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Das neue Jura-Zeitalter

Sonntag, 13. Januar 2008, 02:07

Wenn wir diese entsetzliche neue ProSieben-„Comedy“, die wahrscheinlich deshalb Volles Haus heißt, weil man sie nur erträgt, wenn man voll wie ein Haus ist, einfach mal verdrängen, bevor sie überhaupt angefangen hat, beginnt das Fernsehjahr 2008 eigentlich ziemlich gut. Mit Men In Trees und Mord mit Aussicht starteten zwei sehr amüsante Kleinstadtserien, mit Ich bin ein Star – holt mich hier raus kam nach mehr als drei Jahren Pause die einzige erträgliche unter den Realityshows zurück ins Fernsehen, und am Ende der kommenden Woche wird es bereits mehr wirklich gute neue Serien gegeben haben als im ganzen Jahr 2007.

Alle drei Neustarts der nächsten Tage sind Anwaltsserien, und überall stehen eigensinnige Charaktere und skurrile Fälle im Mittelpunkt. Trotzdem unterscheiden sie sich deutlich voneinander. Alle erinnern zwar manchmal an etablierte Serien, aber keine ist ein billiger Abklatsch. Alle sind originell, originär und sehenswert. Und weder die US-Serie noch die beiden deutschen Produktionen verkaufen ihre Zuschauer für dumm.

Wie klug es von der RTL-Gruppe ist, gleich drei Anwaltsserien in fünf Tagen zu starten, bleibt dahingestellt. Wie viel Spaß Sie haben werden, wenn Sie dennoch alle drei anschauen, wird Sie überraschen:

Shark — ab Montag auf Vox.
Die Anwälte — ab Donnerstag bei RTL.
Herzog — ab Freitag bei RTL.

Jeweils am Tag des Sendestarts werden wir hier ausführlicher auf die neuen Serien eingehen.

Das perfekte Dinner

Freitag, 12. Januar 2007, 20:53

Seit 2005 (Vox). Kochwettbewerb.

Fünf einander bis dahin unbekannte Menchen bekochen sich eine Woche lang gegenseitig. Jeden Tag epfängt einer die anderen im eigenen Heim, die ihn anschließend mit Punkten bewerten, orientiert an seinen Fähigkeiten als Gastgeber und Koch und am Ambiente. Die Punktevergabe ist geheim und nur den Fernsehzuschauern bekannt, damit nicht taktiert werden kann. Denn am Ende der Woche resultiert daraus ein Sieger, der einen Gutschein über 1500 Euro gewinnt. Eine Off-Stimme erzählt zusätzlich dazu, dass man es sieht, ausführlich alles, was passiert. Wirklich alles.

Die Show, täglich um 19.00 Uhr, dauerte zunächst eine halbe Stunde. Obwohl die Einschaltquoten während eines zweiwöchigen Testlaufs Ende 2005 nur durchwachsen waren, brachte Vox die Reihe ab März 2006 zurück, jetzt 45-minütig und ohne Unterbrechung jeden Werktag, und wurde belohnt. Die Zuschauerzahlen stiegen bis zum Jahresende auf rund drei Millionen, die Marktanteile in der Zielgruppe zeitweise auf fast 20 Prozent. An vielen Abenden lag Das perfekte Dinner plötzlich vor den Soaps bei RTL und Sat.1. Die logischen Konsequenzen daraus hießen Das perfekte Promi-Dinner und Liebe isst… – Das Single-Dinner. Letzteres war der Versuch von Pro Sieben, von der neuen Essenslust am Vorabend zu profitieren.

Deutscher Fernsehpreis 2007 als beste Kochshow.

Das Quiz mit Jörg Pilawa

Donnerstag, 7. Mai 2009, 23:15

Seit 2001 (ARD). Vorabendquiz für Kandidatenpaare mit Jörg Pilawa.

Zwei Freunde, Kollegen, Verwandte oder Ehepartner spielen gemeinsam um Geld. Pilawa stellt zunächst einem von ihnen eine Frage mit vier Lösungsmöglichkeiten. Nachdem dieser seine Antwort gegeben hat, muss sich sein Partner entscheiden, ob er die Antwort stehen lässt oder ein Veto einlegt. In diesem Fall kann er entweder anders antworten oder um eine neue Frage bitten. Insgesamt haben beide nur viermal diese Einspruchmöglichkeit. Der Gewinn erhöht sich mit jeder richtigen Antwort und kann bis auf 500 000 Mark, ab Januar 2002 bis auf 300 000 Euro ansteigen. Vor jedem Spiel dürfen die Kandidatenpaare zwei Beträge festlegen, unter die sie, wenn sie diese einmal erreicht haben, bei falschen Antworten nicht zurückfallen.

Pilawa kam von Sat.1, wo er erfolgreich Die Quiz Show moderiert hatte. Die ARD gab ihrem Neuzugang also ganz originell eine Quizshow auf einem ähnlichen Sendeplatz mit ähnlicher Optik und hoffte, dass die Zuschauer dem neuen Star folgen würden. Und sie taten es! Die Sat.1-Show büßte drastisch Zuschauer ein, das ARD-Quiz wurde sofort ein Erfolg. Die scheinbar kleine Veränderung, das übliche Multiple-Choice-Spiel mit einem Kandidatenpaar zu spielen, brachte tatsächlich einen neuen Reiz in die Sendung: Oft genug verstärkten sich die beiden Spieler nicht; regelmäßig brachte ein dominanter Kandidat, der wenig wusste, aber viel zu wissen glaubte, sich und seinen Partner durch voreilige Vetos um hohe Gewinne.

Das Quiz dauerte zunächst eine Stunde und lief mittwochs bis freitags um 18.55 Uhr. Ab Januar 2002 war die Sendung nur noch halb so lang, kam dafür aber viermal die Woche, dienstags bis freitags um 19.20 Uhr.

Das RTL-Lachjournal

Samstag, 24. Oktober 2009, 16:41

Ob den Redakteuren des RTL-Nachtjournals vergangene Nacht klar war, dass ihre Sendung nicht mehr (ich wiederhole: nicht mehr) zur Übertragung des Deutschen Comedypreises gehörte?

Der unvollständige Bericht über die unvollständige Zusammenstellung des Kabinetts war mit einer Musik unterlegt, die man eher bei Benny Hill erwartet hätte, und ein Ausblick auf die Zeitumstellung am Wochenende (großes journalistisches Thema!) bestand im Wesentlichen aus einer Straßenumfrage, die vier Antwortmöglichkeiten vorgab:


Screenshot: RTL
 
Das Bangen um die Zukunft der deutschen Comedy kann man getrost vertagen, solange beim RTL-Nachtjournal Redakteure arbeiten, die so bumskomische Einfälle haben, hahaha. Bleibt nur noch das Bangen um die Zukunft der Nachrichten.

Das Schwein — Eine deutsche Karriere

Mittwoch, 23. Juli 2008, 06:30

1995 (Sat.1). 3‑tlg. dt. Karrieredrama von Karl Heinz Willschrei, Regie: Ilse Hofmann.

Der Berliner Stefan Stolze (als Jugendlicher: Daniel Weiss; später: Götz George) wächst in der schwierigen Nachkriegszeit in Berlin auf. Früh entdeckt er, wie man es im Leben zu etwas bringt. Man benötigt Geld, und daran kommt man durch Intrigen oder Betrug. Schon in der Schule verkauft er seine Hausaufgaben und denunziert einen Lehrer, um seinen Mitschüler Lutz Krüger (als Jugendlicher: Richard Kropf; später: Felix von Manteuffel) vor dem Sitzenbleiben zu bewahren. Später geht er den eingeschlagenen Weg weiter, wird Zuhälter und Hehler und kommt ins Gefängnis. Dort freundet er sich mit Robert Korda (Michael Mendl) an, dessen Firma er sich nach seiner Entlassung auf Bewährung unter den Nagel reißt, indem er Kordas Frau Eva (Edda Leesch) verführt.

Krüger ist inzwischen Filialleiter einer Bank und hilft bei Bedarf mit Krediten, wird später aber auch von Stolze enttäuscht. Um Teil der besseren Gesellschaft zu werden, heiratet Stolze die wenig attraktive Alice van Lück (Andrea Sawatzki). Ihrem Vater Theodor van Lück (Karl-Michael Vogler) gehört ein großer Elektrokonzern. Indem er van Lück wegen Steuerhinterziehung anschwärzt, gelingt es Stolze, die Firmenleitung zu übernehmen. Seine Frau treibt er in die Alkohol- und Tablettensucht, bis sie im Vollrausch tödlich verunglückt. Mit der Hilfe seiner neuen Geliebten Sybille Curtius (Gudrun Landgrebe) steigt er in den Chemiekonzern von Harald Deterding (Arthur Brauss) ein, den er schließlich ebenfalls aus dessen eigenem Unternehmen vertreibt.

Nach der Wiedervereinigung dringt er mit dem Chemiekonzern in den Osten vor, um die Subventionen der Bundesregierung einzustreichen. Wanda Weissenfeld (Martina Gedeck) ist in dieser Zeit eine wichtige Verbündete, die schließlich ihren Lohn fordert und Stolze heiraten will, weshalb er sie als Stasi-Spitzel enttarnt. Stattdessen heiratet er Sybille, deren Ehemann Harald (Roland Schäfer) er vorher in den gesellschaftlichen Ruin getrieben hat. Während einer seiner Betriebe im Osten wegen mangelnder Sicherheitsvorkehrungen in die Luft fliegt, erhält Stolze für sein Engagement in den neuen Bundesländern das Bundesverdienstkreuz.

Anspruchsvolle Detailzeichnung einer fiktiven, aber vorstellbaren Karriere mit einem glänzenden Götz George in der Rolle des skrupellosen Machtschweins.

Das Sonntagskonzert

Freitag, 16. November 2007, 01:48

1969–2005 (ZDF). 45-Minuten-Show am Sonntagmittag, in der mehrere musikalische Gäste aus dem klassischen oder volkstümlichen Bereich ihr Können zum Besten geben.

Gäste der ersten Sendung waren Anneliese Rothenberger, Hermann Prey und René Kollo, in der Folgewoche kamen Blaskapellen. Die Bandbreite war groß, jedoch nach Sendungen unterteilt. Die Ausgaben mit volkstümlicher Musik gastierten in verschiedenen Städten, meist in Deutschland, gelegentlich im benachbarten Ausland (zeitweise hießen sie Das Sonntagskonzert auf Tournee), und untermalten die musikalischen Auftritte mit Landschaftsaufnahmen aus der Gegend. Die Reihe Ihr Musikwunsch war zeitweise Bestandteil des Sonntagskonzerts.

Anfangs präsentierten Ruth Kappelsberger und Fred Rauch die Sendung, zu den späteren Moderatoren gehörten u. a. Lou van Burg, Elmar Gunsch und Elke Kast, Dieter Thomas Heck, Hans Rosenthal, Rainer Holbe, Monika Meynert und Elfi von Kalckreuth, Trudeliese Schmidt und Christian Boesch, Ilona Christen, Ramona Leiß, Christine Maier, Babette Einstmann, Wolfgang Binder, Uta Bresan, Reiner Kirsten, Björn Casapietra und eine Sängerin namens Inka, bei der es sich um die spätere RTL-Moderatorin Inka Bause handelte.

2005 wurde die Reihe aus Kostengründen eingestellt.

Das Supertalent

Samstag, 20. Oktober 2007, 23:25

Seit 2007 (RTL). Talentshow.

Menschen aller Altersklassen dürfen ihre Talente vor einem tausendköpfigen Publikum und einer dreiköpfigen Jury vorführen. Alles ist möglich: Singen, tanzen, turnen, jodeln, zaubern oder Witze erzählen. Dieter Bohlen, Ruth Moschner und der Zirkusdirektor André Sarrasani geben anschließend ihren Senf dazu und legen per Mehrheitsentscheid fest, wer in die nächste Runde kommt. Sie können die Auftritte auch schon vorzeitig abbrechen: Jeder hat einen Buzzer vor sich, der mit einem großen X das Ende der Geduld signalisiert. Dreimal X heißt Aus. Wie früher in der Gong-Show. Hinter der Bühne steht Moderator Marco Schreyl und ist nett zu den Teilnehmern. Im Finale entscheiden dann die Fernsehzuschauer per Telefonabstimmung darüber, wer das „Supertalent“ ist und 100.000 Euro gewinnt.

Die Show ist eine Adaption der Sendungen „America’s Got Talent“ und „Britain’s Got Talent“, hinter denen Simon Cowell als Produzent und Juror steht, der in gleicher Rolle auch die Vorlagen von Deutschland sucht den Superstar prägte.

Zwei 75-minütige Halbfinalsendungen und ein abendfüllendes Finale liefen samstags um 20.15 Uhr. Sieger dieser ersten kurzen Staffel wurde 19-jährige singende Schüler Ricardo Marinello aus Düsseldorf.

In der zweiten Staffel saßen neben Dieter Bohlen nun Sylvie van der Vaart und Bruce Darnell in der Jury, Marco Schreyl wurde von Daniel Hartwich unterstützt und der Auswahlprozess zog sich über insgesamt sieben Sendungen hin. Es gewann der 44-jährige Mundharmonika-Spieler Michael Hirte aus Karzow, der vor sechs Millionen Fernsehzuschauern spielte statt wie bisher vor Passanten in der Fußgängerzone.


Foto: RTL

Das Traumhotel

Mittwoch, 24. Januar 2007, 19:03

Seit 2004 (ARD). Dt. Urlaubsserie, Regie: Otto W. Retzer.

Der Hotelmanager Markus Winter (Christian Kohlund), seine Teenager-Tochter Leonie (Miriam Morgenstern) und seine Tante Dorothea von Siethoff (Ruth Maria Kubitschek), der die Hotelkette gehört, kümmern sich an immer anderen Urlaubsorten um die Wünsche und Probleme der Gäste. Weil ein Hotel wesentlich umständlicher durch die Welt zu transportieren ist als ein Schiff, kauft Tante Dorothea dauernd neue Hotels, und Markus muss immer den Direktor geben. Den gibt er ab Folge 7 im Januar 2007 allein unter verschiedenen Hotelbesitzern. Ruth Maria Kubitschek hatte die Reihe verlassen, weil sie wohl mal Ferien vom Dauerurlaub brauchte.

Jede Folge hat Spielfilmlänge, Sendeplatz ist in loser Reihe freitags um 20.15 Uhr.

Das Traumschiff

Freitag, 28. Dezember 2007, 22:15

Seit 1981 (ZDF). Dt. Urlaubsserie.

Das Team eines Luxusschiffs, zunächst der MS Vistafjord, dann der MS Astor und ab 1986 der MS Berlin, versüßt seinen Passagieren die Kreuzfahrten zu den schönsten Urlaubszielen der Welt, während sich an Bord Familien- und Liebesgeschichten abspielen. Zunächst hat Kapitän Braske (Günter König) das Kommando, in der zweiten Staffel übernimmt Heinz Hansen (Heinz Weiss) und bleibt für 15 Jahre der Kapitän. Sein Team besteht aus Chefsteward Victor (Sascha Hehn) und Chefhostess Beatrice (Heide Keller), beide auch schon unter Braske an Bord, sowie dem Schiffsarzt Dr. Horst Schröder (Horst Naumann). Victor ist nach der zweiten Staffel nicht mehr dabei. Mit Hansens Nachfolger, dem neuen Kapitän Paulsen (Siegfried Rauch), kommt im Dezember 1999 auch ein neues Schiff: Die MS Deutschland ist noch luxuriöser. Beatrice und Dr. Schröder sind weiter mit an Bord.

Die Geschichten der Urlauber standen im Mittelpunkt jeder Folge. Meist drei oder vier dieser Geschichten wurden pro Folge erzählt und miteinander verwoben. Die Urlauber wurden von bekannten deutschen Fernsehstars gespielt, meistens von Klaus Wildbolz und Gila von Weitershausen. Beide spielten jeweils fünfmal mit, jedes Mal in anderen Rollen. Produzent Wolfgang Rademann legte Wert auf Hochglanz, steuerte mit dem Schiff nur ferne, exotische Ziele an (nie Malle), drehte an Originalschauplätzen in der Karibik, in Thailand, Südafrika, Ägypten, Tahiti, Singapur, Sydney, Hongkong, auf Hawaii oder Bali und wollte dem ZDF-Zuschauer in den Gastrollen Gesichter zeigen, die er kannte. Diese A-Liste endete nun einmal irgendwo, und so musste mancher eben mehrfach ran. Die Mitglieder der Familie Wussow waren immerhin so freundlich, sich abzuwechseln.

Die ersten zwölf Folgen waren jeweils eine Stunde lang, sie liefen in zwei Staffeln mit je sechs Folgen sonntags um 20.00 Uhr und erreichten im Durchschnitt mehr als 21 Millionen Zuschauer. Die eigentliche Serie ging dann mit Folge 12 und einer Rekordquote von 25,15 Millionen am 1. Januar 1984 zu Ende; das ZDF und Rademann setzten sie wegen dieses sensationellen Erfolgs aber nach einer knapp dreijährigen Pause fort. Alle weiteren Folgen hatten nun Spielfilmlänge, und das Schiff steuerte in jeder Folge ein neues Ziel an. Nach zunächst vier neuen Folgen im Winter 1986/87 gab es in den 90er-Jahren jedes Jahr meist zwei neue Folgen, in der Regel eine an Weihnachten und eine an Neujahr. Dass es nach 1990 überhaupt Fortsetzungen gab ‑ eigentlich war das Traumschiff offiziell „versenkt“ worden – lag an den hohen Einschaltquoten von Wiederholungen im Sommer. Neue Folgen erreichten noch immer rund zehn Millionen Zuschauer, in Zeiten großer Konkurrenz durch eine Vielzahl an Sendern fantastische Quoten. Ein Großteil des Erfolgs dürfte auch den atemberaubenden Bildern der Traumziele zuzuschreiben sein. Im Januar 2005 feierte Das Traumschiff die 50. Folge.

Das Traumschiff war eine Adaption der US-Serie Love Boat, das jedoch eine Comedy war. Mehrere Folgen sind auf DVD erhältlich.

Das wäre dann also die Endziffer 60. Haben Sie das jetzt verstanden?

Sonntag, 8. Juni 2008, 20:12

Es ist absurd, dass RTL vorgestern den 60. Geburtstag von Otto Waalkes feierte, der erst in sechs Wochen ist, der heutige 60. Geburtstag eines anderen der wenigen wirklich großen deutschen Komiker aber weitgehend unbemerkt an Fernsehdeutschland vorüberzieht – es sei denn, man schaut seinen langjährigen Heimatsender WDR, der die lange Geburtstagsnacht schon hinter sich hat, Eins Festival, wo heute Nachmittag schon einige Sendungen von und über ihn liefen und ab Mitternacht fünf Stunden lang Höhepunkte aus So isses, Donnerlippchen, Geld oder Liebe und Wat is? gezeigt werden, oder den MDR, der um 20.15 Uhr mit den Feierlichkeiten beginnt.


Mit Gerd Dudenhöfer. Foto: WDR/H. Kratzer

Andererseits passt es aber zu ihm, denn trotz seinem unbestreitbaren Hang zum Herrenwitz fielen seine Fernsehsendungen über viele Jahre dadurch auf, dass sie kaum auffielen, weil sie so leise waren. Sein größter Erfolg, Geld oder Liebe, war immer näher an einem Kindergeburtstag als an den Gladiatorenwettkämpfen, die Programmchefs doch eigentlich viel lieber als Vorbild nehmen. Die ganz große Show fehlte, die kleinen Geschichtchen und das Zwischenmenschliche machten den Reiz aus, der Moderator nahm sich zurück, wenn es angemessen war, und in diesen Kleinigkeiten zeigte sich seine Größe.

Da hatte er die große Krawallshow freilich schon hinter sich: Donnerlippchen sorgte Mitte der 80er-Jahre für einige Aufschreie. Die dreiste Show war ihrer Zeit weit voraus, aber trotzdem erfolgreich.

Der Mann ist einer der vielseitigsten und kreativsten deutschen Entertainer. Er musste sich nie neu erfinden, weil er doch schon immer alles gleichzeitig machte. Wie Peter Frankenfeld und Frank Elstner entwickelte er die von ihm moderierten Sendungen oft selbst, ging mit seinen Comedy-Programmen auf Bühnentournee, schrieb Bücher („Wie rede ich mich um Kopf und Kragen? Anecken in jeder Runde“), drehte als Schauspieler für Film („Nich mit Leo“) und Fernsehen (Heiland auf dem Eiland) und sang sich mit dem, was man Blödelsongs nennt, mehrfach in die Charts: „Kreuzberger Nächte“ der Gebrüder Blattschuss war 1978 fünfzehn Wochen in den deutschen Top 10, als Solist gewann er mit „Guten Morgen, liebe Sorgen“ mehrfach die ZDF-Hitparade und stand zehn Wochen in den Top 10 der deutschen Single-Charts. 1987 hatten beide Errungenschaften noch etwas zu bedeuten.

Wenn man ihn auf der Bühne sieht, wünscht man sich allerdings manchmal, er möge ein paar Lieder weniger singen und dafür lieber etwas länger erzählen, denn seine Alltagsbeobachtungen sind präzise und pointiert und sollten ein Vorbild für jeden sein, der sich Stand-up-Comedian nennt.


Bild: WDR/M. Kohr

Der Mann ist sympathisch und hat Humor, auch wenn er selbst einstecken muss. Er war einer der wenigen Prominenten, die bei Alles nichts oder?! am Ende der Sendung hinter die Tortenwand mussten und beworfen wurden, denn mit ihm konnte es ja machen. Das Schlimmste, was ihm hätte zustoßen können, wäre ein neues Wehleid gewesen, aber darüber hätte er sich dann vermutlich abendfüllend mit Harald Schmidt unterhalten. Elke Heidenreich hat einmal beklagt, dass er im wirklichen Leben genauso sei wie im Fernsehen und zu ihr Sachen sage wie: „Na, mein Vögelchen, jetzt gehen wir aber mal einen heben.“

Erst vor einem Jahr gewann er noch einmal einen wichtigen Fernsehpreis, den Adolf-Grimme-Preis für Extreme Activity, die ProSieben-Spielshow, die so lange erfolgreich war, bis ProSieben anfing, damit Sendeplatzroulette zu spielen. Aus letztem Grund, und weil in den vergangenen Jahren leider ein paar seiner Sendungen gefloppt sind, vergisst man leicht, dass der Mann noch immer eine Größe ist — dieser Mann mit den bunten Hemden und den endlosen Ansagen für seine Gäste, in denen er sich minutenlang um den Namen des Künstlers herummoderiert, weil derweil noch das Bühnenbild umgebaut werden muss, bis er ganz am Ende doch noch sagt, um wen es geht, wenn es die meisten ohnehin schon gemerkt haben: Jürgen von der Lippe.

Gläschen Sekt?

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