Praxisorientierte Comedy
Für einen Moment habe ich überlegt, ob ich überhaupt etwas zum Start von Out Of Practice – Doktor, single sucht… schreiben sollte. Immerhin startet die Serie auf Comedy Central, und worin liegt der Sinn, über etwas zu schreiben, das sowieso niemand sieht. Andererseits schrieb ich auch über Alles Betty und Dr. Psycho. Also dann.
Out Of Practice ist eine altmodische Sitcom, ohne bemüht absurden Dreh oder visuelle Sperenzchen, ganz klassisch mit mehreren Kameras auf einer Bühne vor Publikum gedreht, wie weiland Cheers, Seinfeld und Frasier. Für Frasier hatten ihre beiden Erfinder Christopher Lloyd und Joe Keenan viele Jahre gearbeitet, waren Autoren und Executive Producer, und Frasier-Star Kelsey Grammer konnten sie als Regisseur der Pilotfolge gewinnen. An vielen Stellen schimmert die Genialität alter Frasier-Folgen durch, der intelligente Witz, die subtile Pointe, die Slapstickeinlage mit Würde. Hätte man der Serie die Zeit gegeben, hätte auch sie in der zweiten Staffel richtig genial werden können, doch die Zeit erhielt sie nicht. Out Of Practice scheiterte nicht an Erfolglosigkeit, sondern am Erfolg des ausstrahlenden Senders CBS, der im Frühling 2006 mehr populäre Comedys als Sendeplätze hatte und sich deshalb von gleich mehreren vielversprechenden Exemplaren trennte. Von den 22 gedrehten Folgen wurden die letzten acht in den USA nie ausgestrahlt.
Für Ben-Darsteller Christopher Gorham war Out Of Practice nach Jake 2.0 und Medical Investigation die dritte gescheiterte Serie in drei Jahren. Sehenswert ist sie trotzdem. Außerdem schenkt sie uns ein Wiedersehen mit Fonzie aus Happy Days. Oder besser: Mit seinem Darsteller Henry Winkler, dessen neue Rolle als Stewart Barnes mit der alten nichts gemeinsam hat. Nicht nur ist er 30 Jahre älter, auch spielt er nicht mehr den coolen Obermacho, sondern im Gegenteil einen leicht verwirrten, überforderten Familienvater, der noch genauso bei seiner Ex-Frau wie bei seiner jetzigen unter dem Pantoffel steht. Und in dieser Rolle ist er brillant.
Out Of Practice – Doktor, single sucht…, mittwochs ab 21.15 Uhr bei Comedy Central (jeweils 2 Folgen).
Primeval — Rückkehr der Urzeitmonster
Seit 2007 (Pro Sieben). Brit. Fantasyserie von Adrian Hodges und Tim Haines („Primeval“; seit 2007).
Riesige Monster erschrecken Großbritannien. Ihre Herkunft ist unklar, und was genau sie eigentlich sind, ebenso. In der Gegenwart kennt man diese saurierähnlichen Viecher jedenfalls nicht. Der Evolutionsbiologe Nick Cutter (Douglas Henshall) findet heraus, dass es Anomalien gibt. So nennt er die Magnetfelder, die ein Tor zu einer Millionen Jahre alten Vergangenheit bilden, durch das die Monster rein und raus laufen und während ihres Aufenthalts in der Gegenwart ordentliche Angst einjagen und Schäden anrichten. Vielleicht ist durch eine solche Anomalie auch Cutters Frau Helen (Juliet Aubrey) verschwunden, von der es seit acht Jahren keine Spur gibt. Für Cutter ein Grund mehr, der Sache nachzugehen. Ihn unterstützt die Zoologin Abby Maitland (Hannah Spearritt), in die sich Cutters nerviger Student Connor Temple (Andrew-Lee Potts) verliebt, die aber wiederum für Cutters Laboranten Stephen Hart (James Murray) schwärmt. Claudia Brown (Lucy Brown) ist die Verbindungsfrau zum Innenministerium, das der Sache skeptisch gegenüber steht. Die an sich schon unheimliche Angelegenheit wird noch mysteriöser dadurch, dass Helen gleich mehreren Mitgliedern des Forschungsteams wiederholt erscheint.
Klar, das Geheimnis um den Verbleib der Frau spielt eine Rolle, aber eigentlich geht es um die actionreichen Kämpfe gegen die furchteinflößenden und eindrucksvoll animierten Riesenmonster. Die einstündigen Folgen laufen montags zur Primetime.
Privatdetektiv Harry McGraw
1990–1991 (ARD). 16‑tlg. US‑Krimiserie von Peter S. Fischer („The Law And Harry McGraw“; 1987–1988).
Privatdetektiv Harry McGraw (Jerry Orbach) hat sein leicht heruntergekommes Büro in Boston. Es herrscht Chaos und Unordnung, aber irgendwie findet sich Harry zurecht. Seine Nichte E. J. Brunson (Juliana Donald) arbeitet dort als seine Sekretärin. Gleich gegenüber ist die Anwaltskanzlei Maginnis & Maginnis, die die Witwe Ellie Maginnis (Barbara Babcock) leitet, unterstützt von ihrem Neffen Steve Lacey (Shea Farrell).
Harry ist mit Ellie befreundet, obwohl die beiden nicht viel gemeinsam haben. Er nennt sie liebevoll beim Nachnamen. Harry ermittelt regelmäßig für Maginnis, meistens widerwillig („Wenn ich nur ein bisschen Verstand hätte, würde ich nach Cleveland ziehen und eine Bowlingbahn aufmachen“). Seine Freizeit verbringt er gern in der Kneipe Gilhooley’s, in der Cookie (Marty Davis) hinter der Bar steht. Tyler Chase (Peter Haskell) ist der Staatsanwalt, der ebenfalls ein Auge auf Ellie geworfen hat.
Nach dem Pilotfilm am Sonntag zur Primetime liefen die einstündigen Folgen im Vorabendprogramm. Bevor er seine eigene Serie bekam, hatte Orbach die Rolle des Harry McGraw bereits in mehreren Folgen der Serie Mord ist ihr Hobby gespielt.
Privatfernsehen
1996–1997. Wöchentliches Magazin mit Friedrich Küppersbusch.
Wie schon in der Vorgängersendung ZAK gab es in Privatfernsehen investigative Reportagen und brillante Satire. Die neue Sendung, deren Konzept Küppersbusch „Zak plus X“ nannte, wurde live vor Publikum aus einem Getreidespeicher am Kölner Rheinufer gesendet. Pro Sendung waren zwei bis drei Gäste geladen, die man irgendwoher kannte. Franz Lambert sorgte an der Hammondorgel für die musikalische Untermalung. Zum festen Programm gehörte ein wöchentlicher Bericht vom Fußball-Sechstligisten Hamborn 07.
Der Lobbyverband der Privatsender (VPRT) klagte gegen den Namen Privatfernsehen und verlor, Küppersbusch bedankte sich öffentlich für die kostenlose Werbung.
Lief zunächst jeden Samstag 60 Minuten lang nach dem Wort zum Sonntag, später freitags 45 Minuten lang nach dem Bericht aus Bonn.
Professor Haber berichtet
1979-1980 (ARD). Wissenschaftsreihe mit Prof. Heinz Haber und Fortsetzung von Professor Haber experimentiert.
Mit anschaulichen Modellen, interessanten Filmen und verblüffenden Experimenten erklärt der Fernsehprofessor wieder komplexe Themen auf unterhaltsame Weise. Es geht u. a. um das Leben auf fremden Planeten, Erdteile auf der Reise, Vulkane und das Wetter.
Zwölf halbstündige Sendungen liefen donnerstags um 17.25 Uhr.
Professor Haber experimentiert
1968-1972 (ZDF). Wissenschaftsreihe für Jugendliche mit Prof. Heinz Haber.
Die Themen umfassen Himmel und Erde, Mensch und Tier, Vergangenheit und Gegenwart. Anschaulich, ohne hochtrabende Fachsprache, salopp und leicht verständlich erzählt Haber z. B. von Tieren der Urzeit und verdeutlicht, warum ein Raumschiff nicht herunterfällt. Dabei verzichtet er auf Animationen oder technische Tricks und führt stattdessen Funktionsweisen anhand von Gegenständen vor, die man sowieso im Haushalt hat.
34 halbstündige Folgen liefen staffelweise am Samstagnachmittag.
Promis gehen stempeln
Das große Promi-Pilgern hat begonnen. Der spannendste Wettstreit könnte der zwischen der Off-Sprecherin und Katy Karrenbauer um die tiefste Stimme werden. Claude-Oliver Rudolph und Oli Petszokat können da jedenfalls nicht mithalten. Rudolph scheint ähnliche Vorstellungen vom Konzept der Reihe zu haben wie ich und schreibt zu Beginn der Strecke in der ersten von vielen Pilgerstation, in denen die Teilnehmer sich Stempel abholen müssen, in ein Gästebuch: „Quatsch mit Soße.“
Das große Promi-Pilgern war mit viel Vorschusshohn bedacht worden. Dass ProSieben es für angemessen hielt, ein paar der üblichen Fernsehprominenten für vier Stunden Abendprogramm auf einem Pilgerweg in Szene zu setzen, der für die meisten Menschen Einkehr, Selbstfindung, Besinnung oder eine Glaubenserfahrung bedeuten, legte den Rat nahe, die Verzapfer dieser Idee mögen den Weg doch mal selbst gehen, um zur Besinnung zu kommen. Ich möchte nicht verheimlichen, dass ich mich entsprechend darauf gefreut hatte, die Sendung hier gehörig zu verspotten. Dann wurde ich überrascht.
Gut, wenn schon die Erwartung in der untersten Schublade liegt, sind die Möglichkeiten gering, sie noch zu unterbieten. Letztlich aber war das, was ProSieben da heute Abend zeigte, sogar eine einigermaßen interessante Dokumentation über fünf unterschiedliche Leute, die eine körperliche Herausforderung annehmen, und darüber, aus welchen verschiedenen Beweggründen sie das tun und wie sie sie bewältigen. Dass die fünf zufällig prominent sind – geschenkt.
Natürlich gab es Momente, die auf dem erwarteten Niveau stattfanden. Warum hält ProSieben ausgerechnet diese Sendung für den richtigen Platz, um zwischendurch alte Nacktaufnahmen der Teilnehmerin Charlotte Engelhardt zu zeigen? Dafür gibt’s doch die „Magazine“. Und war es Absicht oder Unvermögen, dass die Off-Stimme just in dem Moment, als Oliver Petszokat und Charlotte Engelhardt zu sehen sind, den Satz sagt: „Die beiden Damen lassen es gemächlich angehen“?
Auch ein bisschen mehr Weg und ein bisschen weniger Promi-Statements wäre sicher eine gehaltvollere Mischung gewesen, doch insgesamt war dieser erste von vier Teilen angenehm zurückhaltend und sogar ein bisschen informativ.
Zumindest bis kurz vor Schluss, als die Off-Stimme in der Vorschau für die nächste Woche reißerisch eine Feindschaft zwischen den Teilnehmern Ingo Naujoks und Claude-Oliver Rudolph inszenierte und suggerierte, Charlotte Engelhardt und den verheirateten Oliver Petszokat verbinde womöglich mehr als eine Freundschaft. Vielleicht will ProSieben ab nächster Woche doch noch die Erwartungen erfüllen.
Promis unter Volldampf
Ab 25. Mai 2008 (Vox). Prominenten-Variante von Unter Volldampf, die abendfüllend sonntags um 20.15 Uhr läuft. Prominente müssen sich als Köche in einem Spitzenrestaurant versuchen und von Restaurantgästen bewerten lassen. Analog zur Normalo-Ausgabe hatten die Promis vorher beim perfekten Promi-Dinner mitgewirkt, das in eine Pause geschickt wurde, weil allmählich die „Prominenten“ knapp wurden.
ProSieben und die Mittwochsserien
Oft liegt es an einer Serie selbst, wenn sie erfolglos ist. Ebenso oft spricht die Sachlage aber gegen diese sehr einfache Erklärung.
Bei Emergency Room zum Beispiel. Oder bei Without A Trace. Emergency Room lief lange Zeit erfolgreich am Dienstagabend, bis Pro Sieben die Serie 2003 auf den Mittwoch verschob und dort im Duett mit der neuen Krimiserie Without A Trace zeigte. Beide konnten die Erwartungshaltung nicht erfüllen und fanden erst zum Erfolg (zurück), als die eine wieder auf den Dienstag zog und die andere zu Kabel 1. Das kann verschiedene Gründe haben, doch aus dem Ergebnis sollte der ausstrahlende Sender zumindest gelernt haben, oder? Hahahahaha!
Heute also, am Mittwoch, startet die neue Staffel von Emergency Room, und sie wird wieder mit einer Krimiserie gepaart: Cold Case – Kein Opfer ist je vergessen, frisch gemopst von Kabel 1, wo die Serie sowieso nur deshalb gelaufen war, weil Pro Sieben sich nach dem Desaster mit Without A Trace nicht getraut hatte, sie selbst zu zeigen.
Es gibt aber auch einen echten Neuzugang im Mittwochabendprogramm von Pro Sieben. Um 22.10 Uhr geht die skurrile Comedyserie Weeds – Kleine Deals unter Nachbarn an den Start, die durch Humor und Anmutung eigentlich danach schreit, sofort nach Desperate Housewives gesendet zu werden. Sie wissen schon, wegen „Audience Flow“ und so. Aber von „Audience Flow“ hat man im Unternehmen ProSiebenSat.1 ja ganz eigene Vorstellungen.
Prost, Helmut!
1985 (ZDF). 13-tlg. US Sitcom („Cheers“; 1982–1993).
Durch Synchronisation völlig verunstaltete Version der Serie Cheers. Das ZDF benannte die Kneipe von „Cheers“ in „Zum fröhlichen Feierabend“ um und änderte alle Rollennamen in alberne deutsche Namen: Aus Shelley Longs Rolle wurde Diane Zimmerlinde, Ted Danson spielte nun Hubert Milbe. Von der Originalserie waren nur die Bilder übrig geblieben. Noch schlimmer als dieses Verbrechen war, dass Pro Sieben den Quatsch 1990 auch noch wiederholte. Zehn Jahre später zeigte RTL, dass man die Serie auch ordentlich hätte synchronisieren können, und sendete sie komplett unter dem Originaltitel.