Macht hoch die Rechnung
ZDF-Morgenmagazin-Moderator Christian Sievers wird in Zukunft die Hochrechnungen in den ZDF-Wahlsendungen präsentieren, zum ersten Mal schon Ende nächster Woche bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg. Er löst Steffen Seibert ab.
Sie wissen, was das bedeutet? Wer auch immer die Hamburg-Wahl gewinnt: Er bekommt zur Belohnung eine MoMa-Tasse.
Zwei für alle, beide für zwei
Wie machen es eigentlich die Anderen?
Im November berichteten wir über eine Crossover-Doppelfolge der Krimiserien CSI und Without A Trace im amerikanischen Fernsehen und mutmaßten, deutschen Zuschauern könnten beide Teile für immer vorenthalten bleiben, weil die Rechte bei verschiedenen Sendergruppen liegen (CSI bei RTL, Without A Trace bei ProSiebenSat.1).
Wie das deutsche Fernsehen mit dem spielfilmlangen gemeinsamen Fall von Gil Grissom und Jack Malone umgehen wird, ist noch nicht klar, aber in dieser Woche wurde die Doppelfolge in England ausgestrahlt. Zusammenhängend. Auch dort laufen beide Serien normalerweise bei konkurrierenden Sendern: Without A Trace bei Channel 4, einem unabhängigen werbefinanzierten Sender, und CSI bei Five, das zur RTL-Gruppe gehört. Und so haben sie es gelöst: Gestern lief der Beginn der Geschichte (CSI) und die Fortsetzung (Without A Trace) direkt hintereinander bei den Schwestersendern Five und Five US, und zu einem späteren Zeitpunkt dieses Jahr wird Channel 4 beide Folgen noch einmal zeigen.
Eine solche Zusammenarbeit zweier Konkurrenten im Dienst der Zuschauerfreundlichkeit ist in Deutschland schwer vorstellbar. Wenn schon, dann eher im Dienst unzulässiger Absprachen bei der Werbevermarktung.
Hollywood: Streik vorbei
Jetzt aber wirklich. 92,5 Prozent der amerikanischen Gewerkschaftsautoren von Film und Fernsehen hat gestern Abend dafür gestimmt, den seit drei Monaten andauernden Streik sofort zu beenden. Heute gehen die Autoren wieder zur Arbeit, und erste Auswirkungen werden schon heute Abend spürbar sein: Die Late-Night-Moderatoren Jay Leno, Conan O’Brien, Jimmy Kimmel, Jon Stewart und Stephen Colbert werden weniger selbst schreiben und improvisieren müssen, weil ihr Team wieder da ist (David Letterman und Craig Ferguson hatten wegen einer eigenen Vereinbarung mit der Gewerkschaft schon seit Januar wieder auf ihre Autoren zurückgreifen können), und Stewart wird seiner Sendung den Titel zurückgeben. Während des Streiks hatte er den bestimmten Artikel aus dem Namen The Daily Show with Jon Stewart streichen lassen, denn The Daily Show sei die Show, die mit Autoren hergestellt würde. Seit Januar hieß die Sendung nur A Daily Show with Jon Stewart.
Wie genau es mit den lange brachliegenden Drama- und Comedyserien weitergeht, wird in den nächsten Tagen klarer werden. Von den meisten Serien werden laut TV Guide vermutlich in dieser Fernsehsaison (bis Mai) noch vier bis neun neue Episoden produziert, wodurch der Staffelumfang überall zwischen 16 und 22 Episoden liegen dürfte und damit letztlich sogar nur knapp unter dem Normalfall.
Nur 24 fällt dieses Jahr wohl aus. Die siebte Staffel hatte in den USA noch nicht begonnen, als der Streik anfing. Weil der Sender Fox keine halbe Staffel der Serie zeigen wollte und die Fertigstellung einer ganzen noch in dieser Saison so gut wie unmöglich ist, geht es mit 24 wohl erst nächstes Jahr im Januar weiter.
Gängige Praxis
Der fiese Agent aus Prison Break, die nette Jugendrichterin aus Für alle Fälle Amy und der verrückte Pilot aus Wings — Die Überflieger haben jetzt eine gemeinsame Arztpraxis. Trotz der bekannten Gesichter aus so vielen Serien ist Private Practice aber ein Spin-off von einer ganz anderen: Grey’s Anatomy — Die jungen Ärzte. Jene Serie war vor drei Jahren in jeglicher Hinsicht katastrophal gestartet. Sie war ein kreatives Desaster, arm an Überraschungen und weitgehend frei von Zuschauern. Grey’s Anatomy hat sich seitdem zu einem bemerkenswerten Erfolg entwickelt, so sehr, dass sogar ein eigener Serienableger Erfolg verspricht. In ihm steht Kate Walsh als Dr. Addison Montgomery im Mittelpunkt, die Ex von McDreamy. Sie zieht von Seattle nach Los Angeles, um dort in einer bunt zusammengewürfelten Gemeinschaftspraxis anzuheuern.
Private Practice ist eine solide, um Originalität bemühte Serie ohne nennenswerte Höhepunkte, aber auch ohne größere Langeweile, und transportiert die Anmutung der Mutterserie problemlos über eine weitere Stunde des Abendprogramms, weshalb ProSieben endlich eine Serie gefunden haben könnte, bei der Grey’s-Anatomy-Fans im Anschluss nicht sofort scharenweise abschalten.
Vor allem die Schauspielerriege ist beeindruckend: Amy Brenneman, Taye Diggs und Tim Daly hatten schon in mehreren Serien Titelrollen gespielt und treten hier als gleichberechtigtes Ensemble auf. Brenneman hatte in Für alle Fälle Amy an der Seite von Tyne Daly gespielt, hier lernt sie jetzt deren Bruder Tim kennen.
Die größte Überraschung für mich war Paul Adelstein, der den miesen Agenten Kellerman in Prison Break gespielt hatte, und den ich in Private Practice erst gar nicht erkannt habe. Er sieht zwar genau gleich aus, doch seine Rolle unterscheidet sich derart von seiner früheren, dass ich nicht auf die Idee gekommen wäre, es könnte sich um die gleiche Person handeln. Scheint ein großartiger Schauspieler zu sein, denn erst als ich seinen Namen las, ging mir ein Licht auf. Das ist mir das letzte Mal bei Anthony LaPaglia passiert, den ich als dauerbesoffenen, pöbelnden Bruder von Daphne in Frasier kannte und ihn plötzlich als FBI-Fahnder in Without A Trace sah.
Doch Paul Adelstein ist nicht der Star dieser Serie. Schade.
Private Practice — mittwochs um 22.15 Uhr auf ProSieben.
Bruce will es
BREAKING NEWS: Britney Spears hat eine öffentliche Toilette besucht! Ist das nicht der helle Wahnsinn? Hab ich bei Exclusiv gesehen, weil Bruce noch nicht angefangen hatte.
Bruce.
„Positiv sollten Sie den Tag beginnen“, hat vor vielen Jahrzehnten mal eine ARD-Radiocomedyfigur gepredigt, und das ARD-Fernsehen hat es jetzt geschafft, diese Botschaft auf eine Viertelstunde Vorabendprogramm auszudehnen. Und es ist gut, wenn man das weiß und sich diese grundsätzliche Botschaft merkt, denn im Einzelnen versteht man natürlich nicht immer, was Bruce Darnell eigentlich will. Das hat nicht nur sprachliche Gründe, sondern auch inhaltliche. Aber es steckte bestimmt eine Botschaft dahinter, als Bruce gefühlte Minuten lang mit seinen Fingern auf die Bank trommelte und Wochentage aufzählte.
„Technisch absolut Top: Optik, Farben, Kulisse und Musik, wunderschön komponiert die ganze Sendung“, schreibt Thomas in den Kommentaren zu meiner Vorschau, und das kann man genau so stehen lassen. Man kann sogar noch mehr Positives sagen: Im Gegensatz zu ähnlich gedachten Realityshows anderer Sender wird hier niemand menschenverachtend vorgeführt, und diese positive, lebensbejahende Grundstimmung zieht sich durch die ganze Viertelstunde. Es kommt auf den Menschen in Dir an, nicht auf Dein Äußeres, bläut Bruce der 22-jährigen Studentin Christina ein, die ihre Brüste für zu klein und ihr Äußeres insgesamt grundlos für unattraktiv hält. Ihrer Mutter verspricht er, dafür zu sorgen, dass Christina nicht zu irgendwem geht, um sich die Brüste vergrößern zu lassen. Dabei betont er das Wort „irgendwem“ so merkwürdig, dass ich für einen kurzen Moment Angst hatte, er habe selbst einen anerkannten Experten mitgebracht, um Christina die Brüste zu vergrößern. Die Angst war unbegründet, Bruce betont ja alles merkwürdig.
Bruce redet auf Christina ein, heult ein bisschen mit ihr, nennt noch ein paar Wochentage und bemüht sich um Überzeugungsarbeit. Immer wieder will er ihr Selbstvertrauen stärken, den Glauben an sich, will, dass sie sich selbst akzeptiert und wohlfühlt, zeigt ihr sogar Fotos von Topmodels, die eine ähnliche Figur haben wie sie — und legt dabei wieder so eine merkwürdige Betonung auf „Topmodel“, aber das kann daran gelegen haben, dass er immer noch glaubt, in seiner alten Sendung zu sein.
Und hier kommt das Problem, das ich mit der Sendung habe und der Grund, warum ich mehrfach von einer Viertelstunde schrieb, obwohl die Sendung zwanzig Minuten lang ist: Eine hübsche Frau wie Christina, die ihren Körper hasst, bräuchte eigentlich Hilfe von einem Psychologen. Sie kam aber zu Bruce. Bruce ist ein Stylingberater. Die Show trägt den Untertitel „Eure Styling-Show“. Und deshalb verpasste er am Ende Christina zwar keine größeren Brüste, entstellte ihre natürliche Schönheit aber, indem er ihr aufdringliche Schminke um die Augen malen ließ und ihr eine Frisur wie eine Perücke aufsetzte. Das hübsche Gesicht war kaum noch zu erkennen, und aus der einzigartigen jungen Frau war eine geworden, die so austauschbar aussah wie in einem Allerweltskatalog, den der Postbote in die Regenpfütze vor dem Haus wirft.
Christina fühlte sich in dieser neuen Optik wohler, sagte sie. Insofern hat Bruce zumindest diese Aufgabe erfüllt. Christinas eigentliches Problem besteht indes vermutlich fort. Und die komplette erste Viertelstunde seiner Show entlarvte Bruce als wertloses Geschwätz, weil er am Ende zeigte, dass es eben doch aufs Äußere ankommt.
Wer nur die erste Viertelstunde von Bruce gesehen hat, wird es für eine richtig schöne Sendung gehalten haben.
Leavitt To Beaver
Der Fernsehautor und Produzent Ron Leavitt ist im Alter von 60 Jahren an Lungenkrebs gestorben. Er hinterlässt eine schrecklich nette Familie.
Bruce! Allmächtiger… (Wdh.)
Lesen Sie heute aus aktuellem Anlass eine Wiederholung vom 18. Oktober 2007. (Hey, wir sind ein Fernsehlexikon! Was steht mehr für das Fernsehen als eine Wiederholung? Also: Einfack zwaitvawerten!)
Bruce Darnell, von dem ARD-Zuschauer noch nie gehört haben, ist der neue Stareinkauf der ARD. Der ehemalige Laufstegtrainer aus der Heidi-Klum-Show Germany’s Next Topmodel soll ab Januar 2008 heute Tipps zur Stärkung des Selbstvertrauens geben und sich dabei vermutlich weiterhin lustig bewegen.
Er fängt da an, wo die Not am größten ist: Im Vorabendprogramm. Nirgendwo spürt man soviel Unbeholfenheit und Selbstzweifel wie auf dem Sendeplatz um 18.50 Uhr, auf dem kreuz und quer alles gesendet wird, was nicht bei drei im Archiv ist: Heimatserien, jugendorientierte Comedys, Tierdokus, Telenovelas, Dokusoaps, Spielshows und Allzweckwiederholungen. Jetzt eben auch noch Coaching-Trash. Alles so lange, bis man denkt, man könne es ja auch mit etwas anderem probieren.
Vielleicht treibt Darnell dem Ersten den Wankelmut aus und lehrt es endlich, an sich selbst und seine Sendungen zu glauben und endlich mal ein Format längerfristig durchzusenden. Es muss ja nicht gerade das mit Darnell sein.
Bruce — dienstags bis freitags um 18.55 Uhr im Ersten.
Sitcom-Reenactment mit Babelfisch
Sie war ein schlimmer Rückfall in längst vergangen geglaubte Zeiten deutschen Fernsehhumors, die Serie Das iTeam.
Nachdem das ZDF in den achtziger Jahren die amerikanische Sitcom Cheers dadurch nach Deutschland importierte, dass es den Figuren in der Synchronisation lustige deutsche Namen gab, die Kneipe „Zum fröhlichen Feierabend“ nannte und die Serie als Prost, Helmut! zeigte, ging RTL in den Neunzigern noch einen Schritt weiter: Der Sender ließ Eine schrecklich nette Familie und Wer ist hier der Boss? fast wörtlich übersetzen und von deutschen Schauspielern Szene für Szene als Hilfe, meine Familie spinnt und Ein Job fürs Leben nachspielen.
Warum Sat.1 dachte, dass diese uninspirierte Wort-für-Wort-Übertragung, die damals schon ebenso peinlich wie erfolglos war, ausgerechnet bei der britischen Sitcom „The IT Crowd“ funktionieren würde, wird wohl für immer das Geheimnis des Senders bleiben.
Das iTeam ist zum Glück längst abgesetzt, aber dank der Arbeit von Markus Baumer kann man sich das Trauerspiel im Detail noch einmal angucken. Ich bin — zugegeben — schon kein Fan des britischen Originals. Aber Baumers direkte Gegenüberstellung zeigt besonders anschaulich, wie schlechtes Timing, plumpe Inszenierung und falsche Besetzung den Witz töten — ganz abgesehen davon, dass die Übersetzer in einzelnen Szenen offenbar nicht einmal die Logik verstanden haben, aus der der Humor im Original entstand.
Hollywood-Streik fast vorbei
Sie erinnern sich an diesen Streik der amerikanischen Film- und Fernsehautoren, der in dieser Woche ein Vierteljahr Bestand feiern konnte? Nun, sieht so aus, als sei er vorbei.
Vor etwas mehr als einer Stunde wurde den Mitgliedern der Autorengewerkschaft WGA ein Dokument mit der vorläufigen Einigung zugestellt, die die Gewerkschaft und die Produzentenvereinigung AMPTP in der obligatorischen Nacht- und Nebelsitzung heute früh erzielten.
Ich möchte nicht mit den konkreten Zahlen langweilen, aber wer sich für sie interessiert, findet hier eine vierseitige Zusammenfassung.
Die Einigung könnte bedeuten, dass schon am Montag die Autoren wieder zur Arbeit erscheinen. Damit bliebe die Dauer des Streiks deutlich unter der der letzten großen Arbeitsniederlegung der Autoren 1988. Sie dauerte 22 Wochen.
Das bedeutet natürlich nicht, dass sofort wieder neue Episoden der stillgelegten Serien produziert werden können – erst müssen sie ja mal geschrieben werden. Dennoch ist damit zu rechnen, dass noch vor dem Ende der regulären US-Fernsehsaison im Mai Nachschub zumindest von den Erfolgsserien wie CSI, Grey’s Anatomy und Dr. House auf Sendung gehen wird und die Staffeln doch noch ein paar mehr als die vor dem Streik fertiggestellten 12 Episoden umfassen werden. Einige quotenschwache Neustarts, über deren Fortsetzung in eine zweite Staffel noch nicht entschieden war, werden dagegen vermutlich gar nicht erst zurückkehren, weil sich der Aufwand nicht lohnt.
Unterdessen werden die ersten Auswirkungen des Streiks auch in Deutschland spürbar. Am kommenden Dienstag wollte RTL ursprünglich mit der Ausstrahlung der letzten zehn Episoden der dritten Staffel von Dr. House beginnen (wir berichteten). Stattdessen geht es nun erst drei Wochen später mit drei Episoden weniger los. Wegen der verkürzten vierten Staffel teilt sich RTL die Vorräte schon jetzt ein und plant, die verbliebenen drei Folgen der dritten Staffel erst im Herbst zu zeigen.