Schweine im Weltall
Es ist schwer, etwas über das „Selbstwertfernsehen“ Kanal Telemedial zu schreiben, weil man nach kurzer Ansicht schon derart fassungslos ist, dass die Worte fehlen.
Meistens lassen sich dort bemitleidenswerte Zuschauer viel Geld aus der Tasche ziehen, indem dubiose Gestalten ihnen ihre „Zukunft“ ins Bewusstsein reden, aber oft passieren Dinge, die man nicht versteht, aber irgendwie den größenwahnsinnigen Senderchef Thomas Hornauer persönlich beinhalten, der der Meinung ist, es sei ein Geschenk, für nur zwei Euro pro Minute mit ihm sprechen zu dürfen, denn eigebtlich sei eine Minute Gespräch mit ihm mindestens 2000 Euro wert.
Heute Nacht trommelte er minutenlang so stumpfsinnig wie monoton vor sich hin, wozu so etwas wie Schmerzensschreie ertönten und in der Mitte des Bildschirms der Hinweis stand, dass man dieses „musikalische Kunstwerk“ bestellen könne. Derweil lief am unteren Bildschirmrand folgende Laufschrift durch:
Liebe Telemedialfreunde. Auf Grund der jüngsten Ereignisse hat sich Thomas G. Hornauer noch nicht entschieden, heute live auf Sendung zu gehen. Thomas G. Hornauer ist im Studio und die Chancen, dass heute eine Live-Sendung stattfinden wird, stehen fünfzig zu fünfzig.
Aha. Keine Ahnung, welche jüngsten Ereignisse das waren, und auch keine Ahnung, wie er sich entschieden hat, aber ich muss dann wohl versehentlich für einen Augenblick etwas Sinnvolles getan haben, denn als ich das nächste Mal hinsah, saß ein verwirrter Mann, bei dem es sich wieder um Senderchef Thomas Hornauer handelte, hinter einem runden Schreibtisch, von Kerzen flankiert, und tat so, als sei sein Tisch ein Raumschiff, die Kerzen Triebwerke und er Major Tom.
Wie gesagt, mir fehlen die Worte. Aber vielleicht stürzt er ja auf einem fernen Planeten ab und bleibt da.
Schwestern
1990 (ProSieben). 13-tlg. US-Schwesternserie von Aaron Spelling und Douglas S. Cramer („Nightingales“; 1989).
Die Krankenschwesternschülerinnen im Wilshire Memorial Hospital in Südkalifornien wissen, dass es Wichtigeres im Leben gibt, als Menschenleben zu retten. Sex zum Beispiel. Oder wenigstens Aerobic. In jedem Fall häufiges Umziehen. Sie tun dies im „Nightingale House“ und haben oft schon Erstaunliches erlebt: Bridget Loring (Susan Walters) hat gegen einen Ganoven ausgesagt und lebt nun dank eines Zeugenschutzprogrammes mit neuer Identität; Samantha „Sam“ Sullivan (Chelsea Field) ist eine trockene Alkoholikerin, die nebenbei als Tänzerin arbeitet, um ihre Tochter Megan (Taylor Fry) zu unterstützten. Außerdem dabei: Die Blondine Allyson Yates (Kim Ulrich), das naive Landei Rebecca „Becky“ Granger (Kristy Swanson) und die Latino-Schönheit Yolanda „Yo“ Puente (Roxann Biggs). Schuldirektorin Christine Broderick (Suzanne Pleshette) versucht, die Dinge unter Kontrolle zu halten, ist selbst aber immer noch in ihren Ex Dr. Paul Petrillo (Gil Gerard) verliebt. Wenigstens sorgen Oberschwester Leonore Ritt (Fran Bennett) und Personalchef Dr. Garrett Braden (Barry Newman) für etwas Disziplin.
Je einstündiger Trash aus dem Hause Spelling.
Schwul macht cool — Die fabelhaften Vier
2003 (RTL2). Styling-Show. Clifford Lilley, Eric Schmidt-Mohan, Peter Sperlich und Lars Schwuchow, alle Experten für Styling und Lifestyle und alle schwul, bringen heterosexuelle Machos auf Vordermann, polieren ihre Optik auf, ziehen sie ordentlich an, bringen ihnen Manieren bei, und machen sie so zu Frauenschwärmen.
Die einstündigen Dokumentationen der Verwandlung liefen montags zur Primetime. Die Reihe basierte offensichtlich (aber nicht offiziell) auf dem US-Format „Queer Eye For The Straight Guy“, das im Sommer 2003 der Überraschungserfolg des Kabelsenders Bravo war.
Schwupps!
1999–2000 (TM3). Eine der zahlreichen Shows, in der lustige Pannen auf Heimvideos gezeigt wurden. Direkter Nachfolger von Bitte lächeln — mit dessen erstem Moderator: Mike Carl. Später übernahm Giulia Siegel.
Lief werktags um 19.45 Uhr.
Schwurgericht
1995—1998 (Sat.1). 25-tlg. dt. Krimireihe von Nikolaus Stein, die die Fälle aus der Sicht der Staatsanwälte erzählt.
Ähnlich wie beim Tatort spielte die Serie an verschiedenen Orten und mit verschiedenen Protagonisten. Es ermittelten: Staatsanwältin Johanna Hohenberg (Uschi Glas), Staatsanwältin Anne Schickedanz (Mariele Millowitsch), Staatsanwalt Adolf von Meck (Klaus Wennemann), Dorothee Rathenau (Thekla Carola Wied), Staatsanwalt Pigge (Dietz-Werner Steck) und Hauptkommissar Leweke (Max Herbrechter), Staatsanwältin Katharina Dorn (Jenny Gröllmann) und Referendar Roth (Christian Wittmann). Als verbindende Rahmenfigur tauchte in mehreren Fällen Oberstaatsanwalt Hunziger (Oliver Stritzel) auf.
Mitte der 90er-Jahre traute sich Sat.1 noch einiges zu. Der Sender brach nicht nur mit dem jahrzehntelangen Brauch, das Abendprogramm um 20.15 Uhr beginnen zu lassen („Volle Stunde, volles Programm“), sondern wollte auch den Tatort mit eigenen Waffen und auf dessen eigenem Sendeplatz schlagen. Der Werbeslogan lautete: „Verlassen Sie den Tatort, jetzt kommt das Schwurgericht“ — bis die ARD eine einstweilige Verfügung dagegen erwirkte. Der Versuch scheiterte, die Reihe wurde 1997 wegen schlechter Quoten abgesetzt. Sat.1 versendete die fertigen Folgen später einzeln oder unter dem losen Reihentitel „Der Mordsfilm“, einige bekamen hübsche neue Titel wie „Saskia – Schwanger zum Sex gezwungen“ oder „Bruder, ich brauche dein Blut“, die der Quote auch nicht halfen. Die drei Folgen mit Uschi Glas liefen ganz ohne Reihentitel – vermutlich hätte er nur geschadet.
Scooby-Doo, wo bist du?
1990–1991 (RTL). 25‑tlg. US-Zeichentrickserie („Scooby-Doo, Where Are You?“; 1969–1970).
Die Teenager Shaggy, Daphne, Freddy und Velma ziehen mit ihrem Hund Scooby-Doo in einem Wohnmobil durch die Gegend. Sie klären mysteriöse Geschehnisse auf, jagen Gauner, flüchten vor Monstern und suchen immer wieder ihren feigen Hund, wenn er sich versteckt.
Produktion aus den Hanna-Barbera-Studios, die auch für Erfolge wie Familie Feuerstein und Tom und Jerry verantwortlich zeichneten. Scooby-Doo erreichte Deutschland erst vergleichsweise spät, dann aber reichlich und ziemlich durcheinander. Nach diesen ersten 25 Folgen entstanden mehrere Neuauflagen und Nachfolgeserien, die teilweise in Deutschland schon vorher gezeigt worden waren, so Die Scooby-Doo-Show und Scooby und Scrappy-Doo. Weitere Serien waren The New Scooby-Doo Movies, Ein Fall für Scooby-Doo, Die 13 Geister des Scooby-Doo, Spürnase Scooby-Doo und What’s New, Scooby-Doo?.
Scrubs — Die Anfänger
Seit 2003 (Pro Sieben). US-Comedyserie von Bill Lawrence („Scrubs“; seit 2001).
John „J.D.“ Dorian (Zach Braff) und Chris Turk (Donald Faison) sind schon seit der Schule beste Freunde. Jetzt arbeiten sie als Ärzte im Praktikum in derselben Klinik, J.D. als Allgemeinmediziner, Turk als Chirurg. Ebenfalls neu im Praktikum ist Elliott Reid (Sarah Chalke), für die J. D. schwärmt, mehr passiert aber lange nicht, dann doch, dann doch wieder nicht. Turk bandelt sofort mit der Krankenschwester Carla Espinosa (Judy Reyes) an. Klinikchef ist der arrogante Dr. Bob Kelso (Ken Jenkins). Als seinen Mentor guckt sich der permanent unsichere J.D. Dr. Perry Cox (John C. McGinley) aus, der sich streng und unnahbar gibt und J.D. abwechselnd mit „Flachzange“ und wechselnden Frauennamen betitelt. Dass er in Wirklichkeit viel von J.D. hält, lässt er sich nicht anmerken. Der Hausmeister (Neil Flynn) kann J.D. überhaupt nicht leiden und hat ihn ständig auf dem Kieker.
Witzige Serie, die mit vielen Spezialeffekten arbeitet, die J.D.s Gedanken und Gefühle visualisieren und z. B. einen explodierenden Kopf oder sein Gegenüber in Teufelsgestalt zeigen. J.D. ist außerdem als Erzähler aus dem Off zu hören.
Zwei Staffeln mit halbstündigen Folgen liefen dienstags gegen 22.00 Uhr, die dritte zum größten Teil werktags am Vorabend, und seit Ende der dritten zeigte Pro Sieben die Serie samstags nachmittags mit je zwei Folgen hintereinander. Dort war sie so erfolgreich, dass Pro Sieben sie zur siebten Staffel zurück ins Abendprogramm bringt, jetzt mittwochs um 22.45 Uhr.
SeaQuest DSV
1994–1997 (RTL). 57-tlg. US-Sciencefiction-Serie von Rockne S. O’Bannon („SeaQuest DSV“; 1993–1995 / „SeaQuest 2032″; 1995).
Im Jahr 2018 existieren die ersten Kolonien unter Wasser. Das Unterseeschiff SeaQuest dient gleichzeitig ihrer Sicherheit und wissenschaftlichen Zwecken. Captain Nathan Bridger (Roy Scheider) hat das Kommando, zur Besatzung gehören die Wissenschaftsoffizierin Dr. Kristin Westphalen (Stephanie Beacham), Commander Jonathan Ford (Don Franklin), Lt. Catherine Hitchcock (Stacy Haiduk), das junge Computergenie Lucas Wolenczak (Jonathan Brandis), Sicherheitschef Manilow Crocker (Royce D. Applegate), Benjamin Krieg (John D’Aquino) und Tim O’Neill (Ted Raimi). Als Leutnant zur See gehört zur Mannschaft noch Darwin, ein Delfin, den Bridger vor Jahren aus einem Fischernetz befreit hat. Eine Erfindung von Lucas übersetzt Darwins Delfinlaute in menschliche Sprache und umgekehrt.
Die SeaQuest wird später bei einer Ozeankatastrophe zerstört und durch ein kleineres Schiff ersetzt. Westphalen, Hitchcock, Krieg und Manilow sind auf dem neuen Schiff nicht mehr dabei, dazu gekommen sind James Brody (Edward Kerr), Tony Piccolo (Michael DeLuise), Dr. Wendy Smith (Rosalind Allen), Dagwood (Peter DeLuise), Ortiz Miguel (Marco Sanchez) und Lonnie Henderson (Kathy Evison). 13 Jahre später, im Jahr 2032 – Bridger ist inzwischen in Rente – ist Oliver Hudson (Michael Ironside) für kurze Zeit neuer Kapitän.
Man wusste im Nachhinein, was man an Flipper hatte, der immer Freunde hatte, die sein delfinisch verstanden und aus einem kurzen Schnattern und Flöten heraushören konnten, dass dreieinhalb Meilen in nordöstlicher Richtung ein Segelboot mit vier Kindern an Bord in Seenot geraten war. Die Kommunikation mit Darwin war zwar technisch ausgefeilter, inhaltlich aber desillusionierend. Als der Delfin einmal zu sterben droht, sagt Darwin zum Captain Dinge wie „Bridger ist Familie“ und „Darwin liebt Bridger“, und gerade, als es scheinbar gar keine Hoffnung mehr gibt, kommt Darwins Mutter mit ein paar rettendenden Algen angeschwommen, und Bridger sagt: „Hallo, Mama“.
Produzent der Serie war Steven Spielberg. Die einstündigen Folgen liefen am Samstag- bzw. Sonntagnachmittag, nachdem die ersten vier Folgen mittwochs zur Primetime durchgefallen waren.
Sechs Thesen zu Lutter
• Joachim Król ist ein sehr populärer Schauspieler, der ZDF-Samstagskrimi eine beliebte Sendeform. Wenn Herr Król also im neuen Samstagskrimi Lutter die Hauptrolle spielt, kann eigentlich nichts schiefgehen.
• Irgendwann wird ein Fernsehkommissar total crazy aus dem Rahmen fallen, der ganz normal Dienst nach Vorschrift macht und den Mörder trotzdem fängt. Lutter jedenfalls ist wieder einer dieser unkonventionellen Ermittler, die in Krimis ein derartiges Monopol haben, dass dies schon wieder sehr konventionell ist.
• Wirtschaftskriminalität als Samstagabend-Unterhaltung ist einfach nicht sexy.
• 45 oder 60 statt 90 Minuten würden auch reichen.
• Der zweite Fall, den das ZDF am 17. März zeigt, ist wesentlich kurzweiliger und durchschaubarer und hätte sich zum Start besser geeignet.
• Joachim Król ist aber nicht nur ein sehr populärer, sondern auch ein hervorragender und sehr sympathischer Schauspieler, dem man trotz allem gern zusieht, egal was er spielt.
Lutter, Samstag um 20.15 Uhr im ZDF.
Sechs Wochen auf Bewährung
War es Zufall, dass nach Uli Hoeneß‘ Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung die Zahl der Selbstanzeigen wegen Steuererziehung in Deutschland deutlich zunahm? Sicher nicht. Dann ist es bestimmt auch kein Zufall, dass seit Uli Hoeneß‘ Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe die Anzahl der Gefängnisserien im deutschen Fernsehen deutlich zunimmt. Erst vergangene Woche begann Sky Atlantic mit der deutschen Erstausstrahlung der 17 Jahre alten US-Serie Oz – Hölle hinter Gittern, heute startet bei RTL die neue Serie Der Knastarzt (21.15 Uhr, geplant sind zunächst sechs Folgen). Vielleicht ist die Ansiedlung einer RTL-Serie im Gefängnis aber auch nur die logische Konsequenz daraus, dass die RTL-Macher für viele ihrer letzten Serienversuche eigentlich eingebuchtet gehört hätten.
Der Doktor und sein Schließer. Foto: RTL
Die Handlung von Der Knastarzt erklärt man am besten so: Haben Sie die Folge von Dr. House zu Beginn der achten Staffel gesehen, als House im Knast einsitzt, aber auch dort einen Patienten heilt? So. Hier geht es so ähnlich: Ein junger neureicher Arzt, gespielt von Bernhard Piesk, muss wegen Mordes ins Gefängnis, obwohl er doch nur eine alte Frau von ihrem Leiden erlöst hatte. Im Knast macht ihn die Anstaltsleiterin zum inhaftierten Gefängnisarzt, weil sie kein Geld hat, um einen angestellten Gefängnisarzt zu beschäftigen. Und so muss sich der neue Knastarzt durch ein paar mysteriöse Krankheitsverläufe housen, bis er am Ende eine Lösung findet.
Die Serie beginnt als leichtes Drama und hebt sich schon damit deutlich vom letzten Serienversuch Schmidt – Chaos auf Rezept ab, der als seichte Comedy begann und nur eine Woche später endete. Schon in der zweiten Folge bleibt Der Knastarzt gar nicht so leicht und zeigt auch die düsteren Seiten des Gefängnisalltags. Meine Zuchthauserfahrung reicht nicht aus, um beurteilen zu können, wie realistisch die Darstellung ist, aber meine medizinische Erfahrung reicht ja auch nicht aus, um den Arztserienanteil professionell zu beurteilen, also was soll’s. Natürlich bedient sich die Serie auch der üblichen Klischees, aber immerhin bemüht sie sich nicht gleichzeitig um jeden Preis, mit schnellen Schnitten und anderen „innovativen“ Stilmitteln aus dem Rahmen zu fallen, wie es zuletzt zu oft der Fall war. Die konventionelle, vergleichsweise ruhige Erzählweise macht den Knastarzt heutzutage beinahe schon wieder unkonventionell.
Bernhard Piesk misslingt es zwar, seiner Figur irgendetwas zu verleihen, das mir als Zuschauer ihm gegenüber eine Gefühlsregung abringen würde (vielleicht ist das der Grund, warum der eindeutige Hauptdarsteller im Vorspann erst an vierter Stelle auftaucht), aber dafür ist Michael Starkl als hinterhältiger Schließer auf einem guten Weg, einer der viel gehassten Fernsehfieslinge zu werden. Die Figur darf nur nicht im weiteren Verlauf ins Fanlager des Knastarztes überlaufen. Wenn nicht, tu ich es nämlich vielleicht.