Gülcan und Collien ziehen aufs Land
Seit 2008 (ProSieben). Klischee-Doku.
Die verwöhnten Musikfernsehmoderatorinnen Gülcan Kamps und Collien Fernandes leben für einige Wochen ohne Komfort auf einem ländlichen Bauernhof bei Familie Estermann in Graichbach im Chiemgau. Die einstündigen Folgen zeigen die unbeholfenen Versuche der jungen Damen, Kühe zu melken, den Stall auszumisten, Eier aufzuschlagen und einen Tag zu überstehen, ohne sich alle fünf Minuten die Haare zu waschen und das Make-up aufzufrischen.
Lief dienstags um 20.15 Uhr. Hieß in Amerika The Simple Life und verfrachtete Paris Hilton und Nicole Richie aufs Land.
Güllcan: Simpel live
Ich bin jetzt schon gespannt, wie vehement der Widerspruch in den Kommentaren sein wird, wenn ich behaupte, Gülcan Kamps sei nicht halb so nervig wie Paris Hilton.
Bild: ProSieben/Oliver S.
Der Vergleich zwischen Gülcan und Paris hinkt an vielen Stellen. Die offensichtlich durch The Simple Life mit Paris Hilton und Nicole Richie „inspirierte“ ProSieben-Reihe Gülcan und Collien ziehen aufs Land funktioniert schon im Ansatz nicht: Der Reiz, zwei verwöhnte Millionärstöchter, die ihr Leben lang keinen Finger rühren mussten, mitten im Mist zu sehen, ist nicht gegeben, wenn man bedenkt, dass Gülcan und Collien durchaus Finger rühren mussten. Beide sind Einwanderertöchter, Gülcans Vater ernährte die Familie mit seinem Einkommen als Taxifahrer in Travemünde. In Saus und Braus ist Gülcan Kamps, geborene Karahanci, mit Sicherheit nicht aufgewachsen, und den Reichtum, in dem sie seit einigen Jahren lebt, hat sie sich, so lustig es klingt, selbst erarbeitet. Ferner ist Gülcan, wie schon an anderer Stelle zu lesen war, die Älteren werden sich erinnern, nicht halb so nervig wie Paris Hilton, und abgesehen davon ist dies natürlich nicht die erste Fernsehsendung mit Gülcan oder Collien, in der viel Mist zu sehen ist.
In der Umsetzung funktioniert es dann trotzdem, weil die Sendung ausschließlich mit dem Holzhammer produziert wurde: Gülcan und Collien spielen die verwöhnten Dummchen, sagen Sätze wie „Ich will jemanden, der meinen Koffer trägt, so wie immer“, fürchten sich vor Spinnen, wissen nicht, wie man ein Ei aufschlägt und tragen auch im Stall tief ausgeschnittene Tops, was wahrscheinlich ebenso eine Anweisung des Senders war wie die an die Bauernfamilie Estermann, geschlossen in Tracht aufzutreten und dazu so tiefes Bayerisch zu sprechen, dass Untertitel nötig sind. Off-Sprecher und Schnitte amüsieren sich derweil über die Schnitten.
Leider funktioniert es maximal 20 Minuten, dann hat man im Grunde alles gesehen, was kommen kann. Da ist die Sendung aber noch nicht einmal halb zu Ende, und wenn sie es endlich ist, wird schmerzlich bewusst, dass dies erst die erste Folge einer ganzen Serie war. Stimmt, die Mädels müssen ja noch lernen, an welchem Ende man eine Mistgabel korrekt anpackt.
Natürlich ist es ein bisschen traurig, dass Gülcan und Collien für die Arbeit auf dem Bauernhof, die sie schlecht machen, vermutlich wesentlich großzügiger entlohnt werden, als die Bauern, die dieselbe Arbeit gut machen. Dabei darf man natürlich nicht vergessen, dass der eigentliche Beruf der beiden ja nicht die Landwirtschaft ist. Ihr eigentlicher Beruf, für den sie entlohnt werden, ist es, im Fernsehen reiche Tussis zu spielen. Und diesen Job machen sie vorbildlich und unterhalten damit Millionen.
Die Bauern ernähren uns ja nur.
Gürkisch für Fortgeschrittene
Opa: „Ihr habt mich im Auto vergessen!“
Doris: „Vati, wir haben das Fenster doch extra einen Spalt offen gelassen, damit du Luft kriegst.“
Nach eineinhalb Jahren Pause fragen jüngere Menschen in Deutschland ihre Eltern wieder, auf welchem Programmplatz man eigentlich das sog. „Erste“ findet, denn Türkisch für Anfänger ist wieder da!
(Streng genommen ist die Serie schon seit ein paar Wochen wieder da, aber heute beginnt die Erstausstrahlung einer neuen Staffel.)
Fotos: ARD/Richard Hübner
Die neuen Folgen dieser anderen hervorragenden Serie von Doctor’s Diary-Erfinder Bora Dagtekin laufen ab heute wieder dienstags bis freitags um 18.50 Uhr im Vorabendprogramm der ARD, der man dafür huldigen muss.
Und so geht’s weiter: Total beschissen. Zumindest trägt die erste neue Folge den Titel „Die, in der es total beschissen weitergeht“. Sie ist aber in Wirklichkeit so großartig, wie wir es von dieser Grimme- und Fernsehpreis-geehrten Serie gewohnt sind. Lena, genannt „Gurke“, hat endlich das Abi, im Gegensatz zu ihrem Schwarm Cem, dessen Vater Cems Scheitern die Laune verdirbt, als die Familie eigentlich zur Abifeier aufbrechen will.
Doris: „Nimm’s nicht so schwer. Der Junge ist zeugungsfähig. Das ist doch viel wichtiger für Deutschland.“
Metin: „Vielleicht fange ich an zu trinken.“
Doris: „Oh, da mache ich mit. Gurke, ich bleibe auch hier!“
Lena: „Gut, dann kannst Du mich nicht lächerlich machen.“
Und Gurkes Stiefschwester Yagmur träumt von einem romantischen Heiratsantrag ihres geliebten Stottergriechen Costa.
Yagmur: „Dann wird er diesen wunderbaren Diamanten rausholen, für den sich seine Familie hoch verschuldet hat, weil ich es wert bin.“
Lena: „Für dich kein Sat.1 mehr.“
Eben. Ab heute am Vorabend nur noch ARD. Die 16 neuen Folgen erstrecken sich über dreieinhalb Wochen. Und wer dieses sog. „Erste“ tatsächlich nicht findet: In vier Wochen erscheint die gesamte Staffel bereits auf DVD.
G-viertel-nach-8
Und da sagt man immer, die Privatsender kümmerten sich nicht um politische Themen. Anlässlich des G8-Gipfels in Heiligendamm zeigt Sat.1 heute zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr… eine romantische Komödie. Nun gut.
In „Frühstück mit einer Unbekannten“ kommen sich Jan Josef Liefers und Julia Jentsch näher und engagieren sich nebenbei gegen Armut in Afrika. Außerdem spielt Iris Berben als Kanzlerin mit, was ihr die Chance gibt, auch dieses Jahr wieder für den Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie „Iris Berben“ nominiert zu werden, den abwechselnd sie und Hannelore Elsner gewinnen.
Aber ich schweife ab.
Es ist natürlich nichts Schlechtes, ein bisschen Relevanz ins Unterhaltungsprogramm zu bringen. Die grandiose Vox-Serie Boston Legal macht jeden Mittwoch eindrucksvoll vor, wie man ernsthafte Auseinandersetzungen über Religionsfreiheit, Völkermord oder die Beschneidung von Bürgerrechten in eine Stunde herrlichen Klamauks einbettet.
Doch heißt das, dass Günther Jauch zu einer Spezialausgabe von Wer wird Millionär? bald vier Vertreter des Nahost-Quartetts begrüßt? Und dass bei Wetten, dass…? Til Schweiger raten muss, ob es dem Kandidaten Thomas aus Zug innerhalb von drei Minuten gelingen wird, mit einem Schaufelbagger den Klimawandel zu stoppen?
Ich bin sehr gespannt…
G8? Treffer. O5? Treffer. J8? Versenkt.
G8 macht Spaß. Diesen Eindruck kann man gewinnen, wenn man sich mal die Mühe macht und in diesen Tagen nicht die offizielle G8-Berichterstattung anschaut, also nicht die Sendungen, die mit ihren Anchormen/-women am Zaun von Heiligendamm sind, sondern die etwas abseitigen Sendungen. So wie gestern Abend das manchmal ganz nette Polylux. Frage: Wogegen demonstrieren eigentlich die lustigen bunt gekleideten fusselbärtigen Studenten/Lehrer/Sozialpädagogen? Die Antwort: Keine Ahnung, aber die Party ist gut.
Eine andere Frage konnte mir aber leider auch Polylux nicht beantworten: Ist es eigentlich Pflicht, dass jede Globalisierungsgegnergruppe mindestens einen Jongleur mit sich führen muss?
Wer gestern übrigens wie ich kurzfristig den Eindruck gewann, der Admiral’s Cup würde noch laufen, der täuschte sich. Das waren gar nicht die Begleitboote der sündteuren Rennsegler, die sich da vor der Ostseeküste ein Rennen lieferten. Bemerkt hatte ich meinen Denkfehler erst, nachdem in dem kleinen Fenster links neben Bush und Blair zehn Minuten lang kein einziges Segelboot zu sehen war.
Und damit zum Sport:
Speedboat: GP von Heiligendamm.
Erster Platz: die Wasserschutzpolizei Mecklenburg-Vorpommern.
Zweiter Platz: Greenpeace (sechs Leichtverletzte, inzwischen aus dem Krankenhaus entlassen).
Meanwhile back in Düsseldorf: Hermann Joha, Produzent der Fernsehserie Alarm für Cobra 11 prüft die Machbarkeit einer Actionserie mit Polizeischlauchbooten. Demnächst bei RTL.
Gabi Bauer
2002–2003 (ARD). Halbstündige Talkshow mit Gabi Bauer und jeweils einem Gast, die sich an einem großen Tisch gegenüber sitzen.
Die frühere Tagesthemen–Frau folgte auf Joachim Gauck und sollte ebenfalls kluge Gespräche mit Politikern führen, die aber ruhig massentauglicher sein durften. Sie versuchte häufig, mit Requisiten, Aktionen oder Filmeinspielern Anstöße für das Gespräch zu geben. Doch das Zuschauerinteresse blieb gering, auch die Kritiker waren nicht sehr angetan. Nach einiger Zeit wurde der Kreis der Gesprächspartner von Politikern auch auf andere Prominente ausgeweitet, ab dem Sommer 2003 saßen Bauer meist zwei Gäste gegenüber.
Die Reihe lief zunächst alle zwei Wochen mittwochs um 23.00 Uhr, im Wechsel mit Friedman. Als Michel Friedman wegen einer Drogenaffäre seine Sendung abgab, talkte Bauer von Ende August 2003 an jeden Mittwoch, aber nur noch drei Monate lang, dann ging sie in eine Winterpause, aus der sie auf eigenen Wunsch nicht zurückkehrte.
Gähnende Lehre
Man könnte die Frage aufwerfen, was eigentlich eine „Sommer-Comedy“ ist. Als solche kündigt RTL seine Serie Der Lehrer an, die im Herbst spielt und im Frühling 2007 gedreht wurde. Aber dazu müsste man vorher mal geklärt haben, was genau man überhaupt unter „Comedy“ versteht. Bei RTL verhält es sich offenbar so, dass alle Formate mit einer Sendelänge von 30 Minuten automatisch als Comedy deklariert werden, und das ist auch schon die einzige Voraussetzung. Der Lehrer ist zwar nicht durchweg langweilig, aber in einer „Comedy“ hätte man vielleicht gelegentlich eine Pointe erwartet.
Foto: RTL
Die neue Lehrer-Schüler-Serie fällt vor allem durch die gängigen Schulklischees auf, die schon ausgelutscht waren, als Unser Lehrer Doktor Specht noch praktizierte. Hendrik Duryn als Lehrer Vollmer ist zwar auch nicht realistischer als Doktor Specht, nervt aber wenigstens nicht so wie Robert Atzorn. Erwarten Sie trotzdem keine Überraschungen.
Der Lehrer ist wieder eine dieser Serien, die irgendwann produziert und dann sehr lange ungenutzt ins Archiv gelegt wurden. Vielleicht liegt sie da in Wirklichkeit auch schon 40 Jahre, und nicht nur zwei, denn die Schüler nennen ihre Lehrer allen Ernstes noch „Pauker“. RTL will ab heute acht der neun gedrehten Folgen zeigen, jeden Montag zwei. Was mit der neunten geschieht, ist ungewiss, aber wenn die Quoten schlecht sind, ist ja auch schon ungewiss, was mit allen ab der fünften passiert. Sollten die Quoten stimmen, müsste für eine neue Staffel wahrscheinlich eine neue Besetzung für die Schulklassen her. Die alten Darsteller dürften mittlerweile im Ruhestand sein.
Der Lehrer, montags um 21.15 Uhr bei RTL.
Gala
1991–1992 (ARD). Comedy-Variety-Show mit Harald Schmidt. Mit vielen prominenten Gästen zieht Schmidt jeweils ein Thema durch den Kakao. Ständige Gäste sind die Jacob Sisters, die zu allem was zu singen haben.
Die Show lief in unregelmäßigen Abständen insgesamt viermal samstags gleich nach dem ernsten Wort zum Sonntag. Das konnte ja niemand begreifen. Schon die erste Sendung, die unter dem Motto „Weihnachten mit Harald Schmidt“ stand, verursachte ein enormes Missverständnis. Darin wurde eine Benefizveranstaltung persifliert und zur Unterstützung der „Russlandhilfe“ aufgerufen. Bei Radio Bremen gingen noch am selben Abend tatsächliche Spenden in Höhe von 200 000 DM ein. (Und ein paar Monate später ein Grimme-Preis mit Bronze.) Es folgten noch „Heiraten mit Harald Schmidt“, die Fernseh-Preis-Parodie „Der goldene Roland“ und „Hauptstadtfeier mit Harald Schmidt“.
Galerie der großen Detektive
1954–1955 (ARD). 7-tlg. dt. Krimireihe von Peter A. Horn.
In abgeschlossenen und unverbundenen Episoden klären die großen Detektive der Kriminalliteratur verschiedene Fälle auf. Den Anfang machen Sherlock Holmes (Ernst Fritz Fürbringer) und Dr. Watson (Harald Mannl), es folgen Auguste Dupin, David Wilson, Pater Brown, Inspektor Bucket, Sergeant Cuff und Hercule Poirot.
Jede Folge dieser frühen Krimireihe in den Anfangstagen des Fernsehens wurde noch live gespielt. Unregelmäßiger hätte sie kaum sein können: Sie lief in loser Folge an wechselnden Tagen zu unterschiedlichen Startzeiten in der Hauptsendezeit, die Sendelänge schwankte zwischen 25 und 50 Minuten.
Galileo
Seit 1998 (ProSieben). Wissenschaftsmagazin. Komplexe Themen werden spannend und für Laien verständlich aufbereitet.
Gegen die Boulevardmagazine der Konkurrenz setzte Pro Sieben am Vorabend auf eine Mischung aus Sendung mit der Maus und Explosiv, für die Moderator Aiman Abdallah anfangs mit dem Begrüßungssatz stand: „Wissen ist Macht, und mein Name ist Aiman Abdallah.“ Zu Beginn orientierten sich die Themen oft an der Nachrichtenlage und erklärten z. B. bei einem gerade irgendwo tobenden Hurrikan, warum es in Deutschland keine Wirbelstürme gibt. Später reduzierte sich der Anspruch in der Regel darauf, zu zeigen, wie Überraschungseier hergestellt werden, mit freundlicher Unterstützung des Überraschungseier-Herstellers.
Trotz vergleichsweise schwacher Quoten hielt Pro Sieben an der Reihe fest – und wurde belohnt, die Zuschauerzahlen stabilisierten sich. Später wurde Galileo zur einzigen festen Bank am Vorabend in einem kriselnden Pro-Sieben-Programm, war oft sogar die meistgesehene Sendung des Tages auf Pro Sieben. Die Sendezeit wurde mehrfach verlängert, von anfangs 30 Minuten auf eine Stunde im Herbst 2005 und ab Mai 2007 auf zwischenzeitlich 70 Minuten. Derzeit läuft Galileo von 19.10 Uhr bis 20.15 Uhr.
Im zweiten Halbjahr 1999 lief unter dem Titel Galileo extra zusätzlich eine Samstagsausgabe mit Susanne Wiesner. Unter dem gleichen Titel gab es 2006 am frühen Sonntagabend monothematische Sendungen. Zwischendurch bekam die Sendung im Januar 2002 noch einen kurzlebligen Ableger: das Quiz Galileo The Game – Spiel um Wissen.
Ab 2006 zog sich Aiman Abdallah vermehrt aus der Werktagsausgabe zurück, um sich Sondersendungen und dem neuen Ableger Galileo Mystery zu widmen, ohne jedoch offiziell seinen Abschied zu verkünden. De facto war seitdem Daniel Aminati der Moderator, zeitweise auch Eva Mähl, doch später moderierten alle drei im Wechsel. Im März 2009 wurde Daniel Aminati neuer Moderator von taff, und taff-Moderator Stefan Gödde übernahm Aminatis Platz bei Galileo.