Houseräumung
Ohne großes Tamtam im Umfeld geht heute eine der erfolgreichsten Serien der vergangenen Jahre zu Ende: Dr. House. Oder besser: Eine der erfolgreichsten Serien vor einigen Jahren. Dr. House schlug vor allem in der dritten und vierten Staffel jede Konkurrenz und hatte bei den Zuschauern unter 50 zeitweise bessere Quoten als Giganten wie Wetten, dass…? oder Deutschland sucht den Superstar.
Das ist vier Jahre her. Die Hälfte der Fans hat sich zwischenzeitlich verabschiedet, und es ist unwahrscheinlich, dass viele von ihnen zum Finale heute noch einmal zurückommen werden.
Sie verpassen nichts.
Dr. House war eine der besten Serien seiner Zeit, doch seine Zeit ist um. Spätestens jetzt. Erste Durchhänger kamen schon vor Jahren, das ist aber normal bei Serien im fünften Jahr. Dr. House fing sich noch oft. Und während viele Fans der Meinung waren, die Luft sei spätestens in dem Moment raus gewesen, als House und Cuddy ein Paar wurden, war ich der Meinung, dass diese Wendung der Serie noch einmal neuen Schwung gegeben hatte. Erst als sie sich wieder trennten und House damit nicht klarkam, hörte die Serie auf mir Spaß zu machen.
Auch wenn es das große Besteck im Umfeld nicht gibt – RTL zeigt zum Beispiel das schöne Special „Swan Song“, das der US-Sender Fox im Mai vor der abschließenden Episode sendete, gar nicht erst –
das Finale selbst versucht sich durchaus am großen Tamtam. Das wäre unnötig gewesen. Zwar ist verständlich, dass sich viele Zuschauer über die Jahre auch aus Langeweile ob des immer gleichen Musters der einzelnen Episoden ausgeklinkt haben, aber das Muster einzuhalten, wäre ausgerechnet fürs Finale vielleicht eine bessere Idee gewesen. Stattdessen ist die letzte Folge ein Revue aus Gastauftritten früherer House-Stars, und weil große Teile der Episode Wahnvorstellungen sind, können auch die längst Verstorbenen noch mal vorbeischauen. Doch warten Sie nicht auf Cuddy. Die kommt nicht. Das ist enttäuschend, aber man hat sich mittlerweile an Enttäuschungen gewöhnt.
Denn vor allem die letzte Staffel war eine Ansammlung vertaner Chancen. House und seine Ehe, House und die Suche nach seinem wahren Vater – alles Handlungsstränge, die den Eindruck erweckten auf ein großes Finale zuzusteuern. Doch alles ohne ordentlichen Abschluss. Hatten die Autoren ernsthaft geglaubt, noch ein weiteres Jahr Zeit zu bekommen, um alles aufzulösen? Und musste Wilson wirklich auch noch an Krebs erkranken? Ein Happy End hätte zur Serie vermutlich nicht gepasst, und der Figur des Gregory House hat man oft genug alles Mögliche an den Hals gewünscht, aber womit hat Wilson das verdient?
Umso erstaunlicher ist es, dass die letzten Minuten der letzten Folge heute Abend doch noch ein sehr versöhnliches Ende bringen, mit dem ich als früherer und bis heute hartnäckiger Fan gut leben kann. Die Dreiviertelstunde bis es soweit ist, ist nur leider recht quälend.
Dr. House war eine Revolution unter den Krankenhausserien, weil sie aufgebaut war wie ein Krimi und der Protagonist ein Arschloch war. Gregory House bleibt in Erinnerung als einer der größten Charaktere in der Fernsehgeschichte. Und genau wie wir zum Beispiel an unsere Schulzeit oder andere Ereignisse aus der Vergangeheit oft wehmütig schwelgend zurückdenken, weil wir im Nachhinein alles Negative ausblenden, werden auch von Dr. House vor allem die brillanten ersten vier Jahre in Erinnerung bleiben, die uns gefesselt haben und in denen wir lachten und litten, und als wir eins für alle Zeiten lernten: Es ist nicht Lupus.