Dingsda
1985–1998 (BR); 1987–2000 (ARD); 2001–2002 (Kabel 1). Also, das ist so ’ne Sendung, in der da so Kinder, die so zwischen fünf und neun Jahre alt sind, Sachen umschreiben tun. Und dann sind da noch so Promi…, Promi…, also, Leute, die wo man kennt, und die müssen raten, was die Kinder da so meinen. Der nette Moderator von „Uups“, das ist der Fritz.
Erfolgreiche 45-Minuten-Quizshow mit Fritz Egner, der mit der Sendung bekannt wurde. Vier prominente Kandidaten müssen in Zweierteams die Umschreibungen erraten, die der BR zuvor in Kindergärten und Grundschulen aufgezeichnet hat und nun auf einem Großbildschirm zu sehen sind. Rutscht dem erklärenden Kind der gesuchte Begriff heraus, wird er in der Sendung mit einem „Uups“ übertönt. Die Kandidaten raten einzeln der Reihe nach. Liegt der Erste falsch, ist ein Spieler des anderes Teams dran und hört dafür eine neue Beschreibung zum gleichen Begriff. In der Schnellraterunde bekommt derjenige den Punkt, der den Film als Erster mit dem Buzzer anhält und die richtige Lösung nennt.
Das Format stammt von „Child’s play“, einer täglichen Gameshow, die ab September 1982 beim US-Sender CBS lief, aber nur ein Jahr überlebte. Die deutsche Version war im Dritten Programm des Bayerischen Fernsehens gestartet. Nach einem zunächst einmaligen Test in der ARD im Juni 1987 wurde sie ab Januar 1988 dauerhaft ins Erste übernommen und lief dort über Jahre einmal im Monat dienstags um 20.15 Uhr. Als Egner nach 132 Ausgaben zum ZDF wechselte, übernahm Werner Schmidbauer ab Juli 1994 die Moderation. Der Erfolg hatte inwischen nachgelassen und die Show den Weg ins Vorabendprogramm um 18.55 Uhr gemacht. Eine weitere Staffel wurde wieder im Bayerischen Fernsehen erstausgestrahlt, dann abermals verlegt, zurück ins Erste, diesmal ins Nachmittagsprogramm am Freitag um 16.00 Uhr und auf 25 Minuten gekürzt. Dort lief Dingsda noch eine Weile unauffällig vor sich hin, bis Ende 2000 ebenso unauffällig die letzte Sendung ausgestrahlt wurde.
Nur knapp ein Jahr später legte Kabel 1 das Spiel neu auf (der kleine Sender hatte ein Jahr zuvor bereits erfolgreich die alte ARD-Show Was bin ich? wiederbelebt). Thomas Ohrner war der Moderator, und jetzt traten jeweils zwei Schulen oder zwei Kindergärten, aus denen die erklärenden Kinder stammten, gegeneinander an. Jeweils ein erwachsener Vertreter daraus spielte mit einem Prominenten im Zweierteam. Dingsda lief damit wieder zur Primetime, mittwochs um 20.15 Uhr, sogar wöchentlich, und war eine Stunde lang. Der Erfolg kam nicht zurück. Trotz enttäuschender Quoten versuchte Kabel 1 eine zweite Staffel, diesmal am als Gameshow-Tag etablierten Donnerstagabend. Die Quoten waren noch schlechter, und der Sender stellte die Produktion ein.
Disco
1971–1982 (ZDF). „Hits und Gags mit Ilja Richter“. 45-minütige Popmusikshow mit Ilja Richter, dem damals jüngsten Entertainer im deutschen Fernsehen. Richter war 18 Jahre alt, als die Reihe begann. Seit er 16 war, hatte er bereits 4-3-2-1 — Hot And Sweet moderiert, dessen Nachfolgesendung Disco war.
Disco lief alle vier Wochen samstags, zunächst um 18.45 Uhr, dann um 18.00 Uhr, ab 1975 wegen des großen Erfolgs näher am Hauptabendprogramm um 19.30 Uhr. Interpreten spielten im Studio ihre aktuellen Hits, die Bandbreite reichte von Julio Iglesias und Michael Holm bis zu Deep Purple und den Rolling Stones.
Internationale Stars, die nicht in die Sendung kamen, waren in Videoeinspielungen mit ihren Songs zu sehen. Ein weiterer Einspielfilm porträtierte pro Ausgabe ausführlich einen Star. Dazu gab es gesungene und gespielte Sketche mit Ilja Richter und Gästen, die teils live, teils vorproduziert waren. Neben den Gästen war Richters Schwester Janina regelmäßige Sketchpartnerin. Bei einem Quiz konnten die Fernsehzuschauer als Hauptpreis einen Besuch in der nächsten Sendung gewinnen.
Jede Sendung begann zunächst mit dem Auftritt einer Band, bevor Richter zum ersten Mal die Bühne betrat. Zu Begrüßung rief er: „Hallo Freunde!“, und das Studiopublikum rief zurück: „Hallo Ilja!“ Wenn der Gewinner des Preisrätsels bekannt gegeben wurde, rief Richter: „Licht aus“ (und alle riefen: „Whom! “) – „Spot an!“ (alle: „Yeah! “), und ein verschüchtertes Etwas saß vor den Augen der Öffentlichkeit zaghaft winkend im Lichtkegel.
Disco wurde die mit Abstand populärste Musiksendung des westdeutschen Fernsehens. Zur Überraschung aller Beteiligten war die Sendung nicht nur bei der anvisierten Zielgruppe der Teenager ein großer Erfolg, auch viele ältere Menschen schauten zu. Der anfängliche Untertitel „Musik für junge Leute“ wurde nach dieser Erkenntnis ab 1973 gestrichen, ältere Zuschauer wurden sogar gezielt ins Studio eingeladen. Jeder Besucher bekam eine „Aufwandsentschädigung“ von 25 DM.
Insgesamt schalteten durchschnittlich 20 Millionen Menschen ein. Das verwundert angesichts der obskuren Mischung der auftretenden Künstler ebenso wie im Hinblick auf die Qualität der Comedyeinlagen. Die Sketche zeichnete eine verheerende Experimentierfreude mit der neuen Technik der Blue Box aus, die Moderationen ein skrupelloser Hang zum Kalauer um jeden Preis. In einer Sendung sagte Richter, offenbar motiviert durch die Olympischen Spiele in München: „Als Moderator fuhr er hin, als Champignon kam er zurück. Um mit den Olympischen Ringen zu sprechen: O, O, O, O und O. Das Publikum hat die Tribünen voll gemacht, und alle haben ’ne Fahne.“
Spontane Gespräche mit den Bands begannen gern damit, dass der Moderator sich von einer Sängerin fragen ließ, wie er heiße, und er antworte. „Ilja. Riecht er?“ Richter war zwar jugendlich-locker, was seinen Moderationsstil anging, unterschied sich aber von anderen Jugendmoderatoren durch seine Kleidung, die völlig unjugendlich stets aus einem korrekten Anzug mit Fliege bestand. Natürlich war Richter viel zu dürr, als dass dieser hätte ordentlich sitzen können.
Der Sendetitel beinhaltete noch die jeweils auf zwei Stellen gekürzte aktuelle Jahreszahl, z. B. Disco ’76. Insgesamt liefen 133 Ausgaben. Nach dem Ende der Reihe war auch Richters Fernsehkarriere im Alter von 29 Jahren weitgehend zu Ende. Er wirkte zwar danach in vielen Shows, albernen Filmen oder Bühnenstücken mit, bekam aber nie wieder eine eigene regelmäßige Sendung. Im Sommer 1994 liefen als Das Beste aus Disco sechs Zusammenschnitte seiner Erfolgsshows im ZDF.
Donna rührt wieder
Wenn Amerikas bekannteste Postleitzahl im Herbst ins US-Fernsehen zurückkehrt, werden gleich mehrere geliftete bekannte Gesichter wieder auftauchen. In 90210, einer Neuauflage von Beverly Hills, 90210, wird Jennie Garth einige Auftritte in ihrer alten Rolle als Kelly Taylor haben, die jetzt Beratungslehrerin an der West Beverly High School ist, was schon seit ein paar Wochen bekannt ist, und auch Tori Spelling (90) und Ian Ziering (210) haben offenbar Interesse geäußert. Logisch, wer soll sie auch sonst engagieren. Zumindest Toris Auftritt als Donna Martin steht wohl auch schon fest.
Die eigentlichen Hauptdarsteller können Sie in einem ersten Trailer sehen, den der Sender CW vergangene Woche veröffentlicht hat. Sie sind natürlich jünger und hübscher als früher, haben kürzere Koteletten, noch weniger an und zumindest in einem Fall schwärzere Haut. Der Trailer ist nicht sehr aussagekräftig, aber dafür schnell geschnitten. Und wenn darüber nachdenkt, ist genau das wahrscheinlich doch ziemlich aussagekräftig.
Doogie Howser, M.D.
1991–1992 (Pro Sieben); 1993 (Kabel 1). 97-tlg. US-Comedyserie von Steven Bochco und David E. Kelley („Doogie Howser, M.D.“; 1989–1993).
Douglas „Doogie“ Howser (Neil Patrick Harris) ist ein Genie. Er ist 16 Jahre alt, lebt noch bei seinen Eltern David (James B. Sikking), einem Arzt, und Katherine (Belinda Montgomery) und arbeitet selbst als Arzt im Eastman Medical Center in Los Angeles. Dr. Doogie Howser ist der jüngste Arzt im Land. Seine Kollegen, unter ihnen Personalchef Dr. Benjamin Canfield (Lawrence Pressman), Dr. Jack McGuire (Mitchell Anderson), Dr. Ron Welch (Rif Hutton) und Schwester Curly Spaulding (Kathryn Layng), akzeptieren ihn als Mediziner, weisen ihn aber in die Schranken des Teenagers, wenn er allzu erwachsen auftreten will. Doogies bester Freund Vinnie Delpino (Max Casella) wirkt gegen Doogie noch unterbelichteter, als er ohnehin schon ist. Später ziehen die beiden in eine gemeinsame WG. Wanda Plenn (Lisa Dean Ryan) ist Doogies und Janine Stewart (Lucy Boryer) Vinnies Freundin. Als Wanda aufs College geht, zieht es Doogie zu Schwester Michele Faber (Robin Lively) hin. Doogie führt ein elektronisches Tagebuch und hält am Ende jeder Episode seine Erfahrungen im Computer fest.
Fruchtbare Zusammenarbeit zweier Top-Fernsehmacher. Steven Bochco hatte bereits Polizeirevier Hill Street und L.A. Law ersonnen, David E. Kelley wurde später mit Picket Fences, Chicago Hope und Ally McBeal einer der erfolgreichsten Produzenten der 90er-Jahre. Doogie Howser war für beide ein seltener Ausflug ins Halbstunden-Comedyformat und ihre einzige gemeinsame Erfindung. Allerdings hatte Kelley zuvor bereits mehr als 60 Episoden für Bochcos Serie L. A. Law — Staranwälte, Tricks, Prozesse geschrieben.
Die Serie lief werktagnachmittags.
Dr. House und Mr. Fish
„Der Spiegel“ zitiert den britischen Schauspieler Hugh Laurie, der in der amerikanischen Serie Dr. House den amerikanischen Arzt Dr. House spielt, heute dazu, dass er als Einziger im Ensemble seinen Akzent verstellen muss:
Es ist, als ob alle mit einem Tennisschläger spielten — und du hast einen Fisch in der Hand.
Ein Zimmer weiter in unserer Antworten-Rubrik geht es heute übrigens um andere unsympathische Fernsehcharaktere, die trotzdem zu Stars wurden.
Dr. Psycho
2007–2008 (Pro Sieben). „Die Bösen, die Bullen, meine Frau und ich“. 14-tlg. dt. Comedyserie von Ralf Husmann.
Max Munzl (Christian Ulmen) ist Psychologe, also nur bedingt lebensfähig. Er ist tollpatschig, vergesslich, verwirrt und ernsthaft davon überzeugt, dass seine Ehe mit Lena (Annika Kuhl) noch zu retten ist. Während er dagegen ankämpft, verlassen zu werden, wird er in ein neues Berufsumfeld versetzt: Als Polizeipsychologe soll er die Sonderkommission von Hendricks (Ulrich Gebauer) unterstützen, in der jeder seine eigenen Probleme hat: Hendricks ein Autoritäts-, Victor (Roeland Wiesnekker) ein Alkohol-, Kerstin (Anneke Kim Sarnau) ein Weiblichkeits- und Eddie (Hinnerk Schönemann) ein Aggressivitätsproblem. Niemand will sich anfangs mit der Idee anfreunden, dass der bekloppte Psychologe tatsächlich eine Hilfe sein könnte, aber irgendwie stolpert er doch in die Lösung der Kriminalfälle. Der Normalste im ganzen Haufen ist Munzls Hund Freud. In der zweiten Staffel zieht Munzls Vater (Hanns Zischler) bei ihm ein.
Dr. Psycho war die erste große Serienrolle für den früheren MTV-Rotzlöffel Christian Ulmen, der die Titelfigur ebenso sympathisch wie witzig verkörperte.
Die einstündigen Folgen der ersten Staffel liefen montags um 21.20 Uhr, die zweite Staffel kam einen Tag und eine Stunde später. Ralf Husmann erhielt 2007 den Deutschen Fernsehpreis für das beste Drehbuch (zusammen mit Stromberg).
Dr. Sommerfeld – Neues vom Bülowbogen
1997–2005 (ARD). Dt. Arztserie von Ulrich del Mestre.
Fortsetzung von Praxis Bülowbogen: Nachdem sich Dr. Brockmann zur Ruhe gesetzt hat, übernimmt Dr. Peter Sommerfeld (Rainer Hunold) die Praxis am Bülowbogen in Berlin und bringt gleich ein komplett neues Team mit: die Sprechstundenhilfe Uschi (Sybille Heyen), Schwester Elke (Nana Spier) und die Laborantin Sabine (Tanja Geke) arbeiten mit in der Praxis, Carmen Williams (Dorothée Reinoss) chauffiert ihn zu den Hausbesuchen, und Fahrradkurier Atze Schneider (Sven Riemann) besorgt Medikamente. Peter Sommerfeld ist mit Claudia (Michèle Marian) verheiratet, mit deren Vater Kurt Schröder (Klausjürgen Steinmann) er ständig im Clinch liegt. Gemeinsam haben Peter und Claudia eine Tochter namens Nina (Alina Merkau), die anfangs elf Jahre alt ist. Die alte Haushälterin Hanna Schulze (Gudrun Okras) kümmert sich um alles. Zwischen Dr. Sommerfeld und seiner Frau kriselt es; sie betrügt ihn. Sie lassen sich scheiden, und Sommerfeld wird nach einiger Zeit mit seiner neuen Freundin Katja Franke (Marijam Agischewa) glücklich, einer Krankenschwester. Anfang 2002 macht er ihr einen Heiratsantrag, daraus wird jedoch nichts. Sommerfeld nimmt vorübergehend den Jungen Oskar Waida (Christoph Emanuel Oehme) als Pflegesohn auf.
Die Konstellation in der Praxis hat sich geändert: Uschi und Sabine sind weg, Meliha (Suzan Demircan) ist jetzt da, und die private Konstellation ändert sich auch: Sommerfeld lernt seine neue Nachbarin Caroline Basten (Daniela Hoffmann) kennen, eine Fotografin. Die beiden werden ein Paar, und die chaotische Anti-Hausfrau Caroline wird außerdem eine gute Freundin für Nina, die inzwischen fast volljährig ist und zwischendurch ein Jahr im Ausland war. Luca Perugini (Michele Oliveri) gehört das Restaurant „Sole e mare“ gleich bei Sommerfeld ums Eck, ist dessen bester Freund und nennt ihn „Lupo“. Im Dezember 2004 beschließt Sommerfeld, Caroline auf eine längere Dienstreise zu begleiten, die in einem Bildband resultieren soll, und seine Praxis vorübergehend zu schließen.
Personell erinnerte zwar nichts mehr an die Vorgängerserie, doch der Vorspann war vertraut, weil die alte Titelmusik beibehalten wurde. Die Mischung aus Praxis- und Privatgeschichten, Mull und Lull, blieb ohnehin bestehen. Die einstündigen Folgen liefen über Jahre samstags am Vorabend. Den Sprung in die Primetime schaffte die Serie eher aus Versehen. Als die ARD nach mehr als einem Jahrzehnt die Rechte an der Fußball-Bundesliga zurückerwarb, fiel der bisherige Sendeplatz weg, weil dort nun wieder die Sportschau lief. Nachdem etliche bereits abgedrehte Folgen schon eine Weile herumgelegen hatten, wurden sie schließlich im Herbst 2004 dienstags um 20.15 Uhr gezeigt, die letzte, Folge 138, am 14. Dezember 2004. Danach kam Sommerfeld ab 28. Januar 2005 mit einer losen Reihe von 90-minütigen Fernsehfilmen zurück. Er führt jetzt eine Gemeinschaftspraxis mit Dr. Irene Kürschner (Nina Hoger). Privat steht er zwischen zwei Frauen, die um ihn buhlen: Irene und die PR-Agentin Nora Hansen (Anja Kruse). Von Caroline keine Spur.
Drei Hoffnungen für 2012
Willkommen im neuen Jahr, und ein gutes solches!
Wieder ein Jahr, in dem das deutsche Fernsehen vermutlich die gleichen Sendungen wie vergangenes Jahr zeigen wird, nur öfter. Weil es zu den innovativsten Programmideen der jüngeren Zeit gehört, nicht mehr zwei, sondern drei oder mehr Folgen derselben Serie hintereinander zu zeigen. Dabei ist es ja nicht so, als sei kein Nachschub da. Er wird den deutschen Zuschauern lediglich verwehrt.
Hier sind drei Programme, die die Sender ihren Zuschauern dieses Jahr nicht länger vorenthalten sollten.
1. Modern Family
Der erfolgreichste US-Comedy-Neustart der vergangenen Jahre. Nach nur zwei Jahren schon zweimal als beste Comedyserie mit dem Emmy ausgezeichnet und mit der Seltenheit gesegnet, sowohl von Kritikern als auch vom Publikum geliebt zu werden. Zwei frühere Autoren von Frasier haben sich die Serie über mehrere Zweige einer „modernen“ Familie ausgedacht: Der alternde homophobe Patriarch Jay, der in zweiter Ehe mit einer sexy Kolumbianerin verheiratet ist, die etwas jünger ist als seine Tochter und einen Sohn mit in die Ehe gebracht hat; Jays schwuler Sohn Mitchell, der mit seinem Partner ein asiatisches Baby adoptiert hat; und Jays Tochter Claire, ein Kontrollfreak, deren Mann Phil für die drei Kinder den supercoolen Kumpelvater zu geben versucht und dabei meistens peinlich scheitert, während er hofft, selbst endlich von Jay als Schwiegersohn akzeptiert zu werden. Im angesagten Pseudo-Doku-Stil sprechen die Protagonisten immer wieder ihre Kommentare direkt in die Kamera und konterkarieren damit oft herrlich das in den eigentlichen Szenen Gezeigte.
Den Familienpartriarchen Jay spielt der heute 65-jährige Ed O’Neill, der dazu verflucht war, sein Leben lang Al Bundy bleiben zu müssen, dann aber zur allgemeinen Überraschung plötzlich die Hauptrolle einer Serie übernahm, die nun Ansehen und Erfolg genießt – und tatsächlich enorm witzig ist.
Leider verfügt in Deutschland RTL über die Senderechte, der Marktführer in Menschenverachtung, aber eben auch die Nr.1 in Sitcom-Inkompetenz. RTL zeigt zwar Bühnenprogeramme deutscher Komiker, darüber hinaus gibt es bei diesem Sender aber keine Comedy, und offenbar erwartet sie auch längst niemand mehr. Zuletzt unterbrach RTL die Erfolgsstrategie, seinen Zuschauern gelungene amerkanische Comedyserien vorzuenthalten, 2008 kurz für ein paar Folgen von My Name Is Earl im Spätprogramm, bevor die Serie schnell wieder rausflog. Seitdem kauft RTL nur noch Erfolgscomedys, zeigt sie aber nicht mehr.
Immerhin 60 Folgen liegen von Modern Family bereits vor. Nach gängiger Privatsenderpraxis würde das schon reichen, um die üblichen drei Folgen täglich zu zeigen. Man müsste erst nach knapp einem Monat wieder von vorn anfangen.
…
2. Walulis sieht fern
Streng genommen wurde diese Reihe den Zuschauern nicht komplett vorenthalten. Sie lief donnerstags nach Mitternacht bei Tele 5, aber das ist ja fast das Gleiche.
Die TV-Satire von und mit Philipp Walulis ist eine Mischung aus Kalkofes Mattscheibe, Switch Reloaded und stefan-niggemeier.de und parodiert das Fernsehen nicht nur, sondern entlarvt es auch, zeigt, wo der Zuschauer gezielt getäuscht wird, zum Beispiel in Doku-Soaps, Reality-Shows und natürlich bei Anrufgewinnspielen und Astro TV. Die Clips aus der Sendung und auch die kompletten vier Folgen vom Dezember (mehr gibt’s erst mal nicht) sind bei YouTube zu sehen, wo diese Zwei-Minuten-Zusammenfassung eines typischen Tatorts schon rund eine Viertelmillion Mal aufgerufen wurde. Für das Tele-5-Nachtprogramm wäre das eine Traumquote.
Schon deshalb wäre Tele 5 gut beraten, nicht nur eine zweite Staffel dieser vom Münchner Aus- und Fortbildungskanal afk tv produzierten Reihe zu bestellen, sondern sie auch zu einer prominenteren Sendezeit zu zeigen. Und vielleicht sogar zum Äußersten zu gehen und sie vorab zu bewerben, statt sie wie Anfang Dezember mit nur wenigen Stunden Vorlauf kurzfristig ins Programm plumpsen zu lassen.
Oder noch besser: Die ARD gibt Philipp Walulis eine Chance und eine eigene Sendung. In ihren eigenen Reihen hat sie ihn schon, denn er arbeitet auch für die Sendung DASDING.tv, die im wenig gesehenen SWR Fernsehen zu wenig genutzten Sendezeiten kommt. Daraus stammt dieser grandiose Film über die neuen Features von Facebook.
Leider aber haben die Verantwortlichen der ARD ja meistens keine Zeit, ihre eigenen dritten Programme zu sichten, weil sie viel zu beschäftigt damit sind, das Privatfernsehen nach abwerbbarem Personal zu durchforsten.
…
3. Harry’s Law
Die am wenigsten innovative Reihe in dieser kurzen Liste, aber trotzdem sehenswert. Es ist eine Anwaltsserie von David E. Kelley, die aber ganz anders ist als David E. Kelleys frühere Anwaltsserien Practice – Die Anwälte, Ally McBeal und Boston Legal: Sie spielt nicht in Boston. Das ist dann aber schon alles.
Dem Ensemble steht Kathy Bates als schlecht gelaunte, resolute Anwältin vor, die ihre Kanzlei in einem Schuhgeschäft betreibt (hallo, Ed?), und es gibt die übliche Mischung aus total verrückten Fällen, überdrehten und egozentrischen Charakteren und am Ende wie immer die unvermeidliche David-E.-Kelley-typische emotionale Predigt im Gerichtssaal, in der der Autor kurz vernachlässigt, dass es eigentlich nur um einen Taschendiebstahl oder eine Wiedereinstellungsklage geht und durch seine Hauptfigur seine Sicht der aktuellen amerikanischen Politik darlegt und wie man das Land retten könnte. Das nervt zwar ein bisschen und ist hinlänglich bekannt, aber irgendwie gelingt es Kelley doch immer wieder, Überraschungen, gute Gags und originelle Handlungsstränge einzubauen.
Harry’s Law läuft in den USA seit Januar 2011 und wird spätetestens dieses Jahr im Mai wegen schwacher Quoten abgesetzt, aber über diese kurze Dauer trägt die Serie allemal. Sie würde gut zu Vox passen, auch wenn sie vermutlich selbst dort erst nach 23 Uhr laufen würde.
Dresdner Schnauzen
Seit 2007 (ZDF). Zoo-Doku-Soap aus dem Dresdner Zoo. Vierte ZDF-Variante von Elefant, Tiger & Co. (siehe dort).
Dschungel statt Duschgel
Bata Illic, Björn-Hergen Schimpf, DJ Tomekk, Frau Herzsprung, Julia Biedermann, Eike Immel, Michaela Schaffrath, jemand, noch jemand und sogar noch jemand ziehen heute in den „Dschungel“. Jawohl, es ist soweit: RTL startet die dritte Staffel von Ich bin raus – macht mich wieder zum Star! Und mit ein bisschen Glück schwingen im Dschungel Tarzan und Jane vorbei und Sat.1 kann sich seine nächste Castingshow gleich sparen.
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