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Jakob und Adele

Freitag, 28. Dezember 2007, 21:56

1982–1989 (ZDF). „Geschichten von zwei Leuten, die nicht einsehen wollen, dass ab 65 alles vorbei sein soll“. 10‑tlg. dt. Episodenreihe von Herbert Reinecker.

Jakob (Carl Heinz Schroth) und Adele (Brigitte Horney) sind zwei alte Leute, die sich listig gegen jeden Versuch ihrer Familien und der Umwelt wehren, sie aufs alte Eisen abzuschieben. Es wirkt zuweilen, als seien sie die einzigen normalen Menschen auf der Welt und um sie herum herrsche nur Kälte, Leere und Kapitalismus („Jakob, ich freue mich, Sie zu sehen. Endlich jemand, der alle Tassen im Schrank hat“) und als sei das Leben als solches eine Frage des Geburtsdatums. Während Adele bei der wiederkehrenden Frage nach ihrem Alter die Gesichtszüge entgleiten, nimmt Jakob sie mit konsequenter Gleichgültigkeit und gelangweiltem Blick hin („Wie alt sind Sie?“ – „Methusalem ist mein Sohn“). Trotz aller Romantik und Verliebtheit siezen sich Jakob und Adele. Sie machen sich Geschenke, unternehmen Reisen und genießen das Leben. Adeles Familie sind Tochter Lisbeth (Almut Eggert), Schwiegersohn Rudolf (Jürgen Thormann) und Enkelin Marion (Judith Brandt).

Die Folgen waren 45 bis 60 Minuten lang, meistens gab es nur eine oder zwei pro Jahr. Anfangs bestand jede Folge aus drei bis vier kurzen, abgeschlossenen Episoden, ab 1986 füllte jede Episode eine ganze Folge. Brigitte Horney starb 1988, und ein letzter Film wurde nur mit Carl Heinz Schroth gedreht: „Jakob oder: Liebe hört nicht auf“. Als er am 26. November 1989 ausgestrahlt wurde, war auch Schroth bereits verstorben.

Jauch das noch!

Samstag, 10. September 2011, 14:20

Zwei Moderatoren, die jeder kennt, beginnen in den nächsten Tagen Sendungen, die auch jeder kennt. Und trotzdem könnte die mediale Aufmerksamkeit kaum größer sein.

Bevor Harald Schmidt ab Dienstag die Harald Schmidt Show wieder zu Sat.1 trägt, talkt Günther Jauch ab Sonntag nach dem Tatort in der ARD zu politischen Themen.

Jauch selbst stapelt seit Wochen tief in dem Bemühen, die hohe Erwartungshaltung zu dämpfen. Diese Erwartungshaltung an ihn ist enorm, denn er ist ja bekanntermaßen der Heiland. Mehr als 100 Interviews seien angefragt worden, sagte er in einem Interview, und das ist der Stand von vor 10 Tagen. Er verstehe das nicht ganz, denn es gebe die Sendung im Prinzip bereits seit 14 Jahren, und sie habe regelmäßig mehr als vier Millionen Zuschauer. Einen Grund, sie maßgeblich zu verändern, gebe es also nicht.

Vielleicht verändert sich aber die Wahrnehmung, die die Zuschauer von Günther Jauch haben. Dem Bild seiner Vorgängerinnen hat dieses Format nicht gutgetan.

Sabine Christiansen war als Moderatorin der Tagesthemen nie besonders negativ aufgefallen, vermieste dann aber zehn Jahre lang den Deutschen Woche für Woche die Stimmung, wenn sie den einen Sonntag darüber diskutieren ließ, ob Deutschland am Abgrund stehe, und den anderen Sonntag, wie sehr.

Und Anne Will, die für ihre Interviews in den Tagesthemen vorher so gelobt worden war, fiel auch recht schnell in den christiansenschen Trott, ihre Gesprächspartner nur um des Unterbrechens willen zu unterbrechen, meistens dann, wenn es gerade zum ersten Mal interessant zu werden drohte. Positive Assoziationen verbindet man auch mit Anne Will heute kaum noch.

Günther Jauch ist bisher der Liebling aller. Vielleicht tanzt er mit dem Polittalk ja aus der Reihe und bleibt es, findet die richtigen Themen, stellt die richtigen Fragen und greift an den richtigen Stellen ein, aber nur, wenn es nötig ist.

Ungeachtet dessen, was ich eben schrieb, und obwohl der Sonntagspolittalk für mich schon lange keine Sehgewohnheit mehr ist, werde ich mir Jauchs Premiere jedenfalls ansehen.

Denn bisher hat Günther Jauch den Beweis noch zu erbringen, dass es irgendetwas gibt, das er nicht kann.

Jede Sekunde ein Schilling

Donnerstag, 17. Juli 2008, 01:42

1959–1961 (ARD). Erfolgreiche Spielshow mit Lou van Burg.

Mehrere Kandidaten treten gegeneinander an und bekommen Fragen gestellt, deren Nichtbeantwortung zum wesentlichen Teil der Show führt: den Prüfungen. Kandidaten müssen eine auf den ersten Blick einfache Aufgabe erfüllen, die jedoch einen Haken hat. Beispielsweise muss ein Mitspieler ein Lied singen und dabei unter einem Fenster stehen, aus dem Wasser geschüttet wird. Geht auch mit Mehl oder anderen Sauereien. Für jede Sekunde, die er das Spielchen tapfer durchsteht, gewinnt er einen Schilling.

Die Show, die Lou van Burg gemeinsam mit dem Gameshow-Produzenten Jean-Paul Blondeau entwickelt hatte, wurde vom österreichischen Fernsehen ORF produziert. Dort war die Sendung schon ein halbes Jahr vor dem deutschen Start zu sehen, die ARD hatte eine Ausstrahlung abgelehnt. Erst nachdem die Quizreihe Das ideale Brautpaar vorzeitig aus dem Programm geflogen war, wurde Jede Sekunde ein Schilling von der ARD übernommen.

Beim Publikum war die Show ein Erfolg, Kritiker bemängelten den Klamaukcharakter und die geschmacklosen Strapazen, die die Kandidaten erdulden mussten. Selbst ein Vierteljahrhundert später wurden Shows wie Donnerlippchen und Vier gegen Willi noch aus den gleichen Gründen kritisiert. Es war van Burgs erste eigene Show. Hier sang er erstmals sein berühmt gewordenes Begrüßungslied „Guten Abend“, das stets mit „Hallo Freunde!“ und der Publikumsantwort „Hallo Lou!“ endete. Das Lied sang van Burg auch noch in seinen späteren Sendungen wie Der goldene Schuss. Mit diesem ersten Quiz Jede Sekunde ein Schilling wurde er in Österreich und Deutschland zum Fernsehstar.

Die 20 Ausgaben der Reihe liefen monatlich im Abendprogramm.

Jeopardy!

Donnerstag, 19. April 2007, 07:09

1994–1998 (RTL); 1999–2001 (tm3). Erfolgreiches halbstündiges Nachmittagsquiz mit Frank Elstner, in dem drei Kandidaten die Fragen auf vorgegebene Antworten formulieren müssen – nein, nicht umgekehrt. Wenn die Antwort lautet: „Erster Bundeskanzler“, muss der Kandidat formulieren: „Wer war Konrad Adenauer?“; nur „Konrad Adenauer“ wäre falsch. Die Themenpalette reicht von Sport bis zu Dadaismus. Von einer großen Ratewand wählen die Kandidaten vor jeder einzelnen Antwort aufs Neue das nächste Thema und die zu erspielenden Punkte aus – ganz am Ende werden diese in D‑Mark umgewandelt. Bei richtiger Antwort werden die Punkte gutgeschrieben, andernfalls abgezogen. Dadurch kam es gelegentlich vor, dass Kandidaten ins Minus gerieten. Trotzdem musste nie jemand Frank Elstner Geld geben. In der Finalrunde, in der jeder schriftlich die eine gleiche Frage beantworten muss, setzen die Kandidaten vorab einen frei wählbaren Anteil ihrer Punkte, der je nach Antwort wiederum gutgeschrieben oder abgezogen wird. Wer danach den höchsten Kontostand hat, ist Champion des Tages und in der nächsten Sendung wieder dabei, maximal fünfmal hintereinander. Elstner, der bis kurz zuvor große Abendshows moderiert hatte, sagte über seinen neuen Job am Gameshow-Fließband: „Sie können sich gar nicht vorstellen, wie viel Spaß mir das macht.“ Stimmt.

Das Konzept stammte von einer noch erfolgreicheren Show in den USA und hatte es schon einmal bei RTL gegeben. Unter dem Titel Riskant hatte Hans-Jürgen Bäumler das Spiel von 1990 bis 1993 moderiert. Zur Neuauflage am gleichen Sendeplatz, werktags gegen 17.00 Uhr, entschied man sich für den amerikanischen Originaltitel Jeopardy! und übernahm auch gleich Titelmusik und Kulisse eins zu eins vom Original. Es gab diverse Jeopardy-Spezialausgaben, die jeweils als Fünferblock eine Woche lang am Stück ausgestrahlt wurden, z. B. „Star-Jeopardy“, „Junior-Jeopardy“, „Soap-Jeopardy“ und der „Jeopardy-Champions-Cup“, bei dem mehrfache Tagessieger vorangegangener Sendungen gegeneinander antraten.

Ende 1998 nahm RTL das beliebte Quiz aus dem Programm, weil ihm die Zuschauer zu alt waren. Neun Monate später startete Jeopardy! bei tm3, jetzt moderiert von Gerriet Danz, täglich am Vorabend. Das Niveau der Fragen war bei der neuen Version nicht mehr mit dem der RTL-Version vergleichbar, eine gute Allgemeinbildung war jetzt nicht zwingend notwendig, um hohe Beträge zu erspielen.

Jericho — Der Anschlag

Sonntag, 3. Juni 2007, 20:26

Seit 2007 (Pro Sieben). 29-tlg. US-Mysteryserie von Stephen Chbosky, Josh Schaer und Jonathan E. Steinberg („Jericho“; 2006–2008).

Nach fünf Jahren kommt Jake Green (Skeet Ulrich) zurück in seine Heimatstadt Jericho in Kansas, sagt aber niemandem warum. Einen schlechten Zeitpunkt hat er sich ausgesucht, denn kaum ist er da, explodiert in der Nähe eine Atombombe. Es besteht kein Zusammenhang, aber was genau eigentlich los ist, weiß natürlich auch niemand. Jericho ist von der Außenwelt abgeschnitten, niemand weiß, ob es auch noch Anschläge in anderen Städten gegeben hat. Die Bewohner von Jericho kämpfen gegen den Untergang und ums Überleben. Es gelingt nicht allen. Viele sterben sofort, einige an späteren Folgen der radioaktiven Verseuchung. Jake rennt rum und versucht sich als heilbringender Superheld, packt erfolgreich mit an und hilft, während sein Vater Johnston Green (Gerald McRaney), der langjährige Bürgermeister, die Stadtgemeinschaft zusammenhält. Dazu gehören seine Frau Gail (Pamela Reed) und sein Sohn Eric (Kenneth Mitchell), sein politischer Gegner Gray Anderson (Michael Gaston), Jakes Ex Emily Sullivan (Ashley Scott), die Lehrerin Heather Lisinski (Sprague Grayden), der Teenager Dale Turner (Erik Knudsen), dessen Eltern bei dem Anschlag ums Leben gekommen sind, die Ladenbesitzerin Gracie Leigh (Beth Grant), bei der Dale arbeitet, der Landwirt Stanley Richmond (Brad Beyer) und seine taubstumme Schwester Bonnie (Shoshannah Stern). Und dann ist da noch der mysteriöse Rob Hawkins (Lennie James). Er ist neu in der Stadt und nicht der, der er vorgibt zu sein. Mit allerlei Technik im Keller ist er als Einziger in der Lage, mit der Außenwelt zu kommunizieren. Er sagt’s aber niemandem in der Stadt.

Düstere, deprimierende Endzeitserie, die in den USA während der ersten Staffel viele Fans verlor. Als der Sender CBS sie daraufhin absetzte und die verbliebenen Fans nach 22 Folgen mit einem offenen Ende in der Luft hängen ließ, liefen diese jedoch so vehement Sturm, dass CBS sich zu einer zweiten Staffel mit immerhin sieben Folgen überreden ließ. Weil die Zuschauerzahl aber niedrig blieb, war danach endgültig Schluss.

Pro Sieben zeigt die einstündigen Folgen montags um 21.15 Uhr.

Jerry macht den Larry

Mittwoch, 7. November 2007, 01:29

Zunächst ein paar Zahlen und Fakten.

Larry King ist der Startalker von CNN. Seine Sendung Larry King live ist seit 1985 jeden Werktag auf Sendung, und er behauptet von sich selbst, in seinem Leben mehr als 40.000 Interviews geführt zu haben. King ist, und das wird viele überraschen, erst 73 Jahre alt und erst seit 50 Jahren in den Medien tätig. Umgerechnet sind das also 800 Interviews pro Jahr und mehr als drei pro Arbeitstag. Diese Menge ist kein Problem, wenn man sich keine Mühe gibt und die Vorbereitung einfach bleiben lässt.

Jerry Seinfeld ist einer der größten Fernsehstars aller Zeiten. Seine Sitcom Seinfeld wurde 1998 nach 180 Folgen auf seinen Wunsch zu einem Zeitpunkt beendet, als sie gerade die meistgesehene Sendung im amerikanischen Fernsehen und so erfolgreich wie nie zuvor war. Sein Sender NBC wollte ihn mit etlichen Millionen zum Weitermachen überreden, dank der umgerechnet schon 245 Millionen Euro allein aus dem Vorjahr war das auch kein Argument (Gesamteinkommen aus den Gagen für seine Tätigkeiten als Schauspieler, Autor und Produzent, vor allem aber durch die Lizenzrechte an seiner eigenen Serie, deren Mitschöpfer er auch war). Das Serienfinale war ein nationales Großereignis und erreichte 75 Millionen Zuschauer, so viele wie nie wieder eine Fernsehserie auch nur annähernd anzog.

Seitdem sitzt Jerry Seinfeld faul herum, tut nach eigenen Angaben nichts, es sei denn, ihn überkommt eine Idee. Eine solche war „Bee Movie“, ein neuer animierter und sehr amüsanter Familienfilm, dessen Hauptdarsteller, Autor und Produzent Seinfeld ist, und der vergangenen Freitag in den amerikanischen Kinos startete. Wie in jede andere Talkshow führte dieser Umstand Jerry Seinfeld auch zu Larry King, dem diese weit verbreiteten Fakten offenbar entgangen waren, während er gerade eins seiner 40.000 Interviews führte oder die Hosenträger für den nächsten Tag rauslegte.

Und so musste sich Larry King, als er fragte, ob Seinfeld abgesetzt worden sei, in seiner eigenen Show von einem empörten Jerry Seinfeld belehren lassen: „Weißt du, wer ich bin?“ „Ist das hier noch CNN?“ „Es ist ein großer Unterschied zwischen abgesetzt werden und Nummer 1 sein!“ „Kann bitte jemand meinen Lebenslauf reinbringen, den Larry mal durchgehen könnte?“

Einigermaßen pikant ist die Angelegenheit, weil King in Seinfelds „Bee Movie“ mitspielt.

Einen längeren Ausschnitt aus dem Gespräch gibt’s bei CNN selbst, darin auch der entsprechende Ausschnitt aus „Bee Movie“.

Jetzt geht’s loohoos, jetzt geht’s loohoos!

Donnerstag, 8. November 2007, 16:00

Fein, wenn die Kollegen schnell arbeiten. Heute, am 8. November 2007, hatte ich in meiner Post diese Pressemappe:

Ahem…

Nicht auszudenken, wenn ich diese Premiere verpasst hätte…

Andererseits untermauert die jetzige Versendung der Pressemappen meine Theorie, dass die Show von vor zwei Wochen tatsächlich nur eine erste Probe war.

Joachim Bublath

Donnerstag, 6. März 2008, 01:12

2004–2008 (ZDF). Monatliches Naturwissenschaftsmagazin von und mit Joachim Bublath, das an die Stelle von Abenteuer Forschung trat. Auch hier ging es um Themen aus Forschung, Technik, Erde, Weltall und Raumfahrt und die Auswirkungen neuer Entwicklungen auf den Alltag.

Lief wieder halbstündig am Mittwochabend um 22.15 Uhr. Als Bublath 2008 im Alter von 65 Jahren in den Ruhestand geschickt wurde, erhielt die Reihe unter dem neuen Moderator Harald Lesch den alten Titel Abenteuer Forschung zurück.

Joachim Gauck

Mittwoch, 30. Juni 2010, 21:30

2001 (ARD). Halbstündige Gesprächssendung mit Joachim Gauck, der zehn Jahre lang als Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen die „Gauck-Behörde“ geleitet hatte. In seiner Fernsehsendung sprach er jeweils mit einem politischen Gast eher über Grundsätzliches als über Aktuelles. Er fragte leise und bedächtig und erreichte damit nur ein kleines Publikum.

Die Talkshow lief alle 14 Tage mittwochs um 23.00 Uhr, im Wechsel mit Friedman. Nach 20 Sendungen wurde sie abgelöst durch Gabi Bauer.

Johannes B. Kerner

Mittwoch, 22. April 2009, 13:49

1998–2009 (ZDF). Late-Night-Talkshow mit Johannes B. Kerner, der mit prominenten Gästen über ihr Privatleben spricht und mit unprominenten über ihre Schicksalsschläge.

Den von Sat.1 eingekauften Moderator bewarb das ZDF als „JBK“ in Anlehnung an JFK (John F. Kennedy), was sowohl für seine Bedeutung als Hoffnungsträger für den Sender als auch dessen Selbsteinschätzung ganz bezeichnend war. Die Sendung startete unter dem Titel Die Johannes B. Kerner Show. Zunächst empfing Kerner wöchentlich donnerstags um 22.15 Uhr Gäste zu einem Oberbegriff. Die erste Sendung bereits war typisch für das Profil der nächsten Jahre: Zum Thema „Ganz oben“ waren der Astronaut Ullrich Walter, die Schauspielerin Julia Stemberger, der Musikproduzent Dieter Bohlen und Moderator Thomas Ohrner zu Gast. Zwischen Stemberger, die gerade im König von St. Pauli zu sehen war, und Walter schaffte Kerner eine Verbindung durch den Satz: „Ich würde gern mal einen Strip in der Schwerelosigkeit sehen.“

Mit Start der Polit-Talkshow Berlin Mitte im Oktober 1999 wurde die Kerner-Show auf 23.00 Uhr verlegt und um eine Viertelstunde verlängert. Die Sendung profilierte sich mit Boulevardthemen in einer Art, wie sie bis dahin für das öffentlich-rechtliche Fernsehen undenkbar war. Im Oktober 2001 war Verona Feldbusch zu Gast in einer Sonderausgabe ohne andere Gäste, die auf ihren besonderen Wunsch zustande kam. Darin berichtete sie ausführlich über die Abgründe ihrer Kürzest-Ehe mit Dieter Bohlen und darüber, dass er sie damals, vor fünf Jahren, geschlagen habe, was sie zu einem heftigen Tränenausbruch veranlasste, den Kerner zurückgelehnt hinter seinem Schreibtisch verfolgte. Auf ausdrücklichen Wunsch Feldbuschs, die gerade eine neue Show auf Sat.1 startete, wurden diese Szenen, obwohl es sich um eine Aufzeichnung handelte, nicht herausgeschnitten. Fotos davon erschienen vorab in der „Bild“-Zeitung, deren Unterhaltungschef der Bruder des Redaktionsleiters der Johannes B. Kerner Show war. (Feldbuschs Ex-Ehemann Bohlen ist übrigens der Komponist der Titelmusik der Sendung.) ZDF-Unterhaltungschef Manfred Teubner sagte hinterher über die PR- und Heul-Show Feldbuschs: „Das ist eine Lautstärke, die man beim ZDF nicht kannte. Aber es ist eine, die man vielleicht auch mal anschlagen sollte. Das ist doch das, was die Leute sehen wollen.“

Wenig später gab das ZDF bekannt, Kerners Sendung nun fast täglich auszustrahlen. Ab Januar 2002 kam sie viermal wöchentlich, dienstags bis freitags immer gegen 23.00 Uhr. Verona kam jetzt öfter und brachte immer ein paar zusätzliche Fernsehzuschauer mit. Inzwischen gab es keinen Oberbegriff mehr, der versuchte, eine Verbindung zwischen den Gästen herzustellen. Kerner schaffte es an den meisten Tagen, akzeptable Zuschauerzahlen zu erreichen, obwohl das Ziel einer Verjüngung des ZDF-Publikums nicht gelang. Seine Art, sich von jeder Frage gleich wieder zu distanzieren und sich auch nach den schmutzigsten Intimgeschichten zu erkundigen, ohne dabei selbst schmutzig zu werden, prägte die Sendung. Sein Bemühen, nie eine eigene Meinung kundzutun und immer korrekt zu sein, führte häufig zu absurd komplizierten Formulierungen wie dieser Verabschiedung von der schwangeren Schriftstellerin Alexa Hennig von Lange: „Ich bedanke mich sehr herzlich für das offene Gespräch und freue mich, wenn wir uns alsbald wiedersehen. Wichtig ist allerdings, dass Sie unsere Wünsche entgegennehmen, nämlich dass wir Ihnen alles Gute wünschen für die bevorstehende Geburt Ihres zweiten Kindes.“

Am 26. April 2002 stand Kerner plötzlich in Erfurt nicht weit von dem Ort, wo gerade ein Schüler ein Blutbad angerichtet hatte, und fragte einen kleinen Jungen, der Zeuge war, wörtlich dies: „Nun bist du elf Jahre alt, und wir wollen von einem Elfjährigen nicht verlangen, dass man sich sozusagen große Gedanken in einem großen Zusammenhang macht, aber wenn du sagst, du hast dir Gedanken gemacht, welche waren das?“ Kerner reduzierte in Gesprächen mit Psychologen, Politikern und Augenzeugen die ZDF-Berichterstattung über den Amoklauf auf das Niveau einer „Bild“-Zeitungs-Schlagzeile, was in den Augen vieler Beobachter ein größerer Skandal war als die Verona-Feldbuschisierung des ZDF durch die Sendung. Ende des gleichen Jahres prahlte er gegenüber der „Hörzu“: „Wissen Sie, wie viel Geld ich verdiene? Es ist unglaublich, wie viel Geld ich mit diesem Image machen kann. Besser geht’s nicht. Ich habe alles richtig gemacht!“

Mitte Januar 2003 strich das ZDF die Show, aber nur aus dem Titel, und die Sendung hieß nun nur noch Johannes B. Kerner, so wie Kerners alte Sat.1-Show.

Im November 2003 war eine ganze Woche lang Boris Becker Gast bei Kerner, der gerade seine Autobiografie verkaufen wollte. Jeden Tag. Im Februar 2005 lud Kerner den Schiedsrichter Robert Hoyzer ein, der Hauptbeschuldigte in einem gerade publik gewordenen gewaltigen Schiebungs-Skandal im deutschen Fußball. Dass der geständige Betrüger auf diese Weise ein Forum bekam (während die Schlagersängerin Michelle und die Schauspielerinnen Marion Kracht und Barbara Schöne stumm daneben saßen), sorgte für heftige Kritik und war einer der Gründe dafür, warum Hoyzer wenig später verhaftet wurde. Kerner betonte, dass entgegen anderslautender Gerüchte Hoyzer nur das Standard-Honorar erhalten habe, das alle Gäste bekommen hätten: 500 Euro. Später wurde bekannt, dass Hoyzer darüber hinaus der Produktionsfirma a+i u.a. auch die Kosten für seinen Anwalt und einen Bodyguard in Rechnung gestellt hatte, so dass er insgesamt exakt 7451,21 Euro für seinen Auftritt erhielt. a+i ist eine hundertprozentige Tochter des „Spiegel“, mit dem Kerner auf diese Weise auch verbunden ist.

Die Sendung vom 9. Oktober 2007 löste ein gewaltiges Medienecho aus. Zu Gast war die frühere Tagesschau-Moderatorin Eva Herman, die zuvor mit missverständlichen Äußerungen über das Dritte Reich für Aufsehen gesorgt hatte. Kerner forderte sie immer wieder dazu auf, sich von ihren als Lob für die Familienpolitik der Nationalsozialisten verstandenen Formulierungen zu distanzieren, Herman aber lehnte jede Entschuldigung ab, weil sie sich gar nicht in einem solchen Sinne geäußert habe. Sie verteidigte sich auch dafür, von einer „Gleichschaltung“ der Medien ihr gegenüber gesprochen zu haben und bestritt, dass dieser Begriff durch das Dritte Reich besetzt ist. Über die Autobahnen würden wir heute ja auch fahren, sagte sie zum Vergleich, obwohl sie von den Nazis gebaut wurden. Kerners hilflose Reaktion „Autobahn geht gar nicht“ wurde später zum geflügelten Wort. Nachdem schließlich Margarethe Schreinemakers und Senta Berger gedroht hatten, die Sendung zu verlassen, komplimentierte Kerner Herman hinaus: „Es sind dann doch die besonders spannenden Momente, wo man sich selbst so ein bisschen Gedanken macht und überlegt, wie man weitermacht. Und die habe ich mir jetzt gemacht und hab mich entschieden, dass ich mit meinen drei Gästen weiterrede und dich, Eva, verabschiede.“ Viele Zuschauer übten heftige Kritik an Kerners Verhalten und empfanden es als öffentliche Hinrichtung.

Im April 2009 wurde bekannt, dass Kerner das ZDF zum Jahresende verlassen und zu Sat.1 zurückkehren werde.

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