Chefstewart wieder an Bord

Zwei Tage nach der Oscar-Verleihung in Hollywood, mit einer tollen Moderatorenleistung von Jon Stewart, aber überwiegend Gewinnern, die im Kino keine Kassenschlager waren, und mit der niedrigsten Einschaltquote, die eine Oscar-Verleihung jemals hatte (32 Millionen Zuschauer in den USA), moderierte Jon Stewart wieder seine eigene Show aus New York, in der Korrespondent John Oliver ein Oscar-Resümee zog. Und gar nicht mehr aufhörte.

(Folgt Übersetzung. Wer gleich zum Video springen will: darunter).

John Oliver: „Es war eine magische Nacht, Jon, und wenn ich es sagen darf, deine Leistung war grandios!“

Jon Stewart: „Das ist sehr nett von dir, John, vielen Dank.“

Oliver: „Viel besser als die Drecksveranstaltung vor zwei Jahren.“

Stewart: „John, das war auch ich.“

Oliver: „Oh ja, das warst du. Aber das jetzt war die Trendwende! Und das sage nicht nur ich! Das sagen einvernehmlich die Millionen und Abermillionen Menschen auf der ganzen Welt, die davon gelesen haben.“

Stewart: „Und es gesehen haben.“

Oliver: „Nein, nur davon gelesen haben. Gesehen hat es niemand.“    

Stewart: „Nun, es waren vielleicht nicht die Oscars mit der höchsten Einschaltquote aller Zeiten…“

Oliver: „Nein, das war es nicht. Es sei denn mit ‚höchsten‘ meinst du ‚niedrigsten‘. In dem Fall war es das. Die niedrigste. Oder am wenigsten hohe. Ist es das, was du gemeint hast, Jon? Die niedrigste? Denn das war’s. Die niedrigste Oscar-Einschaltquote. Jemals. Aller Zeiten.“

Stewart: „Um fair zu sein…“

Oliver: „Es ist schon fast lustig, wenn man mal darüber nachdenkt.“

Stewart: „Wieso?“

Oliver: „Beim letzten Mal warst du furchtbar! Und Millionen und Abermillionen haben es gesehen! Aber wenn du eine gute Leistung abgibst, verschwindet sie in der Atmosphäre, um lediglich in der Zukunft für einen kurzen Moment in Oscar-Clip-Montagen zu existieren.“

Stewart: „Welch eine Ironie.“

Oliver: „Ich meine, vor zwei Jahren, mit der ganzen Welt als dein Publikum, gabst du eine Vorstellung wie im Kabelfernsehen ab. Und am Sonntag, mit einer Weltklasseleistung, hattest du Quoten wie im Kabelfernsehen. Es muss wirklich erschütternd sein.“

Stewart: „Man hat das Publikum nicht unter Kontrolle.“

Oliver: „Nein, das hast du offensichtlich nicht.“ (Zieht einen Zettel mit Vergleichswerten in verschiedenen Zielgruppen aus der Tasche.) „Erwachsene 18 bis 24: minus 15 Prozent. Frauen 34 bis 54: minus 28 Prozent. Menschen, die dich kennen im Alter von 18 bis 49: minus 72 Prozent.“

Stewart: „Ich verstehe…“

Oliver: „Menschen, die dich geboren haben: minus 100 Prozent.“

Stewart: „Das ist nicht wahr! Sie sagte, sie hat’s gesehen!“

Oliver: „Die Quoten sagen Nein.“

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Michael, 27. Februar 2008, 16:30.

Rabenschwarzer Tag

Und dann war der noch der Rabenvater, der in einer wenig geläufigen Sprache auf einen Raben einredete und vorgab, mit dem Jenseits sprechen zu können. Seine Auskünfte von dort waren so ungefähr wie das, was man sonst auf Kanal Telemedial oder anderen Astrokanälen hört. Als er Jürgen Vogel vorhersagte, er werde seine verstorbenen Angehörigen „in einem schönen Lichtkegel“ wiedersehen, klang das allerdings eher nach Home Shopping Europe, wo man den schönen Lichtkegel bestimmt sofort hätte bestellen können. Er faselte seinen Wischiwaschikram, redete sich um jede konkrete Aussage herum und bewies mit der Ansprache von Sonja Kraus als „Anja“, dass er nicht nur zum Jenseits, sondern auch zum Diesseits keinen echten Kontakt zu haben schien. Ausgerechnet er kam in die nächste Runde, der von allen Teilnehmern am ehesten wie ein Scharlatan wirkte. Aber vermutlich hat er aus genau diesem Grund den Titel „The Next Uri Geller“ am ehesten verdient.

fernsehlexikon.de am 9. Januar nach der Premiere von The Next Uri Geller über den Kandidaten Vincent Raven.

Und siehe da, er hat das Finale gestern tatsächlich gewonnen. Dann passt ja alles.

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Michael, 27. Februar 2008, 15:50.

ηὕρηκα!

Fans von Lost sollten die Hoffnung nicht schon heute Abend nach den ersten beiden Folgen des Sendeplatzersatzes Eureka — Die geheime Stadt aufgeben. Wer weiß, vielleicht dauert es ja nur ein paar Wochen, und dann kapiert man dort auch nicht mehr, worum es eigentlich geht.

Heute kann man noch folgen. Ein US-Marshal verirrt sich samt kleinkrimineller Tochter in eine Kleinstadt, in der ausschließlich Genies leben. Die Stadt ist ein geheimes Forschungszentrum der Regierung, in dem allerdings nicht nur brillante Erfindungen gemacht werden, sondern auch allerlei merkwürdige Dinge geschehen, die sich erst mal nicht erklären lassen. Das Schöne an Eureka ist, mit welcher Gelassenheit die Bewohner mit den Merkwürdigkeiten umgehen, an die sie sich längst gewöhnt haben. Als ein Junge verschwindet, will sich der frisch angekommene Marshal Carter sofort in den Fall einmischen: „Ich habe viel Erfahrung in diesen Dingen.“ Der alte Sheriff erwidert nur lapidar: „Glauben Sie mir, das haben Sie nicht.“

Der lockere Tonfall zieht sich durch die ganze Serie, auch in ernsten Situationen.

Mitten in der Nacht klingelt das Telefon neben dem Bett eines eben noch schlafenden Mannes, der bis dahin noch nicht zu sehen war. Er hebt ab und meldet sich wie folgt: „Ich habe einen 18-stündigen Flug aus Indonesien hinter mir. Überlegen Sie sich, welche Auswirkungen dieser Anruf auf Ihre Karriere haben kann, wenn er nicht von äußerster Wichtigkeit ist.“ Eine Stimme am Telefon sagt: „Es geht um Eureka, Sir. Eine Situation von höchster Priorität.“ Der Mann im Bett entgegnet sofort: „Wecken Sie den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses. Holen Sie alle in den Sitzungssaal. Thema der Diskussion wird sein: Das hab‘ ich Ihnen ja gleich gesagt.“

Und selbst dem Problem des bevorstehenden Untergangs begegnet Marshal Carter auch noch in der Hitze des Augenblicks beschwichtigend: „Zerstören Sie doch nicht gleich diese verrückte Das-Ende-der-Welt-Maschine!“

Eureka ist die erfreulichste Mystery-Sciencefiction-Serie der vergangenen Jahre. Sie hat alle notwendigen Bestandteile aus kleinen und großen Rätseln, nimmt sich aber selbst nicht so furchtbar ernst. Sie ist nicht so verworren wie Lost und nicht so düster wie Jericho, aber so humorvoll wie Picket Fences und so verrückt wissenschaftlich wie Dr. Honigtau-Bunsenbrenner.

In die USA läuft die Serie noch. Mal sehen, wie lange ProSieben durchhält.

Eureka — Die geheime Stadt, montags um 21.10 Uhr bei ProSieben.

Michael, 25. Februar 2008, 10:13.

McEnroe schlägt in New York auf

Jüngere Menschen wissen vielleicht gar nicht, dass der Fernsehstar John McEnroe früher ein berühmter Tennisspieler war.

Was viele Ex-Sportler im Fernsehen tun, tat und tut McEnroe auch: Er co-moderiert Sportübertragungen seiner alten Disziplin. Doch McEnroes Fernsehkarriere geht deutlich weiter: 2002 war er in gleich zwei Ländern der Moderator der Gameshow The Chair, 2003 moderierte er sogar einmalig die Late Show with David Letterman, als Letterman selbst an Gürtelrose erkrankt war. Daneben nahm er sich und seine berühmt gewordenen Wutausbrüche auf dem Tennisplatz in schauspielerischen Auftritten immer wieder selbst auf den Arm, beispielsweise im Werbespot für Seat und im Kinofilm „Die Wutprobe“.

Heute spielt er eine Tennislegende unter Mordverdacht in CSI: NY. Mal sehen, ob er ins Netz geht.

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Michael, 25. Februar 2008, 09:57.

Chefstewart Oscar — LIVE!

Eigentlich sollte die Überschrift Little Jon & The Golden Statues lauten, eine Anspielung auf Long John & The Silver Beatles, den früheren Namen der Beatles, und auf Jon Stewarts Körpergröße von nur 1,68 Meter, aber das erschien dann sogar mir zu weit hergeholt.

Als ich den Fernseher einschalte, steht Steven Gätjen gerade ratlos herum und hält nach irgendwem Ausschau, den ich nicht kenne. Diese Situation ist nicht repräsentativ. Ich bin sehr beeindruckt, welche Kinokenntnisse Gätjen wieder aus dem Ärmel schüttelt und wie professionell er seine Sendezeit im Gespräch mit dem roten Teppichvolk füllt.

Aber eigentlich sind wir ja hier, um den Amerikanern zuzusehen. Mit meinem Respekt vor Steven Gätjen stehe ich erfahrungsgemäß ohnehin allein da.

2.00 Uhr: Das ist Regis Philbin, der in diesem Jahr die 30-minütige Vorab-Show moderiert. Philbin ist etwa ungefähr 150 Jahre alt, in den USA eine Fernsehlegende und Guinness-Weltrekordhalter für die meisten moderierten Fernsehstunden. Er teilt mit:

1978 habe ich das hier schon mal gemacht, und ich war so gut, dass sie mich nur 30 Jahre später schon wieder gefragt haben.

2.14 Uhr: Der Informationsgehalt der halben Stunde vor der Show beschränkt sich wie üblich darauf, dass die Schauspielerinnen Kleidung tragen und diese von jemandem entworfen wurden. Wer hätte das gedacht?

2.17 Uhr: Ich hätte die Zeit nutzen können, mich über die nominierten Filme zu informieren. Ich glaube, dieses Jahr kenne ich zum ersten Mal keinen einzigen. Ich hätte ja was im Fernsehen verpassen können, während ich im Kino sitze.

Ist es nicht eigentlich merkwürdig, dass die Verleihung von Fernsehpreisen im Fernsehen gezeigt wird, die Verleihung von Kinopreisen aber auch?

2.27 Uhr: So, jetzt müsste aber allmählich mal dieser Teppich gereinigt werden. Regis ist schon im Theater und erklärt Treppenstufen und sitzende Menschen. Er nennt etliche Namen, und es klingt wie Dieter Thomas Heck, der den Abspann vorliest. Der gleichzeitig durchlaufende Abspann deckt sich aber nicht mit den Namen. Dann geht’s jetzt wohl gleich los.

2.33 Uhr. Jon Stewart freut sich, dass der Autorenstreik endlich zu Ende ist, nachdem Hollywood dreieinhalb Monate gespalten war:

Willkommen zum Versöhnungssex!
 

2.36 Uhr:

Die Geschichte einer Frau, die ihren eigenen Mann vergisst. Hillary Clinton nennt ihn „Den Wohlfühlfilm des Jahres.“

2.38 Uhr:

Dennis Hopper ist hier. Ich sage das nur, damit Dennis Hopper weiß, wo er ist. Keine Sorge, ich werde es alle 15 Minuten erwähnen.

2.40 Uhr: Das prominente Publikum reagiert verhalten auf ein paar politische Witze, taut aber auf, als Jon Stewart den Bogen von Barack Obama und Hillary Clinton wieder zurück zum Film schlägt.

Wenn man einen Schwarzen oder eine Frau als Präsident sieht, rechnet man eigentlich damit, dass jeden Moment ein Asteroid die Freiheitsstatue zerstört.

2.41 Uhr:

Barack Hussein Obama. Sein mittlerer Name ist der Nachname des früheren irakischen Tyrannen. Sein Nachname reimt sich auf Osama. Das muss man erst mal überwinden. Wir erinnern uns alle an die gescheiterte 1944er Präsidentschaftskampagne von Gaydolf Titler.

2.48 Uhr: George Clooney feiert die 80-jährige Oscar-Geschichte:

Eines hatten alle Verleihungen gemeinsam: Sie waren lang.

2.49 Uhr: Sehr schöne Clipshow bewegender Oscar-Momente. Lässt sich schlecht wiedergeben. Nur schade, dass sie dazu Celine Dion spielen. Weiß ABC in den USA denn nicht, dass wir in Deutschland in den Werbepausen bereits Monrose ertragen müssen?

2.52 Uhr: Es ist so toll, dass Steve Carell, ein früherer Mitarbeiter von Jon Stewarts Daily Show, nicht nur Fernsehen, sondern auch Filme macht. So haben wir bei jeder Art von Preisverleihung eine lustige Rede von ihm. Diesmal hebt er an, den Stellenwert relevanter Dokumentationen herauszustellen, muss sich dann aber darauf hinweisen lassen, dass er nur „Bester Trickfilm“ vergeben darf. „Ratatouille“ gewinnt.

2.56 Uhr: Der Preis für Make-up steht an. Eigentlich müsste der Maskenbildner der roten Teppichshow gewinnen. Regis Philbin sah noch gar nicht aus wie 150.

2.57 Uhr: Stattdessen gewinnt jemand, der aussieht wie Horst Schlämmer. Gut, auch schlüssig.

3.02 Uhr: Ich tippe mal, dass die unmoderierten Oscar-Ausschnitte mit Michael Douglas und Catherine Zeta-Jones auch mit der 80-Jahr-Feier zu tun haben. Oder ist das Paar bei einem Autounfall ums Leben gekommen?

3.05 Uhr: Ich mag diesen Song, mit dem sie Germany’s Next Top Model bewerben: „Acceptable In The 80s“ von Calvin Harris. Ich bin ja so gespannt, ob ich ihn in zwei Stunden immer noch mag.

3.07 Uhr: Jon Stewart erklärt, was im Saal eigentlich während der Werbung passiert:

Wir machen gehässige Bemerkungen über die Outfits, die Sie zu Hause tragen.

3.12 Uhr: Hat die ältere Frau gerade „I am so grapefruit“ gesagt? Oder doch „grateful“? Ich sehe sie mir noch mal an und bin weiter unsicher.

3.19 Uhr: Javier Bardem („No Country For Old Men“) ist der beste Nebendarsteller und bedankt sich auf spanisch. Wenn er jetzt flucht, kann der ABC-Zensor womöglich nicht schnell genug reagieren.

3.23 Uhr: Einige Filmmontagen mit alten Ausschnitten haben wir schon gesehen. Jetzt erklärt Jon Stewart, wie die Oscars ausgesehen hätten, wenn der Autorenstreik nicht rechtzeitig beendet worden wäre: Vier Stunden lang noch mehr Montagen. Als Beweis zeigt er „Oscars Würdigung von Ferngläsern und Periskopen.“

3.27 Uhr: Der übersteuerte Ton bei diesem nominierten Song klingt furchtbar. Warum konnte es nicht bei Celine Dion derart zerren?

3.31 Uhr: Jerry Seinfeld ist als animierte Biene aus „Bee Movie“ zu hören und zeigt eine Montage mit Ausschnitten aus Bienenfilmen, um auf seine früheren Rollen hinzuweisen.

3.36 Uhr: Tilda Swinton gewinnt den Oscar als beste Nebendarstellerin für „Michael Clayton. Cate Blanchett als Bob Dylan und Ilja Richter für seine Rolle in „Tante Trude aus Buxtehude“ gehen leer aus.

3.45 Uhr: Jon Stewart zählt durch:

Wie aufregend: Jessica Alba ist schwanger, Cate Blanchett ist schwanger… gleich zwei schwangere Frauen im Saal! Andererseits… die Nacht ist noch jung, und Jack Nicholson ist hier. Am Ende des Abends wird neu ausgezählt.

3.48 Uhr: Die verrückten Coen-Brüder gewinnen für „No Country for Old Men.“ Der Name ihrer Kategorie, „Best Writing, Screenplay Based on Material Previously Produced or Published“, ist länger als ihre Dankesrede.

3.50 Uhr: Eine Filmeinspielung, für die offenbar nicht Jon Stewart und seine Autoren, sondern die Academy direkt verantwortlich ist, erklärt ausführlich, wie die Gewinner ermittelt und bis zur Preisverleihung geheim gehalten werden. Das ist ungefähr so lustig und auch mit der gleichen Musik unterlegt wie die Sicherheitshinweise vor einem Langstreckenflug.

3.52 Uhr: Jon Stewart kommt nach dieser filmischen Erläuterung zurück auf die Bühne und sagt im aufgesetztesten Tonfall, den man sich vorstellen kann:

Wow, das war fantastisch! Ich dachte immer, es geschehe durch Superdelegierte.

3.54 Uhr: Ähnlich wie die Werbepausen bei ABC und ProSieben sind die Pinkelpausen bei den fünf Filmfreunden und dem Fernsehlexikon synchron. Aber woher wissen ABC und ProSieben, wann wir wieder zurück sind?

4.01 Uhr: Jon Stewart stockt auf: Jessica Alba ist schwanger, Cate Blanchett ist schwanger — und Nicole Kidman auch. Der Bildschirm wird in Einzelbilder geteilt wie bei den Nominierten und Jon verkündet:

And the baby goes to…. Angelina Jolie!
  

4.04 Uhr: Ich habe keine Ahnung, wer die hässlichen Männer sind, die sich darum streiten, wer bei der Laudatio die Rolle von Halle Berry, und wer Judi Dench spielen darf, aber keiner von ihnen ist Ilja Richter.

4.13 Uhr: Als beste Hauptdarstellerin wird die einzige Frau in dieser Kategorie geehrt, deren Namen ich nicht schreiben kann. Machen wir es über das Ausschlussprinzip: Es sind nicht Cate Blanchett, Julie Christie, Laura Linney und Ellen Page.

4.23 Uhr: Nach dem letzten nominierten Song konnte man für einen kurzen Augenblick hören, dass die Laudatoren über die Saalbeschallung offenbar namentlich angekündigt werden. Diese Geheiminformationen dürfen die Zuschauer zu Hause jedoch auf keinen Fall erreichen. Aber gut, Jack Nicholson, der jetzt kommt, kenne sogar ich.

4.24 Uhr bis ca. 8.00 Uhr: Lange Liste der bisher als „Bester Film“ ausgezeichneten Werke.

4.28 Uhr: Oh, doch schon fertig.

4.29 Uhr: Der Preis für den besten Schnitt wird präsentiert von Renée Zellweger, die einst als beste Schnitte gewann. (Entschuldigung.)

4.34 Uhr: Robert Boyle, der alte Ausstatter, bekommt im Alter von 98 Jahren den Ehrenoscar fürs Lebenswerk. Für den richtigen war er zwar viermal nominiert, hat aber nie gewonnen. Martin Scorsese hätte das beinahe auch geblüht.

4.42 Uhr: Jon Stewart schockt die Welt:

Wir hatten ein kleines technisches Problem und müssen mit der Show noch mal von vorn anfangen.

4.44 Uhr: Der österreichische „Fälscher“ wird bester fremdsprachiger Film.

4.47 Uhr: Der da den finalen besten Song-Nominierten singt, sieht aus wie ein junger Tom Cruise, ist aber etwa einen Meter zu groß.

4.50 Uhr: Der Oscar für den besten Song wird überreicht, was Anlass zur Hoffnung gibt, dass ab jetzt niemand mehr singt. Das dreifach nominierte „Enchanted“-Duo aus Alan Menken und Stephen Schwartz geht leer aus, „Once“ gewinnt.

4.56 Uhr: Der bisher schönste Oscar-Moment: Markéta Irglová, eine Hälfte des Autorenduos, das eben den Oscar für den besten Song gewann, war nicht zu ihren Danksagungen gekommen, weil das Orchester die beiden von der Bühne spielte. Klar, Musiker haben wenig Verständnis für Musiker. Nach der Werbepause holt Jon Stewart sie zurück auf die Bühne und lässt sie, ohne dass ein ag dahintersteckt, ihren Dank nachholen. Respekt!

5.05 Uhr: Der Applausometer-Preis für den beliebtesten Verstorbenen geht an Deborah Kerr und Ingmar Bergman. Heath Ledger profitiert vom allgemeinen Schlussapplaus.

5.12 Uhr: Fünf Soldaten präsentieren die Kurzdoku-Nominierten per Satelliten-Schaltung aus Bagdad. Der Ton ist nicht ganz so schlecht wie bei den ersten Song-Nominierten.

5.18 Uhr: Der Langdoku-Sieger Alex Gibney („Taxi To The Dark Side“ über die US-Folterpraktiken in Afghanistan, dem Irak und Guantanamo) verkündet:

Meine Frau hatte gehofft, ich drehe eine romantische Komödie.

5.30 Uhr: Helen Mirren sagt einzelne Wörter auf. Sollen charakterdarstellerische Eigenschaften symbolisieren. Dann sagt sie auf, wer bester Hauptdarsteller wird: Daniel Day-Lewis.

5.36 Uhr: So, zwei hamwa noch, dann is Schicht. Beste Regie und Bester Film. Heißt: ProSieben zeigt den langen Trailer für „Michael Clayton“ höchstens noch achtmal.

5.43 Uhr: Noch ein Oscar, diesmal Regie, für Joel und Ethan Coen. Ethan, der vorhin schon nur „Danke“ sagte, erklärt, er habe dem von vorhin nichts hinzuzufügen.

5.46 Uhr: Bester Film: „No Country for Old Men“. Die Coen-Brüder waren nicht mal zurück auf ihren Plätzen.

5.48 Uhr: Ende. Ich danke allen Lesern und Kommentierenden für die Anteilnahme, Jon Stewart für die lustige, unaufdringliche Moderation, ProSieben dafür, dass mich die Werbeblockfüllungen immerhin etwas weniger genervt haben als normalerweise, …. (Orchester spielt mich ins Bett.)

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Michael, 25. Februar 2008, 02:02.

Seatfiller

„Seatfiller“ sind die menschlichen Platzhalter bei der Oscar-Verleihung, unbekannte Menschen in feinem Zwirn, die sich auf den Platz eines Prominenten setzen, wenn dieser mal auf die Bühne muss, um einen Preis anzunehmen oder als Laudator zu sprechen. Im Publikum sollen nämlich zu keinem Zeitpunkt leere Plätze zu sehen sein, weil’s doof aussieht.

Und auch dieses kleine Textchen ist eigentlich nur ein Platzhalter, bis hier das Oscar-Liveblogging beginnt. Heute Nacht.

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Michael, 24. Februar 2008, 19:48.

Beck To You, Kurt

Kurt Beck, der Verwaltungsratsvorsitzende des ZDF, wird heute mit seinem Sender nicht sehr zufrieden sein. Erst blendet das ZDF-Wahlstudio seine Ansprache vor SPD-Anhängern schon nach der Begrüßung aus, um ein Interview mit CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla zu senden, und blendet sich danach wieder in seine Rede ein, nur um nach einem Halbsatz schon wieder auszusteigen und ein Interview mit dem SPD-Spitzenkandidaten Michael Naumann anzukündigen. Der lässt die ZDF-Reporterin aber mit der Begründung stehen, er habe jetzt keine Zeit, er habe eine Verabredung mit dem ZDF.

Drei Stunden später beurteilt heute-journal-Moderator Claus Kleber die Hamburg-Wahl so:

Das ist ja wirklich ein lustiges Ergebnis.
  

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Michael, 24. Februar 2008, 19:10.

Atze am Ende

Manfred Krugs Tatort-Nachfolger hört heute auf, und mehr als Manfred Krugs Nachfolger wird Robert Atzorn auch nie gewesen sein, wenn man später auf die Tatort-Geschichte zurückblickt. Immerhin sieben Jahre oberlehrerte er sich schlecht gelaunt durch die Sonntagabende, ohne dabei auch nur ansatzweise die so sympathische Brummeligkeit seines Vorgängers zu verkörpern.

Jetzt ist er offenbar nicht mehr erwünscht, also beschloss Robert Atzorn wie schon so oft zuvor, seine Figur sei auserzählt, und es reizten ihn neue Rollen. Gleichzeitig hatte der NDR-Programmdirektor Volker Herres im vergangenen April ohne ein Wort des Bedauerns mitgeteilt, man sei „überein gekommen, dass es mit der Figur Jan Casstorff nicht weitergehen wird.“

Womöglich glaubte Robert Atzorn, seine Art passe in den Tatort der Gegenwart, doch was bei den anderen Ermittlerteams als freundliche Lockerheit und Humor durchgeht, wirkte bei ihm immer nach aufgesetzter Coolness mit Hang zur Arroganz. Nur ab und zu überraschte er kurz durch politisch erfrischend unkorrekte Geistesblitze. Zu wenig, um ihn nach seinem Abschied ernsthaft zu vermissen.

Und falls doch, schaffen bestimmt die regionalen Tatortwiederholungsspartenkanäle der ARD Abhilfe.

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Michael, 24. Februar 2008, 08:58.

1000 Folgen sind ein Tag

In unserer Teichblick-Reihe „Wie machen es eigentlich die Anderen?“ lugen wir heute noch einmal völlig wertfrei nach England.

Der Spartenkanal Paramount Comedy zeigt heute die vierte Staffel der sehr amüsanten Charlie-Sheen-Sitcom Two And A Half Men. Um es deutlich auszudrücken: Er zeigt nicht ab heute die vierte Staffel, er zeigt heute die vierte Staffel. Komplett. Alle 24 Folgen hintereinander. Und weil der Tag dann noch nicht vorbei ist, werden anschließend noch einmal 13 Folgen wiederholt. Diese ersten 24 Folgen sind allerdings auch schon Wiederholungen und sollen als Einstimmung auf die fünfte Staffel dienen, die am Montag Englandpremiere hat. Mehr Promo geht nicht.

In Deutschland läuft die vierte Staffel als Erstausstrahlung derzeit samstags mittags auf ProSieben und Wiederholungen der ersten werktags morgens.

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Michael, 24. Februar 2008, 08:44.

Chefstewart Oscar

In der Nacht zum Montag wird Jon Stewart zum zweiten Mal die Oscar-Verleihung moderieren. Bei seinem ersten Engagement vor zwei Jahren fehlte ihm der Biss, war er angenehm unprätentiös, glänzte er mit feiner Ironie, langweilte er mit Monologen, konnte er den großen Moderationslegenden der Oscar-Verleihung nicht das Wasser reichen und brillierte auf dem Niveau der großen Oscar-Moderationslegenden. Je nachdem, welchem Kritiker man glaubte. Oder man hat es einfach selbst gesehen. Dann war es toll. Aber nur, falls Sie mir glauben.

Jon Stewart selbst fasste die Kritik in seiner eigenen Sendung, The Daily Show with Jon Stewart, zwei Tage später so zusammen:

Ich habe versagt, und ich war großartig. Ich war ein entsetzlich blasierter, unlustiger Erbe von Johnny Carson.

Vor allem die Kritik, Stewarts Oscar-Moderation sei zu unpolitisch gewesen, beruhte auf dem doppelten Missverständnis, die Oscar-Verleihung sei der passende Rahmen für politische Botschaften, und Jon Stewart sei ein Politmoderator. Richtig ist, dass es in seiner Sendung zum größten Teil um Politik geht. Doch die Sendung läuft in den USA auf Comedy Central, und das hat seinen Grund. Die Eigendarstellung auf der Webseite liest sich so:

Ein Moderator, fünf Korrespondenten, null Glaubwürdigkeit.

Wenn Sie die unverdaulichen Abendnachrichten satt haben und die politischen Wortverdreher und Strippenzieher in den 24-Stunden-News-Kanälen nicht mehr ertragen können, verpassen Sie nicht The Daily Show with Jon Stewart, die abendliche halbstündige Sendung unvorbelastet durch Objektivität, politische Integrität oder gar Sorgfalt. (…)

The Daily Show with Jon Stewart – sogar noch besser als informiert zu werden.

Mathias Richling redet auch über Politik… aber der Vergleich hinkt so sehr, dass ich ihn gar nicht erst zu Ende führe.

In den Anfangsjahren warb Jon Stewarts Show zur täglichen Eröffnung mit dem Satz:

Die Show, aus der mehr Amerikaner ihre Nachrichten beziehen… – als es der Fall sein sollte.

Der Slogan wurde schon vor Jahren eingemottet, doch heute beklagen (oder vermelden einigermaßen objektiv) US-Medien immer wieder, er sei inzwischen wahr: Viele Zuschauer nutzten Jon Stewarts Sendung oder andere Late-Night-Shows als vorrangige Informationsquelle anstelle von Nachrichten. Eine Umfrage im vergangenen November nannte die Zahl von 47 Prozent der jungen Erwachsenen.

Fakt ist, dass die Show durchaus einen erkennbaren Informationsgehalt hat, denn jede Pointe benötigt eine inhaltliche Hinführung, und neben etlichen Emmys, Peabodys und anderen Auszeichnungen gewann die Daily Show deshalb den Preis der amerikanischen Fernsehkritiker in gleich zwei Kategorien, die bis dahin als unvereinbar galten: Beste Comedysendung und beste Informationssendung. Und der demokratische Präsidentschaftsbewerber Barack Obama analysierte:

Jon Stewart bringt die Absurdität des Wahlkampfs gut ans Tageslicht, und dadurch haben seine Inhalte manchmal mehr Substanz als in anderen Sendungen.

Jon Stewart spielt das immer herunter. Dem CBS-Journalisten Steve Kroft vom Nachrichtenmagazin 60 Minutes erklärte er den maßgeblichen Unterschied zwischen beider Arbeit:

Ihr überprüft Fakten. Auf diese Idee kämen wir nie.

Dennoch nutzen Politiker die Show gern, um Sympathien zu gewinnen, und Autoren politischer Bücher, um für ihre Neuerscheinungen vor einem jungen Publikum zu werben, das man doch früher für so politisch desinteressiert hielt. Jon Stewart selbst ist dank des selbst gewählten politischen Schwerpunkts seiner Comedyshow, die unter seinem Moderationsvorgänger Craig Kilborn bis 1998 eher Witze über Sport und das Showgeschäft machte, zu einem oft eingeladenen Gast in Sendungen geworden, die sich für „echte“ Politshows halten. Sein berühmtester Auftritt war der in der CNN-Show Crossfire, die ein paar Monate später abgesetzt wurde, was man Stewart teilweise anrechnete. Crossfire war eine krawallige Talkshow, in der zwei Moderatoren gegensätzlicher politischer Gesinnung politische Gäste ins Kreuzfeuer nahmen und ihnen Phrasen abrangen, dabei aber mehr polemisches Theater als sachliche Information boten. Vor der Präsidentschaftswahl 2004 luden sie Jon Stewart ein und griffen ihn an, weil er dem damaligen demokratischen Präsidentschaftskandidaten John Kerry zu lasche Fragen gestellt habe. Stewart feuerte zurück:

Wenn Sie Ihre Show mit einer Comedyshow vergleichen wollen – sehr gern! – Sie sind bei CNN. Mein Vorprogramm sind Puppen, die Telefonbelästigung machen. Sie haben eine Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit! Und sie versagen erbärmlich. Es ist nicht nur so, dass Ihre Show schlecht ist. Sie schadet Amerika. Hören Sie damit auf.

Die ebenso selbstgerechten wie überforderten Moderatoren standen so schlecht da, dass sie nach dieser Live-Sendung jegliche Glaubwürdigkeit verloren hatten. Wenig später wurde ihre Absetzung bekannt gegeben. Das Video der Sendung, das seit der Ausstrahlung im Internet kursiert, wurde laut Wikipedia rund vier Millionen Mal angesehen. Die eigentliche Fernsehsendung hatte nicht einmal eine Million Zuschauer.

Der tatsächliche Einfluss der Daily Show with Jon Stewart wird dennoch überbewertet: Wäre er so groß, wie viele Medien behaupten, hätte George W. Bush niemals für eine zweite Amtszeit zum Präsidenten gewählt werden können, denn niemand war häufiger das Ziel von Jon Stewarts pointierter politsatirischer Kritik.

Verstanden hatte das offenbar Benazir Bhutto. Kurz vor ihrer Ermordung hatte die pakistanische Oppositionsführerin noch ein Buch geschrieben, das ihr langjähriger Vertrauter Mark Siegel vergangene Woche bei Jon Stewart vorstellte und dabei erzählte, wie er sich aufgeregt habe, als der pakistanische Präsident Pervez Musharraf bei Jon Stewart zu Gast war. Wie könne man denn diesem Diktator ein Forum bieten? Benazir Bhutto habe zu ihm gesagt:

Entspann dich. Es ist eine Comedy-Show!
   

Ach ja, und zur Oscar-Verleihung gibt’s in der Nacht zum Montag hier wieder Live-Senf.

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Michael, 23. Februar 2008, 13:09.
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