Halt mal was anderes
32 Sendeplätze in ihrem Abendprogramm füllen die großen Privatsender jede Woche mit amerikanischen Krimiserien. So viele Serien sind jedoch längst nicht zu sehen: Derzeit sehen Sie jede Woche zweimal CSI: Miami, zweimal Without A Trace, zweimal Medium, dreimal Navy CIS, dreimal CSI: NY, dreimal Criminal Intent und viermal Law & Order: New York (Special Victims Unit). Das liegt in erster Linie an der Einfallslosigkeit und Feigheit deutscher Sender, die lieber Viertausstrahlungen von immer denselben Serien zeigen, als etwas Neues auszuprobieren, das womöglich vom Publikum abgelehnt werden könnte.
Dabei sind durchaus noch US-Krimiserien übrig, die noch nie in Deutschland gezeigt wurden. Wir stellen heute fünf Serien aus den vergangenen Jahren vor. Keine ist wirklich herausragend, aber alle sind solide Unterhaltung, würden sich also gut ins deutsche Fernsehprogramm einfügen. Alle Serien sind bereits eingestellt, doch die teilweise recht geringe Episodenzahl kann kaum ein Argument sein, warum niemand zugriff. Da würde ich sofort Justice (Kabel 1) oder Standoff (Vox) als Gegenargumente anführen, denn auch diese soliden Serien waren weder herausragend noch langlebig.
Law & Order: Trial By Jury
Obwohl die anderen drei Serien mit dem “Law & Order”-Stempel in Deutschland erfolgreich sind, wurde diese Serie bei uns nie gezeigt. Sie konzentriert sich auf die Gerichtsverhandlungen und zeigt, wie im Hintergrund Ermittlungsarbeit geleistet wird und sowohl Anklage als auch Verteidigung die Zeugen auf ihre Aussagen vorbereiten. Im Vordergrund stehen drei Staatsanwälte (Bebe Neuwirth, Amy Carlson und Fred Dalton Thompson) und zwei Ermittler (Jerry Orbach und Kirk Acevedo).
Jerry Orbach war der langjährige Star der Mutterserie Law & Order, bevor er in diesen Spin-off wechselte, wo er seine bisherige Rolle des Lennie Briscoe weiterspielte. Es war seine letzte Rolle, er spielte sie nur noch zwei Folgen lang. Orbach starb im Dezember 2004. Die Serie wurde im Mai 2005 nach 13 Folgen eingestellt.
Hack
Die meisten Hauptberufe sind ja langweilig genug, um nebenbei noch bequem Kriminalfälle aufklären zu können. Das wissen wir aus vielen Serien. Auch der Taxifahrer Mike Olhansky (David Morse) klärt nebenbei Kriminalfälle auf und hilft Menschen in Not. Zu diesem Zweck hält er einen guten Kontakt zu seinem Ex-Partner Marcellus Washington (Andre Braugher) von der Polizei, den auch Mike war mal Bulle.
Hauptdarsteller David Morse haben wir als fiesen Bullen Michael Tritter in Dr. House gesehen und im Film „The Green Mile“ an der Seite von Tom Hanks.
Von 2002 bis 2004 liefen in den USA zwei Staffeln mit insgesamt 40 Folgen.
Sue Thomas, F.B.Eye
Die gehörlose Sue Thomas (Deanne Bray) vom Land wird Spezialagentin in Washington, u.a. weil sie so fantastisch Lippen lesen kann. Dann muss man nämlich niemanden mehr abhören. Sie sieht ja von weitem, was geredet wird. Überhaupt sind ihre verbliebenen Sinne geschärft.
Die Serie basierte auf der Lebensgeschichte der gehörlosen Sue Thomas, die ab 1979 vier Jahre lang verdeckt für das FBI gearbeitet hatte. Von 2002 bis 2005 zeigte der winzige US-Sender PAX 57 Episoden und hatte damit einen beachtlichen Erfolg.
Eyes
Eine Privatdetektei unter der Leitung von Harlan Judd (Timothy Daly) ermittelt da, wo das Rechtssystem versagt oder nicht zuständig ist. Mit allerlei technischem Schnickschnack als Unterstützung werden Personen überwacht oder Geld eingetrieben.
Die Serie lief Anfang 2005 in den USA. 13 Episoden wurden produziert.
The Handler
Der FBI-Agent Joe Renato (Joe Pantoliano) bildet Nachwuchsagenten aus, die dann in Los Angeles als verdeckte Ermittler Kriminalfälle aufklären.
16 Episoden entstanden in der Fernsehsaison 2003—2004.
Hamburg Legal
Natürlich erinnert bei Blum-Franzen-Britten in der neuen RTL-Serie Die Anwälte manches an Crane, Poole & Schmidt aus Boston Legal, was in erster Linie daran liegt, dass es wirkt, als sei die Serie in deren Kanzlei gedreht worden. Auch die Art mancher Fälle, mit denen sich die Anwälte beschäftigen, lässt an die Kollegen aus Boston denken. Eine alte Frau besteht darauf, gemeinsam mit ihrem eingefrorenen Hund begraben zu werden, drückt dem Anwalt Sebastian Britten vorab das Honorar in die Hand und stirbt noch auf der Stelle, bevor er ihr erklären kann, warum das nicht geht.
Kai Wiesinger spielt in seiner ersten Serienhauptrolle Sebastian Britten, der jedoch keine deutsche Version von James Spader ist. Das ist eher Johannes von Bülow als Neuling Thomas Welka, der sich nur bedingt um das tatsächliche Recht schert, wenn man auf anderen Wegen viel leichter gewinnen kann.
Dieser Dialog zwischen Britten und einem anderen Teilhaber der Kanzlei beschreibt die Serie ganz gut.
Franzen: „Was hältst du von Welka?“
Britten: „Der passt nicht zu uns. Wir sollten ihn einstellen.“
Trotz der Parallelen ist Die Anwälte keine simple Kopie von Boston Legal. Ähnlichkeiten finden sich zwangsläufig, wenn man zwei unterhaltsame Anwaltsserien vor sich hat. Die Anwälte ist zwar nicht so lustig wie Boston Legal, aber auch nicht so albern, und trotzdem kurzweilig und originell. Es hilft, dass Edel & Starck-Autor Marc Terjung einige der Episoden geschrieben hat. Dazu kommen Charaktere, die sogar ein Privatleben haben, was ihnen eine gewisse Tiefe gibt. Und weil das alles durch die Bank toll gespielt ist, ist es auch glaubwürdig.
Über ein Jahr lag Die Anwälte ungesendet bei RTL herum. Gedreht wurde im Herbst 2006, für Frühjahr 2007 war bereits ein Starttermin angekündigt, der dann storniert wurde. Zu große Angst hatte RTL vor einem weiteren Flop, nachdem mehrere Eigenproduktionen gescheitert waren. Jetzt paart RTL die Serie mit der zweiten Staffel der Krimiserie Post Mortem mit Hannes Jaenicke, die mit ruhigerer Kameraführung zurückkehrt und hofft, die guten Quoten vom Serienstart vor einem Jahr zu wiederholen, und nicht die durchwachsenen vom Ende der Staffel.
Während ein solcher Terminaufschub oft passiert, weil ein Sender plötzlich selbst das Vertrauen in ein Produkt verloren hat, scheint das in diesem Fall unwahrscheinlich. Die Anwälte ist durchaus gelungen, und vielleicht ist nach der Wartephase das deutsche Publikum ja wieder offener für deutsche Serien. Ein Flop wäre unverdient.
Dennoch wird die Serie als ulkige Panne in die Fernsehgeschichte eingehen. Da hat RTL doch tatsächlich aus Versehen eine Serie gedreht, die gar nicht in Köln spielt.
Die Anwälte, donnerstags um 21.15 Uhr bei RTL.
Nachtrag 22. Januar 2008: RTL hat das Versehen bemerkt und die Serie nach nur einer Folge aus dem Programm genommen.
Hannah Montana
Seit 2007 (Super RTL). US-Jugendsitcom („Hannah Montana“; seit 2006).
Die „ganz normale“ Schülerin Miley Stewart (Miley Cyrus) führt ein Doppelleben: Abends steht sie mit Perücke verkleidet unter dem Künstlernamen Hannah Montana auf der Bühne und ist ein Popstar. Jeder kennt Hannah Montana, aber nur ihre engsten Freunde und ihre Familie wissen, wer sich hinter ihr verbirgt.
Als Mileys/Hannahs Vater spielt ihr echter Vater Billy Ray Cyrus in der Serie mit. Er spielt einen früheren Country-Star und war im wahren Leben früher ein Country-Star („Achy Breaky Heart“). Der gespielte Star Hannah Montana/Miley Cyrus wurde durch die Serie tatsächlich ein Star und verdient jetzt im Alter von 15 Jahren geschätzte 18 Millionen Dollar im Jahr.
Hans Meiser
Foto: RTL
1992-2001 (RTL). Einstündige werktägliche Nachmittags-Talkshow.
Hans Meiser, der sich als Anchorman der RTL-Nachrichten einen Namen als lockerer, aber halbwegs seriöser Moderator gemacht hatte, wagte als Erster in Deutschland eine tägliche Talkshow nach amerikanischen Vorbildern. Pate standen vor allem Phil Donahue und Oprah Winfrey. Fast alles an dem Format war für deutsche Fernsehzuschauer neu: die Platzierung am Nachmittag (16.00 Uhr), die tägliche Ausstrahlung, die Besetzung mit nichtprominenten Gästen, die Beteiligung des Publikums an der Diskussion – anfangs taten sich die Zuschauer sichtlich schwer damit, den wildfremden Menschen auf der Bühne ihre Meinung zu sagen. RTL selbst beschrieb Hans Meiser 1994 so: „Eine Sendung, in der Menschen zu Wort kommen, über die man sonst nicht redet.“ So durften z. B. Klofrauen ihre schönsten Anekdoten erzählen.
Anders als seine sämtlichen Kollegen stand Meiser weder im Publikum noch saß er bei den Gästen. Sein Platz war in einem Gang, der beide Gruppen voneinander trennte. Von dort eilte er gelegentlich ins Publikum, um Stimmen einzuholen. Der Moderator trat dabei betont schnoddrig auf („Ja, nun sind wir also zum ersten Mal da“, sagte er zu Beginn der Premierensendung) und verlor häufiger den Faden, womit er gern kokettierte. Themen mit sexuellem Bezug kamen von Anfang an vor, dominierten aber nicht. Meiser betonte dabei häufig, dass man am Nachmittag natürlich nicht schlüpfrig sein dürfe, und tat das so oft, bis die Schlüpfrigkeit sich nicht mehr steigern ließ. Das einfache Verb „stehen“ wurde in solchen Sendungen zu seinem beliebtesten Wort.
Andererseits besprach Hans Meiser viele ernsthafte Themen und führte Diskussionen, denen man den Anspruch anmerkte, zu informieren oder gar aufzuklären. Thema der ersten Sendung waren Partneragenturen, in den folgenden Tagen ging es u. a. um die Homo-Ehe, Wunderkinder, Überschuldung und minderjährige Mütter. Besonders interessant waren im Lauf der Jahre etwa 1992 „Stumme Schreie – Gewalt gegen Kinder“, 1997 „Ihr lasst uns doch verrecken – Obdachlos in Deutschland“ und 2000 „Unbelehrbar? NPD-Anhänger im Kreuzverhör“. Am 4. September 2000 sollte es in einer Sendung unter dem Titel „Albtraum Schönheit – Ausgenutzt und Abgezockt“ um die Machenschaften des Schönheitschirurgen Dr. Spahn gehen. Obwohl diesem in Deutschland die Approbation entzogen worden war, schnippelte er im Ausland weiter. Im Publikum erwarteten ihn Kriminalbeamte, die ihn eine halbe Stunde vor der Live-Ausstrahlung verhafteten. In der Sendung am 29. September 1999 mit dem Thema „Hans macht dich zum Viva-Star“ wurde Oliver Pocher entdeckt und erstaunlicherweise zum Viva-Star gemacht.
Hans Meiser entwickelte sich mit bis zu 4,8 Millionen Zuschauern zu einem Riesenerfolg, den viele in den nachfolgenden Jahren vergeblich zu kopieren versuchten. Die hauptsächlich auf Sex und Streit ausgerichtete Konkurrenz hatte jedoch auch Einfluss auf Meisers Themenauswahl, was sich besonders beim Wettstreit um jüngeres Publikum auswirkte. Meiser konnte zwar auch noch mit zehn weiteren täglichen Talkshows als direkter oder indirekter Konkurrenz die höchsten Einschaltquoten verzeichnen, hatte aber leider auch mit die ältesten Zuschauer. In der 850. Sendung liefen in den Werbepausen Spots für Lefax (gegen Blähungen), Fagorotin (für bessere Durchblutung), Cystofink (gegen Reizblasen), ABC-Pflaster und Biovital. Gegen den Trend sollten Sendungen wie „Ich rede nicht viel, ich schlag gleich zu“ und „Du bist doch bloß ein Flittchen“ wirken. Später bereute Meiser öffentlich, den Weg der „Schmuddeltalkshows“ mitgegangen zu sein.
1999 lieferte er sich allerdings noch eine öffentliche Diskussion, die ungefähr auf dem Niveau seiner damaligen Talkshows lag. Die Sendung „Großmaul trifft Gewitterhexe“ war von der Bayerischen Landesmedienanstalt u. a. beanstandet worden, weil ein F-Wort nicht überpiepst worden war. Der Vorsitzende des Medienrats, Klaus Kopka, sagte öffentlich: „Was bei Hans Meiser läuft, ist unter aller Sau.“ Meiser schrieb ihm einen Brief und warf ihm vor, sein Amt „zur Instrumentalisierung seiner ganz persönlichen geschmäcklerischen Moralvorstellungen“ genutzt zu haben und provozierte ihn u. a. mit einem Kopka-Button, den er in seiner Sendung am Revers trug. Als in einer Sendung ein Gast zu einer dicken Frau sagte, er könne sich nicht vorstellen, „mit einem so dicken Pansen ins Bett zu gehen“, griff Meiser ironisch ein: „… sonst muss ich ins Abendprogramm.“
Seiner Zeit voraus war Hans Meiser auch, als er zwei Sendungen mit erfundenen, von Laiendarstellern nachgespielten Geschichten ausstrahlte: Die eine wurde als Aprilscherz produziert, lief aber verwirrenderweise schon am 31. März 1999 („Heute rechne ich mit Dir ab“), die andere wurde sechs Wochen später zum Muttertag gesendet. Das Thema lautete: „Mami, mit dir hab ich noch eine Rechnung offen“. In immer extremeren Situationen prügelten sich in diesen Sendungen Menschen auf der Bühne, Mütter gaben zu, mit ihren Schwiegersöhnen geschlafen zu haben und bewiesen dies durch Kenntnis des Intimschmucks. Erst am Schluss verriet Meiser, dass es sich um „Märchen“ handelte. Die Quoten der beiden Fake-Sendungen waren bombig.
Anfang 2000 begannen die Quoten aller Daily Talks im Fernsehen zu bröckeln. RTL reduzierte die Zahl seiner fünf täglichen Talks und setzte Birte Karalus und Sabrina im Herbst 2000 ab. Nach acht Jahren auf dem Sendeplatz um 16.00 Uhr talkte Meiser ab jetzt bereits eine Stunde früher. Inzwischen waren auch seine Quoten drastisch zurückgegangen, was er mit Fassung trug („Ich bin nicht traurig, wenn ich diesen Job nicht mehr mache“). Es folgten noch Rettungsversuche durch mehr Live-Shows, die Zuschauern die Möglichkeit boten, direkt in der Sendung anzurufen (in den ersten Jahren war die Show noch regelmäßig live ausgestrahlt worden), sowie durch Versteckte-Kamera-Aktionen und allerlei halbgare Experimente. Doch ein halbes Jahr später war auch für Hans Meiser nach 1700 Talks Schluss. Die letzte Live-Sendung vom 17. Januar 2001 hatte das Thema „Was ist typisch deutsch?“. Als merkwürdiger Gag waren nur der Moderator und das Team angezogen, Gäste und Publikum trugen nichts als Unterwäsche. Die Diskussion war aber brav und sachlich.
Die Sendung lief anfänglich um 16.00 Uhr, ab 2000 um 15.00 Uhr.
Happy Days
1985–1990 (Sat.1); 1992–1993 (Kabel 1). 246-tlg. US-Sitcom von Garry Marshall („Happy Days“; 1974–1984).
Es sind die 1950er Jahre, die Ära des Rock’n’Roll. Die Teenager Richie Cunningham (Ron Howard), Arthur Fonzarelli, genannt Fonzie (Henry Winkler), Warren Weber, genannt Potsie (Anson Williams), und Ralph Malph (Danny Most) sind dicke Freunde. Der schüchterne Richie wohnt mit seiner Schwester Joanie (Erin Morgan) bei den Eltern Howard (Tom Bosley) und Marion (Marion Ross). Der obercoole Fonzie ist nicht nur Richies bester Freund, sondern auch sein Vorbild. Er zeigt Richie vor allem im Umgang mit Frauen, wo’s langgeht. Joanie liiert sich mit Fonzies Cousin Chachi (Scott Baio), Richie kommt mit Lori Beth Allen (Lynda Goodfriend) zusammen. Später gehen Richie und Ralph zum Militär und verlassen die Stadt. Zur gleichen Zeit zieht Marions Neffe Roger Phillips (Ted McGinley) zu und wird Lehrer an der örtlichen High School.
Die ersten 80 Folgen liefen über sechs Jahre verteilt auf Sat.1, Kabel 1 zeigte die restlichen 166 Folgen täglich am Stück.
Hauptdarsteller Ron Howard machte später Karriere als Regisseur erfolgreicher Kinofilme, darunter „Cocoon“ (1985), „Willow“ (1988), „Apollo 13″ (1995) und „A Beautiful Mind“ (2001). Co-Star Henry Winkler wurde Produzent etlicher Fernsehserien, darunter MacGyver.
Ebenfalls im Kino erfolgreich wurde der Gastdarsteller Robin Williams, der seinen Durchbruch mit der Fernsehserie Mork vom Ork schaffte, einem Spin-off von Happy Days.
Harald Schmidt
2004–2007; 2009–2011 (ARD). Late-Night-Show mit Harald Schmidt.
Was man an jemandem hat, merkt man erst, wenn er weg ist. Auf den Tag genau ein Jahr nach seiner letzten Sendung in Sat.1, ein Jahr, in dem die Medien nach seiner Rückkehr schrieen, kehrte Harald Schmidt ins Fernsehen zurück und erreichte zur Premiere mit mehr als fünf Millionen Zuschauern die vierfache Einschaltquote seines alten Durchschnitts bei Sat.1. Selbst die bisherige Spitze (inklusive Primetime-Specials) verdoppelte er locker.
Nach dem furiosen Start gingen die Zahlen auf das Normalmaß zurück, und auch inhaltlich war im Wesentlichen alles wie gehabt: Schmidt saß hinter einem Schreibtisch und redete gezielt unstrukturiert über aktuelle Ereignisse, Manuel Andrack saß hinter seinem eigenen Schreibtisch am Bühnenrand und gab Stichworte. Anfangs verzichtete Schmidt auf Gäste, sie wurden aber nach kurzer Zeit wieder Bestandteil der Show. Bandleader Helmut Zerlett fehlte, die restliche Band war noch die gleiche, ihr stand nun optisch Natalie Licard vor.
Die Sendung lief zum Start einmalig 45 Minuten lang an einem Donnerstag um 21.45 Uhr, danach immer halbstündig mittwochs und donnerstags um 23.00 Uhr, ab 2006 eine Viertelstunde früher. Später wurde die Sendezeit zwar verdoppelt, die Zahl der Sendungen pro Woche aber halbiert und nur noch donnerstags gesendet.
Schmidts teure Rückkehr zur ARD hatte wochenlang die Zeitungen beschäftigt. Nach jahrelangen Debatten um Sparzwang und Gebührenerhöhungen hatte die ARD angekündigt, fortan auf UEFA-Cup-Übertragungen zu verzichten, um sich Schmidt leisten zu können.
Nach dreieinhalb Jahren, in denen sich auch die Euphorie um Schmidt gelegt hatte, holte Schmidt selbst einen neuen Co-Moderator aus dem Privatfernsehen zur ARD. Die bisherige Sendung unter seinem Namen beendete er, nach einer Sommerpause wurde daraus im Oktober 2007 Schmidt & Pocher, eine wöchentliche Show, die im Wesentlichen war wie die bisherige, nur ohne Manuel Andrack an einem eigenen Schreibtisch, dafür mit Oliver Pocher an einem großen, gemeinsamen Schreibtisch.
Als Schmidt im Herbst 2009 wieder unter altem Namen allein weitermachte, kam ein Ensemble an Mitarbeitern dazu, das ihn mit Einspielfilmen oder im Studio unterstützten: Jan Böhmermann, Caroline Korneli, Pierre M. Krause, Katrin Bauerfeind, Dr. Peter Richter und „Dr. Udo Brömme“ (gespielt von Ralf Kabelka, der vom ausgeschiedenen Manuel Andrack die Redaktionsleitung übernommen hatte).
Harald und Eddi
1987–1990 (ARD). Comedyshow mit Harald Juhnke und Eddi Arent.
In der Show wurden ohne Unterbrechung viele kurze gedrehte Sketche gezeigt, in denen Harald und Eddi in verschiedenen Verkleidungen die Hauptrollen spielten und unterschiedliche Gastschauspieler mitwirkten.
Die halbstündige Reihe lief staffelweise montags um 21.00 Uhr und brachte es insgesamt auf 24 Folgen. 2002 wurden einige Folgen unter dem Reihentitel Comedy Classics wiederholt.
Harper’s Island
Ab 26. August 2009 (ProSieben). 13-tlg. US-Horrorserie von Ari Schlossberg („Harper’s Island“; 2009).
Sieben Jahre sind seit einem Amoklauf mit sechs Toten auf Harper’s Island vergangen, als sich eine Gruppe Menschen dort zur Hochzeit von Henry Dunn (Christopher Gorham) und Trish Wellington (Katie Cassidy) versammelt. Und wieder gibt es Tote: Folge für Folge kommt jemand durch ein Attentat, einen „Unfall“ oder einen simplen Mord ums Leben, und jeder auf der Insel ist verdächtig, der Serienkiller zu sein, darunter die beste Freundin des Bräutigams, Abby Mills (Elaine Cassidy), deren Vater Charlie (Jim Beaver) der Sheriff auf der Insel ist und ermittelt, die Brautjungfer Chloe (Cameron Richardson) und ihr Freund Cal (Adam Campbell), Brautvater Thomas (Richard Burgi), die Trauzeugen Sully (Matt Barr) und Shea (Gina Holden), der Fischer Jimmy (C.J. Thomason), Onkel Marty (Harry Hamlin)… Waren Sie schon mal auf einer Hochzeit? Dann werden Sie verstehen, dass wir beim besten Willen nicht alle angereisten Gäste aufzählen können.
Von Beginn an war die Serie auf 13 Folgen angelegt, in deren letzter das Rätsel gelöst und die offenen Fragen beantwortet werden. In den USA ist dieses Verfahren ungewöhnlich. Ein Ende ist normalerweise nicht vorgesehen, um Serien bei Erfolg unbegrenzt fortführen zu können. Im Fall von Harper’s Island dürfte der Sender nicht CBS nicht allzu traurig gewesen sein, da der Erfolg ausblieb.
ProSieben beginnt mit zwei einstündigen Folgen ab 21.15 Uhr und zeigt dann mittwochs um 22.15 Uhr immer eine.
Hart aber herzlich und fair.
Nach fast sieben Jahren müssen sich Zuschauer und Moderator von Hart aber fair an einen Sendeplatz gewöhnen. Falls Sie unter den vielen Polittalkshows den Überblick verloren haben: Hart aber fair ist die mit Informationsgehalt. Sie wurde 2003 mit dem Deutschen Fernsehpreis als beste Informationssendung und danach noch mit etlichen weiteren Preisen ausgezeichnet. Ab heute läuft sie mittwochs erst um 21.45 Uhr, ist eine Viertelstunde kürzer, kommt dafür aber nicht mehr im WDR, sondern im Ersten.
Im SWR3-Interview habe ich Moderator Frank Plasberg heute Mittag gefragt, ob er froh ist, dass es endlich losgeht, damit er sich wieder mehr auf seine Sendung konzentrieren kann und nicht mehr so viele Interviews geben muss.
Frank Plasberg: Das macht auch Spaß. Ich bin ja gelernter Zeitungsjournalist und Radiomoderator. Mal auf der anderen Seite zu sitzen, ist toll, aber ich merke doch, dass ich lieber Fragen stelle als sie zu beantworten.
Es gab mehrere Sendungen, die etliche Jahre erfolgreich im WDR liefen und dann im Ersten scheiterten oder nur noch kurze Zeit überlebten. Was qualifiziert Ihre Sendung fürs Erste Programm?
Ich würde sagen das, was die Zuschauer an ihr toll finden. Wir haben das gar nicht so gemerkt, als wir angefangen haben mit Hart aber fair. Das klingt zwar blöd, aber damals haben uns Zuschauer darauf aufmerksam gemacht: „Ihr seid anders“. Gäste haben auch gesagt: „Och, bei euch geht’s aber sportlicher zu“. So ein Gast wie Peer Steinbrück, den wir heute Abend haben, den habe ich schon mal in einer anderen Sendung gesehen, da hat er zum Moderator gesagt: „Entschuldigung, ich langweile mich. Darf ich einen Gin Tonic haben?“ Wenn er das heute Abend macht, glaube ich, höre ich gleich wieder auf. Unser Selbstbewusstsein speist sich daraus, dass wir aus dem WDR-Fernsehen heraus die Sendung zu einer bundesweiten Beachtung gebracht haben. Über zwei Millionen Zuschauer, und zu der Quote noch die Preise, das war schon toll.
Dieser Sendeplatz ist ja ein Kompromiss. Ich wollte ja auf den Sonntag, ich wollte es mal bequem haben, ich wollte mal acht Millionen Tatort-Zuschauer vor mir haben, keine Fußballkonkurrenz. Dann gab es so ein Gerangel in der ARD, und jetzt ist Anne Will da, was ja gut ist, ich gucke da ja selbst gern hin. Und dann hieß aber: „Der Plasberg, der muss auch…“, und dann kam der Platz am Mittwoch um 21.45 Uhr, und solche Geschenke kann man ja nicht ablehnen.
Ich glaube, am Sonntagabend haben es die Politiker einfach auch gerne gemütlicher. Da können die Sie nicht gebrauchen.
Sagen Sie.
Ihr Deutschlehrer in Wermelskirchen hat früher ins Klassenbuch geschrieben, Sie seien unaufmerksam. Wann haben Sie denn gelernt, Ihren Gästen zuzuhören?
Da haben Sie aber toll recherchiert. Mein Deutschlehrer? Na, der hat’s nötig.
Ja, Herr Müller.
Oh ja, das war der Grundschullehrer. Ja ja. Der hat mir aber auch prognostiziert, ich würde in den Bundestag kommen. Als Politiker. Ich finde, da habe ich Glück gehabt. Das wäre mir zu anstrengend.
Das könnten Sie sich gar nicht vorstellen?
Nein. Ich könnte auch nicht damit leben, dass ich so ein Dauerrisiko, genannt Wahl, über mir habe. Ich habe vielleicht als Politiker alles richtig gemacht in meinem Fachgebiet, und dann passiert irgendetwas, das eine Wahl beeinflusst, eine Oderflut oder ein Irakkrieg, ein Stimmungsumschwung in der Bevölkerung, und schwupp, bleibe ich in der Opposition oder gerate dahin. Was auch nicht schlimm ist, Oppositionsarbeit kann ja toll sein, aber nein, die Ochsentour wäre mir viel zu anstrengend. Ich habe großen Respekt vor allem, was ich nicht machen würde, und deshalb habe ich auch großen Respekt vor meinen Gästen, vor den Politikern.
Die Frage haben Sie aber nicht beantwortet. Wann und wie haben Sie gelernt zuzuhören?
Das merken Sie doch.
Noch gar nicht, ich verstehe.
(Er lacht herzlich.)
Sie haben angekündigt, in fünf Jahren mit Hart aber fair aufhören zu wollen. Ist denn Ihr einziges Ziel, dass die Sendung länger anhält als Ihr Studium? Das waren 17 Semester.
Sagen Sie mal, das sind aber freche Fragen an einen ehemaligen Kollegen.
Ich dachte, ich passe mich an.
Na gut. Ich bin zu einem Altersstudiengang verabredet. Ich hab ja Zwischenprüfung. Nach drei Semestern hatte ich Zwischenprüfung, dann ist es ein bisschen ausgeläppert, weil ich nämlich immer in dem Studio gehockt habe, wo Sie jetzt sitzen, anstatt in der Uni zuzuhören und theoretisch über Medien nachzudenken. Kann man ja nachholen. Und deshalb höre ich dann in fünf Jahren auf, damit ich mich dann dem Abschluss widmen kann. Wenn nicht, erinnere ich mich daran, wie Howard Carpendale es gemacht hat. Ich gestehe, ich liebe Sentiment. Ich war bei seinem Abschiedskonzert 2003 in der Kölnarena. Es war wirklich berührend, als er gesagt hat: „Isch sage tschüs, isch komme nie wieder.“ Und was sehen wir gerade? Die neue Tournee. Howie ist ein großes Vorbild.
Sie wollen zu Erwin Teufel in den Hörsaal?
Der hat bis dahin den Abschluss, hoffe ich.
Hart aber fair, mittwochs um 21.45 Uhr im Ersten.
Hau! Und zwar ab statt drauf!
Mit dem Ende der Oliver Geissen Show im Sommer wird der Daily Talk als solcher zwar noch nicht komplett vom Bildschirm verschwinden (Sat.1 hat irrtümlich immer noch Britt — Der Talk um eins auf Sendung), doch der Sender, der das Genre 1992 mit Hans Meiser einführte und zwischenzeitlich fünf tägliche Talkshows im Programm hatte, lässt es sterben.
Damit hat das Genre in Deutschland eine Abart ausgelassen, die in den USA seit vielen Jahren Standard ist und auch bei uns oft vorhergesagt wurde. 1999 fragte (nicht nur) „TV Today“ in einer Titelgeschichte: „Kommen jetzt die Prügelshows?“ Auch, wenn es schwer vorstellbar ist: Das Niveau vieler US-Daily-Talks liegt noch weit unter dem, was wir in Deutschland je gesehen haben. Doch, das geht.
Jerry Springer, ehemaliger Bürgermeister von Cincinatti, moderiert seit 18 Jahren eine Sendung, zu der und in der er selbst eine gewisse ironische Distanz bewahrt, wenn sich vor johleendem Publikum auf der Bühne fette Prolls prügeln, weil gerade wieder Seitensprünge mit der Mutter der Lebensgefährtin im Fernsehen aufgeflogen sind. (In der Busenschau mit Sonya Kraus sind immer wieder Ausschnitte zu sehen.) Wegen dieses Grundkonzepts beschäftigt die Show eigene Sicherheitskräfte, die gerade so weit einschreiten, dass man noch von einer Prügelei sprechen kann, aber Verletzungen möglichst vermieden werden. Der kahlköpfige Ex-Polizist Steve Wilkos war der Sicherheitschef bei der Jerry Springer Show. Das allein machte ihn berühmt genug, um seine eigene tägliche Show zu bekommen, die sehr ähnlich funktioniert, aber einerseits lebenshilfiger daherzukommen versucht, andererseits mit Drohungen arbeitet. Der untreue Ehemann verspricht dem Moderator, er werde sich bessern, und der Moderator verspricht der Mutter der betrogenen Ehefrau, wenn er sich nicht bessere, komme er mal vorbei. Das Publikum johlt. Beinahe wäre es in die gewohnten „Jerry, Jerry!“-Rufe ausgebrochen, doch es wurde gerade noch ein „Steve! Steve!“ Klingt leider nicht so schön, weil einsilbig. Schon Franz Beckenbauer erklärte die Beliebtheit des damaligen Bundestrainers Rudi Völler so: „’Rudi’ lässt sich so schön rufen.“
Woran genau die Einführung der Prügelshows in Deutschland scheiterte, kann man nicht genau sagen, da nicht einmal RTL2 es ernsthaft versuchte. Womöglich hätte dies den Tod des Genres einige Jahre hinausgezögert. Aber wahrscheinlich ist es gut, dass es so weit nie kam. Sie ruhe in Frieden.