Biegen und Brechen
Uri Geller versuchte sich an einem neuen Experiment. Zwischen den Auftritten seiner Gedanken lesenden, Puls anhaltenden und mit Raben sprechenden potenziellen Nachfolger in der neuen Talentshow The Next Uri Geller forderte er die Zuschauer zu Hause auf, kaputte Elektrogeräte vor dem Fernseher zu platzieren. Er würde sie reparieren, indem er auf Hebräisch bis drei zählt. Ein Zuschauer schrieb anschließend eine E-Mail ins Studio, sein DVD-Player funktioniere endlich wieder. Dieser Mensch hatte es gut, denn er konnte sich für den Rest des Abends statt dieser Sendung einen guten Film ansehen.
Doch The Next Uri Geller hatte alles, was große Abendunterhaltung vor dreißig Jahren hatte: Ein riesiges Saalpublikum, Bürgermeister in der ersten Reihe, den Hinweis an die lieben Kinder, die Experimente bitte nicht zu Hause nachzumachen, die Einblendung, dass sich die nachfolgenden Sendungen um einige Minuten verschieben, und Uri Geller. Zwei Dinge waren anders als vor dreißig Jahren: Es gab kein Saalorchester, das die Musik in der Show live spielte, es hätte sonst vermutlich Erschwerniszuschlag verlangt, denn wie die meisten heutigen Shows war auch diese komplett mit spannungsgeladener Musik unterlegt. Aber im Gegensatz zu den meisten heutigen Shows war sie stellenweise tatsächlich spannend. Welcher Trick es auch war, durch den der Karatekämpfer wusste, auf welche von fünf Papierzylindern er mit verbundenen Augen, der bloßen Hand und voller Wucht einschlagen konnte, ohne sich selbst das Messer in die Hand zu rammen, das sich unter einem der fünf Zylinder verbarg, es war aufregend anzusehen. Und das wäre es sogar gewesen, wenn ProSieben auf die Geschmacklosigkeit verzichtet hätte, mehrmals darauf hinzuweisen, dass das gleiche Experiment jüngst in Israel gescheitert sei und das entsprechende blutige Video wiederholt zu zeigen.
Ein Mann, den Uri Geller unentwegt Stefan nannte und bei dem es sich der Sage nach um Stefan Gödde handelt, moderierte die Show souveräner als man es von ProSieben-Showmoderatoren gewohnt ist, sollte aber offenbar anonym bleiben. Weder im Vorspann, noch im Abspann, noch per Einblendung zwischendurch gab es einen einzigen Hinweis darauf, wer dieser Moderator ist. Vielleicht nahm ProSieben an, nicht nur auf der Bühne, sondern auch im Publikum säßen Gedankenleser.
Einige der Gedankenleser und Telepathen waren recht beeindruckend. Der prominente Gast Jürgen Vogel ließ sich mit einer Feder berühren, aber die unberührte Sonja Kraus spürte die Berührung. Ein Mann hielt für eine halbe Minute seinen eigenen Puls an. Ein Medium beschrieb mit verbundenen Augen Gegenstände, die ihr Partner im Publikum einsammelte. Und dann war der noch der Rabenvater, der in einer wenig geläufigen Sprache auf einen Raben einredete und vorgab, mit dem Jenseits sprechen zu können. Seine Auskünfte von dort waren so ungefähr wie das, was man sonst auf Kanal Telemedial oder anderen Astrokanälen hört. Als er Jürgen Vogel vorhersagte, er werde seine verstorbenen Angehörigen „in einem schönen Lichtkegel“ wiedersehen, klang das allerdings eher nach Home Shopping Europe, wo man den schönen Lichtkegel bestimmt sofort hätte bestellen können. Er faselte seinen Wischiwaschikram, redete sich um jede konkrete Aussage herum und bewies mit der Ansprache von Sonja Kraus als „Anja“, dass er nicht nur zum Jenseits, sondern auch zum Diesseits keinen echten Kontakt zu haben schien. Ausgerechnet er kam in die nächste Runde, der von allen Teilnehmern am ehesten wie ein Scharlatan wirkte. Aber vermutlich hat er aus genau diesem Grund den Titel „The Next Uri Geller“ am ehesten verdient.
Big Boss
2004–2005 (RTL). Realityshow, in der zwölf Kandidaten um einen Traumjob kämpfen.
Jede Woche müssen die Bewerber, aufgeteilt in zwei Teams, Aufgaben bewältigen, Schnelligkeit, Kreativität und Teamgeist beweisen und auf diese Weise zeigen, wer am besten geeignet wäre, ein eigenes Unternehmen zu führen oder eine Top-Position in einer anderen Firma auszufüllen. Der ehemalige Manager des Fußballbundesligisten Bayer Leverkusen, Reiner Calmund, überwacht als Big Boss die Durchführung der Aufgaben und feuert am Ende jeder Sendung einen Teilnehmer aus dem Verliererteam. Als Berater hat er die Unternehmerin Bettina Steigenberger und den Journalisten Roland Tichy an seiner Seite. Wer ganz zum Schluss übrig bleibt, erhält entweder einen Spitzenjob in der Industrie oder 250 000 € Startkapital für eine Existenzgründung. Im Unternehmen des Siegers sitzt Calmund dann im Aufsichtsrat.
Adaption der außerordentlich erfolgreichen US-Show The Apprentice, in der der Milliardär Donald Trump einen Mitarbeiter für sein Imperium suchte. Seinen Standardspruch „You’re fired!“ ließ er sich nach einigen Sendungen schützen, um ihn auf T-Shirts etc. vermarkten zu können. RTL hatte die Rechte gekauft und dicht am Original umgesetzt. Statt mit „You’re fired!“ schickte Calmund die Verlierer mit den Worten „Sie haben frei!“ nach Hause und kanzelte die Möchtegernunternehmer mit Sätzen ab wie „Bei eurem Ergebnis kriege ich wirklich volle Kreislaufstörungen.“ oder „Sie haben durch Luftverdrängung geglänzt.“. Gewinnerin wurde die 25-jährige Eventmanagerin Carmen Dohmen, die ankündigte, mit dem gewonnenen Geld eine Eventagentur aufbauen zu wollen.
Elf einstündige Folgen liefen meist dienstags um 20.15 Uhr mit mäßigem Erfolg. Ein Pro-Sieben-Abklatsch namens Hire Or Fire – Der beste Job der Welt war einige Wochen zuvor spektakulär gefloppt. Im Sommer 2005 zeigte RTL samstags nachts auch das US-Original.
Big Brother
Seit 2000 (RTL 2); 2000–2001 (RTL). Extrem-Gameshow.
Die Ausgangsidee: Zehn Kandidaten, je fünf Männer und Frauen, die sich nie gesehen haben, leben 100 Tage lang von der Außenwelt abgeschnitten in einem 153 Quadratmeter großen Wohncontainer. Jeder Raum wird rund um die Uhr von Mikrofonen abgehört und von Kameras gefilmt, nachts sind Infrarotkameras im Einsatz. Komfort gibt es nicht, Fernseher, Computer, Telefon oder überhaupt Elektrizität sind nicht vorhanden, warmes Wasser nur begrenzt („Back to basic“ nannte RTL 2 dieses Konzept). Gemüse muss selbst geerntet, Brot selbst gebacken werden. Lediglich ein geringes Haushaltsbudget steht für Einkäufe zur Verfügung, die den Bewohnern auf Bestellung in eine „Schleuse“ gestellt werden. Sie müssen Wochenaufgaben erfüllen, die über die Erhöhung oder Reduzierung des Budgets entscheiden. Alle zwei Wochen stimmt das Fernsehpublikum über den „Rauswurf“ eines von zwei Kandidaten ab, die zuvor von den Bewohnern selbst in geheimer Abstimmung nominiert worden sind. Verlässt jemand den Container freiwillig, rücken Reservekandidaten nach. Unter den drei übrig gebliebenen Kandidaten wählt das Publikum zum Schluss den Sieger, der 250 000 DM gewinnt.
„Du bist nicht allein“ war das Motto der umstrittensten neuen Show seit langer Zeit, die eine Mischung aus Spielshow, Reality-TV, Doku-Soap und Psychoexperiment war und schließlich „Real-Life-Soap“ genannt wurde. Das Konzept stammte von dem Holländer John de Mol und seiner Produktionsfirma Endemol und war in den Niederlanden ein Riesenerfolg. Deutsche Politiker waren vor dem hiesigen Start so freundlich, der Show auch bei uns große Aufmerksamkeit zu verschaffen, indem sie ihr Verbot forderten, weil sie gegen die Menschenwürde verstoße. RTL 2 wies darauf hin, dass alle Kandidaten freiwillig dabei seien und jederzeit die Möglichkeit hätten, auszusteigen.
Trotzdem ging RTL 2 in der dritten Sendewoche nach massivem öffentlichen Druck den Kompromiss ein, die Kameras in den Schlafräumen jeden Tag für eine Stunde abzuschalten. Die Einschaltquoten standen anfangs in keinem Verhältnis zur Aufregung, steigerten sich jedoch mit der Zeit. Mit einem Marktanteil von durchschnittlich 20 % bei den werberelevanten 14- bis 49-jährigen Zuschauern und oft über 40 % bei den 14- bis 29-Jährigen war die Reihe schließlich der bisher größte Erfolg für RTL 2: Einzelne Sendungen wurden von mehr Menschen gesehen als irgendeine andere RTL-2-Sendung zuvor.
Die erste Staffel (1. März bis 9. Juni 2000) lief komplett bei RTL 2. Eine 50-minütige Zusammenfassung der Tagesereignisse zeigte der Sender jeden Tag um 20.15 Uhr. Sonntags gab es einen einstündigen Zusammenschnitt der gesamten Woche (Big Brother – Die Woche), anschließend die einstündige Live-Sendung Big Brother – Der Talk. Diese befasste sich u. a. mit den Nominierungen und Rauswürfen. Den Talk moderierte Percy Hoven, Außenreporterin war Sophie Rosentreter; Torsten Wember gab die telefonischen Abstimmungsergebnisse bekannt. Hoven war mit der Live-Situation permanent überfordert und manövrierte sich selbst von einer Peinlichkeit in die nächste. Rosentreter schien einfach nur aufgeregt zu sein, dass sie im Fernsehen war.
Im Internet konnte man rund um die Uhr alle Räume live beobachten. Die Höhepunkte der Staffel: Zlatko schneidet sich die Brusthaare, bis er blutet, Kerstin und Alex haben Sex, Manu kotzt Bier auf den Rasen. Die Kandidaten der ersten Staffel schieden in dieser Reihenfolge aus: Despina (sie ging nach fünf Tagen freiwillig und wurde eine Woche später durch Jona ersetzt), Thomas, Jana, Zlatko, Jona (freiwillig, wurde durch Sabrina ersetzt), Manuela, Kerstin (ging freiwillig und aus Solidarität mit Manuela aus dem Haus, als diese rausgewählt wurde; Ersatzkandidatin: Verena), Alexander, Verena und Sabrina. Unter den verbliebenen Bewohnern Andrea, Jürgen und John wurde im Rahmen einer viereinhalbstündigen Abschlussshow der Potsdamer Zimmermann John zum Sieger gewählt, knapp vor dem Kölner Feinblechner Jürgen, der zuvor über Wochen als großer Favorit galt.
Star der Show wurde aber schon Wochen zuvor der 24-jährige Industriemechaniker Zlatko Trpkovski, ironisch „Sladdi, The Brain“ genannt, der in der Show u. a. zum ersten Mal hörte, dass es jemanden gegeben haben muss, der William Shakespeare hieß und anderen Menschen durchaus ein Begriff zu sein schien. Zlatko wurde schon am 9. April überraschend herausgewählt, was sich für ihn als großer Vorteil erwies: Er trat danach in zahllosen Talkshows auf, bekam seine eigene Fernsehshow Zlatkos Welt und nahm eine Single mit dem Titel „Ich vermiss Dich wie die Hölle“ auf, die auf Platz eins der deutschen Charts kam und sich dort vier Wochen hielt. Zuvor hatte bereits „Leb“, der Big Brother-Titelsong, gesungen von der „3. Generation„, zwei Wochen lang Platz eins gehalten.
Nach dem Ende der Show sangen die Kumpels Zlatko & Jürgen das Duett „Großer Bruder“ und schafften einen weiteren Nummer-eins-Hit. Auch Alex Jolig, Macho und Gastronom aus Bonn, nahm eine Single auf: „Ich will nur dich“ erreichte Platz drei der Charts. Anschließend schwängerte er Jenny Elvers. Die als Zicke abgestempelte Hamburger Studentin Manuela, ihre Freundin Kerstin, eine Schauspielerin, und die Studentin Verena traten nach ihrem Ausscheiden als Moderatorinnen in der RTL-2-Gameshow Call TV auf. Jona und John bekamen eine Rolle in der RTL-Serie Unter uns. Damit erfüllte sich die Prophezeiung der Produzenten: „Die Kandidaten werden zu Stars.“
Produzent John de Mol vervielfachte mit dem Konzept den Börsenwert seiner Firma Endemol, die Rechte wurden in die USA, nach Großbritannien und in die halbe Welt verkauft. In Deutschland war Big Brother über mehr als drei Monate das Medienthema Nummer eins. Endlose Aufgüsse füllten die Sommerpause. Big Brother – Das Leben danach zeigte montags um 20.15 Uhr in acht einstündigen Folgen, was die Kandidaten in ihrer neuen Freiheit machten. Auf dem gleichen Sendeplatz liefen anschließend sechs Folgen Big Brother – Das Beste mit Zusammenschnitten der Highlights.
Mit Beginn der zweiten Staffel (16. September bis 30. Dezember 2000) hängte sich auch der Muttersender RTL, dem das Experiment anfangs zu riskant war, an den Erfolg an, und beide Sender präsentierten die Containershow gemeinsam. Alles war nun größer, länger und öfter. Unter 70 000 Bewerbern wurden zwölf Kandidaten ausgewählt; der Sieger musste 106 Tage im Haus bleiben. Die jetzt auf eine Stunde verlängerten täglichen Zusammenschnitte zeigte weiterhin RTL 2 von Sonntag bis Freitag. Die Live-Sendung mit Nominierungen und Rauswürfen lief als zweistündige Samstagabendshow zur Primetime bei RTL. Neue Moderatoren waren Oliver Geissen und Aleksandra Bechtel, Gudrun Loeb übernahm die Moderation der Telefonabstimmung. Bechtel moderierte außerdem sonntags um 17.00 Uhr bei RTL das 45-minütige Magazin Big Brother – Family & Friends, in dem sie draußen gebliebene Freunde und Familien der Kandidaten vorstellte.
Donnerstags um 23.15 Uhr lief, ebenfalls bei RTL, Big Brother – Die Reportage. RTL 2 stockte sein Programm mit Big Brother – Das Quiz auf, in dem zwei Stunden lang sonntags bis freitags ab etwa 1.00 Uhr nachts noch einmal die Highlights des Tages mit interaktiven Zuschauerspielen kombiniert wurden; Maike Tatzig moderierte montags bis freitags, Jenny Elvers sonntags. Monatlich berichtete Big Brother International abends über das Leben und die Kandidaten in den Containern anderer Länder, in denen das Spektakel auch veranstaltet wurde. Ausführliche Beiträge in allen RTL- und RTL-2-Magazinen (bei RTL 2 auch in den Nachrichten) rundeten die „Berichterstattung“ ab.
Bekannt wurden von den Kandidaten der zweiten Staffel vor allem: Christian, der sich von Beginn an als arrogantes Ekel hervortat, sich selbst „Nominator“ nannte und schnell freiwillig ging, Daniela und Karim, die zusammen freiwillig gingen und im folgenden Jahr heirateten, der bärige Rocker Harry, der Softie Walter und die „Hexe“ Hanka. Es siegte die freundlich-unauffällige Alida vor Harry. Alida moderierte später bei Neun Live und übernahm 2004 bei Pro Sieben die Sendung Das Geständnis. Wieder gingen etliche Bewohner ins Tonstudio, doch nur zwei Songs erreichten die Top Ten: Christian sang „Es ist geil, ein Arschloch zu sein“ und blieb wochenlang auf Platz eins der Charts. Die Nachfolgesingle „Was kostet die Welt“ wurde ein Top-Ten-Hit, ebenso „Ich geh‘ nicht ohne dich“ von Walter. Dieser Walter Unterweger spielte außerdem später in Marienhof mit. Der neue Titelsong „Zeig mir dein Gesicht“ von „Berger“ erreichte Platz 2 in den Charts.
Die dritte Staffel (27. Januar bis 12. Mai 2001) dauerte wieder 106 Tage, beherbergte anfangs zwölf Kandidaten und ließ auch sonst fast alles beim Alten. Es kam lediglich noch eine Sendung hinzu (Big Brother – Dein Gewinn, 90-minütige Vormittags-Spielshow mit Carolin Beckers). Nur die Quoten brachen plötzlich so dramatisch ein, dass der Reality-Überwachungsboom scheinbar mit der Sendung zu Ende ging, die ihn eingeläutet hatte. Hatte die Abschottung von der Außenwelt bei den Kandidaten der ersten Staffel bewirkt, dass sie beim Verlassen des Hauses überrascht feststellten, dass sie Stars geworden waren, war es bei den Kandidaten der dritten Staffel umgekehrt: Sie waren überrascht, als sich niemand für sie interessierte. Das war kein Wunder: Anfang 2001 zog eine unüberschaubare Zahl von Kandidaten in irgendwelche „Container“ (u. a. Girlscamp, To Club) ein, sodass die Zuschauer den Überblick verloren. Die winzige Pause nach der zweiten Staffel tat ihr Übriges. Der „Spiegel“ schrieb: „Jeder Bahnhofsjunkie teilt sich seinen Stoff besser ein.“ (Es gewann Karina.)
Entsprechend lang war die Pause bis zum Beginn der vierten Staffel, mit der ernsthaft jedoch niemand gerechnet hatte, obwohl es immer wieder entsprechende Ankündigungen gegeben hatte. Die neue Version (31. März bis 7. Juli 2003) hieß Big Brother – The Battle. Aleksandra Bechtel moderierte nun allein. RTL war kein Partner mehr. RTL 2 zeigte täglich um 19.00 Uhr eine einstündige Zusammenfassung und montags um 20.15 Uhr die Entscheidungsshow. Außerdem berichtete Tele 5 täglich ab 22.00 Uhr in Der Nachtfalke über das Geschehen im Container und zeigte es live von 0.00 bis 6.00 Uhr. Der „Battle“ bestand darin, dass die anfänglich acht Kandidaten (die Gruppen wurden später vergrößert) nun in zwei Gruppen aufgeteilt wurden: Die einen lebten im Luxus, die anderen mussten draußen kochen und auf Stroh schlafen. Nach „Battles“, also Wettkämpfen oder Mutproben, wurde gewechselt.
Öffentliches Aufsehen erregte diese Staffel nicht, die Berichterstattung in der Presse ging gegen null, selbst die Politiker und Jugendschützer hatten aufgehört, sich zu erregen. Über Big Brother wurde nicht mehr geredet – doch es wurde offenbar von einem ansehnlichen Kreis von Fans gesehen. Die Quoten waren nicht vergleichbar mit den ersten beiden Staffeln, aber auch nicht mit dem Flop der dritten. RTL 2 bekam durch die täglich konstant überdurchschnittlichen Marktanteile einen erheblichen Schub und verlängerte die Entscheidungsshow von einer auf zwei Stunden.
Das Preisgeld betrug diesmal maximal 120 000 €, die genaue Höhe wurde in der letzten Woche dadurch bestimmt, wie gut die verbliebenen vier Kandidaten mehrere Aufgaben erfüllten. Die so erspielten 90 000 € bekam dennoch der Sieger allein: der Essener Bademeister Jan. Und Sava gewann Hella, indem er ihr einen Heiratsantrag machte. Beide hatten im Container nach erfolgreichem Abschluss einer „Battle“, die aus einem Liebesverbot bestand, ungeschützten Geschlechtsverkehr. Anschließend musste Hella Big Brother um die „Pille danach“ bitten. Den Titelsong „Alles ändert sich“ sang Oli. P.
Die fünfte Staffel (2. März 2004 bis 28. Februar 2005) brachte weitere Verschärfungen mit sich: Zwischen erstem Einzug und Finale lag nun ein ganzes Jahr, und die Kandidaten lebten in drei durch goldene Gitter getrennte Zonen: Team Reich durfte in Luxus schwelgen, Team Survivor musste mit einfachsten Mitteln im Freien leben, Team Normal konnte seine höchst bescheidene Ausstattung durch Fleißarbeiten aufbessern. „Challenges“ und „Matches“ entschieden über zusätzliche Belohnungen, Preise für einzelne Bewohner und ganze Teams sowie die Frage, wer in welchem Bereich leben durfte. Am Ende winkte eine Million €. Die viel längere Zeit nutzte Big Brother für entsprechend langfristige Aufgaben: So wurde der als „Sachsen-Paule“ aus Pornos bekannte Kandidat Heiko über Wochen zum Marathonläufer trainiert.
Immer wieder griff die Sendung mit Spielen im Container andere aktuelle Fernsehtrends auf, ließ die Kandidaten gegen Zuschauer zu Hause Quiz spielen oder trainierte sie für einen Boxkampf. Eine geplante Schönheits-OP im Container wurde aber kurzfristig wieder abgesagt. Für heftigste Reaktionen außerhalb des Containers sorgten antisemitische Witze, die einzelne Bewohner spät nachts erzählten.
Dies war auf Premiere zu sehen, weil der Sender gegen Bezahlung eine Live-Übertragung rund um die Uhr anbot. Auch Tele 5 und MTV 2 brachten wieder eigene Zusammenfassungen der Ereignisse. RTL 2 berichtete wie gewohnt täglich um 19.00 Uhr eine Stunde lang vom Treiben im Container, es moderierten Oli. P und gelegentlich der frühere „Nominator“ Christian Möllmann. Die zweistündige Entscheidungssendung präsentierte Ruth Moschner. Sie lief zunächst donnerstags, dann montags um 20.15 Uhr.
Die konstant akzeptablen Quoten und erhebliche Zusatzeinnahmen durch Telefon-Hotlines, die Premiere-Abos und viele Merchandisingprodukte bewogen RTL 2, das Konzept nahtlos in einer weiteren, sechsten Staffel (ab 1. März 2005) auf die Spitze zu treiben: Die Kandidaten zogen zeitlich unbegrenzt in ein 4000 Quadratmeter großes Big Brother-Dorf. Jochen Bendel übernahm die Aufgaben von Christian Möllmann. Für eine Weile sah es so aus, als würde ausgerechnet diese die kürzeste Staffel, nachdem sich die Marktanteile zu Beginn schlagartig halbierten. Dennoch hielt RTL 2 vorerst an dem Format fest und setzte Oli. P als neuen Hauptmoderator ein, als Moschner zum Juni ihren Ausstieg ankündigte. Die Endlos-Staffel endete dann aber doch vorzeitig, ebenfalls nach fast genau einem Jahr am 26. Februar 2006.
Ein weiteres verging, dann ging es weiter. Nach den Erfahrungen der Langzeitstaffeln mit einem ständigen Rein- und Raus der Kandidaten kehrte die Show ab der siebten Staffel zurück zu den Wurzeln und dem Konzept der ersten Staffeln, begrenzt auf eine gemeinsame Kandidatengruppe und 150 Tage im Haus. Ein Publikumsliebling der ersten Staffel, der Ex-Kandidat Jürgen Milski, und Charlotte Karlinder wurden als Moderatoren für die zweistündigen Entscheidungsshows montags um 21.15 Uhr engagiert.
Big Diet
2001 (RTL 2). Real-Life-Show. Der größte Fernsehflop des Jahres 2001. Zehn dicke Kandidaten sollen unter ärztlicher Aufsicht abnehmen. In regelmäßigen Abständen fliegt raus, wer am wenigsten Gewicht verloren hat. Natürlich wird alles von Kameras gefilmt.
Abends um 20.15 Uhr liefen einstündige Zusammenschnitte, sonntags eine zweistündige Show. Margarete Schreinemakers moderierte und glaubte allen Ernstes, das sei ja kein Trash-Fernsehen, sondern eine Wellness- und Gesundheitsshow. Als sie ihren Fehler nach drei Wochen bemerkte, stieg sie aus, Jenny Elvers übernahm die Sonntagsshow und Sandra Steffl die Werktagsausgaben.
Eigentlich sollte die Endemol-Show in Sat.1 laufen und „Diätduell“ heißen. Der Sender hatte die Realityshow nach dem Erfolg von Big Brother bestellt, sich aber später wieder zurückgezogen, als die Realityquoten zu bröckeln begannen. Daran hat er gut getan, wie sich zeigte, denn der RTL 2-Show sah kaum jemand zu, obwohl im Vorfeld weniger das neue Realityspektakel thematisiert wurde, sondern das Comeback von Frau Schreinemakers nach dreieinhalb Jahren Fernsehabwesenheit. Nach ihrem Abgang nahm die Anzahl der Sendungen von sieben auf vier pro Woche ab. Nach 64 von geplanten 109 Tagen wurde die Show komplett gekippt.
Vor dem Start hatte RTL 2 das Vormittagsprogramm für zwei Wochen täglich 90 Minuten lang mit Big Diet – Der Countdown gefüllt. Auf diesem Sendeplatz lief danach ein Fragespiel namens Big Diet – Dein Gewinn mit Carolin Beckers und Maike Tatzig.
Bilder aus der Wissenschaft
1973–1993 (ARD). 45-minütiges Wissenschaftsmagazin zu Themen wie Erde und Kosmos, Forschung und Technik, Medizin und Umwelt.
Das ZDF hatte bereits 1964 die Sendereihe Aus Forschung und Technik eingeführt; danach dauerte es noch neun Jahre, bis auch die ARD ein eigenes Wissenschaftsmagazin ins Erste brachte. Zwei Jahre zuvor hatte der Bayerische Rundfunk allerdings in seinem Dritten Programm das Magazin Revue – Bilder aus der Wissenschaft gestartet.
Die ARD-Anstalten BR, NDR und WDR steuerten abwechselnd Sendungen bei. Moderatoren und Autoren waren u. a. Ekkehard Kloehn, Günter Siefarth, Alexander von Cube, Albrecht Fölsing, Dieter Klooss, Holger Meifort, Joachim Bublath, Hans Lechleitner, Helmut Engelhardt und Detlef Jungjohann.
Die Reihe lief zunächst alle vier Wochen freitags um 20.15 Uhr, ab Herbst 1973 donnerstags. Ende der 70er-Jahre wechselte sie auf Mittwoch um 21.45 Uhr und in den frühen 80ern schließlich auf den Sonntagnachmittag.
Bill Cosby Show
1987–1990 (ZDF); 1989–1993 (Pro Sieben). 201-tlg. US-Sitcom von Bill Cosby, Ed. Weinberger und Michael Leeson („The Cosby Show“; 1984–1992).
Der afroamerikanische Frauenarzt Dr. Heathcliff „Cliff“ Huxtable (Bill Cosby) und seine Frau, die Anwältin Clair (Phylicia Rashad), leben mit ihren Kindern in New York. Sie sind recht wohlhabend, führen aber ein ganz normales Leben. Das Geld geht vor allem für die fünf Kinder drauf: Sandra (Sabrina LeBeauf), Denise (Lisa Bonet), Theo (Malcolm Jamal-Warner), Vanessa (Tempestt Bledsoe) und Rudy (Keshia Knight-Pulliam), in der Reihenfolge ihrer Geburt. Ständig müssen die Eltern den Kindern eine Lehre erteilen, weil sie irgendwas Dummes angestellt oder vorhaben, z. B. auswärts übernachten, eine Prüfung verhauen, die Schule oder das Studium abbrechen, sich eine Glatze rasieren, heiraten etc. (Vanessa: „Ich habe es getan, es tut mir Leid, und ich habe Strafe verdient.“ Cliff: „Ich weiß, ich akzeptiere es, und du bekommst sie.“)
Den meisten Blödsinn machen Theo und sein Kumpel Walter „Cockroach“ Bradley (Carl Anthony Payne II.). Und natürlich pumpen die Kinder ihre Eltern nur allzu gern an, meist jedoch vergeblich. Erwähnt ein Kind den Reichtum der Familie, erteilt Cliff folgenden Hinweis: „Deine Mutter und ich sind reich. Du hast nichts.“ Dennoch geht es im Huxtable-Haushalt harmonisch und freundlich zu, und nie flucht jemand. Eigentlich warten Cliff und Clair aber nur darauf, dass die Kinder endlich groß sind und ausziehen („Amerika ist ein großartiges Land, aber es bietet keine Möglichkeit, seine Kinder loszuwerden“).
Sandra hat damit schon mal angefangen und geht aufs College. Sie heiratet am Ende der dritten Staffel ihren Freund Elvin Tibideaux (Geoffrey Owens). Die beiden bekommen später die Zwillinge Nelson (etliche Kinder spielten die Rolle der Reihe nach: Donovan und Darrian Bryant; Everette und Ronald Wilson; Christopher und Clayton Criggs; Gary Gray) und Winnie (gleichfalls: Jalese und Jenelle Grays; Monique und Domonique Reynolds; Jessica Vaughn). Als Nächste verlässt Denise die Familie und geht aufs Hillman-College, das schon ihre Eltern besucht haben (der Spin-off namens College-Fieber zeigte ihre dortigen Erlebnisse). Sie bricht später ab, kommt zurück, nimmt verschiedene Jobs an und geht in der fünften Staffel als Assistentin einer Fotografin nach Afrika. Als sie ein Jahr später zurückkehrt, ist sie mit Lieutenant Martin Kendall (Joseph C. Phillips) von der Navy verheiratet, der bereits eine kleine Tochter namens Olivia (Raven-Symone) hat. Martin muss für die Navy nach Asien, Denise geht mit, und Olivia bleibt bei den Huxtables, wo Rudy nun nicht mehr das Nesthäkchen ist.
Die Familie wächst noch weiter: Clairs 17-jährige Cousine Pam Tucker (Erika Alexander) zieht in der siebten Staffel ein, weil ihre Mutter nach Kalifornien übersiedelt ist, wo sie sich um die kranke Großmutter kümmern will. Anna (Clarice Taylor) und Russell Huxtable (Earle Hyman) sind Cliffs Eltern, Clairs Elten heißen Carrie (Ethel Ayler) und Al Hanks (Joe Williams). Im Serienfinale macht Theo seinen College-Abschluss, Denise teilt telefonisch mit, sie sei schwanger, und am Ende gehen Cliff und Clair alias Cosby und Rashad aus der Kulisse hinaus und verlassen das Studio.
Die Pilotfolge trug den Titel „Warum haben wir vier Kinder?“, und dieser Satz wurde darin auch gesagt. Cliff beantwortete die Frage seiner Frau mit: „Weil wir kein fünftes wollten.“ Nach einigen Folgen wurde jedoch die älteste Tochter Sandra in die Serie eingeführt (die im Original Sondra heißt), womit es nun doch fünf Kinder waren. Die Cosby Show war in den USA die erfolgreichste Serie der 80er-Jahre und eine der wenigen Sitcoms, die auch in Deutschland großen Erfolg hatten. Selbst die zehnte Komplettwiederholung nach zehn Jahren erreichte noch gute Einschaltquoten.
Hauptdarsteller und Miterfinder Cosby stieg mit ihr zum höchstbezahlten Fernsehstar der USA auf und verdiente in Spitzenzeiten bis zu 185 Millionen $ im Jahr. Die Fernsehfamilie spiegelte in Teilen seine eigene Familie wider: Auch Cosby hat fünf Kinder – vier Töchter und einen Sohn -, und der Mädchenname seiner Frau ist auch im wirklichen Leben Hanks (in der Serie Detektiv Hanks zog Cosby später noch einmal den Hut vor seinen Schwiegereltern). Im Abspann wurde er mit vollem Namen und seinem Doktortitel in Erziehungswissenschaften aufgeführt: William H. Cosby, Jr., Ed. D. Der Vorspann änderte sich mit jeder Staffel, doch immer sah man Cosby (mit weiteren Familienmitgliedern) Grimassen schneiden und zur Titelmusik tanzen, die ebenfalls regelmäßig variiert wurde und deren Komponist Cosby war.
Gestartet war die Serie ursprünglich bereits 1987 im ZDF unter dem Titel Bill Cosbys Familienbande. 39 Folgen liefen im Nachmittagsprogramm. Im ZDF war die Serie auch noch zu sehen, als zeitgleich bereits die Ausstrahlungen in Pro Sieben begonnen hatten. Dort lief die Serie komplett, die ZDF-Folgen wurden neu synchronisiert. Neben anderen Stimmen (Bill Cosbys deutscher Synchronsprecher war im ZDF Joachim Kemmer, auf Pro Sieben Engelbert von Nordhausen) fiel auf, dass die Menschen plötzlich über die Gags lachten. Das ZDF hatte die klassischen Sitcom-Lacher dieser vor Publikum aufgezeichneten Serie weggelassen.
Bionic Woman
Ab 3. März 2010 (RTL2). 8-tlg. US-Actionserie („Bionic Woman“; 2007).
Die Ex-Kellnerin Jaime Sommers (Michelle Ryan) wird nach einem eigentlich tödlichen Unfall von ihrem Freund Will Anthros (Chris Bowers) mit künstlichen Körperteilen aufgemotzt, die ihr Superkräfte geben. Sie läuft jetzt schneller als ein Auto fährt, sieht schärfer als jeder andere und hat stärkere Arme als manche amerikanischen Gouverneure. Mit diesen Fähigkeiten arbeitet sie fortan für die Berkut Group unter Jonas Bledsoe (Miguel Ferrer), Ruth Treadwell (Molly Price) und Jae Kim (Will Yun Lee), die zwar alle sehr dubios wirken, aber glücklicherweise das Böse bekämpfen. Privat kümmert sich Jaime um ihre jüngere Schwester Becca (Lucy Kate Hale).
Neuauflage der Sieben-Millionen-Dollar-Frau, nur noch schlechter. Die einstündigen Folgen laufen mittwochs um 22.05 Uhr.
Birte Karalus
1998–2000 (RTL). Einstündige Daily-Talkshow mit Birte Karalus.
Birte Karalus, produziert von Hans Meisers Firma crea-tv, war die mit Abstand härteste Talkshow ihrer Zeit. Schon nach der ersten Woche stellte die zuständige Landesmedienanstalt fest, dass die „freiwilligen Verhaltensgrundsätze“, die die Privatsender für Talks gerade erst beschlossen hatten, nicht eingehalten wurden. Die Redaktion versprach, in Zukunft „weniger Alkoholiker“ in die Sendung zu nehmen und keine Kinder unter 16 Jahren. In einer Sendung hatte ein 15-jähriger Junge neben seinem leiblichen und seinem Pflegevater gesessen, während die beiden sich fast schlugen. Ein Highlight (oder Tiefpunkt) in der kurzen, aber skandalträchtigen Geschichte war eine Sendung mit dem 14-jährigen Serienstraftäter „Mehmet“, der aus München in die Türkei ausgewiesen worden war — der Fall hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Trotz der Behauptung, keine Gäste unter 16 einzuladen, schaltete man „Mehmet“ aus der Türkei zu. Karalus moderierte ihn mit den Worten an: „Ist er der hoffnungslose Kriminelle? Oder der arme Junge, der zwischen den Mühlen von Polizei und Justiz zermahlen wurde? Am besten fragen wir ihn selbst.“
Typische Themen waren „Furchtbar! Und so was wie ihr hat Kinder!“, „Igitt, du gehst zu Huren“, „Ganz ehrlich, diese Schläge hast du dir verdient“ und „Du Schlampe, du lässt dich ja von jedem Typen schwängern“.
Seit Karalus täglich talkte, sendete RTL jeden Nachmittag vier Stunden Talk am Stück. Sie war die Erste, die zwei Jahre später nach 404 Sendungen bröckelnden Quoten zum Opfer fiel. Karalus selbst schien darüber ähnlich erleichtert zu sein wie viele andere. „Nie wieder würde ich eine Nachmittags-Talkshow machen“, sagte sie zwei Jahre später der „Bild“-Zeitung. „Es gab Augenblicke, da stand ich im Studio und habe mich geschämt. Sinnloser Krawalltalk! Da zog sich mir der Magen zusammen.“
Die Show lief werktags um 14.00 Uhr.
Bis der Arzt nicht mehr kommt
Viel Mühe hat RTL sich in den letzten Jahren gegeben, die Erfolgsserie Dr. House durch Unzuverlässigkeit kaputtzusenden. So beständig der Termin am Dienstag um 21.15 Uhr war, so willkürlich waren die Episoden, die dort gezeigt wurden. Dramaturgie, Handlungsstränge oder Staffelenden völlig ignorierend, setzte RTL immer wieder phasenweise Wiederholungen ein, gern auch in den Monaten mit der höchsten Fernsehnutzung des Jahres, deren Handlungsstränge dann auch wieder mittendrin abgebrochen wurden, wenn die Laune zufällig gerade nach neuen Folgen war. Grob ein Drittel der Zuschauer wurde auf diese Weise vergrault.
Allmählich berappeln sich die Quoten seit ein paar Wochen wieder, weil es sich unter den Fans langsam herumgesprochen haben mag, dass nach vier Monaten Altware endlich wieder neue Folgen im Programm waren. Gestern erreichte Dr. House einen Jahresbestwert und zum ersten Mal seit Monaten wieder mehr als fünf Millionen Zuschauer.
So was muss natürlich verhindert werden. RTL reagiert deshalb umgehend und zeigt nur noch nächste Woche eine neue Folge, bevor nach sechs Folgen die sechste Staffel auch schon wieder abgebrochen wird. Die nächsten Monate überbrücken stattdessen antike Doppelfolgen von CSI: Miami.
Gegenüber dem US-Branchenmagazin Variety gab RTL sogar zu, dass die Ausstrahlungspolitik zu Verwirrung und Desinteresse geführt haben mag – einen Grund sie zu ändern, sieht man aber offenbar nicht.
Eine völlig andere Politik verfolgt RTL bei seiner Erfolgsserie Doctor’s Diary, die aber zum gleichen Ergebnis führen könnte: Zwei Sommer lang zeigte RTL jeweils sage und schreibe acht Folgen und bislang keine Wiederholungen. Dass nach der Pause von genau einem Jahr tatsächlich viele Fans zur zweiten Staffel zurückkehrten, scheint RTL Mut zu machen, deren Geduld weiter auf die Probe zu stellen. Die zweite Staffel endete mit einem Cliffhanger, und bis zur dritten Staffel dauert es mal eben doppelt so lang wie bisher.
Vergangene Woche verkündete RTL stolz den Drehstart zur neuen Staffel, machte aber wenige Zeilen später klar, dass dieses Jahr nicht mehr mit einer Ausstrahlung zu rechnen sei. Eine spielfilmlange und sechs 45-minütige Folgen werden produziert. Drehen und Schneiden dauert so lange nicht. Der umständliche Teil muss der sein, wenn das fertige Produkt irgendwie in die Sendestraße von RTL gelangen muss. Bei der Serie Der Lehrer hat das zweieinhalb Jahre gedauert. Bei der letzten Staffel von Mein Leben & ich auch. Da erinnerte sich kaum noch jemand daran. Die Dreharbeiten zum Film „C.I.S. – Chaoten im Sondereinsatz“, der am Sonntag gezeigt wird, endeten vor zehn Monaten. Insofern liegt Doctor’s Diary sogar noch im mittleren Bereich.
Natürlich ist nicht davon auszugehen, dass Fernsehsender die Quoten ihrer Serien mutwillig in den Keller treiben. Aber dann ist nur noch Unvermögen eine Erklärung. Und dann wäre es auch hilfreich, sich nicht immer nur Sendungskonzepte in den USA abzuschauen, sondern auch Arbeitsweisen und Tempo. Die Serien, die dort ab September gezeigt werden, beginnen mit den Dreharbeiten in der Regel im Juli.
Bitte gehen Sie doch weiter, hier gibt es nichts zu sehen
Wer diese Woche Tickets für die Daily Show with Jon Stewart hatte, stand zwar wegen des Autorenstreiks vor verschlossenen Türen, bekam aber auf einem überdimensionalen Plakat an der Wand von „Comedy Central’s World News Headquarters“ in New York einen Alternativvorschlag.