Hmmm, interessante Geschichte
Es gibt viele Anknüpfpunkte für Kritik an Reinhold Beckmann. Dass er überwiegend nach Dingen fragt, die ihn nichts angehen. Dass er bei den Antworten auf diese Fragen, die ihn nichts angehen, dann noch nicht einmal zuhört und deshalb nicht nachhakt. Dass er stattdessen jeden Redebeitrag eines Gastes geistesabwesend mit den Worten „Hmmm, interessante Geschichte“ kommentiert. Dass er nach jeder Antwort so tut, als denke er angestrengt über eine Anschlussfrage nach, um dann die Frage zu stellen, die er ohnehin jetzt gestellt hätte, weil sie auf seinem Kärtchen steht. Und dass er das alles in einer Atmosphäre tut, die sich irgendwo zwischen Beichtstuhl und Séance bewegt.
Viele Beisitzer seiner Tischgespräche fühlen sich in der Sendung noch unwohler als die Zuschauer, weil Beckmann zu viel Energie in künstliche Coolness investiere und zu wenig in eine gewissenhafte Vorbereitung. Ein Gast vom Anfang des Jahres klagte nach der Sendung im privaten Kreis, Beckmann solle endlich aufhören Dinge vorzutäuschen, die er nicht verkörpere und sich als das geben, was er wirklich sei, ein armseliges Würstchen.
Auch der Fahrradfahrer Jan Ullrich fühlte sich am Montagabend schlecht behandelt. Von seinen Anwälten will die „Bild“-Zeitung erfahren haben, dass Beckmann gegen Absprachen verstoßen und Zusagen nicht eingehalten habe, indem er doch tatsächlich Fragen zum Dopingskandal gestellt habe. Also zum Thema. Deshalb hätten die Anwälte nun per Brief eine Wiederholung der Sendung verboten und im Falle eines Verstoßes mit Klage gedroht.
Aufruhr um Beckmann! Die amüsante Ironie ist, dass die Aufregung ausgerechnet nach einer Sendung kommt, in der sich Beckmann Mühe gegeben hat.
Für Freitagvormittag um 10.15 Uhr ist die Wiederholung bei 3sat übrigens weiterhin vorgesehen.
Nachtrag: Die Wiederholung ging wie geplant über die Bühne. Ach ja, und hier ist die komplette Sendung natürlich auch noch online zu sehen.
Hochgeschossen
Im Fernsehen kommt man auf merkwürdige Weise an neue Jobs. Gerade erst wurde Dirk Matthies im Großstadtrevier nur deshalb zum Chef befördert, weil er im Dienst angeschossen wurde und nicht mehr auf Streife gehen konnte. Sein Nachfolger im Streifenwagen wurde ein Typ, der zufällig gerade am Tatort war, als es passierte.
Aber es geht noch merkwürdiger: Zum Start der neuen Folgen von Alarm für Cobra 11 bei RTL wird heute Semir Gerkhans langjähriger Partner Tom Kranich (René Steinke) erschossen. Der Schütze ist Chris Ritter (Gedeon Burkhard), der daraufhin Semirs neuer Partner wird.
Ich bin sicher, dass es bei Ansicht der gesamten spielfilmlangen Episode eine einigermaßen logische Erklärung dafür geben wird, und… Halt, wir sprechen ja von Alarm für Cobra 11. Nein, dann wohl nicht. Und selbst wenn, wird sie vermutlich von einer hübschen Explosion übertönt.
Für Freunde des nuancierten Krimis empfehle ich eher den Auftakt zur fünften Staffel von Without A Trace in Sat.1, einer vielschichtigen, hintergründigen Serie mit mehrdimensionalen Charakteren. Auch wenn Sat.1 selbst das gar nicht weiß:
Hohe Absätze
Einen Tag nach der RTL-Absetzung von Herzog und Familienhilfe mit Herz trennt sich Sat.1 von Alles typisch und 3 ein Viertel.
Die eigentliche Nachricht kommt aber gar nicht so überraschend, denn es war klar, dass ProSieben sich seine Kernkompetenz als Absetzsender nicht länger von RTL oder der eigenen Schwester nehmen lassen will. Deshalb fliegen heute Volles Haus und Doctor Who aus dem Programm. Statt Doctor Who kommen samstags nun eine Folge Desperate Housewives und zwei Folgen Simpsons, die es damit auf 15 Sendeplätze pro Woche bringen. Statt Volles Haus kommt eine Comedysendung.
Es mag vielleicht etwas lästig wirken, dass wir hier dauernd über Serienabsetzungen berichten, aber leider fallen die Sender momentan durch wenig anderes auf.
Hoher Preis
Einen Artikel darüber zu schreiben, was mit dem Deutschen Fernsehpreis alles nicht stimmt, würde der Sache nicht gerecht. Ein Buch müsste es schon sein, und selbst darin würde vermutlich der Platz knapp.
Zumindest kann man der Jury nicht vorwerfen, sie vergebe die Preise willkürlich. Im Gegenteil: Akribisch wird darauf geachtet, dass auch bloß jeder beteiligte Sender einen abbekommt. Der Nominierungsprozess wirft die meisten Fragen auf. In manchen Kategorien scheint es, als sei eine Sendung nur deshalb schlecht, weil es sie auch im vergangenen Jahr schon gab.
Kann eine Show nicht mehr zu den Besten gehören, wenn sie schon einmal gewann? Hat die Qualität dieser Show in dem einen Jahr so stark nachgelassen? Oft genug fragt man sich, ob die aktuell Nominierten wirklich besser sind als ein Vorjahressieger, oder nur neuer. Dieser Praxis widerspricht, dass in der Kategorie „Beste Serie“, wohl aus Verzweiflung, drei Jahre in Folge Abschnitt 40 gewann.
Ist eine Sitcom keine Serie? Wieso gibt es eine Rubrik „Beste Serie“ und eine gesonderte Rubrik „Beste Sitcom?“ Und wenn es wirklich einen Unterschied gibt, warum gewannen dann im vergangenen in beiden Kategorien Sitcoms?
Warum ist „Beste Unterhaltungssendung/Beste Moderation Unterhaltung“ nur eine Kategorie? Ist die Möglichkeit denn völlig ausgeschlossen, dass eine gute Sendung von einem schlechten Moderator präsentiert wird? Es mag ja sein, dass Germany’s Next Topmodel eine professionell gemachte Unterhaltungsshow ist, aber falls sie gewinnt, hieße das nach der Logik des Deutschen Fernsehpreises, dass Heidi Klum besser moderiert als Hape Kerkeling. Und sollte der dritte Nominierte, Schlag den Raab, gewinnen, ist mit „bester Moderator“ dann wirklich Matthias Opdenhövel gemeint?
Ist es fair, dass der Schuldnerberater Peter Zwegat, der Restauranttester Christian Rach, die Supernanny Katharina Saalfrank und die Köche Tim Mälzer, Johann Lafer und Horst Lichter größere Chancen auf einen Fernsehpreis haben als die Mitarbeiter anderer Unterhaltungsshows, weil spontan die Kategorien „Beste Kochshow“ und „Bester TV-Berater“ erfunden wurden?
Warum wurde die seltsame Rubrik „Beste tägliche Sendung“ abgeschafft? Hat das Fernsehen etwa aufgehört, tägliche Sendungen auszustrahlen?
Sehen Sie, und das wäre noch nicht einmal das Vorwort zu dem Buch.
Aber warum sich Gedanken machen. Wir sprechen hier von dem Preis, dessen Jury in vergangenen Jahren Richterin Barbara Salesch und Gute Zeiten, schlechte Zeiten für bessere tägliche Sendungen hielt als die Tagesschau, und die in der Kategorie „Beste Sportsendung“ Oliver Welke auszeichnete. Welke hatte den Preis durchaus verdient. Aber er allein ist keine Sendung.
Interessant ist, dass trotz allem immer wieder Sendungen ausgezeichnet werden, die es wirklich verdient haben, im vergangenen Jahr zum Beispiel Türkisch für Anfänger als beste Serie und Pastewka als beste Sitcom. Insofern sind Hopfen und Malz noch nicht komplett verloren, und notfalls können wir genau diese beiden ja dazu nutzen, uns den Abend schönzusaufen.
Der Deutsche Fernsehpreis, Samstag, 20.15 Uhr bei RTL.
Höhl dir die Million!
Anlässlich der 1000. Sendung von Wer wird Millionär? bietet RTLnow momentan noch einmal für ein paar Tage Ausschnitte aus der Premiere vom September 1999 zur kostenlosen Online-Ansicht an. Und da werden Erinnerungen wach. Ich hatte zum Beispiel völlig vergessen, dass die ersten Sendungen damals noch nicht in Hürth aufgezeichnet wurden, sondern in der Batcave.
Hollywood-Streik fast vorbei
Sie erinnern sich an diesen Streik der amerikanischen Film- und Fernsehautoren, der in dieser Woche ein Vierteljahr Bestand feiern konnte? Nun, sieht so aus, als sei er vorbei.
Vor etwas mehr als einer Stunde wurde den Mitgliedern der Autorengewerkschaft WGA ein Dokument mit der vorläufigen Einigung zugestellt, die die Gewerkschaft und die Produzentenvereinigung AMPTP in der obligatorischen Nacht- und Nebelsitzung heute früh erzielten.
Ich möchte nicht mit den konkreten Zahlen langweilen, aber wer sich für sie interessiert, findet hier eine vierseitige Zusammenfassung.
Die Einigung könnte bedeuten, dass schon am Montag die Autoren wieder zur Arbeit erscheinen. Damit bliebe die Dauer des Streiks deutlich unter der der letzten großen Arbeitsniederlegung der Autoren 1988. Sie dauerte 22 Wochen.
Das bedeutet natürlich nicht, dass sofort wieder neue Episoden der stillgelegten Serien produziert werden können – erst müssen sie ja mal geschrieben werden. Dennoch ist damit zu rechnen, dass noch vor dem Ende der regulären US-Fernsehsaison im Mai Nachschub zumindest von den Erfolgsserien wie CSI, Grey’s Anatomy und Dr. House auf Sendung gehen wird und die Staffeln doch noch ein paar mehr als die vor dem Streik fertiggestellten 12 Episoden umfassen werden. Einige quotenschwache Neustarts, über deren Fortsetzung in eine zweite Staffel noch nicht entschieden war, werden dagegen vermutlich gar nicht erst zurückkehren, weil sich der Aufwand nicht lohnt.
Unterdessen werden die ersten Auswirkungen des Streiks auch in Deutschland spürbar. Am kommenden Dienstag wollte RTL ursprünglich mit der Ausstrahlung der letzten zehn Episoden der dritten Staffel von Dr. House beginnen (wir berichteten). Stattdessen geht es nun erst drei Wochen später mit drei Episoden weniger los. Wegen der verkürzten vierten Staffel teilt sich RTL die Vorräte schon jetzt ein und plant, die verbliebenen drei Folgen der dritten Staffel erst im Herbst zu zeigen.
Hollywood: Streik vorbei
Jetzt aber wirklich. 92,5 Prozent der amerikanischen Gewerkschaftsautoren von Film und Fernsehen hat gestern Abend dafür gestimmt, den seit drei Monaten andauernden Streik sofort zu beenden. Heute gehen die Autoren wieder zur Arbeit, und erste Auswirkungen werden schon heute Abend spürbar sein: Die Late-Night-Moderatoren Jay Leno, Conan O’Brien, Jimmy Kimmel, Jon Stewart und Stephen Colbert werden weniger selbst schreiben und improvisieren müssen, weil ihr Team wieder da ist (David Letterman und Craig Ferguson hatten wegen einer eigenen Vereinbarung mit der Gewerkschaft schon seit Januar wieder auf ihre Autoren zurückgreifen können), und Stewart wird seiner Sendung den Titel zurückgeben. Während des Streiks hatte er den bestimmten Artikel aus dem Namen The Daily Show with Jon Stewart streichen lassen, denn The Daily Show sei die Show, die mit Autoren hergestellt würde. Seit Januar hieß die Sendung nur A Daily Show with Jon Stewart.
Wie genau es mit den lange brachliegenden Drama- und Comedyserien weitergeht, wird in den nächsten Tagen klarer werden. Von den meisten Serien werden laut TV Guide vermutlich in dieser Fernsehsaison (bis Mai) noch vier bis neun neue Episoden produziert, wodurch der Staffelumfang überall zwischen 16 und 22 Episoden liegen dürfte und damit letztlich sogar nur knapp unter dem Normalfall.
Nur 24 fällt dieses Jahr wohl aus. Die siebte Staffel hatte in den USA noch nicht begonnen, als der Streik anfing. Weil der Sender Fox keine halbe Staffel der Serie zeigen wollte und die Fertigstellung einer ganzen noch in dieser Saison so gut wie unmöglich ist, geht es mit 24 wohl erst nächstes Jahr im Januar weiter.
Hotel Elfie
2000 (ZDF). 13-tlg. dt. Familienserie von Christian Pfannenschmidt.
Die ehemalige Sekretärin Elfie Gerdes (Manon Straché) ist jetzt Chefin ihres eigenen Hotels. Ihre Mitarbeiter sind Fatima Bürgenstock (Jennifer Steffens), Cora Blitz (Sandra Borgmann) und Rita Schnabel (Doris Kunstmann), der das Hotel früher gehörte. Zu Elfies Freunden zählen der schwule Bernd Bosch (Thomas Limpinsel) und die Buchhalterin Alrun Schmidt (Annette Kreft), die einen zehnjährigen Sohn namens Melvin (Mark Horstmann) hat. Tom Claasen (Andreas Herder) ist der Getränkelieferant des Hotels, Hajü Konopke (Christopher Novak) der junge Gemüsehändler von gegenüber und Hieronymus „Schmolli“ Schmolke (Harald Maack) Elfies heimlicher Verehrer. Die stellvertretende Sparkassenleiterin Frau Goldy (Barbara Magdalena Ahren) möchte Elfie am liebsten den Geldhahn zudrehen, doch Sparkassenchef Birkner (Jean-Pierre Cornu) hält Elfie den Rücken frei.
Spin-off von Girl friends — Freundschaft mit Herz, wo Manon Straché bereits die Rolle der Elfie gespielt hatte, die damals noch im Schreibpool arbeitete. Auch „Schmolli“ war schon in der Originalserie dabei. Beide kehrten in diese zurück, nachdem das Hotel Elfie geschlossen wurde.
Die 45-minütigen Episoden liefen dienstags um 19.25 Uhr.
House gewinnt Wette
Thomas Gottschalk kommt an Dr. House nicht mehr ran. Im Gesamtpublikum blieb Wetten, dass…? zwar auch gestern mit 13 Millionen Zuschauern unantastbar, doch bei der von der Werbewirtschaft als Heiligtum verehrten Zielgruppe lag die Show knapp unter den Werten, die Dr. House am Dienstag erreichte. Als Gottschalks erste Sendung nach der Sommerpause unter dem House-Schnitt geblieben war, hätte man noch von einem Ausrutscher ausgehen könne, doch allmählich scheint es der Normalfall zu werden.
Die Zahlen sind deswegen ganz interessant, weil seit fast 20 Jahren niemand Wetten, dass…? regelmäßig geschlagen hat und zudem Wetten, dass…? noch immer ein Großereignis ist, das sich mit nur sieben Sendungen im Jahr rar macht, während Dr. House diese enormen Zahlen mittlerweile jede Woche einfährt.
Housearrest
Potzblitz, welch überraschendes Ende der heutigen Episode von Dr. House! Dr. House wurde festgenommen! Überraschend freilich nur für Zuschauer, die keine Fernsehzeitschriften lesen. Doch, doch, diese Blätter haben immer noch viele Leser, obwohl das was drinsteht angesichts immer hektischerer Programmänderungen seitens der Sender ohnehin nur noch manchmal stimmt. Manchmal stimmt es aber auch viel zu sehr.
Schon mehrfach haben wir uns darüber geärgert, dass Videotext oder TV-Zeitschrift den Verlauf einer Serienepisode zu detailliert, zeitweise bis hin zur Auflösung eines Falles vorab beschreiben. Deshalb gehen wir doch heute mal an die Quelle. Denn letztlich ist es RTL selbst, das diese Informationen als Pressematerial herausgibt, das dann von anderen Medien übernommen wird. Für die heutige Episode nahm der Pressetext die Schlussszene vorweg:
Konsequenzen: Auf dem Nachhauseweg wird House (Hugh Laurie li.) von einem Polizisten (David Morse) angehalten, der auf eine solche Gelegenheit seit Tagen gewartet hat. House hatte ihn während einer Untersuchung ziemlich rüde behandelt und dann unnötigerweise noch ein Thermometer in den Hintern gesteckt. Da er sich nicht bei ihm entschuldigen wollte, rächt er sich jetzt, denn er verhaftet ihn wegen illegalem Drogenbesitz.
Und dazu gab’s im Angebot u.a. das Schlussbild.
Andererseits muss man auch das Dilemma der Zeitschriften begreifen. Dr. House ist die erfolgreichste Serie im Fernsehen, die will man natürlich regelmäßig im Blatt haben, ausführlich behandeln und abwechselungsreich bebildern. Das gleiche Problem hatten die Redaktionen viele Jahre mit Wer wird Millionär?, bei dem die Möglichkeiten deutlich begrenzter waren, und deshalb endete es meist in einer Beschreibung der Regeln, einer Statistik, in wie vielen Ländern die Show ein Erfolg ist und einem Foto, auf dem Günther Jauch eine Grimasse schneidet.
Kein Wunder, dass die Freude groß ist, bei Dr. House inhaltlich die Sau rauslassen zu können. Verdirbt zwar die Spannung, aber was soll’s? Denn wer weiß, ob Dr. House die gleiche Popularität erreicht hätte, wenn da jede Woche nur stünde:
„Jemand bricht zusammen, und Dr. House muss herausfinden warum.“