Bastian Pastewka: Keine Sendung für Marcel Reich-Ranicki!
Ein Kommentar von Bastian Pastewka über den Eklat, den Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki bei der Verleihung des Fernsehpreises auslöste, als er die Annahme des Ehrenpreises ablehnte (wir berichteten).
Marcel Reich-Ranicki hat unrecht. Er hat sich offenbar in einem Anfall von Überforderung zu etwas hinreißen lassen, das ihm selbst schon nach wenigen Minuten aus der Hand glitt. Ich glaube, das Publikum hätte ihn gefeiert, wenn er den Preis nur zögerlich angenommen und den bisherigen Abend mit spitzer Zunge kommentiert hätte. Denn uninspirierte und flache Momente gab es wirklich genug. Das tat Reich-Ranicki jedoch nicht, und deshalb blieb sein Auftritt in erster Linie eines: rätselhaft.
Im Gegensatz zu den Verleihungen des Deutschen Fernsehpreises in den Vorjahren hatte man sich diesmal entschieden, die Zahl der Entertainer unter den Laudatoren deutlich zu reduzieren. Allein Atze Schröder, Ingolf Lück, Ralf Schmitz und das Schweizer Duo „Ohne Rolf“ liefen auf und machten ihre Sache allesamt bestens. Das war es aber auch. Was man sich für die meisten übrigen Kollegen ausgedacht hatte (die aus anderen Fachbereichen kamen, aber mit einem Mal so lässig und witzig sein sollten wie die Entertainer im Saal), führte — wie so oft — zu ratlosen Gesichtern.
Ausdrücklich von der Kritik auszunehmen ist Thomas Gottschalk, der den Abend perfekt meisterte und speziell nach dem Schock durch Marcel Reich-Ranicki zur Höchstform auflief. Man darf nicht vergessen: Um den 88-jährigen Kritiker zu schonen, wurde die Verleihung des Ehrenpreises spontan vorgezogen und ins letzte Drittel des Ablaufs gelegt. Dies geschah offenbar, da Reich-Ranicki sich ausbedungen hatte, nicht bis zum Ende bleiben zu müssen. Also musste Gottschalk noch 40 Minuten rudern, als der Eklat bereits perfekt war — und das tat er erstklassig.
Und ja, auch wenn sich manche Laudatio zog wie Kaugummi: Es ist falsch, den Abend mit dem Wort „Blödsinn“ abzustempeln. Was müssen die anwesenden Nominierten (und kurz zuvor ausgezeichneten) Reporter aus Krisengebieten gedacht haben, die ihr Leben einsetzen, um über Unrecht in China, Pakistan oder unserem Land zu berichten? Was müssen die anwesenden Fernsehfilm-Autoren, Nachrichten-Mitarbeiter, Cutter oder auch nur die zwei sympathischen älteren Herren von Eurosport gedacht haben, die nicht permanent vor der Kamera stehen, sondern sich seit Jahren teilweise im Stillen engagieren, als Reich-Ranicki sagte: „Ich finde schlimm, was wir uns über Stunden hier ansehen mussten!“. Er hat eben nicht ausgesprochen, was ein Teil der Betrachter im Verlauf der Show mehrfach dachte; da war der letztjährige Ehrenpreisträger Götz George mit seiner Bemerkung „Kinder, wir müssen zum Ende kommen!“ deutlich näher an der Wahrheit.
Genau das, und nur das, macht Reich-Ranickis Auftritt zu einem traurigen Höhepunkt in seinem Schaffen. Es ist bedauerlich, dass ein Großteil von Branche und Publikum ihm beipflichten werden, nachdem sie heute Abend die über weite Strecken spannungsarme Show im ZDF verfolgt haben. Und noch bedauerlicher ist es, dass die Stifter-Sender offenbar aus Sorge um den eigenen Ruf erwägen, diese Fehlleistung mit einer weiteren TV-Sendung für Marcel Reich-Ranicki wettzumachen.
Nachtrag:
Reich-Ranicki hat inzwischen gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ erklärt:
Ich sage ja nicht, dass alles schlecht war, was da ausgezeichnet wurde, überhaupt nicht. Aber auch die guten, vielleicht sogar sehr guten Produktionen, die einen Preis erhielten, wurden auf eine Art und Weise präsentiert, die ihre Qualität überhaupt nicht erkennen ließen. Ein Beispiel: Eric Fiedler bekam einen Preis für seine Dokumentation „Das Schweigen der Quandts“. Das soll ein guter, sehr beachtlicher Film sein. Aber man sah nur einen ganz kurzen Ausschnitt, der überhaupt nichts von dieser Qualität sichtbar machte. So ging es den ganzen Abend, und zwischendurch immer wieder Köche, nichts als Köche. Es war schrecklich.
Dem stimme ich natürlich zu. Aber sein erster Satz „Ich sage nicht, dass alles schlecht war“ fiel eben erst hinterher. Ich beziehe mich nur auf die Verleihung an sich, nicht auf nachträgliche Kommentare Reich-Ranickis! Denn die „Köche, nichts als Köche“ meine ich natürlich auch mit meiner Kritik!
Batman
1989–1990 (Sat.1). 120-tlg. US-Fantasy-Action-Serie von William Dozier nach den Comics von Bob Kane („Batman“; 1966–1968).
Bruce Wayne (Adam West) führt ein Doppelleben in Gotham City. Neben seinem Dasein als angesehener Millionär jagt er in der Maske des Batman die Verbrecher der Stadt. Mit seinem Partner Robin (Burt Ward), im wirklichen Leben der Waisenjunge Dick Grayson, bildet er das „Dynamische Duo“, dessen Zentrale das technisch perfekt ausgerüstete Batlabor ist. Ihr Dienstfahrzeug ist das Batmobil. Außer Waynes Butler Alfred (Alan Napier) kennt niemand die wahre Identität der beiden Helden. Weder Dicks Tante Harriet Cooper (Madge Blake), noch Chief O’Hara (Stafford Repp) von Gothams Polizei, noch Commissioner Gordon (Neil Hamilton), der ihre Hilfe in Anspruch nimmt. Und das obwohl seine Tochter Barbara (Yvonne Craig) ebenfalls eine zweite Identität als Batgirl hat. Jedoch weiß auch sie nicht, wer hinter Batman und Robin steckt, wie auch Batman und Robin nicht wissen, wer dieses Batgirl ist, das sie unterstützt. Gefährlichste Gegner sind der Joker (Cesar Romero), der Rätselknacker (Frank Gorshin), der Pinguin (Burgess Meredith) und Catwoman (nacheinander gespielt von Julie Newmar, Eartha Kitt und Lee Meriwether).
Batman war zwar eine Realserie, enthielt aber viele Comic-Elemente, u.a. die ständigen Einblendungen der Geräusche wie „Smash!“, „Awk!“ oder „Bang!“, wenn es zu Schlägereien kam. Erst gut 20 Jahre nach der US-Ausstrahlung lief die Serie erstmals in Deutschland. Sat.1 zeigte die halbstündigen Folgen samstags um 19.30 Uhr. Dabei erstreckten sich die meisten Handlungsstränge über zwei Folgen. Mit der Besetzung der Serie war 1966 bereits der Film „Batman hält die Welt in Atem“ gedreht worden, weitere Batman-Kinofilme entstanden ab 1989 mit neuen und wechselnden Darstellern. Die Serie wurde trotz guter Quoten eingestellt, weil die Produktion zu teuer war.
Batman enthielt im Original am Ende eine Warnung für Kinder, nicht mit ihren Sofas wegzufliegen beim Versuch, das „winged wonder“ nachzumachen.
Bauer sucht Songs
Keine Ahnung, wie Kuhbauer Michael vom Bodensee sich fühlt, wenn er im Fernsehen sieht, dass RTL Untertitel einblendet, weil der Sender das, was er spricht, nicht für deutsche Sprache hält. Aber das ist jetzt nicht der Punkt.
Viel spannender als die „Handlung“ von Bauer sucht Frau ist für einen Fernsehjunkie das unterschwellige Ratespiel. Die meisten Szenen sind mit Musik unterlegt (nur die Kracher: ABBA, Modern Talking, Klaus & Klaus), und viele der benutzten Stücke sind Titelmusiken alter Fernsehserien. Diesmal dabei:
Das hat zur Folge, dass im Kopf Szenen längst vergangener Fernsehtage ablaufen. Während im echten Fernsehen Bauern sprechen, essen, lieben oder was auch immer tun, sieht mein geistiges Auge, wie Frau Rabe am Großfamilienhaushalt verzweifelt, Mr. T. mit seinen Klunkern klimpert und Rose eine Geschichte aus St. Olaf erzählt, und plötzlich wird es doch noch ein unterhaltsamer Abend.
Vielleicht ist damit ja endlich der unglaubliche Erfolg von Bauer sucht Frau erklärt.
Baywatch — Die Rettungsschwimmer von Malibu
1990–1991 (ARD); 1992–2000 (Sat.1). 198-tlg. US-Abenteuerserie von Michael Berk, Douglas Schwartz und Gregory J. Bonann („Baywatch“; 1989–1999).
Mitch Buchannon (David Hasselhoff) leitet als Lieutenant ein Team von Rettungsschwimmern am Strand von Malibu, das sich durch ständige Ab- und Zugänge immer wieder anders zusammensetzt. Aber wer die leicht bekleideten Menschen am Strand sind, ist auch wirklich nicht der Punkt. Zu Beginn ist Captain Don Thorpe (Monte Markham) noch Mitchs Vorgesetzter; zum Team gehören Craig Pomeroy (Parker Stevenson), der mit Gina (Holly Gagnier) verheiratet ist, Eddie Kramer (Billy Warlock) und Shauni McLain (Erika Eleniak), die ein Paar werden, Jill Riley (Shawn Weatherly), die nach kurzer Zeit von einem Hai getötet wird, sowie der alte Lieutenant Ben Edwards (Richard Jaeckel). Trevor Cole (Peter Phelps) ist der Rettungsschwimmer des privaten Nachbarstrandes. Außer Buchannon ist nach einer Weile niemand mehr dabei, und das Team besteht jetzt aus Summer Quinn (Nicole Eggert), die mit ihrer Mutter Jackie (Susan Anton) nach Malibu gezogen ist, Matt Brodie (David Charvet), der Summers Freund wird, Harvey Miller (Tom McTigue), C. J. Parker (Pamela Anderson, zeitweise unter den Namen Pamela Denise Anderson und Pamela Lee im Vorspann), Lieutenant Stephanie Holden (Alexandra Paul) und Jimmy Slade (Kelly Slater). John D. Cort (John Allen Nelson), der früher schon für die Rettungsschwimmer gearbeitet hat, kommt auf seinen Reisen immer mal wieder vorbei und arbeitet dann für eine Weile am Strand. Er erblindet allmählich und muss seinen Beruf deshalb aufgeben.
Ein paar Jahre später ist das Team mit Ausnahme von Buchannon wieder komplett ausgetauscht; jetzt besteht es aus Logan Fowler (Jaason Simmons), Stephanies Schwester Caroline Holden (Yasmine Bleeth), der intriganten Neely Capshaw (Gena Lee Nolin), Cody Madison (David Chokachi), Donna Marco (Donna D’Erico), Captain Sam Thomas (Nancy Valen), J. D. Darius (Michael Bergin), Manny Gutierrez (Jose Solano), Lani MacKensie (Carmen Electra), April Giminsky (Kelly Packard), Lieutenant Taylor Walsh (Angelica Bridges), Jordan Tate (Tracy Bingham), Skylar Bergman (Marliece Andrada), Captain Alex Ryker (Mitzi Kapture) sowie Jessie Owens (Brooke Burns). Craig Pomeroy, der zu Anfang dabei war, kehrt zu Baywatch zurück.
Die Rettungsschwimmer retten Leben (am Anfang fast jeder Folge geht immer irgendwer unter), jagen Kriminelle und kümmern sich um die Probleme der Strandbesucher. In den ersten sechs Jahren sorgt zudem der Polizist Garner Ellerbee (Gregory Alan-Williams) für Recht und Ordnung am Strand. Nebenbei haben alle mit privaten Beziehungskisten und anderen kleinen und großen Sorgen zu kämpfen. Mitch wohnt als allein erziehender Vater mit seinem Sohn Hobie (Brandon Call, ab der zweiten Staffel: Jeremy Jackson) zusammen, von dessen Mutter Gayle (Wendy Malick) er getrennt lebt. Er freundet sich mit der Journalistin Kay Morgan (Pamela Bach) an, später heiratet er Neely (die dann von Jennifer Campbell gespielt wird), lässt sich aber wieder von ihr scheiden.
Nur ein weiterer Darsteller spielte neben Hasselhoff über Jahre ununterbrochen mit: Michael Newman war anfangs nur Nebendarsteller, tauchte nicht im Vorspann auf (dafür war er einfach nicht jung und attraktiv genug) und hatte nicht einmal einen Rollennamen, da er nie direkt angesprochen wurde. Erst nach langjährigem Mitwirken schaffte er es schließlich in den Vorspann, erhielt einfach seinen Nachnamen auch als Rollennamen und wurde nun als „Newman“ bzw. „Newmie“ geführt.
Zu Beginn floppte die Serie in den USA und wurde dort abgesetzt. Wegen des großen Erfolgs der ersten Staffel vor allem in Deutschland machte sich Hauptdarsteller Hasselhoff zum Produzenten und drehte eigenständig weitere Folgen. Es war das erste Mal, dass eine US-Serie ausschließlich für den Export hergestellt wurde. In den USA wurden diese Folgen per Syndication an unabhängige Fernsehsender verkauft und letztendlich auch dort zwar kein übermäßiger Erfolg, aber immerhin ein dauerhafter Programmbestandteil. Auch bei uns wechselte nach der ersten Staffel der Sender: Zeigte die ersten 22 Episoden (diese und alle weiteren je eine Stunde lang) noch die ARD jeden Donnerstag um 17.55 Uhr, liefen alle weiteren Folgen in Sat.1, zunächst sonntags um 17.30 Uhr, dann am Samstagnachmittag und später werktäglich um 16.00 Uhr.
Für Aufmerksamkeit – und damit großen Erfolg – sorgten sicherlich nicht die (recht dünnen) Handlungsfäden, sondern eher die (ebenfalls recht dünnen) Badeanzüge und -hosen, in denen die vielen jungen Darsteller ihre makellosen Körper oft minutenlang videoclipartig in Zeitlupe zu lauter Musik vorführten, ohne dabei auch nur ein einziges Wort sprechen zu müssen. Zusammen machten diese Passagen in vielen Folgen die Hälfte der Sendezeit aus. Playmate Pamela Anderson wurde durch die Serie ein Star.
Der Titelsong war in der ersten Staffel „Save Me“ von Peter Cetera, ab der zweiten Staffel „I’m Always Here“ von Jim Jamison. Der Song während des Abspanns variierte und wurde meist von Hasselhoff selbst gesungen. Die Hauptdarsteller Hasselhoff und Alan-Williams spielten auch gemeinsam im Baywatch-Ableger Baywatch Nights. Baywatch selbst wurde nach den ersten Anlaufschwierigkeiten schließlich in mehr als 140 Ländern ausgestrahlt, hatte mehr als eine Milliarde Zuschauer jede Woche und war damit die erfolgreichste Fernsehserie der Welt. Nach zehn Jahren verlegte Produzent Hasselhoff den Drehort von Kalifornien nach Hawaii. Das änderte den Inhalt praktisch nicht und den Sendetitel in Baywatch Hawaii.
Von einem 2004 für 2006 angekündigten Baywatch-Kinofilm hat man bisher nie wieder etwas gehört.
Baywatch Nights
1996–1998 (Sat.1). 44-tlg. US-Krimiserie („Baywatch Nights“; 1995–1997).
Der Rettungsschwimmer Mitch Buchannon (David Hasselhoff) arbeitet nebenbei als Privatdetektiv in einer Detektei über dem Beach-Club „Nights“ von Lou Raymond (Lou Rawls). Der Strandpolizist Garner Ellerbee (Gregory Alan-Williams) unterstützt Mitch, ihr gemeinsamer Boss ist Ryan McBride (Angie Harmon), Destiny (Lisa Stahl) ihre Sekretärin. Später kommen als neue Kollegen Griff Walker (Eddie Cibrian), Donna Marco (Donna D’Errico) und Diamont Teague (Dorian Gregory) dazu.
Ableger der Erfolgsserie Baywatch, in der Hasselhoff, Alan-Williams und D’Errico die gleichen Rollen spielten. Mit Beginn der zweiten Staffel wurde das Format Richtung Mysteryserie geändert, und die behandelten Fälle befassten sich teilweise mit unerklärlichen Phänomenen oder Außerirdischen.
Sat.1 zeigte die einstündigen Folgen auf den Baywatch-Sendeplätzen.
Beat-Club
1965—1972 (ARD). Popmusikshow mit Uschi Nerke und Live-Auftritten angesagter Bands.
Es begann mit einer Warnung und einer Entschuldigung: Der damalige Hörfunksprecher Wilhelm Wieben, 30 Jahre jung, aber korrekt im Anzug mit Krawatte, sagte an: „Guten Tag, liebe Beat-Freunde. Nun ist es endlich so weit. In wenigen Sekunden beginnt die erste Show im Deutschen Fernsehen, die nur für euch gemacht ist. Sie aber, meine Damen und Herren, die Sie Beat-Musik nicht mögen, bitten wir um Ihr Verständnis: Es ist eine Live-Sendung mit jungen Leuten für junge Leute. “
Die Show lief einmal im Monat am Samstagnachmittag, war eine halbe Stunde lang und wurde vor 500 Live-Zuschauern aus einem Garagenstudio in Bremen gesendet, das mitten in einem Wohngebiet lag. Dies brachte der Show Ärger mit lärmbelästigten Nachbarn ein, die die Polizei riefen. In den ersten Monaten fingen Nerke und Regisseur Michael Leckebusch noch tourende Bands ab, hauptsächlich Gruppen aus Großbritannien, und zerrten sie in ihre Sendung. Vor allem beim jungen Publikum schlug die Sendung sofort ein, und der Erfolg sprach sich herum, so dass nun auch große Stars in die kleine Garage kamen, darunter Joe Cocker, die Rolling Stones, die Hollies, The Who oder Dave Dee, Dozy, Beaky, Mick & Tich. Nerke, die zu Beginn der Reihe 21 Jahre alt war und noch studierte, hatte bereits Schlager gesungen und setzte nun mit ihrer Kleidung einen modischen Trend: High Heels und Miniröcke wurden in ganz Deutschland populär. Ab Herbst 1968 wurde die Sendezeit wegen des großen Erfolgs auf eine Stunde verdoppelt, zur Musik kamen Beiträge und Umfragen zu aktuellen Themen. Die Jugendredaktion des WDR beteiligte sich ab jetzt an der Sendung von Radio Bremen. Ab 1970 kam die zur Musik passende poppige Optik endlich in vollem Ausmaß zur Geltung, da seitdem in Farbe gesendet wurde.
Vorbild der Show war das britische Format „Ready, Steady, Go!“. Das deutsche Konzept hatte Leckebusch mit Gerd Augustin entwickelt, damals Discjockey im Bremer Twen-Club. Augustin war in den ersten sieben Sendungen Co-Moderator von Uschi Nerke. Auch später hatte sie häufig erfahrene Männer an ihrer Seite: Dave Lee Travis, damals beim Piratensender „Radio Caroline“ und später bei der BBC, Dave Dee von Dave Dee, Dozy, Beaky, Mick & Tich sowie den BFBS-Moderator Eddie Vickers.
Titelmusik war zunächst „Rinky Dink“ von Sounds Incorporated, ab 1968 „A Touch Of Velvet, A Sting Of Brass“ von Mood Mosaic. Zusätzlich zu den regulären Ausgaben wurden Specials gesendet, die sich jeweils mit nur einer Band oder einem Star befassten. Nachfolgesendung wurde der Musikladen.
Beauty Queen
2004 (RTL). 4-tlg. dt. Arztserie von Natalie Scharf, Regie: Jorgo Papavassiliou.
Oskar Seeberg (Jochen Horst) ist ein idealistischer Familienvater und Schönheitschirurg. Sein Bruder Mark (Carsten Spengemann) ist ein opportunistischer Draufgänger und ebenfalls Schönheitschirurg. Die ungleichen Brüder betreiben eine gemeinsame Privatklinik am Bodensee. Im Berufsalltag prallen ihre Vorstellungen ständig aufeinander, denn Oskar geht es um die Patienten und Mark nur ums Geld. Schwester Emily (Barbara Lanz) unterstützt die Ärzte im OP. Oskar ist mit Katja (Ulrike Knospe) verheiratet und hat zwei Kinder, die 17-jährige Jeanette (Zoe Weiland) und den 15-jährigen Julian (Marc Bennert). In der Ehe kriselt es, und zwischen Oskar und Laura Jäger (Marion Mitterhammer) beginnt es zu knistern.
Dreiste Kopie der US-Serie Nip/Tuck, die noch vor dem Original in Deutschland startete. RTL hatte es schneller geschafft, die Serie nachzudrehen als Pro Sieben, die US-Version lediglich synchronisiert zur Ausstrahlung zu bringen. Der Schnellschuss zahlte sich jedoch nicht aus: Trotz massiven Einsatzes von Sexszenen mit Spengemann und tiefen Einblicken in offene Wunden und blutige Nasen schalteten nur wenige Zuschauer ein.
Die einstündigen Folgen liefen dienstags um 20.15 Uhr. Den Titelsong „Change“ sang Sarah Connor.
Becker
2001–2004 (Sat.1). 107-tlg. US-Sitcom von Dave Hackel („Becker“; 1998–2004).
Der Arzt Dr. John Becker (Ted Danson) ist ein ewiger Nörgler und Miesmacher, der nie lacht, schnell wütend wird und immer nur das Negative in Dingen sieht. Er freut sich nur dann, wenn er anderen anhand praktischer Beispiele beweisen kann, dass die Welt tatsächlich schlecht ist. Unter ihm leiden Margaret Wyborn (Hattie Winston), die Krankenschwester in Beckers Praxis, und Sprechstundenhilfe Linda (Shawnee Smith), außerdem Reggie Kostas (Terry Farrell), die Besitzerin von Beckers Stammlokal, der blinde Stammgast Jake Malinak (Alex Désert) und die Nervensäge Bob Benito (Saverio Guerra).
Insgeheim ist Becker jedoch ein guter Mensch, der alles für seine Patienten tut, doch das würde er sich niemals anmerken lassen. Er ist zweimal geschieden, denn ebenso wenig wie andere Menschen mit ihm hält er es mit ihnen aus („Man muss sich so viele unnütze Dinge merken: die Namen ihrer Eltern, die Farbe ihrer Augen, was sie beruflich macht …“). Irgendwie knistert es aber zwischen ihm und Reggie. Reggie gesteht sich und ihm am Ende der vierten Staffel ihre Liebe ein und verlässt Hals über Kopf die Stadt, denn Becker ist inzwischen mit seiner neuen Nachbarin Chris Conner (Nancy Travis) zusammen, die nun auch das Lokal übernimmt. Widerwillig lässt sich Becker auf eine Beziehung ein und stellt die nötigen Regeln auf: „Bitte mich niemals, dich zum Flughafen zu fahren. Dafür sind Taxis da. Verlange nie, dass ich dir eine Tür aufhalten soll. Du hast zwei Arme. Benutze sie.“
Beckers köstlich-komische Schimpftiraden liefen werktags nach Mitternacht. Die fünfte Staffel der eigentlich 129-teiligen Serie übersprang Sat.1 und sendete nach der vierten gleich die sechste. Wenige Wochen zuvor hatte Sat.1 bereits die vorletzte Staffel von Frasier übersprungen und stattdessen gleich die letzte gezeigt. Das hatte sich also offensichtlich bewährt.
Beckmann
Seit 1999 (ARD). Wöchentliche Talkshow mit Reinhold Beckmann, der mit meist prominenten Gästen über ihr Privatleben spricht.
Beckmann war, wie kurz zuvor Johannes B. Kerner, für viel Geld vom privaten ins öffentlich-rechtliche Fernsehen zurückgekauft worden und durfte dafür, wie Kerner, nicht nur große Shows moderieren, sondern auch eine wöchentliche Gesprächsrunde. Seine Talkshow unterschied sich von anderen anfangs nur durch die größere Zahl von Sportlern unter den Gästen, die er noch von früher her duzte, durch die stilisierte Hamburger Speicherstadt im Hintergrund und durch die geringere Zuschauerzahl. Wie Boulevard Bio sollte ein vages Oberthema eine Klammer bilden für die in der Regel drei Gesprächspartner, die sonst nichts miteinander gemein hatten. Thema der ersten Sendung war „Süchtig nach Erfolg“, zu Gast waren Fußballer Oliver Bierhoff, Sänger Matthias Reim und Model Nadja Auermann.
Zu ihrer eigenen Form fand die Sendung erst, als sie nach fast zwei Jahren auf Studiopublikum und Thema verzichtete. Beckmann empfing seine Gäste nun an einer Art großem Küchentisch, schaute ihnen in scheinbar intimer Atmosphäre tief in die Augen und die Seele und entlockte ihnen, viel Verständnis simulierend, privateste Dinge. Beckmann wurde, wie die „Frankfurter Rundschau“ schrieb, zum Jürgen Fliege für Prominente. Das machte ihn in den Augen vieler Kritiker zwar noch hassenswerter, die Sendung aber in sich stimmig und erfolgreich. Auch hochrangige Politiker wie Gerhard Schröder und Angela Merkel ließen sich von Beckmann interviewen. Gern lud Beckmann auch Gäste ein wie den zwölfjährigen Jungen, der bei einem amerikanischen Angriff auf Bagdad schwerste Verletzungen erlitten und beide Arme verloren hatte. Von besonderer Absurdität war ein Gespräch im Sommer 2004 mit Torhüter Oliver Kahn, der ankündigte, nichts mehr über sein Privatleben erzählen zu wollen, während Beckmann immer wieder nachfragte, was im Detail er denn nicht mehr verraten wolle.
Die Sendung läuft montags um 23.00 Uhr und dauerte zunächst eine Stunde, 2004 wurde sie um eine Viertelstunde verlängert und 2006 um eine solche vorverlegt. Für eine Sendung, in der der Radrennfahrer Bert Dietz zugab, gedopt zu haben, erhielt Reinhold Beckmann den Deutschen Fernsehpreis 2007 als bester Moderator einer Informationssendung.
Bei Margarethe unterm Dach
Eigentlich sah schon ihr Studio, aus dem sie Schreinemakers live sendete, so aus, als hätte sie es im Hobbyraum einer Doppelhaushälfte ungebracht: mit dieser billigen Pappdekoration und den eineinhalb Zuschauerreihen. Jetzt sendet Margarethe Schreinemakers tatsächlich aus dem Dachgeschoss ihres Hauses in Belgien, und im Vergleich zu ihrer Sat.1-Show damals, die immerhin zu den erfolgreichsten Sendungen des deutschen Privatfernsehens gehörte, wirkt diese selbstgestrickte Variante, die im Internet und auf 9live zu sehen ist, erstaunlicherweise auch nicht billiger.
Es ist, als wäre sie nie weggewesen: die Stimme, der betroffene Blick, die nie unpeinlichen Outfits – und vor allem die Gespräche. Marijke Amado ist zu Gast und erzählt noch einmal von ihrem „Abo darauf, den falschen Mann zu haben“. Ein Buch hat sie sogar darüber geschrieben, auch als Warnung für andere, und Margarethe Schreinemakers sagt: „Das ist nicht das Buch, wo man sagt, das ist hohe Literatur, aber es ist echt.“ Einen Psychologen hat sie sich eingeladen, der Beziehungstipps geben soll. Ein kurzer Film hatte in die komplexe Materie mit dem Satz eingeführt: „Paare sind einfach zu unterschiedlich, weil sie Männer und Frauen sind.“ Zu dem älteren Taxifahrer, der angeblich anruft, weil er dauernd diese tollen Frauen im Rückspiegel sieht, während seine Ehefrau nur Blumen-Ikebana macht, fällt der versammelten Kompetenz im Studio nicht viel ein. Aber für die Frau, die schildert, wie aus ihrer Beziehung die Lust raus ist, dass sie mit ihrem Mann kaum noch etwas unternimmt, seit die Kinder da sind, nehmen sie sich viel Zeit. Nicht einmal halbkonkrete Tipps bekommt sie mit auf den Weg, aber stattdessen zum Schluss den Schreinemaker-Satz: „Ich finde es unwahrscheinlich intensiv, was Sie hier schildern, und unglaublich gelebt.“
Frank, 32, ist der Single der Woche: „Er möchte von Ihnen, meine Damen, gefunden werden.“ Und alle plaudern darüber, wie toll das ist, dass man auf schreinemakers.de jetzt seine eigenen Videos hochladen kann, wenn man Hilfe sucht, Freunde oder Partner — schon weil man mit Fotos ja immer tricksen kann, aber bei bewegten Bildern sofort einen richtig guten Eindruck bekommt. Marijke Amado äußert zwar eine gewisse Grundskepsis gegenüber dem Gedanken, Beziehungen übers Internet anzubahnen, aber gerade sie ist ja der beste Beweis, dass es ohne Internet auch gerne schiefgeht.
Nächste Woche geht es dann darum, wie man sich am besten trennt, und bis dahin kann man versuchen herauszufinden, wie man dieses aufwendige Telefonsystem nutzt, mit dem man (für immerhin nur 14 Cent pro Minute) sich zu merkwürdigen Experten durchstellen lassen und mit Unbekannten über irgendwas reden kann, und vor allem: warum. „Rufen Sie an zu allen Fragen, die Sie haben“, sagt Margarethe.
Ich war fest entschlossen, das grauenvoll zu finden, bereit, es in Bausch und Bogen zu verdammen, schon wegen des Senders, auf dem das läuft, und dem etwas irren Anspruch, als erster in Deutschland verstanden zu haben, wie man Internetfernsehen machen muss — nur: schlimmer als das, was sonst so in diesem Genre läuft im Fernsehen, nur mit viel mehr Aufwand produziert, war das auch nicht. Und dafür kann Frau Schreinemakers machen, was sie immer schon gemacht hat, nur schön von zuhause. Beneidenswert.
Schreinemakers 01805 100 232, freitags, 18.45 Uhr auf 9live — und immer im Internet: schreinemakers.de.
Fotos: 9live