Freizeit
1979–1989 (ZDF). „… und was man daraus machen kann“. Halbstündiges wöchentliches Freizeitmagazin über Hobbys und Freizeit.
Freizeit, das ist wenn… Nun, zumindest hielt das ZDF eine Erklärung für nötig und sendete eine Woche vor dem Start eine „Einführung in die neue Sendereihe“ im Abendprogramm. Die Reihe an sich lief zunächst sonntags mittags, ab 1985 freitags nachmittags, und befasste sich mit allem, was man in der Freizeit tun kann, wie basteln, musizieren, gärtnern, heimwerken, sammeln, essen oder verreisen. Unter dem Motto „Freizeit in anderen Ländern“ traten mehrfach Prominente auf, die Tipps für ihre Heimatländer abseits der bekannten touristischen Attraktionen gaben, z.B. Rudi Carrell für Holland und Ephraim Kishon für Israel. Auch Handicaps wurden berücksichtigt und Freizeitangebote für behinderte Kinder vorgestellt. Jede Sendung beinhaltete mehrere Beiträge, ab 1982 gab es einmal im Monat eine monothematische Ausgabe. 1987 verlieh das Magazin den „Goldenen Freizeitfuchs“. Zuschauer konnten sich mit eigenen Videobeiträgen zum Thema „Unsere Straße/Unser Viertel“ um diesen Preis bewerben.
Erste Moderatorin war Sigi Harreis, zu den späteren gehörten Gerd Mausbach, Christine Westermann, Elke Kast und Sibylle Nicolai.
Fremdlesehinweise
Dass Fernsehsender viel zu hektisch mit Absetzung reagieren, sobald eine neue Sendung nicht sofort gute Quoten holt, haben wir hier schon oft beklagt, meistens am Beispiel ProSieben. Die Kollegen von DWDL haben heute eine interessante Liste erfolgreicher Fernsehsendungen zusammengestellt, die die Mehrheit der Zuschauer nie kennen gelernt hätte, wenn die Sender damals auch schon so übereilt aufgegeben hätten. Darunter: CSI, Gute Zeiten, schlechte Zeiten und Die Harald Schmidt Show und sogar einige von ProSieben.
Und Peer Schader fasst die gelungene Premiere von Tim Mälzers Born To Cook bei Spiegel Online viel ausführlicher, treffender und schöner zusammen als ich.
Freunde fürs Leben
1992–2001 (ZDF). 98-tlg. dt. Familienserie von Michael Baier.
Der Gynäkologe Dr. Bernd Rogge (Gunter Berger), der Internist Dr. Stefan Junginger (Michael Lesch) und der Kinderarzt Dr. Daniel Holbein (Stephan Schwartz) übernehmen an der Ostsee gemeinschaftlich die Praxis des alten Walter Leibrecht (Alexander May), der sich zur Ruhe setzt. Bernd ist ein Yuppie, der ruppig sein kann und einen etwas großkotzigen Lebensstil pflegt, im Grunde aber ein guter Kerl. Er hat zunächst ein Verhältnis mit Birgit (Sissy Höfferer), der Ehefrau des Barons von Teuffel (Ivan Desny), fühlt sich aber immer mehr zu Roswitha Schütze (Nina Hoger) hingezogen, die eine kleine Tochter namens Kirsten (Janine Dissel) hat. Stefan ist ein verbissener Arzt, jedoch manchmal ein wenig unsicher. Seine Freundin ist die Pianistin Andrea Wolf (Maren Schumacher-Martinek), die er heiratet. Daniel, ein junger Idealist, kommt mit der Ärztin Beate Chevalier (Olivia Pascal) zusammen. Seine reiche Mutter Marlies Holbein (Ruth Maria Kubtischek) freundet sich mit Walter an, flüchtet aber nach einiger Zeit vor der Steuer ins Ausland. Später wird Walter selbst reich. Seine Freizeit verbringt er zu großen Teilen in seinem Stammlokal, der Weinstube von Ludwig (Franz-Josef Steffens). In der Praxis arbeiten die Sprechstundenhilfen Rüdiger Kissling (Marek Erhardt) und Renate Paulus (Gisela Peltzer), in der Anfangsphase außerdem Stefans Schwester Susanne (Jennifer Nitsch) und Gisela Alsfeld (Andrea Lüdke).
Roswitha kommt in Folge 23 im Frühjahr 1993 bei einem Autounfall ums Leben, kurz vor der geplanten Hochzeit mit Bernd. Drei Folgen später, im Sommer 1994, wird Bernd ermordet. Dr. Jörg Sommer (Bernd Herzsprung) übernimmt dessen Platz in der Praxis. Er ist mit Ruth (Marijam Agischewa) verheiratet, mit der er Sohn Philip (Victor von dem Bussche) hat. Drei Wochen später geht Renate Paulus in den Ruhestand. Ihre Nachfolgerin wird Julia Talbach (Julia Richter). Friederike (Sabine Wegner) ist Rüdigers Freundin. Ende 1994 geht die Ehe von Stefan und Andrea nach einer größeren Krise endgültig in die Brüche, Stefan ist schon kurz danach mit Hanna Uhlenhorst (Noemi Steuer) liiert. Zur gleichen Zeit heiraten Daniel und Beate. Sie hätten gern ein Kind, aber Daniel muss feststellen, dass er unfruchtbar ist. Roswithas Tochter Kirsten hatte nach dem Tod ihrer Mutter und Dr. Rogges zunächst bei Opa Jens Fricke (Karl-Heinz Kreienbaum) im Fischerhaus Unterschlupf gefunden, jetzt nehmen Beate und Daniel sie bei sich auf, und schließlich kommt sie endgültig bei Stefan und Hanna unter. Von einem Hilfseinsatz in Bosnien bringt Beate drei Kinder mit, die sie mit Daniel adoptieren möchte. Die bosnische Mutter taucht jedoch auf und nimmt die Kinder zurück. Am Verlust der Kinder zerbricht die Beziehung zwischen Daniel und Beate, und sie wandert Anfang 1997 als Ärztin nach Zaire aus.
Auch Julia verlässt wenige Wochen später das Land. Sie geht in die USA, weil sie nicht ein Leben lang Arzthelferin bleiben möchte. Rüdiger moderiert mittlerweile nebenbei eine Radiosendung. Bärbel Schmitz (Maike Bollow) wird die neue Sprechstundenhilfe. Sie ist heimlich in Rüdiger verliebt und offenbart es ihm nach einer Weile, er liebt sie jedoch nicht. Daniel freundet sich mit der Streetworkerin Jutta Brandt (Iris von Kluge) an. Auch Stefan findet in Laura Domin (Cheryl Shephard) eine neue Liebe. Er fällt nach einem Unfall ins Koma, erholt sich aber wieder gut und wandert im Mai 1997 gemeinsam mit Laura nach Amerika aus. Die anderen wollen daraufhin die Praxis auflösen. Dann hat Rüdiger einen Unfall. Der Chirurg Dr. Gregor Kolb (Karsten Speck) rettet Rüdiger das Leben, er bleibt jedoch querschnittgelähmt. Mit Kolb zusammen führen die Ärzte die Praxis ab Folge 79 im März 1999 nun doch weiter, müssen aber in ein neues Haus umziehen, weil das alte schon verkauft wurde.
Die neue Oberschwester Annemarie Steffen (Renate Schroeter) und die intrigante Schwester Judith Ruhland (Jenny Elvers) bringt Kolb gleich mit, kurz danach kommt auch noch Nadja Keller (Corinna Hartmann) dazu. Emma Lohkamp (Doris Schretzmayer) ist Kolbs Geliebte, sie ist aber mit Richard Lohkamp (Gerd Silberbauer) verheiratet. Der reiche Wurstfabrikant Heinz Otto (Gert Haucke) ist Kolbs Bootsnachbar im Hafen. Seine Tochter Jacqueline (Alexandra Helmig) wird Rüdigers Freundin. Jutta bringt im Mai 1999 Sohn Lukas zur Welt, der aber noch von ihrem Ex-Mann Jan „Tiger“ Brandt (Franc Tausch) stammt. Kurz darauf lassen sich Ruth und Jörg scheiden, und Jörg wendet sich der deutlich jüngeren Natascha Amberg (Anne Brendler) zu. Walters Freund Ludwig stirbt. Jutta kehrt im Herbst 2001 zu ihrem Ex-Mann zurück, und Daniel geht daraufhin ins Kloster. Nach einiger Zeit im Zweierteam nehmen Jörg und Gregor Ende des Jahres den Kinderarzt Christoph Eichhorn (Frank Jordan) als dritten Mann auf. Zu dieser Zeit bringt Emma gerade noch Gregors Tochter Lisa zur Welt, bevor sie selbst ein paar Wochen später einen Erstickungsanfall erleidet und daran stirbt. Und wenn sie nicht gestorben sind … halt: sind sie ja doch.
Die 50‑Minuten-Folgen liefen über Jahre sehr erfolgreich donnerstags um 19.25 Uhr, ab Herbst 2001 dienstags um 18.00 Uhr. Der Titelsong „You never walk alone“ von Mathou wurde ein Hit. Zwei Nebenfiguren der ersten Staffel, Werner (Mathieu Carrière) und Verena Westphal (Marion Kracht), bekamen 1993 ihre eigene Serie: Böses Blut.
Friedman
2001–2003 (ARD). Halbstündige politische Interviewsendung mit Michel Friedman und jeweils einem Gast. Beide sitzen sich in einem roten Sofa in S-Form gegenüber, wodurch eine große Nähe entsteht, aber wenigstens ihre Knie nicht aneinanderstoßen wie bei Vorsicht! Friedman im Hessen Fernsehen. Friedman geht seine Gesprächspartner forsch und zuweilen aggressiv an. Abschweifen und Widersprechen gilt nicht. Wer schwafelt, wird mitunter rüde und bestimmt auf den Pfad einer Antwort gewiesen, notfalls indem sich Friedman nach vorne lehnt, bis seine Nasenspitze fast an die des Gegenübers stößt, und ihm die Hand auf den Arm legt.
Friedmans Interviewstil polarisierte. Für die einen waren die rhetorischen Scharmützel, klugen Fragen und die Lust an der Konfrontation ein Fest. Anderen grauste es vor der merkwürdigen Nähe, die Friedman herstellte, oder sie wünschten sich, er würde die Leute, die er einlädt, wenigstens gelegentlich mal ausreden lassen. Mit vielen, deren Position man eigentlich nicht teilte, hatte man am Ende Mitleid, wenn sie schwitzend und heiser, geschlaucht von den Dauerattacken in ihrem Sessel hingen. Dem PDS-Mann Gregor Gysi verweigerte Friedman sogar ausdrücklich ein Glas Wasser.
Friedman, der stellvertretender Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland und CDU-Politiker war, lief alle 14 Tage mittwochs um 23.00 Uhr, im Wechsel mit Joachim Gauck, ab März 2002 im Wechsel mit Gabi Bauer. Im Herbst 2001 wurde Friedman mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet (beste Informationssendung/beste Moderation Information).
Am 12.06.2003 geriet Friedman wegen einer Drogen- und Sexaffäre in die Schlagzeilen. Ihm wurde der Besitz von Kokain vorgeworfen, das man in seinen Räumen gefunden hatte. Mehrere ukrainische Zwangsprostituierte, mit denen Friedman verkehrt haben soll, hatten ihn beschuldigt. Als Reaktion ging Friedman vorzeitig in die Sommerpause. Am 08.07.2003 akzeptierte Friedman einen Strafbefehl wegen illegalen Kokainbesitzes in Höhe von 17.400 Euro und war damit vorbestraft. Er legte alle öffentlichen Ämter nieder und teilte mit, seine Sendungen nicht fortzusetzen.
Friends
1996–1999 (Sat.1); 2001–2005 (Pro Sieben). 236-tlg. US‑Sitcom von David Crane und Marta Kauffman („Friends“; 1994–2004).
Sechs New Yorker Freunde Mitte 20 verbringen ihre Freizeit meist gemeinsam und reden in ihrem Stammlokal „Central Perk“ oder in Monicas Apartment über Gott, die Welt und vor allem den neuesten Beziehungstratsch. Die Freunde sind der geschiedene Ross Geller (David Schwimmer), der immer wieder Pech mit Frauen und Ehen hat, seine Schwester Monica (Courteney Cox), die Köchin ist, die verwöhnte Rachel Green (Jennifer Aniston), die anfangs im „Central Perk“ bedient und später einen Job in einem Modeunternehmen findet, der Scherzkeks Chandler Bing (Matthew Perry), der tumbe und erfolglose Schauspieler Joey Tribbiani (Matt LeBlanc) und die naive Phoebe Buffay (Lisa Kudrow). Chandler und Joey wohnen direkt gegenüber von Monicas Wohnung im selben Haus in einer WG. Dauerhaft beziehungsfähig scheinen alle nicht: Rachel hat ihren Zukünftigen während der Hochzeitszeremonie am Altar stehen lassen, Ross‘ schwangere Frau Carol (Jane Sibbett) hat ihren verlassen, als sie merkte, dass sie lesbisch ist.
Alle haben wechselnde Partner, Monica ist vorübergehend mit dem älteren Zahnarzt Richard Burke (Tom Selleck) zusammen, Ross heiratet am Ende der vierten Staffel Emily (Helen Baxendale), lässt sich aber bald wieder scheiden. Chandler und Monica werden ein Paar. Am Ende der fünften Staffel heiratet Ross schon wieder, diesmal Rachel. Es knisterte schon länger zwischen beiden, doch ihre Ehe beenden sie wieder (Ross‘ dritte Scheidung), weil sie es als Fehler im Vollrausch betrachten. Das hindert Rachel nicht daran, am Ende der achten Staffel ein Kind von Ross zu bekommen, das sie Emma nennt. Chandler und Monica haben am Ende der siebten Staffel geheiratet. Sie können keine eigenen Kinder bekommen und finden eine werdende Mutter, Erica (Anna Faris), die ihnen ihr Kind nach der Geburt zur Adoption freigeben wird. Im Serienfinale kommen überraschend Zwillinge zur Welt, und Chandler und Monica verlassen New York, um in die Vorstadt zu ziehen. Ross und Rachel werden endgültig wieder ein Paar.
In den USA überaus erfolgreiche Sitcom, die bei uns zunächst weitgehend unbeachtet blieb. Sat.1 startete die Serie am Samstagnachmittag, versuchte es später auch mal am Vorabend, letztlich landete die Serie aber doch immer wieder im Nachtprogramm. Insgesamt zeigte der Sender 85 Folgen. Dann dauerte es zweieinhalb Jahre, bis wieder neue Folgen begannen (Pro Sieben hatte ab Januar 2000 alle alten wiederholt). Sie liefen zunächst samstagnachmittags auf Pro Sieben, wo gleichzeitig werktags im Vorabendprogramm eine erneute Komplettwiederholung begann. Allmählich gewann die Serie Fans. Ab Folge 108 im Januar 2002 liefen die Erstausstrahlungen am Vorabend, und mit der achten Staffel, die zugleich die erfolgreichste in den USA war, kam die Serie auch in Deutschland in die Primetime. Ab Folge 171 im Frühjahr 2003 lief Friends dienstags um 21.50 Uhr, ab Herbst des gleichen Jahres mit Beginn der neunten Staffel schon eine halbe Stunde früher.
Der Titelsong „I’ll Be There For You“ stammte von den Rembrandts und wurde ein Hit. Die Figur der Phoebe Buffay hat eine Zwillingsschwester namens Ursula, die ebenfalls von Lisa Kudrow gespielt wurde, jedoch nicht in Friends, sondern in Verrückt nach dir. Gelegentlich besuchten sich die beiden Schwestern allerdings in ihren jeweiligen Serien, was eine Doppelrolle für Lisa Kudrow bedeutete.
Die sechs Freunde hielten auch im wirklichen Leben zusammen. Immer wenn Gehaltsverhandlungen anstanden, pokerten sie gemeinsam um gleiche Bezahlung. Am Ende bekam jeder von ihnen mehr als eine Million US‑$ pro Folge.
Die Serie ist komplett auf DVD erschienen.
Frisch aus der Witzepresse
Beim amerikanischen Sender Comedy Central beginnt die Comedy schon in den Pressemitteilungen. Sie eröffnen immer mit der Ankündigung einer neuen Show oder der Mitteilung, dass von einer erfolgreichen Show eine Fortsetzung bestellt wurde, beschreiben pointiert, worum es in der Reihe geht und beinhalten dann ein witziges Zitat eines Beteiligten, der grundsätzlich „begeistert“ oder „aufgeregt“ ist.
Diese Woche ließ die Pressestelle viel Neues verlauten.
Aus der Ankündigung einer neuen Show mit Lewis Black:
In The Root of All Evil messen sich jeweils zwei Personen wie Dick Cheney und Paris Hilton oder zwei Popkulturthemen wie YouTube und Pornos in einer offenen Debatte. Eine wechselnd besetzte Gruppe an Komikern diskutiert, wer das größere Übel ist, und Lewis Black fällt das abschließende Urteil. (…)
Black: „Ich bin begeistert, als selbsternannter Entscheider über das Böse in der Popkultur Teil der Popkultur zu werden und werde am Ende der Serie ohne Zweifel über mich selbst richten müssen.“
Die Ankündigung einer zweiten Staffel der Trickserie Lil Bush, in der vorpubertäre Miniversionen von George W. Bush, Condoleezza Rice und Dick Cheney das Weiße Haus terrorisieren und vor dem Schlafengehen die Probleme der Welt lösen, macht sich über die Affäre um den Senator Larry Craig lustig:
„Ich bin begeistert, dass der Sender entschieden hat, die Serie fortzusetzen“, so Lil‘ Bush-Erfinder und ausführender Produzent Donick Cary. „Es tut mir leid, dass die Entscheidung in der Herrentoilette des Flughafens von Minneapolis fallen musste, aber wenn das die Art ist, wie [Senderchef] Doug Herzog sein Unternehmen führen will — mir ist es Recht.“
Aus der Ankündigung der neuen Show Important Things mit Demetri Martin, einem Mitarbeiter der Daily Show with Jon Stewart:
In jeder Epsiode analysiert Martin ein einzelnes Thema durch das Prisma seiner einzigartigen Perspektive. Mögliche Themen sind „Was passiert nach unserem Tod?“ und „Äpfel“. (…)
„Diese Ankündigung wirkt sehr wichtig“, so Martin. „Ich bin aufgeregt, bei Comedy Central zu sein und freue mich darauf, eine der besten Shows aller Zeiten zu machen. Außerdem muss ich meine Wohnung aufräumen und Jon Stewart danken.“
Frontal
1993–2000 (ZDF). Wöchentliches Politmagazin mit Bodo H. Hauser und Ulrich Kienzle und der klassischen Mischung aus investigativem Journalismus, vermeintlichen oder echten Skandalen, Analysen, Interviews, Kommentaren und Glossen.
Frontal stellte einen Einschnitt in der Geschichte der politischen Fernsehmagazine dar. Das ZDF erklärte die abfällig „Richtungsmagazine“ genannten Magazine mit festen politischen Standpunkten für nicht mehr zeitgemäß. Anstatt sie durch ein unberechenbares Magazin zu ersetzen, zementierte der Sender das Proporzdenken in einer einzigen Sendung und verriet damit den Grundsatz, für den kritische Journalisten jahrelang gekämpft hatten: Dass das Gesamtprogramm ausgewogen sein sollte, es aber nicht jede einzelne Sendung sein müsse. Kienzle sagte einen Beitrag an, der den Linken gefallen dürfte, dann präsentierte Hauser einen, der im Sinne der Konservativen war. Das Spiel setzte sich am Reißwolf fort, in den sie abwechselnd abstruse Meldungen der Woche schoben, und in Dialogen der beiden, die von professionellen Gagschreibern verfasst wurden und immer auf dem Witz beruhten: Ich bin links, du bist rechts, wir hassen uns (und umgekehrt). In diesen Rollen erlangten Hauser und Kienzle breite Bekanntheit und spielten sie auch bei Gastauftritten in anderen Sendungen, in dem Ableger Hauser & Kienzle und die Meinungsmacher und in Büchern zur Sendung weiter, die Bestseller wurden. Der Schlussdialog zum Ende der Sendung begann stets mit „Noch Fragen Kienzle?“ – „Ja, Hauser!“.
Das ZDF vermarktete die beiden u.a. in Programmtrailern und Cartoons von Rolf Kutschera konsequent als witzige Kultfiguren. Nach sieben Jahren wurde die Sendung eingestellt – angeblich, weil Kienzle das Rentenalter erreicht hatte. In der letzten Sendung gab es außer weiteren Witzen von den Journalistendarstellern und über sie Rückblicke der einzelnen Frontal-Reporter, mit denen sie sich anscheinend bei neuen Arbeitgebern vorstellen wollten. Einer sagte: „Im Libanon habe ich entführte Kinder aufgespürt, im Kosovo mit der UCK unter Sperrfeuer im Schützengraben gelegen. Also, in den sieben Jahren Frontal habe ich die ganz heißen Themen angefasst: Russenmafia, Kinderpornografie und Waffenhandel.“ Ein anderer: „Frontal, das waren ganz außergewöhnliche Erfolge, ich zeigte genau, was sich in den letzten Minuten an Bord der Birgen Air abspielte – vor allen anderen!“ „Spiegel“-Chef Stefan Aust sagte zum Abschied, man werde Kienzle & Hauser vermissen wie Pest & Cholera.
Gelegentlich wurde Hauser von Maybrit Illner vertreten. Er hatte zuvor ein zeitkritsches Magazin gleichen Namens auf 3sat moderiert (1991–1993) und die Frontal-Vorgängersendung Studio 1 geleitet.
Frontal lief in 45 Minuten Länge dienstags um 21.00 Uhr, Nachfolgesendung wurde Frontal 21. Die Titelmusik stammt aus „The Ride To Agadir“ von Mike Batt.
Frührentner mit 79
Es gibt noch ein paar Legenden des amerikanischen Fernsehens, die immer noch auf Sendung sind. Doch nachdem Larry King nun abgetreten ist und Oprah Winfrey in diesem Jahr ihre Talkshow aufgibt, fragten sich viele, wie lange die anderen Dienstalten eigentlich noch machen wollen. Über David Letterman, seit 29 Jahren mit einer täglichen Late-Night-Show auf Sendung, wird seit etwa zehn Jahren immer wieder spekuliert, er gehe womöglich bald in den Ruhestand. Sein Konkurrent Jay Leno hatte seinen eigenen Ruhestand sogar schon für 2009 angekündigt, sich seine schon abgegebene Sendung dann aber nach kurzer Zeit wieder zurückgeholt.
Jemand, über dessen bevorstehenden Abschied eigentlich nie jemand spekuliert hatte, war Regis Philbin. Dabei ist Regis Philbin sogar noch 16 Jahre älter als Letterman. Vielleicht war aber genau das der Grund: Wenn jemand mit 79 immer noch eine tägliche Live-Sendung macht, jeden Vormittag um 9 Uhr, warum sollte er jemals damit aufhören wollen? Regis ist immer noch geistesgegenwärtig und schlagfertig und ohnehin ein Liebling der Nation. Er hält außerdem den Guinness-Weltrekord für die meisten Stunden vor der Kamera und schien mit der täglichen Vormittagsshow nicht einmal ausgelastet zu sein, weil er immer wieder nebenbei Quizsendungen zur Primetime moderierte, darunter die US-Version von Wer wird Millionär?.
Entsprechend schockiert war Fernsehamerika, als ausgerechnet Regis Philbin am Dienstagmorgen in seiner Sendung, die er seit 1983 macht, seinen Abschied für Sommer oder Herbst ankündigte. Nach isngesamt 50 Jahren im Fernsehen. Niemand war mehr schockiert als David Letterman, der Philbin gleichermaßen als Freund und als Idol betrachtet, und in dessen Sendung Philbin regelmäßig als Gast auftrat. Philbin, dessen Show wie Lettermans aus New York gesendet wird und der deshalb auch kurzfristig immer gern vorbeischauen konnte, hatte überhaupt keine Probleme damit, sich bei Letterman regelmäßig zum Affen zu machen. Unten sehen Sie noch einmal seinen Auftritt als Shrek von vor zwei Jahren.
Vorher sehen Sie noch, wie Letterman gestern Abend versucht hat, Regis den Ruhestand auszureden.
Fünfeinhalb Tore und zweieinhalb Männer
Der Blick auf die Einschaltquoten vom Dienstagabend beweist zum einen Bekanntes: Übertragungen von Fußball-Länderspielen sind immer eine sichere Bank, und die zeitgleiche Konkurrenz leidet darunter.
Zum anderen offenbart er aber auch Interessantes: Nicht alle Konkurrenten leiden gleichermaßen. Und dies ist nicht nur bei naheliegenden Beispielen zu beobachten, also wenn das Gegenprogramm eine ganz andere Zielgruppe anspricht.
Schon vor einiger Zeit hat ProSieben die kluge Entscheidung getroffen, seine frauenaffinen Serien ausgerechnet auf den Mittwochabend zu legen, an dem im Konkurrenzprogramm so oft wie an keinem anderen Abend Live-Fußball zu sehen ist. Seitdem laufen Desperate Housewives und Grey’s Anatomy stur und unbeeindruckt mit konstanten Zahlen weiter und können als Beleg für das Klischee herhalten, dass Fußball ein Männerprogramm sei. Die Sonnenbrillenserie CSI: Miami dagegen erlitt einen starken Einbruch, während gestern die deutschen Fußballer fünf Tore schossen und 6:1 gegen Aserbaidschan gewannen. Klar, die Zielgruppen für blutige Krimis und Blutgrätschen sind ja wohl ähnlich, gell?
So einfach ist und bleibt es aber nicht. Die Simpsons, laut einer Untersuchung vom Frühjahr die Serie mit dem höchsten Männeranteil unter den Zuschauern, musste keine Abstriche machen, die über die normalen Quotenschwankungen hinausgingen. Und auch Two And A Half Men, wo es normalerweise nur um Sex und Saufen geht, erreichte anschließend wie gewohnt knapp Two And A Half Million. Sind deren Zuschauer jünger als die Fußballfans? Vergangenen Freitag zeigte aber auch Wer wird Millionär? keine nennenswerten Einbußen gegen das Länderspiel unter dem schon etwas älteren Stammpublikum.
Eine Antwort muss ich schuldig bleiben. Aber warum soll ich schlauer sein als Fernsehmacher, die ihr ganzes Berufsleben oft vergeblich damit verbringen, strategisch richtiges Alternativprogramm zu dem der Mitbewerber anzubieten oder umgekehrt Programme zu finden, für die sich auch die Zuschauer ihrer eigenen anderen Programme interessieren? Wären Quoten und Zielgruppen vorhersehbarer, hätte ProSieben längst eine Mittwochsserie gefunden, für die die Zuschauer auch nach den etablierten Serien dranblieben. Und die Sender müssten nicht wild ungeordnete Werbung für alle ihrer Sendungen in jede andere Sendung knallen, sondern könnten die Sache gezielt angehen. Mit Einblendungen wie bei Amazon: „Zuschauer, die sich für CSI: Miami interessieren, interessieren sich auch für: Fußball.“
Futur II
Seit einigen Wochen laufen in den USA die neuen Folgen der 2003 erstmals eingestellten Serie Futurama. Der Wiederaufnahme vorausgegangen waren vier Futurama-Filme, die direkt für den DVD-Verkauf produziert wurden, weil sich die Serien-DVDs so gut verkauft hatten. Im Fernsehen wurden sie erst später gezeigt.
Mit diesen Filmen beginnt auch ProSieben die Ausstrahlung des neuen Futurama-Materials ab Mitte September sonntagnachmittags.
Und das ist doch toll!
Halt: Die Filme laufen nicht am Stück. ProSieben gewährt nur einen einstündigen Sendeplatz, und da passt so ein Film nur halb rein.
Dann gibt’s eben ein paar Doppelfolgen. Auch gut!
Halt: Die zweite der beiden Folgen, die ProSieben sonntags zeigt, ist jeweils eine Wiederholung einer zehn Jahre alten Episode.
Und was heißt das für die vier Filme? Dass sie jeweils viergeteilt werden. Erst kommt ein Viertel des Films, dann schließt sich unmittelbar an den gerade unterbrochenen Handlungsstrang eine Geschichte an, die mit dem just Gesehenen nichts zu tun hat, und bis der Film zu Ende ist, dauert’s noch drei Wochen.
Irgendwie ist es ja auch beruhigend, dass man einfach so aus einer fünfwöchigen Schaffenspause zurückkommen kann, und die Sender verhalten sich noch genauso dämlich, unprofessionell und zuschauerunfreundlich wie eh und je. Man hat also nichts verpasst.