Aufmuntern, aufmotzen, aufschlitzen
Die Boulevardblondinen Claudia Effenberg, Giulia Siegel und Maja von Hohenzollern, deren Prominenz sich nur Bild- und Bunte-Lesern erschließt, haben sich alle mal von einem Mann getrennt, und damit sind sie Expertinnen für Trennungen und dürfen anderen Ex-Frauen Rat geben.
Ich bin mal in einen Hundehaufen getreten. Das macht mich demnach zum Experten auf einem anderen Gebiet, und deshalb habe ich eine ungefähre Ahnung, wie ich diese Sendung finden werde.
In Der Club der Ex-Frauen geht es darum, den Verlassenen seelischen Beistand zu leisten und ihnen durch eine optische Auffrischung neues Selbstvertrauen zu geben. Auch ein Punkt, der sich mir nicht ganz erschließt. Senden die Aufgetakelten mit der Verbindung von neuem Styling und Selbstbewusstsein nicht das Signal: „Kein Wunder, dass du verlassen wurdest, so wie du aussiehst“? Letztlich geht es aber doch um Rache. Die RTL2-Programmankündigung verspricht: „Was ist ihm lieb und teuer? Sein neues Auto? Was würde er sagen, wenn sich der schicke Schlitten am Haken des Abschleppwagens auf dem Weg zur Schrottpresse befände?“
Tja, was würde er wohl sagen? Vielleicht würde er sagen: „Ey, wenn ihr sowieso gerade auf dem Weg zum Schrottplatz seid, nehmt doch bitte die Sendebänder vom Club der Ex-Frauen mit!“
Was ist sonst noch neu zu Beginn dieser Fernsehsaison? Sat.1 startet den Vierteiler Zodiak – Der Horoskop-Mörder. Ich habe keine Lust, mich näher damit zu befassen, denn wir erinnern uns noch, was das letzte Mal passierte, als Sat.1 ankündigte, einen Vierteiler zu zeigen. Ja, es soll niemand sagen, ich sei nicht nachtragend.
Was bleibt, ist Günther Jauch. Wer wird Millionär? kommt mit einer Doppelfolge und leicht geänderten Regeln aus der Sommerpause zurück, doch zusätzliche Joker hin oder her: Das Quiz, das heute auf den Tag genau acht Jahre alt wird, ist noch immer eine der unterhaltsamsten Sendungen im deutschen Fernsehen. Und diese Aussage möchte ich einloggen.
Der Club der Ex-Frauen, montags um 20.15 Uhr bei RTL2
Zodiak – Der Horoskop-Mörder, montags und dienstags um 20.15 Uhr in Sat.1
Wer wird Millionär?, montags und freitags um 20.15 Uhr bei RTL.
Augsburger Allgemeine
Das Faszinierende an dem Wälzer: Egal, wie viele schlechte Sendungen man schon gesehen hat, das Eintauchen in die Vergangenheit versöhnt einen mit der oft etwas eintönigen TV-Gegenwart.
Aus den Augen verloren
1995–1996 (Sat.1). Suchshow mit Jörg Wontorra.
Alte Freunde, verlorene Söhne und Schätze, frühere Klassenkameraden, anonyme Retter in der Not, der dunkelblonde Junge vom CD-Regal, sie alle werden gesucht und gefunden, und manchmal ahnt man beim Wiedersehen, dass es doch gelegentlich einen guten Grund gab, warum einer die Brieffreundschaft ganz bewusst versanden ließ oder sich jahrelang nicht bei den Verwandten gemeldet hatte.
Wontorras Fundbüro sollte an den Erfolg von Bitte melde dich anknüpfen, dabei aber bunter, abwechslungsreicher und nicht immer so tränentreibend sein. Und natürlich viel länger: Statt nur eine Stunde wurde doppelt so lang gesucht. Die Show lief meist im Abstand mehrerer Monate sonntags um 20.00 Uhr, insgesamt siebenmal.
Aus für „Harald Schmidt“
Coole reißerische Überschrift, oder? Und total irreführend!
Formal ist sie allerdings zutreffend: Die halbstündige ARD-Sendung Harald Schmidt, die derzeit in vielen Wochen mittwochs und donnerstags um 22.45 Uhr zu sehen ist, wird es ab Herbst nicht mehr geben. Stattdessen startet Ende Oktober die neue Sendung Schmidt und Pocher, die dann wöchentlich donnerstags gezeigt wird und eine Stunde dauert. Schmidt ist Harald Schmidt, bekannt aus Harald Schmidt, Pocher ist Oliver Pocher, ARD-Zuschauern weitgehend unbekannt. Was aus Manuel Andrack wird, sagt niemand.
Ab Oktober müssen sich also zwei sendungsausfüllende Fernsehpersönlichkeiten aus unterschiedlichen Generationen damit abfinden, nur noch jeweils eine halbe eigene Sendung zu haben. Ergänzen werden sie sich prima: Schmidt musste sich nie vorwerfen lassen, ein großer Sympathieträger zu sein, sondern glänzt im Idealfall durch beißende Komik, Sarkasmus und hintergründige Pointen. Pocher ist zwar frech und vorlaut, aber eigentlich jemand, den man zwar unwitzig, aber kaum unsympathisch finden kann.
Ob auch ihre beiden kleinen Zielgruppen mit kleiner Schnittmenge sich zu zu einer größeren Gruppe vereinen werden, ist allerdings fraglich. Denn für Oliver Pocher, der bisher eher dem Raab-Universum als dem Schmidt-Dunstkreis angehörte, bedeutet der Wechsel von ProSieben zum Ersten, sich wohl vom Großteil seiner Fans verabschieden zu müssen. Niemand kann so blauäugig sein zu glauben, die ARD werde dank Pocher plötzlich massenweise junge Zuschauer anziehen. Auch Harald Schmidt hatte vor seinem Wechsel zur ARD mehr junge als alte Zuschauer. Jetzt ist das Verhältnis umgekehrt. Und dass es die Langeweile, die man seiner Show heute oft vorwirft, im letzten Jahr seiner Sat.1-Show noch nicht gegeben habe, kann niemand behaupten.
Das Problem der ARD ist, dass viele junge Zuschauer sie gar nicht kennen, gar nicht auf die Idee kommen, dort könnte irgendetwas gezeigt werden, das sie interessiert.
Als der Film „Shrek“ ein Jahr nach der ARD-Ausstrahlung zum ersten Mal im Privatfernsehen lief, hielten viele jüngere Menschen das für eine Free-TV-Premiere und nutzten die vermeintlich erste Chance, den Film kostenfrei zu sehen. Kosten- und zugleich werbefrei hatten sie sich entgehen lassen. Das gleiche Bild bei „Was Frauen wollen“ und „E-Mail für dich“. Das heißt nicht, dass diese Filme bei der ARD-Ausstrahlung erfolglos waren, sondern nur, dass das Potenzial weitaus größer gewesen wäre. Ebenso wenig heißt das, dass die ARD den Versuch gleich bleiben lassen sollte, Programm für junges Publikum zu machen. Im Gegenteil. Langfristig hat sie keine andere Wahl. Ihr Durchschnittszuschauer hat noch eine Lebenserwartung von etwa 22 weiteren Jahren. Selbst der durchschnittliche Zuschauer der Sendung mit der Maus ist ungefähr 40 Jahre alt. Das heißt auf jeden Fünfjährigen, also auf jedes Mitglied der eigentlichen Zielgruppe der Maus, kommt ein 75-jähriger.
Jede Bemühung, das ARD-Programm auch für jüngere Zuschauer attraktiv zu machen, ist willkommen und richtig. Nur schnelle Wunder sollte niemand erwarten.
Aus Forschung und Technik
1964–1988 (ZDF). Aktuelles Wissenschaftsmagazin von und mit Heinrich Schiemann.
Lange bevor die ARD mit Bilder aus der Wissenschaft ein eigenes Wissenschaftsmagazin ins Programm brachte, hatte das ZDF einen festen Platz und einen kompetenten Macher dafür. Ein Schwerpunkt für Schiemann war die Raumfahrt. Zum Fernsehstar wurde er, als er am 20. Juli 1969 die „Apollo“-Landung auf dem Mond live kommentierte. 1981 wurde Joachim Bublath sein Nachfolger als Leiter und Moderator des Magazins.
Die Sendung lief ungefähr monatlich und wurde von Abenteuer Forschung abgelöst.
Ausbruch aus vier Wänden
Das war gemein. Da geht die erste Staffel von Prison Break zu Ende, und irgendwie kommt die Geschichte, die uns 22 Folgen lang höchst spannend erzählt wurde, auch zu einem Abschluss, aber trotzdem ist sie nicht zu Ende und weiter alles offen und keine Zeit zum Durchatmen. Gut, dass RTL mit der zweiten Staffel nahtlos an die erste anschließt. Nächsten Donnerstag zur gewohnten Zeit geht’s weiter.
Ausgerechnet in Bäumen
Die Bewohner von Cicely wirken wie ausgewechselt. Halt — sie sind es auch. Dr. Joel Fleischman ist ja schon vor langer Zeit weggezogen, aber auch sonst wohnen jetzt andere Leute in Cicely.
Das einzige Flugzeug am Ort fliegt nicht mehr Maggie, sondern Buzz. Ben hat die Kneipe von Holling übernommen. Die lokale Radiosendung moderiert nicht mehr Chris, sondern Patrick, der aber nicht gleichzeitig die Rolle des Coolen von nebenan übernommen hat, sondern eher die des Dorffaktotums, das bisher der Indianer Ed war. Der Coole ist jetzt Jack. Nur weil Franz Müntefering Arbeitsminister und Vizekanzler war, heißt das ja nicht, dass ein einziger Nachfolger beide Ämter füllen kann. Statt Elchen laufen nun Waschbären durch die Straßen. Und dann stößt noch ein Neuling eher zufällig in das eingefahrene Kleinstadtleben. Joel Fleischman war schon da. Diesmal kommt Marin Frist, eine Autorin erfolgreicher Beziehungsratgeber. Übrigens hat auch jemand das alte Ortsschild von Cicely abgeschraubt. Auf dem neuen steht „Elmo“. Doch wir sind immer noch in Alaska.
Was ich damit sagen will, ist, dass Men In Trees das Gleiche ist wie Ausgerechnet Alaska. Kleinstadtidylle, skurrile, eigenwillige Charaktere, und die schwierige Gewöhnung des zugezogenen Großstädters an die besonderen Umstände. Das meine ich nicht negativ, im Gegenteil. Wie viele Serien fallen Ihnen ein, in denen zu Beginn jemand ermordet wird und kluge Kriminalisten dann mit moderner Technik oder auch ohne den Fall aufklären? Es dürften unzählige sein. Und wie viele Serien fallen Ihnen ein, die in romantischer Kleinstadtatmosphäre mit interessanten Figuren zwischenmenschliche Geschichten von Freundschaft erzählen und dabei noch witzig sind? Mir drei: Ausgerechnet Alaska, Ed und Gilmore Girls. Dieses Genre brauchte endlich Nachschub. Heute kommt er. In Form der sehr schönen Serie Men In Trees.
Und wer weiß, vielleicht haben die Macher von Men In Trees das Flair gar nicht bei Ausgerechnet Alaska abgeschaut — und vielleicht ist es trotzdem kein Zufall. Vielleicht sind kleine Käffer in Alaska einfach so.
Wir sollten mal hinfliegen. Nach anfänglicher Skepsis sind Neulinge dort immer sehr willkommen.
Men In Trees, freitags um 22.00 Uhr bei Vox.
Ausgezeichnete Frage
Ihr mögt doch Listen so gerne. Darf ich eine bestellen? Im Blog steht, dass Frasier die meistausgezeichnete Serie in der Emmy-Geschichte ist. Wer folgt denn auf den Plätzen? – Tim
Lieferschein:
• eine Liste mit den Serien, die die meisten Emmys gewannen:
- Frasier (37)
- Mary Tyler Moore (29)
- Cheers (28)
- The West Wing (26)
- Polizeirevier Hill Street (26)
Die Sopranos hätten in diesem Jahr theoretisch an allen außer Frasier vorbeiziehen können. In ihrem letzten Jahr war die Serie 15-mal nominiert, gewann aber nur drei Emmys und bleibt deshalb bei 21 insgesamt. Keine Serie, die noch auf Sendung ist, ist diesen Top 5 auf den Fersen.
Zählen wir nur die Emmys in den wichtigsten Beste-Serien-Kategorien und lassen alle Darsteller-, Buch-, Regie- oder Technik-Emmys weg), sieht die Liste so aus:
- Late Show with David Letterman (6 / Beste Comedy-Music-Variety-Show)
- The Amazing Race (6 / Beste Realityshow)
- Frasier (5 / Beste Comedyserie)
- Daily Show with Jon Stewart (5 / Beste Comedy-Music-Variety-Show)
- Polizeirevier Hill Street (4 / Bestes Drama)
- The West Wing (4 / Bestes Drama)
- L.A. Law (4 / Bestes Drama)
- The Dick van Dyke Show (4 / Beste Comedy)
- All In The Family (4 / Beste Comedy)
- Cheers (4 / Beste Comedy)
Die Listen betreffen die Primetime-Emmys. Für Sendungen des Tagesprogramms gibt es eine eigene Veranstaltung, die „Daytime Emmys“. Dort führt die US-Version der Sesamstraße mit schlappen 109 Auszeichnungen vor der Daily Soap Schatten der Leidenschaft mit 100 Emmys.
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Ausgezurawt
Morgen schon lädt Natascha Zuraw zum letzten Mal in ihre „völlig neuartige Talkarena“ (RTL-PR). Nach nur vier Wochen gibt RTL den halbherzigen Reanimationsversuch des altmodischen Daily Talk mangels Zuschauerinteresse auf.
Schade ist es nur um den sensationell billigen Vorspann, in dem die Moderatorin in wenigen Sekunden alle denkbaren albernen Posen durchspielen darf, inklusive einer klassischen 80er-Jahre-Shampoo-Werbe-Drehung mit wehendem Haar. Noch lässt sich der Original-Vorspann auf RTLnow ansehen. Für die Zeit danach soll dieser Eintrag zumindest die ehrenvolle Erinnerung an dieses Kleinod des Fernsehtrashs wachhalten.
Autopilot
Ein Mann und sein sprechendes Auto kämpfen wieder gegen das Unrecht.
Gerade erst ist beim US-Sender NBC die Neuauflage der alten Sieben-Millionen-Dollar-Frau gescheitert, da schickt derselbe Sender schon den nächsten Jahrzehnte alten Trash an den Start. Heute Abend läuft in den USA eine spielfilmlange Neuverfilmung von Knight Rider, jetzt mit einem schwarzen Mustang Shelby statt einem Trans-Am als KITT (Knight Industries 3000 statt 2000), Val Kilmer als KITTs Stimme, Justin Bruening als Mike statt David Hasselhoff als Michael — und in einer Nebenrolle dann doch noch einmal mit David Hasselhoff höchstselbst als Michael Knight. Der Film dienst als „Backdoor-Pilot“, sprich: Wenn er Erfolg hat, geht Knight Rider wieder in Serie.
Es heißt, der neue Fernsehfilm sehe aus wie ein sauteurer Kinoblockbuster. Vermutlich geht das heute nicht mehr anders. Aber den Charme einer der albernsten Serien mit den meisten logischen und handwerklichen Fehlern der Fernsehgeschichte wird man so natürlich nicht wiederbeleben können.
Bei Sprittwoch gibt es eine wunderbare alkoholgetriebene Fehleranalyse vieler Episoden der Originalserie, die hartgesoffenegesottene Fans mit ebenso viel Liebe wie Abstand zur Serie erstellt haben. Stunden voller Spaß, die die Zeit überbrücken, bis der neue Knight Rider auch zu uns kommt. Heiße Empfehlung.