Arabella
1994-2004 (ProSieben). Tägliche einstündige Nachmittags-Talkshow.
Arabella Kiesbauer gehörte zu den ersten, die nachmittags talkten. Das Konzept war dem von Hans Meiser und Ilona Christen ähnlich, die Themen waren allerdings auf ein jüngeres Publikum ausgerichtet; auch mit rasanten Wackelkamerafahrten setzte sich Arabella von den bedächtigeren Konkurrenten ab. Thema der ersten Sendung war: „Fremdgehen – Lust oder Laster?“ Die zu Beginn 28 Jahre alte Österreicherin hatte zuvor das ORF-Magazin „X Large“ moderiert, das in Deutschland auf 3sat zu sehen war.
Eigentlich sollte ihre Pro-Sieben-Show bereits im April starten, doch wegen einer Erkrankung – die Talkerin hatte wegen einer „linksseitigen Stimmbandlähmung“ ausgerechnet ihre Stimme verloren – schickte der Sender kurzfristig Lindenau ins Rennen. Während der Ersatz floppte, entwickelte sich Arabella zum Erfolg. Vor allem das anvisierte junge Publikum liebte die Show.
Für Diskussionen sorgte, dass der Sender um die 25 Drohbriefe veröffentlichte, die die Moderatorin angeblich wegen ihrer Hautfarbe erhalten habe. „Deutschlands erste farbige Moderatorin“ werde von Rassisten bedroht, verkündete Pro Sieben, was viele, auch farbige Kollegen, für Teil einer Marketingkampagne hielten. Im Juni 1995 bekam Kiesbauer eine Briefbombe ins Studio geschickt, die eine Assistentin leicht verletzte. Eine rechtsradikale österreichische Organisation bekannte sich zu dem Anschlag.
Inhaltlich entwickelte Arabella sich zeitweise zur Krawallshow, in der sich Streitende anbrüllen oder ihrem Gegenüber schockierende Neuigkeiten offenbaren durften. Als die Talkshows im Rahmen der „Schmuddeldebatte“ 1998 ins Visier der Medienöffentlichkeit und aufsicht gerieten, setzte der Sender mehrere Ausgaben kurzfristig ab, darunter „Selbstbefriedigung – warum schläfst du nicht mit mir“ und „Schafft die Huren ab“. Bei einigen Sendungen wurden nur die Titel entschärft: Aus „Ich schäme mich für meinen Busen“ wurde „Meine Formen sind zu weiblich“, und die These „Schwangere sind hässlich“ wandelte sich auf wundersame Weise zu: „Schwanger sein macht schön“. Der harmlose „Alptraum Friseur“ hatte den Originaltitel „Du bist doch bloß ’ne Friseuse!“. Im Juli 1999 ließ Arabella über das Genre selbst diskutieren. Dabei sagte Torsten Rossmann als Sprecher von Pro Sieben: „Wir haben Folgen ausgestrahlt, die wir heute nicht mehr ausstrahlen würden. Haben Sachen gezeigt, die im Nachmittagsprogramm nichts zu suchen haben.“ Aber auch danach gab es noch interessante Themen, so etwa am 31. Januar 2000: „Dein Partner ist das Letzte – sieh es endlich ein!“
Als der Daily-Talk-Boom Anfang des neuen Jahrtausends abflachte und die meisten entsprechenden Sendungen aus dem Programm flogen, sanken zwar auch Arabellas Quoten, doch sie konnte sich halten. Ende 2002, vor den Verhandlungen um eine Vertragsverlängerung, gab es jedoch heftige Diskussionen um das zukünftige Konzept. Kiesbauer weigerte sich, ihre Gäste von Laienschauspielern darstellen zu lassen, wie es in den aufkommenden Gerichtsshows und in der Schlussphase des Pro-Sieben-Talks Nicole – Entscheidung am Nachmittag der Fall war.
Zeitweise verwandelte sie ihre Talkshow stattdessen wochenlang in eine Beziehungsshow, in der junge Paare ihre Liebe testeten, indem beide mit je einem anderen Menschen ausgingen und sich hinterher für „alte Liebe“ oder „neue Liebe“ entscheiden mussten. Diese Idee hatte sie einer eigenständigen Sendung aus den USA entnommen.
Im Frühjahr 2003 lief innerhalb der Sendung die Doku-Soap „Die Abschlussklasse 2003“ mit 80 Folgen, die jeweils die Hälfte der Sendezeit einnahmen. Im Zuge des Reality-Booms verhalf diese Doku-Soap zweier Schüler, die ihren Klassenalltag mit Videokameras filmten, der Talkshow zu einem Anstieg der Einschaltquote. Arabella habe zuvor einige Szenen aus dem Projekt zu sehen bekommen, hieß es. Für sie „stand sofort fest: Den Film muss ich in meiner Sendung zeigen“. Dass – entgegen früherer Beteuerungen – die Szenen in dem angeblich echten Projekt nachgestellt waren, kam erst später heraus.
Am 1. September 2003 begann eine neue Staffel, die „Die Abschlussklasse 2004“ begleitete – jetzt auf ein ganzes Schuljahr ausgedehnt. Auch nachdem diese einen eigenen Sendeplatz erhalten hatte, bekam Arabella nicht ihre volle Sendezeit zurück, sondern moderierte in der ersten halben Stunde Das Geständnis, ein so genanntes Plug-in mit erfundenen Geschichten und Laiendarstellern. Der Kandidat, der ein meist irgendwie sexuelles Geständnis zu machen hatte, verbarg sich immer hinter einer Schattenwand, die nur seinen Umriss zeigte.
Ebenso wie die Abschlussklassen hatte Das Geständnis regelmäßig bessere Quoten als die eigentliche Talkshow, so dass Pro Sieben sie zum zehnjährigen Jubiläum absetzte. Arabella hatte eigentlich ab Herbst das auf eine Stunde ausgedehnte Geständnis moderieren sollen, ihr Unbehagen an dem Trend zu erfundenen und immer extremeren Geschichten aber öffentlich gemacht. Pro Sieben trennte sich daraufhin im Streit vollständig von seinem bekanntesten Gesicht, das ironischerweise gerade vorher noch aus einer Umfrage als glaubwürdigste Moderatorin hervorgegangen war.
Bis zum 6. August 2004 liefen auf dem täglichen Sendeplatz noch Wiederholungen. Eine kurzlebige Spätabendvariante hieß Arabella Night
ARD-Morgenmagazin
Seit 1992 (ARD). Tägliches Frühstücksfernsehen von 5.30 bis 9.00 Uhr mit Nachrichten, Interviews und Service, das im wöchentlichen Wechsel mit dem ZDF-Morgenmagazin in beiden Programmen ausgestrahlt wird.
Harald Schmidt empfahl folgendes Merkmal zur Erkennung, welcher Sender an der Reihe ist: „Beim ARD-Morgenmagazin sehen die Moderatoren immer genauso müde aus wie die Menschen, die ihnen zu dieser Zeit zuschauen.“ Moderatoren waren Julitta Münch, Jürgen Drensek, Judith Schulte-Loh, Sven Kuntze, Inka Schneider, Peter Schreiber, Elke Bröder und Gert Scobel. Das aktuelle Moderatorenduo besteht aus Anne Gesthuysen und Sven Alexander Lorig.
Verantwortlich ist, im Unterschied zur Tagesschau-Familie, der WDR. Vorläufer der Sendung war das Frühstücksfernsehen, das die ARD gemeinsam mit dem ZDF 1991 während des Golfkriegs realisierte.
Arnie
1972-1973 (ARD). 13-tlg. US-Sitcom („Arnie“; 1970-1972).
Plötzlich und unerwartet wird der Vorarbeiter Arnie Nuvo (Herschel Bernardi) auf einen Direktorenposten befördert. Aus seinem bisherigen Kollegenkreis hat er nun nur noch zu Julius (Tom Pedi) Kontakt, ansonsten arbeitet er jetzt mit den anderen Chefs des Unternehmens zusammen: Hamilton Majors Jr. (Roger Bowen), Neil Ogilvie (Herb Voland) und Fred Springer (Olan Soule). Die beruflichen Aufgaben sind neu, doch auch die gesellschaftliche Umstellung fällt Arnie, seiner Frau Lillian (Sue Anne Langdon) und den Kindern Andrea (Stephanie Steele) und Richard (Del Russell), beide Teenager, nicht leicht. Arnie wusste, worüber er mit seinen alten Kumpels reden sollte, doch wie verhält er sich, wenn der Chef zum Pokerabend lädt?
Die halbstündigen Folgen liefen im regionalen Vorabendprogramm.
Arsène Lupin
1971-1975 (ARD). „Der Gentleman-Gauner“. 26-tlg. frz. Gaunerserie nach den Romanen von Maurice Leblanc („Arsène Lupin“; 1971-1974).
Arsène Lupin (Georges Descrières) ist ein wohlerzogener, vornehmer Mensch mit einem großen Interesse an Kunst. Er ist ein guter Detektiv, aber hauptberuflich ist er Dieb und Einbrecher. Ebenfalls ein sehr guter, auch dank seiner besonderen Verwandlungsfähigkeit. Seine rechte Hand und sein treuer Komplize Grognard (Yvon Bouchard) und die schöne Natascha (Marthe Keller) sind an seiner Seite. In immer neuen Verkleidungen foppt Lupin seinen Dauerfeind Guerchard (Roger Carel) von der Polizei und lässt sich einfach nicht schnappen. Vorwiegend hält er sich in gehobenen Kreisen auf, und hier findet er zugleich seine liebsten Opfer. Indem er sie beraubt, bereinigt er die Gesellschaft von ihrem Ungleichgewicht zwischen Arm und Reich, gleichzeitig entlarvt er Betrug und Korruption unter den Reichen. Er bleibt jedoch stets nobel und wendet niemals Gewalt an.
Schon seit 1907 trieb der Meisterdieb in Romanen seinen Schabernack, neun Jahre später entstand die erste von etlichen Verfilmungen fürs Kino. Die Episoden dieser ersten Fernsehfassung waren eine knappe Stunde lang und liefen im regionalen Vorabendprogramm. Es entstanden später weitere Serien unter demselben Titel bzw. als Die Abenteuer des Arsène Lupin.
Arsène Lupin
1993. 12-tlg. frz. Gaunerserie nach den Romanen von Maurice Leblanc („Le retour d’Arsène Lupin“; 1989-1990). Neuauflage der gleichnamigen Vorabendserie, die die ARD 20 Jahre zuvor gezeigt hatte.
Der vornehme Meisterdieb Arsène Lupin (François Dunoyer) und Komplize Grognard (Eric Franklin) lassen sich diesmal von Inspektor Ganimard (Paul Le Person) jagen, aber wieder nicht fangen.
Die knapp einstündigen Folgen liefen im Vorabendprogramm. Vox zeigte später unter dem Titel Die Abenteuer des Arsène Lupin neue Folgen in Spielfilmlänge mit fast gleicher Besetzung.
Ärztlicher Kunstfehler
Deutsche und amerikanische Medien berichten seit gestern über die Zukunft der Serie Dr. House. Merkwürdigerweise berichten die Einen ungefähr das Gegenteil der Anderen.
Viele deutsche Medien verkünden das Ende der Serie: Nach dem Ende der Staffel im Sommer wolle Hugh Laurie aussteigen, steht dann da, manchmal immerhin mit einem „angeblich“ oder einem Fragezeichen. „Bild“, „Welt“, dpa, „BZ“, n-tv etc. berufen sich dabei allesamt auf den britischen Daily Mirror, der sich wiederum auf ein Interview Hugh Lauries mit der britischen Programmzeitschrift „Radio Times“ beruft.
Amerikanische Medien berichten stattdessen:
„ ‚House‘ kehrt zu Fox zurück“ (Variety).
„Eine weitere Staffel von ‚House‘ bei Fox“ (New York Times).
„ ‚House‘ für achte Staffel verlängert“ (CNN).
„ ‚House‘ bestätigt für achte Staffel“ (Entertainment Weekly).
Also was nun?
Es geht natürlich erst mal weiter. Zwar hatte es bis gestern keine Einigung darüber gegeben, welche Summe der ausstrahlende Sender Fox zukünftig pro Folge an das Produktionsstudio NBC Universal zahlen würde, und auch mehrere Schauspieler hatten keine Verträge mehr für die nächste Staffel (das betraf allerdings nicht Hugh Laurie). Dennoch bestand nie ein ernster Zweifel, dass die Serie auch über diesen Sommer hinaus fortgesetzt würde, weil die Firma NBC Universal, falls sie sich nicht mit Fox geeinigt hätte, das Recht gehabt hätte, weitere Staffeln der Serie für einen anderen Sender zu produzieren, zum Beispiel das hauseigene NBC. Gestern kam man nun doch zu einer Einigung, und mittlerweile wurden auch die Verträge mit den Schauspielern verlängert. Hugh Lauries Vertrag lief ohnehin schon bis zum Ende der achten Staffel (Bill Carter von der New York Times sagt sogar bis zum Ende der neunten).
Diese achte Staffel ist es auch, die in mehreren Meldungen deutscher Medien auftaucht, angeblich im Sommer endet und mit ihr die Serie. Das ist aber Quatsch. Die Dreharbeiten für diese achte Staffel beginnen erst im Sommer, gesendet wird ab Herbst bis zum kommenden Frühjahr in den USA, und RTL, das gerade erst mit der siebten Staffel begonnen hat, wird wahrscheinlich einen Weg finden, das Ende der achten Staffel durch eingeschobene Pausen und Wiederholungen bis Sommer 2015 hinauszuzögern.
Das Hugh-Laurie-Zitat aus der „Radio Times“, auf dem die Falschmeldungen basieren, ist dieses: „The end of that season, right now looks like the end of the show. Well, that’s as far as they’ve got me for.“ Das Ende der achten Staffel sehe im Moment wie das Ende der Serie aus, so Laurie. Im Moment. Ein Jahr vorher. Und der letzte Satz bedeutet nicht mehr, als dass er so lange unter Vertrag steht.
Dass Verträge mit Schauspielern immer nur über einen bestimmten Zeitraum gemacht werden, ist normal. Und es ist nicht das erste Mal, dass Lauries Vertrag für die Rolle als Dr. House ausläuft. Bisher wurde immer verlängert. Trotzdem wäre ein Ende nach der achten Staffel keine Überraschung. Die Quoten sind auch in den USA rückläufig, und währenddessen werden Serien im Alter normalerweise eher teurer als billiger und rechnen sich damit irgendwann nicht mehr. Nach acht Staffeln kann man eine langjährige Erfolgsserie würdig beenden.
Das steht aber noch nicht fest. Und das vielfach vermeldete Ende in diesem Sommer ist ohnehin Blödsinn.
Astrid Lindgrens Pippi Langstrumpf
1999 (ZDF). 26-tlg. dt.-schwed.-kanad. Zeichentrickserie nach den Kinderbüchern von Astrid Lindgren („Pippi Longstocking“; 1997–1998).
Generationen von Kindern hatten die Bücher gelesen und die Originalserie Pippi Langstrumpf gesehen, jetzt erlebten Pippi, Tommy und Annika ihre Abenteuer rund um die Villa Kunterbunt erstmals in gezeichneter Form im Vormittagsprogramm.
Attentat auf George W. Bush (nur im Film)
Dass wir hier nur selten Filme besprechen, hängt in erster Linie damit zusammen, dass wir neben den ganzen Serien und Shows nicht auch noch Filme gucken können. Irgendwann müssen wir ja mal mit dem Bier Gassi gehen.
Heute aber: Tod des Präsidenten. George W. Bush wird darin erschossen.
Auf den ersten Blick mag es verwunderlich sein, dass ein Film solch reißerischen Inhalts, angesichts Bushs Unbeliebtheit auch und vor allem in Deutschland, nicht zur besten Sendezeit im Ersten kommt. Auf den zweiten und dritten Blick fällt dann aber auf, dass niemals interessante Filme zu guten Sendezeiten im Ersten laufen, sondern Das Musikhotel am Wolfgangsee mit Patrick Lindner, Mike Krüger und Karl Moik, und dass Tod des Präsidenten gar kein spannender, mitreißender Thriller ist, sondern ein erschreckend realistisch wirkende politische Dokumentation. Nur eben über ein Ereignis, das nicht stattgefunden hat. Die Ermordung George W. Bushs im Oktober 2007 wird nicht von Schauspielern gespielt, sondern überwiegend anhand authentischer Bilder dargestellt, die lediglich in einen neuen Zusammenhang gebracht wurden. Die Rede, die Bush vor dem Attentat hält, hat er tatsächlich irgendwann mal gehalten. Dass er von Schüssen getroffen zu Boden sinkt, sieht man eh nicht genau, das geht im Tumult unter. Die Grabrede, die Dick Cheney auf Bush hält, war in Wirklichkeit seine Rede bei der Beerdigung Ronald Reagans. Zwischendurch gibt es sehr, sehr viele Interviewausschnitte, durch deren Aussagen die eigentliche Handlung geschildert wird: Der verantwortliche Secret-Service-Chef, die Redenschreiberin des Präsidenten, usw, und diese Menschen sind dann doch Schauspieler. Besonders beunruhigend am gezeigten Szenario ist die damit verbundene Vorstellung der Folgen. In zwei Worten: Präsident Cheney. Die „Schockumentation“ befasst sich zwar auch mit der Suche nach Bushs Mörder, aber vor allem damit, wie Cheney nun endlich ungebremst seine politischen Vorstellungen durchsetzen kann und alles noch viel schlimmer wird: Rechte der Einzelnen werden noch mehr als bisher beschnitten, Kontrolle des Privaten verschärft, und dem „Täter“ wird der Prozess gemacht, weil er zwar unschuldig, aber Muslim ist. Das ist alles sehr inhaltlich, und das ist dann die Erklärung, warum der Film niemals für Das Erste um 20.15 Uhr infrage kommt, sondern nur für das Spätprogramm im Dritten.
„Death of a President“ ist ein bemerkenswerter Film des britischen Privatsenders Channel 4. In den USA wurde er noch nicht gezeigt, soll dort aber nach dem Ende von George W. Bushs Amtszeit im Januar in ausgewählten Kinos laufen. Der Film gewann den Preis der Internationalen Filmkritik beim Toronto Filmfestival 2006, wurde bei der letzten Internationalen Emmy-Verleihung als bester Fernsehfilm ausgezeichnet und kommt heute im deutschen Fernsehen.
Tod des Präsidenten, Montag um 23.15 Uhr im WDR.
Auch du, mein alter Sack Brutus
Über Römer wusste ich bisher, dass sie spinnen, ihre Stadt zwar nicht an einem Tag erbaut wurde, aber alle Wege dorthin führen, sie einen ständigen Vertreter in Frankfurt und einen berühmten Topf haben und dass es früher dort warm genug war, dass alle das ganze Jahr in Sandalen rumrennen konnten. Das ist doch schon eine ganze Menge. Was soll mir die neue RTL2-Serie Rom also noch beibringen?
Nun, zum einen, dass sich auch im alten Rom zufällig genau all die Dinge ereignet haben, mit denen klassischerweise Fernsehserien gefüllt werden: Beziehungsdramen, Intrigen, Sex, Gewalt und Witze. Man sprach schon so ähnlich wie heute („Brutus, alter Sack!“), kleidete sich aber noch nackter. Die Gebäude wirkten noch nicht so stabil, andererseits stehen einige davon heute noch. Und im italienischen Parlament scheint sich nicht viel geändert zu haben.
Die Serie, von der überall zu lesen ist, sie sei die teuerste Fernsehproduktion in der Geschichte des US-Hochglanzsenders HBO, beginnt etwas zu brutal und etwas zu unübersichtlich. Zwar tragen die meisten Handelnden prominente Namen (Caesar, Cicero, Pompeius, Marc Anton), doch treten zu viele in zu kurzer Zeit auf, um sich gleich jeden merken zu können. Auch habe ich zunächst den Eindruck, eine willkürliche Anhäufung zusammenhangloser, altrömisch wirkender Augenblicke sei alles, womit Sendezeit gefüllt würde.
Doch allmählich kristallisieren sich konkrete Handlungsstränge und die Hauptfiguren heraus, und es ergeben sich einige schöne Szenen, die selbst für Menschen wie mich, die mit dem Sandalenfilm als solchem wenig anfangen können, einen Unterhaltungswert haben. Die alten Sandalenrömer wirken plötzlich im Umgang miteinander so neuzeitlich lebensnah, ihre Unterhaltungen so nachvollziehbar normal.
Die erste Folge birgt eine verpasste Chance, als Caesar sagt, er sei mit seiner Weisheit am Ende. Wäre es nicht viel lustiger, er wäre mit seinem Latein am Ende?
Dennoch: Es menschelt in der Lebensgeschichte des Julius Caesar, die einer der Handlungsstränge ist, die sich über die zwölf Folgen der ersten Staffel erstrecken. RTL2 zeigt ab heute jeden Sonntag zwei davon. Da ich niemandem die Spannung nehmen möchte, weil sich Jochen sonst wieder beklagt, behalte ich für mich, wie es mit Julius Caesar weiterging.
Rom, sonntags ab 20.15 Uhr bei RTL2 (jeweils zwei Folgen)
Auf Achse
1980–1996 (ARD). 86-tlg. dt. Abenteuerserie von Georg Feil.
„Franz Meersdonk. Günther Willers. Und ihre Maschinen. 320 PS. Sie fahren Terminfracht in aller Herren Länder. Auf sie ist Verlass.“
Der Trucker Franz Meersdonk (Manfred Krug) ist ein herzensguter Brummbär, an dessen dickköpfige Art sich seine Mitmenschen immer erst gewöhnen müssen. Doch so stur er ist, so pflichtbewusst ist er auch. Zusammen mit seinem Partner, dem Hitzkopf Günther Willers (Rüdiger Kirschstein), der gern Rennfahrer geworden wäre, fährt er längere Touren. Sie brettern samt Fracht durch ganz Europa, bis nach Afrika und Asien und kommen auch in Länder, die allein mit einem Lastwagen nur schwer zu erreichen sind, wie Chile und Mexiko. Sie setzen sich mit der Bedrohung durch Zollbestimmungen, Pannen und ablaufende Haltbarkeitsdaten auseinander. Außer Gütern überführen sie nebenbei noch ein paar Ganoven und setzen sich für Menschen ein, die ihre Hilfe brauchen. Zwischendurch werden ihnen entweder ihre Lastwagen gestohlen, oder sie landen aus den unterschiedlichsten Gründen selbst im Knast. Ihre Auftraggeber wechseln. Anfangs ist es die Spediteurin Sylvia Mittermann (Monica Bleibtreu), in der zweiten Staffel Ende 1983 hauptsächlich Holzner (Karl Walter Diess). In der dritten Staffel Anfang 1987 gründen Meersdonk und Willers Anfang 1987 ihr eigenes Unternehmen „International Transports“, mit dem sie einige Fahrten für die Spedition Lammers übernehmen. Ihre Mitgesellschafterin ist Cinzia (Roberta Manfredi), mit der sich Willers nach einigen Folgen nach Italien absetzt. Während seiner Abwesenheit verschleißt Meersdonk gleich mehrere neue Partner, die meiste Zeit ist der windige Max Kottan (Franz Buchrieser) an seiner Seite, und die beiden fahren für die Spedition Morales. Die zweite Hälfte der vierten Staffel konzentriert sich ab Februar 1990 auf die Erlebnisse von Willers, der inzwischen in Chile ist und dort mit Sigi (Christoph M. Ohrt) in eine Spedition einsteigt. Meersdonk kommt in diesen Folgen nicht vor. 1992 kehrt Willers zurück, und er und Meersdonk lassen „International Transports“ wieder aufleben. Bettina (Meret Becker) wird ihre neue Sekretärin, und mit Ulli (Charlotte Siebenrock) stellen sie erstmals eine Frau als Fahrerin ein. Ende 1993 hat Willers die Firma endgültig verlassen, und für die letzten sieben Folgen wird der junge Toni Teuffel (Kai Wiesinger) der neue Trucker an Meersdonks Seite.
Im Mai 1996 startet eine Staffel mit 13 neuen Folgen und komplett neuer Besetzung: Kaschinski (Armin Rohde), Eddi (Markus Knüfken) und Julia Hensmann (Nele Müller-Stöfen) fahren jetzt für die Spedition Hensmann.
Die Serie überzeichnete zwar das abenteuerliche Leben von Fernfahrern aus Gründen der Unterhaltung, stellte es aber im Groben realistisch dar. Die Folge „Aussichtloses Rennen“ beschäftigte sich beispielsweise mit illegalen Lastwagenrennen, und die Folge „Lalla und Kifkif“ zeigte, mit welchem Trauma und welchen Folgen Willers zu kämpfen hatte, nachdem ihm der für einen Trucker schlimmstmögliche Unfall passiert war, er ein Kind angefahren hatte. Gedreht wurde an Originalschauplätzen, was die Serie auch landschaftlich reizvoll machte. Immer ein Block mehrerer Folgen spielte am gleichen Schauplatz. Nebenbei bot sie in der dritten Staffel einen Insider-Gag, als der von Franz Buchrieser dargestellte Trucker den Rollennamen Max Kottan erhielt. Buchrieser hatte zuvor die Titelrolle in Kottan ermittelt gespielt.
Die einstündigen Folgen liefen im regionalen Vorabendprogramm. Krug spielte die Hauptrolle von Beginn an bis Anfang 1994. Die Nachfolge-Crew ab 1996 konnte bei Weitem nicht an den Erfolg der Krug-Folgen anknüpfen, weshalb Auf Achse nach dieser einen neuen Staffel vom Bildschirm verschwand.
Zur Serie erschienen mehrere Heftromane.