags um 21.15 Uhr im ZDF.

Schlagwörter: , ,
Michael, 21. Dezember 2007, 07:07.

Kurzer Boom

Weil sonst gerade so wenig Neues im Fernsehen passiert, befassen wir uns ausnahmsweise mal mit einer Pay-TV-Premiere. Der Sender 13th Street startet heute Boomtown, eine amerikanische Krimiserie, die bei der US-Ausstrahlung vor fünf Jahren von den Kritikern einhellig derart gefeiert wurde, als sei sie die größte Errungenschaft seit der Erfindung des Rades.

Tatsächlich war die Serie sehr innovativ und toll umgesetzt, zugleich aber ein wenig verwirrend. Man ist es zwar mittlerweile gewohnt, dass in Serien mehrere Geschichten parallel erzählt werden. Doch dass die gleiche Geschichte in sieben verschiedenen Versionen erzählt wird, war ungewöhnlich. Aus den Blickwinkeln aller Protagonisten (Polizei, Staatsanwaltschaft, Notärzte, Reporter) setzte sich das Gesamtwerk zusammen, doch haben nicht alle die gleiche Auffassung der Ereignisse.

Nach einer wenig erfolgreichen ersten Staffel ließ sich NBC einerseits vom Kritikerlob und den inzwischen gewonnenen Preisen überzeugen, andererseits nicht. Es wurde zwar eine zweite Staffel bestellt, aber das einzigartige Konzept sollte verschwinden. Aus Boomtown wurde eine mehr oder weniger gewöhnliche Krimiserie, und trotzdem setzte NBC sie nach nur zwei neuen Folgen ab.

Dass in der ungewöhnlichen Serie auch das Schauspielerensemble überzeugte, ist daran zu erkennen, dass sich niemand darüber lustig machte, dass der Hauptdarsteller früher bei den New Kids On The Block gesungen hat.

Boomtown, werktags gegen 21.50 Uhr bei 13th Street.

Schlagwörter: , ,
Michael, 17. Dezember 2007, 11:09.

Ode an den King

 

Als die ARD die neue Serie Elvis und der Kommissar ankündigte, freute ich mich über die Errungenschaften moderner Tricktechnik. Endlich könnten der King und Erik Ode gemeinsam auf Verbrecherjagd im Reich der Verstorbenen gehen und all die Bösewichte stellen, die sich durch vorzeitigen Tod ihrer gerechten Strafe entzogen hatten. So eine Art Mischung aus Cold Case, Tru Calling und Seven Days.

Es ist aber doch nur eine niedliche Familienserie über einen Polizisten mit seinem Hund geworden, die wohl die Lücke schließen soll, die Kommissar Rex hinterlassen hat. Schon die Titelmusik lässt erkennen, dass es gleich putzig wird. Elvis und der Kommissar ist zwar frei von jeglichen neuen Ideen und originellen Charakteren, aber nicht ohne Witz. Manche Gags sind so subtil, dass sie unter Umständen unbemerkt vorbeirauschen, falls man nebenbei bügelt. So treffen die Polizisten einen zwielichtigen Verdächtigen ausgerechnet in der Innocentiastraße. Im Dialog kommt die Adresse nicht vor, nur das Straßenschild ist ganz kurz im Bild. Andererseits ist die Handlung, wenn man nebenbei nicht bügelt, nicht gerade ausfüllend, und schon nach einer Viertelstunde dürfte den meisten Zuschauern klar sein, was der Kommissar erst 25 Minuten später herausfindet. Hauptdarsteller Jan-Gregor Kremp erinnert in Art und Optik an Axel Prahl aus dem Münster-Tatort und spielt seine Rolle so sympathisch, dass man den Köter gar nicht bräuchte.

Elvis und der Kommissar tritt an die Stelle des anderen Familienkrimis Ein Fall für Nadja, den das Erste nach fünf Folgen vorzeitig beendete, obwohl ohnehin nur sechs Folgen angekündigt waren — eine hektische Programmplanungskuriosität, wie man sie sonst nur von ProSiebenSat.1 kennt. Angekündigt sind wieder sechs Folgen.

Meine ursprüngliche Idee ist also noch frei. Vielleicht möchte sie jemand produzieren, ich würde sie günstig abgeben. Ganz abwegig ist sie ja nicht, immerhin sang Elvis erst jüngst mit seiner noch lebenden Tochter ein Duett.

Elvis und der Kommissar, montags um 20.15 Uhr im Ersten.

Schlagwörter: , ,
Michael, 12. November 2007, 07:18.
Blättern:  1 2 3 4 5


Das Buch

die Autoren

Weitere Bücher

New York für Fern-SeherDie kleine House-Apotheke

Links