Auf Bewährung drin
Das eigentlich schon abgesetzte RTL-Strafgericht wird nun doch fortgetzt. Das hat allerdings weniger wie bei diesen Serien mit Fanprotesten zu tun, sondern damit, dass RTL festgestellt hat, dass es ja andere Sendungen im Nachmittagsprogramm gibt, die noch erfolgloser sind, namentlich die Versteckte-Kamera–Legastheniker-Show Ist doch nur Spass.
Es bildet den traurigen Zustand des gegenwärigen Nachmittagsprogramms sehr treffend ab, dass wir an einem Punkt angelangt sind, an dem nicht die erfolgreichsten Sendungen fortgesetzt werden, sondern die am wenigsten erfolglosen.
Auf die lange Bank
Roland Koch hat es geschafft, den ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender loszuwerden. Das bedeutet aber nur einen Teilsieg für den hessischen Ministerpräsidenten. Kochs anderer Antrag, Brender auf einer Streckbank zu foltern, fand im ZDF-Verwaltungsrat überraschend keine Mehrheit.
Screenshots: Quotenmeter.de
Update 15.40 Uhr:
Die Quotenmeter-Buben haben wieder mitgelesen und Überschrift und Einleitung geändert. Der naive Quatsch darunter ist nach wie vor unverändert.
Obwohl der ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender im Oktober 2009 den Friedrichs-Preis bekam, wurde er für eine weitere Amtsperiode nicht verlängert.
Aber obwohl ich gestern Abend einen kurdischen Salat mit Gurken, Paprika, Tomaten und Schafskäse gegessen habe, hatte ich den Rest des Textes ja nicht erwähnt.
Die perfekte Berichterstattung
Wir machen uns hier oft über die vielen Fehler beim „Online-Fernsehmagazin“ Quotenmeter lustig, das es jetzt auch gegen Geld in einer „Plus“-Version mit weniger Werbung und vermutlich noch mehr Fehlern gibt. Wer fair sein will, muss aber auch mal ein Lob aussprechen können, wenn die Kollegen etwas richtig gemacht haben. Wie heute:
Wir haben das überprüft, und es stimmt tatsächlich: Das ganze Jahr hat sich noch kein einziger Zuschauer Das perfekte Dinner bei RTL angesehen!
Dunkeldeutschland
Unsere Anerkennung für den ulkigsten Vergleich des Tages geht an das umstrittene Online-Fernsehmagazin Quotenmeter.de, das über die TV-Sendung des Deutschen Fernsehpreises am 12. Oktober vermeldete:
Die umstrittene Fernsehgala wird im Jahr 2008 wieder vom ZDF ausgestrahlt. (…) Bereits einen Tag zuvor findet die Aufzeichnung im Kölner Coloneum statt. Somit verfährt das ZDF in diesem Jahr wie der in die Kritik geratene US-Fernsehsender NBC, der die exklusiven Olympia-Rechte für Amerika besitzt und keine Liveübertragung – außer im Hauptabendprogramm – zulässt. Die US-Bürger tappen bis zur Fernsehausstrahlung im Dunkeln.
Richtig, denn anlässlich der Austragung der olympischen Spiele in China gibt es vorübergehend auch in den USA kein freies Internet. Klar.
Im Übrigen verfährt das ZDF damit außer wie in den meisten Vorjahren auch ähnlich wie der Tatort, dessen Zuschauer oft ein Jahr nach Abschluss der Dreharbeiten noch im Dunkeln tappen, wer der Mörder ist, bevor der neue Fall ausgestrahlt wird, und ähnlich wie TV total, dessen Fernsehzuschauer nach der Aufzeichnung am frühen Abend stundenlang ohne Pointen auskommen müssen — und oft sogar noch während der Ausstrahlung.
Einstürzende Neubauten mit euphorisierender Wirkung
Mit einer Dokumentation über den 11. September 2001 erreichte das ZDF gestern für seine Verhältnisse ungewöhnlich viele junge Zuschauer. Das ist zunächst einmal eine Tatsache. Dennoch glaube ich, dass die bewertende Formulierung der Überschrift auf Quotenmeter.de nicht unbedingt zutreffend ist, aber schon gar nicht angemessen, wenn es um eine Sendung geht, die ein Ereignis dokumentiert, bei dem fast 3000 Menschen ums Leben gekommen sind:
Update 13. September:
Quotenmeter hat die Überschrift geändert.
Flops verzweifelt gesucht
Der anhaltende Erfolg des einst kleinen Senders Vox lässt sich ganz gut durch folgende Feststellung des Onlinemagazins Quotenmeter veranschaulichen:
Selbst Flops wie ganz & gar Henssler oder die im vergangenen Jahr gezeigte Casting-Show Top Dog kann sich der Kölner Sender (…) leisten.
Bei keinem anderen Sender müsste man ein ganzes Jahr im Programm zurückblättern, um zwei Flops aufzutreiben.
Gleich und gleich verzählt sich gern
Die nachfolgende Presseschau zeigt, wie unterschiedlich die Sender RTL und Sat.1 wahrgenommen werden, und mit welch verschiedenen Maßstäben sie leben müssen.
Die Mediendienste, die für ihre Quotenberichterstattung die von den Privatsendern festgelegte Zielgruppe der 14- bis 49-jährigen Zuschauer bevorzugen, schreiben zum Start der neuen Infoservicedokusoaptainmentformate Die Abzocker — Das sind ihre Tricks! (Sat.1) und Der Arbeitsbeschaffer (RTL), die gestern gleichzeitig um 21.15 Uhr liefen, Folgendes.
Kress:
Eine seltene Erfolgsmeldung für Sat.1: Das neue Servicemagazin „Die Abzocker – Das sind ihre Tricks!“ startete am Mittwochabend mit recht guten 13,4%. Keine gute Premiere gab es hingegen für RTLs „Arbeitsbeschaffer“.
DWDL:
RTL: Arbeitsbeschaffer scheitert kläglich. Endlich ein Erfolg: Sat.1-Abzocker starten gut.
Quotenmeter:
Aufatmen bei Sat.1: «Clever!» und die neue Dokusoap «Die Abzocker» legten einen guten Start hin. Die Kollegen von RTL können dagegen nur teilweise zufrieden sein.
Und das sind die exakten Zahlen der mediendienstrelevanten Zielgruppe, um die es geht:
Der RTL-Arbeitsbeschaffer:
1,79 Millionen Zuschauer, Marktanteil: 13,4 Prozent.
Die Sat.1-Abzocker:
1,79 Millionen Zuschauer, Marktanteil: 13,4 Prozent.
Lichtblicke
Da ich an dieser Stelle zu Beginn des Jahres sehr viel über die ambitionierte, aber teilweise übereifrige RTL-Serie Post Mortem geschrieben habe und nach deren Ende offen für eine Fortsetzung trotz stark gefallener Einschaltquoten plädierte, möchte ich heute kurz einen Gruß an RTL schicken und zu der mutigen Entscheidung gratulieren, tatsächlich eine zweite Staffel zu bestellen.
Und wenn ich schon dabei bin: Der großartige Dr. House erreichte gestern insgesamt deutlich über sechs Millionen Zuschauer und mehr als vier Millionen in der Zielgruppe, die die Werbewirtschaft übermütig Rad schlagen lässt. Das sind in beiden Gruppen so viele wie noch und in letzterer Wetten, dass…-?-Sphären. Noch einmal: Gratulation.
Zwei Dinge, die das komplett entsetzliche RTL-Nachmittagsprogramm für einen Moment vergessen machen.
Macht nix
Ja, Vox ist erfolgreich. Vox steigert seinen Marktanteil kontinuierlich und ist darüber hinaus der Sender mit den größten Zuwächsen im Jahr 2007. Überhaupt der einzige mit nennenswerten Zugewinnen. Und als Vox gestern per E-Mail für Anfang 2008 ein großes Senderjubiläum ankündigte, ging mir durchaus durch den Kopf, dass der Sender es mit Recht ordentlich krachen lassen kann.
Ob man daraus aber gleich diese Überschrift machen muss?
Aber vielleicht werfe ich auch einfach zwei Themen durcheinander…
Nanu
Pro Sieben hat doch tatsächlich eine zweite Staffel der schönen, aber erfolglosen Serie Dr. Psycho bestellt, berichten heute mehrere Mediendienste fast im Gleichlaut. Die Nachricht kommt nur wenige Wochen nach der von RTL, das ambitionierte Post Mortem trotz des Quotensturzfluges fortsetzen zu wollen. Sollten die Sender etwa wirklich damit angefangen haben, statt der Quoten sich die Serien selbst anzusehen?
Das gibt Hoffnung, dass die ARD der grandiosen, mit dem Deutschen Fernsehpreis und dem Grimme-Preis ausgezeichneten, aber leider kaum gesehenen Vorabend-Comedy Türkisch für Anfänger noch eine weitere Staffel gönnt. Wo sonst sollen wir in Zukunft Sätze hören wie „Warte noch einen Augenblick, ich will so doof aussehen wie Frauke Ludowig“ und „‚Der Untergang‘. Total schlecht recherchiert. Aber es gibt ja sowieso viel zu wenig gute Nostalgiefilme über diese Zeit“.