Derrick
1974–1998 (ZDF). 281-tlg. dt. Krimiserie von Herbert Reinecker.
Bei der Münchner Mordkommission klärt Oberinspektor Stephan Derrick (Horst Tappert) gemeinsam mit seinem Assistenten Harry Klein (Fritz Wepper) Morde auf, die meist in der Münchner Schickeria begangen werden. Derrick verhört die reichen Angehörigen in deren Villen und löst die Fälle mit Bedacht und ohne Gewalt. Er nimmt so gut wie nie eine Waffe in die Hand. In der Mordkommission arbeitet auch Willy Berger (Willy Schäfer), der Derrick und Klein manchmal bei den Ermittlungen unterstützt, aber nur im Büro. Bis 1977 ist auch Schröder (Günther Stoll) dabei.
Was Derrick von den meisten Krimiserien unterschied, war, dass man hier nicht Derrick und Harry in harmlosen Situationen zeigte, dann das Telefon klingelte und die beiden zu einem Mord gerufen wurden. Geschildert wurde zunächst ausführlich das Umfeld des späteren Mordopfers, Familie, Freunde, die Gesamtsituation, der Konflikt bis hin zum Mord (ohne den Mörder preiszugeben). Erst dann kam Derrick ins Spiel. Oft kam der Oberinspektor in der ersten halben Stunde der einstündigen Sendung gar nicht vor.
Den Rang des Oberinspektors, den es bei der Polizei in Wirklichkeit schon seit Anfang der 70er‑Jahre nicht mehr gab, behielt Derrick während der gesamten Laufzeit der Serie. Befördert wurde er erst in der allerletzten Episode („Das Abschiedsgeschenk“) auf einen Chefposten bei Europol, womit sein Ausscheiden aus der Serie erklärt wurde. Fritz Wepper hatte die Rolle des Harry Klein bereits in der Krimiserie Der Kommissar gespielt.
Autor Reinecker und Produzent Helmut Ringelmann waren sich erst drei Tage vor Drehstart zur ersten Episode „Waldweg“ über den Rollennamen für den neuen Krimihelden einig geworden, der schon vor dem Ende von Der Kommissar als dessen Nachfolger aufgebaut werden sollte. Weder Derrick noch Klein hatten in der Serie ein Privatleben, sie befassten sich ausschließlich mit den Mordfällen. Nur zweimal lösten Frauen unbekannte Gefühle in Derrick aus: die Psychologin Renate Konrad (Johanna von Koczian) 1975 und eine Innenarchitektin (Margot Medicus) 1984. Diese Phasen vergingen aber schnell wieder, sie hielten jeweils zwei Folgen.
Die Ermittlungen gingen meist schleppend und die Verhöre monoton voran („Hatte Ihr Mann Feinde?“). Lediglich in den Anfangsfolgen war Derrick noch als energischer und euphorischer Polizist zu sehen, dem böse Taten auch mal eine Gefühlsregung entrissen. In den späteren Folgen passierte eigentlich nach dem Mord kaum noch etwas, aber irgendwann gestand jemand, und die Folge war zu Ende. Zwischendurch stand meistens irgendwo Evelyn Opela herum, die Lebensgefährtin und spätere Ehefrau von Produzent Ringelmann, die er ab 1984 innerhalb der nächsten zehn Jahre in sieben verschiedenen Gastrollen unterbrachte. Tappert wandelte nur noch durch die Gegend, und die Anzahl seiner möglichen Gesichtsausdrücke lag bei etwa 1. In der 200. Episode konnte zum ersten Mal ein Fall nicht aufgeklärt werden („Offener Fall“).
Ursprünglich sollte Derrick die Motive beschreiben, die zu einer Straftat führen, und im Gegensatz zum Kommissar sollte der Täter für den Zuschauer von Anfang an bekannt sein. Bei Columbo funktionierte dieses Prinzip auch in Deutschland bestens, bei Derrick gefiel es weder Zuschauern noch Kritikern und wurde sehr bald wieder fallen gelassen.
Derrick war seinerzeit die erfolgreichste deutsche Serie weltweit; sie lief in mehr als 100 Ländern; in Italien z. B. war Hauptdarsteller Tappert ein Superstar. In Deutschland lief Derrick 24 Jahre lang einmal im Monat, zunächst sonntags, ab 1978 freitags um 20.15 Uhr. Derrick erreichte in der Gesamtbevölkerung einen der höchsten Bekanntheitsgrade aller Fernsehcharaktere, obwohl die tatsächlichen Zuschauer – wie bei den meisten ZDF-Sendungen – in der Regel weit über 50 Jahre alt waren. Erste Assoziation mit der Serie war immer Derricks Aufforderung „Harry, hol schon mal den Wagen!“, die zum geflügelten Wort und zur Legende wurde. Jahrelange Überzeugung aller Beteilgten war, der Satz sei tatsächlich nie gesagt worden. Dann begannen sogar die beiden Stars, an den Satz zu glauben: Kurz vor seinem 80. Geburtstag im Frühling 2003 sagte Horst Tappert einer Reporterin, er habe kürzlich eine Derrick-Wiederholung gesehen, in der die Worte vorgekommen seien. Zwei Jahre zuvor hatte Fritz Wepper noch erklärt, der Satz sei eine Erfindung von Harald Schmidt, von nun an erklärten beide einmütig, er sei eben doch gefallen. In welcher Episode das war, konnte jedoch niemand sagen. In der Tat kam die Aufforderung vor, selten allerdings, und nicht im exakten, viel zitierten Wortlaut. Das Image, das der Satz vermittelte, traf ohnehin zu: Harry Klein war immer der minderwertige Assistent und Stichwortgeber, der „Ja, Stephan“ sagen und Handlangertätigkeiten ausüben durfte, während Stephan Derrick als der kluge, kühle Kopf, der mit Ruhe und Sachverstand die Fälle löste, in die Fernsehgeschichte einging, obgleich seine trantütige Art und die fast bis zu den Knien hängenden Tränensäcke Stoff zahlloser Scherze in den Medien waren.
1998 wurde die endgültig letzte Folge ausgestrahlt, und in der Woche zuvor wurde die Serie mit zahlreichen Sondersendungen und Berichten in verschiedenen Magazinen geehrt. Fritz Wepper präsentierte eine lange Derrick-Nacht mit mehreren Folgen hintereinander, und Thomas Gottschalk moderierte samstags um 20.15 Uhr eine Fernsehparty namens „Good-bye, Derrick!“ zu Ehren Tapperts. Als Nachfolgeserie entwickelte Ringelmann Siska.
Komponist und Interpret der Titelmusik war Les Humphries mit seinem Orchester. Mehrere Episoden sind auf DVD erhältlich.
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