Kottan ermittelt

1980–1981 (Dritte Programme); 1982–1985 (ZDF). 19-tlg. österr. Diffamierung eines ganzen Berufsstands und Entwürdigung der Kriminalpolizei von Helmut Zenker, Regie: Peter Patzak (1976–1983).

Major Adolf Kottan (Folgen 1 und 2: Peter Vogel; Folgen 3 bis 5: Franz Buchrieser; ab Folge 6: Lukas Resetarits) ermittelt für das Sicherheitsbüro der österreichischen Polizei in Wien in Mordfällen. Kottan ist mal dröge, mal überdreht und mal tollpatschig, aber immer barsch zu seinem unterbelichteten Assistenten Alfred Schrammel (C. A. Tichy). Schrammel ist deutlich älter als Kottan, doch Kottan duzt ihn, lässt sich im Gegenzug aber siezen. Der einbeinige Paul Schremser (Walter Davy) ist der Dezernatsleiter, doch Kottan missbraucht auch ihn als Assistenten, ist zu ihm jedoch deutlich netter als zu Schrammel. In der Freizeit machen die drei gemeinsam Musik. Der frühere Dezernatsleiter Heribert Pilch (Harald von Koeppelle; ab Folge 7: Kurt Weinzierl) ist jetzt Polizeipräsident und immer um das Ansehen der Polizei besorgt.

Grund für die schlechte Presse ist natürlich nie Kottans Morddezernat, das jeden Fall aufklärt. Wenn doch was schief gelaufen ist, dann war’s immer der Schrammel. Pilchs größter Feind und unüberwindbarer Gegner ist der Kaffeeautomat auf dem Gang. Die Leichen findet meistens der Obdachlose Erwin Drballa (Carlo Böhm), der dann auf unterschiedliche Weise zu Kottan sofort Kontakt aufnimmt, z. B. macht er den Mund auf, und es ertönt eine Sirene, oder es liegt zufällig gerade ein Funkgerät mit Direktverbindung parat. Kottan: „Kennst du den Mann?“ — Drballa: „Ich kenn meine Leichen nie.“ Zu Hause warten Kottans Frau Ilse (Bibiana Zeller) und seine Mutter (Gusti Wolf). Und obwohl vor allem Mutter mit ihren kriminalistischen Eingebungen und Ideen für den perfekten Mord nervt, halten sie und Ilse es immer für eine Ausrede, wenn Kottan behauptet, aus dienstlichen Gründen erst so spät nach Hause zu kommen. Kottan hat auch zwei Kinder; Tochter Sissy (Birgit Machalissa) spielt jedoch nur zu Anfang mit und Sohn Walter (Florian Böhm) vor allem gegen Ende.

Die Dritten Programme zeigten sieben spielfilmlange Folgen mit verschiedenen Kottan-Darstellern, sie liefen jeweils in fast allen Dritten Programmen gleichzeitig sonntags um 20.15 Uhr. Schon diese Folgen wichen vom gängigen Krimischema ab, überzeichneten und parodierten und lösten in Österreich Proteste aus: „Diffamierung eines ganzen Berufsstandes und Entwürdigung der Kriminalpolizei“, waren die Worte des Landesvorsitzenden der öffentlich Bediensteten Oberösterreichs, Stefan Haiden; der stellvertretende Salzburger Polizeidirektor, Hofrat Dr. Johann Feldbacher, nannte die Serie schlicht „eine ausgemachte Sauerei“. Die Einschaltquoten waren hervorragend. Trotz komischer Elemente ging es in diesen Folgen jedoch noch überwiegend um die Arbeit Kottans, der als unkonventioneller Ermittler dargestellt wurde, ähnlich dem späteren Schimanski.

Mit Folge 8 stieg das ZDF als Koproduzent ein. Spätestens jetzt fand die Serie ihren eigenen Stil und nahm nichts und niemanden mehr ernst — weder die Polizei noch das Genre Krimi, noch das Medium Fernsehen. Kottan singt ein Duett mit der TV Ansagerin Chris Lohner, die im Hintergrund im Fernsehgerät zu sehen ist (sie spricht auch mit ihm oder klingelt an der Tür, wenn er sie vorzeitig ausschaltet). Wird Kottans Kapelle bei der Probe gestört, sagt Schremser: „Wir probieren’s weiter, in der nächsten Folge.“ Und der Penner Drballa fleht den soeben Erstochenen an: „Sagen S’ was! Irgendeinen Hinweis auf den Täter! Wie in einem ordentlichen Film!“

In Kottans Wohnung stehen Ehefotos seiner Frau mit den früheren Kottan-Darstellern, und Autor Zenker und Regisseur Patzak (der selbst oft in der Rolle eines Polizisten mitspielte) trieben Spaß mit Vor- und Abspann („Das Buch ohne Ideen war von Helmut Zenker. Die einfallslose Regie von Peter Patzak.“ — „Sollten Sie einen Fehler im folgenden Film entdecken, dürfen Sie ihn behalten“). Außerdem blendeten sie Laufschriften ein, die auf den ersten Blick keinen Bezug zum Programm hatten. Während der Folge „Kansas City“ am 3. Dezember 1982 wies eine Textschleife auf die anschließende Sondersendung zur Landung eines unbekannten Flugobjekts bei Duisburg hin. Natürlich gab es weder das Ereignis noch die Sendung, doch viele besorgte Zuschauer nahmen die Einblendung ernst und riefen beim ZDF oder der Polizei an. Eine Programmmoderatorin erklärte nach der Sendung etwas mürrisch, es sei ein Spaß gewesen, und es müsse jetzt wirklich niemand mehr anrufen, und das ZDF gelobte, fortan auf Jux-Einblendungen zu verzichten (diese spezielle ist jedoch bei Wiederholungen der Folge weiterhin enthalten).

Das Hauptproblem der Serie war der Sendeplatz: Das ZDF zeigte die jetzt einstündigen Folgen auf seinem Krimiplatz am Freitag um 20.15 Uhr. Dort war das Publikum jedoch Langweiler wie Derrick und Der Alte gewohnt, folglich erschrak es, weshalb weitere Folgen ab Mitte 1984 sonntags nach dem Hauptabendprogramm liefen. Die Serie wurde 1985 mit dem Adolf-Grimme-Preis mit Bronze ausgezeichnet.

1981 kam in Österreich der Film „Den Tüchtigen gehört die Welt“ ins Kino, in dem Franz Buchrieser als Kottan ermittelt. Diesen Film zeigte Pro Sieben 1990.

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