Der US-Comedy-Wahlkampf — Die Woche danach

Gut, dass die USA endlich einen Präsidenten gewählt haben. Jetzt kann sich der Wahlverlierer John McCain wieder auf eine Rolle konzentrieren, in der er schon immer sympathisch war: Talkshowgast.

Jay Leno: „Wie geht’s Ihnen?“
John McCain: „Ich schlafe wie ein Baby. Ich schlafe zwei Stunden, wache auf und weine, schlafe wieder zwei Stunden, wache wieder auf und weine…“

Am Tag nach der Wahl sah man John McCain, wie er sich in ein Auto setzte und wegfuhr. Allein. Ohne Fahrer, und ohne die Begleitung einer Horde von Secret-Service-Agenten.

Jay Leno: „Wo fuhren Sie hin?
John McCain: „Einen Kaffee trinken. Keine Zeitung kaufen. Ich wusste, was darin stehen würde.“

Michael, 15. November 2008, 20:38.

De Prinz kütt spät

Ein weiterer großer Fernsehstar feiert heute einen runden Geburtstag: Prinz Charles wird 60.

Ach, Sie wussten gar nicht, dass Charles im amerikanischen Fernsehen eine eigene Late-Night-Show hat?
(Sie wussten es, wenn Sie die Late Late Show with Craig Ferguson kennen.)

Michael, 14. November 2008, 21:42.

Qualitätsfernsehen im Spiegel der Zeit

Schade eigentlich. In der ursprünglichen Version des nachfolgenden Texts waren mehrere Zitate den falschen Personen zugeordnet. Danke an die Kommentarschreiber für die entsprechenden Hinweise. Jetzt stimmt hoffentlich alles, aber wir sind verwirrt und garantieren sicherheitshalber für nichts. Qualitätsjournalismus ist eben auch nicht mehr, was er mal war.

Komik beruht immer auf einem gewissen Gefälle. Wenn einem jungen Mann oder einem Kind womöglich etwas misslingt, sagt man: Naja, das steht ihm zu. Wenn einem Älteren mit der ganzen Erfahrung, die er hat, dasselbe passiert, ist es viel komischer, weil er ja mit einem ungeheuren Anspruch an sich und die Welt auftritt. Wenn der sich irrt, wenn der fällt, dann ist das komisch.
(Loriot)

Wer aktuelle Talkshows kritisiert, wer Marcel Reich-Ranickis Abgesang auf die Qualität des deutschen Fernsehens mitpfeift, oder wer denkt: „Früher war alles besser, denn früher war alles aus Holz“, der wurde gestern Abend von Loriots Geburtstagscollage eines Besseren belehrt.

Zwischen Ausschnitten aus Loriots humoristischem Schaffen konnte man Teile von Interviews aus fünf Jahrzehnten sehen und musste zu dem Schluss kommen: Früher war vieles tatsächlich sehr hölzern — und nicht unbedingt besser.

Journalisten wie Gero von Boehm, Gerhard Schmitt-Thiel, Hellmuth Karasek, Axel Corti, Lea Rosh, Marianne Koch und der inzwischen verstorbene Theatermann August Everding stellten Behauptungen auf, zitierten, und manchmal fragten Sie Loriot sogar etwas. Allen gemein war die unfassbar geschmacklose Kleidung, die nur zum Teil der damaligen Mode geschuldet war, denn neben einem tadellos stilsicheren Loriot fiel sie umso mehr auf.

Lea Rosh quatschte Loriot ständig dazwischen und glänzte mit Bürgertums-Bildung: „Tristan ist meine Lieblingsoper!“

Hellmuth Karasek fragte nicht, sondern interpretierte den Loriot-Sketch „Bettenkauf“.

Axel Corti versuchte sich in Meta-Fragen:

Corti: „Wenn man öfter interviewt wird, und das passiert ja manchmal, können Sie Ihre eigenen Antworten noch erhören?“

Loriot: „Ich kann vor allen Dingen die Fragen nicht mehr hören. Meine Antwort kenn ich ja.“

Andere (Schmitt-Thiel und von Boehm) überlegten, machte lange Pausen mitten im Satz, um dann schließlich doch grammatische oder inhaltliche Fehler zu machen.

‚Triumph eines Genies‘ (Titel eines Films, in dem Loriot mitwirkte, Anm. d. Autors). Erinnert Sie das?

Axel Corti:

Als 1938 in Deutschland das geschah, was komischerweise immer noch Reichskristallnacht heißt, und wohl richtigerweise Progromnacht (sic!) hieße, da waren Sie wo?

Marianne Koch wollte ein bisschen provozieren, fiel dabei aber auf sich selbst herein:

Koch: „Ich finde, dass die ganze Sammlung dieser Loriot-Typen, ob jetzt gezeichnet, oder in persona, irgendwie’n bisschen freudlos, asexuell ist, ich mein‘ gerade noch verheiratet, aber…. ja — ist das irgendwie, äh, ich mein, woran liegt das?“

Loriot: „Wahrscheinlich wollte ich zu mir selbst einen wirkungsvollen Gegensatz schaffen.“

In diesem Zusammenhang wirkten die aktuellsten Interview-Ausschnitte von Beckmann weit weniger schmierig, als es die sagenhafte Switch-Reloaded-Parodie seiner Sendung vermuten ließe.

Auf Beckmanns Frage, ob es unter den Fernsehmenschen von heute jemanden gäbe, den er gerne karikieren würde, fiel Loriot keiner ein. Wahrscheinlich war er aber einfach zu höflich.

Jochen, 14. November 2008, 13:56.

Unter aller föhring

Seit 1984 (Sat.1). Bisher 4-tlg. Reality-TV-Doku-Soap über einen hinterherlaufenden Fernsehsender (gespielt von Sat.1), der immer wieder an einen neuen Standort zieht und unterwegs einige Mitarbeiter auf der Strecke lässt.

Die mehrjährigen Episoden erfolgen in unregelmäßigen Abständen. Wechselnde Darsteller spielen die jeweiligen Geschäftsführer.

Episodenführer

1. Zelte aufschlagen in Ludwigshafen (Januar 1984)
2. Von Ludwigshafen nach Mainz (September 1990)
3. Von Mainz nach Berlin (August 1999)
4. Von Berlin nach Unterföhring (bis Juni 2009)

Für 2015 ist bereits eine neue Episode „Von Unterföhring nach Köln“ geplant, um endlich RTL einzuholen.

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Michael, 13. November 2008, 14:33.

Thun und Lassen

Die theoretischen Voraussetzungen für die neue ZDF-Serie Dell & Richthoven sind gut: Es ist eine Gaunerkomödie, und Friedrich von Thun und Christoph M. Ohrt spielen die Hauptrollen. Thun ist im ZDF ein Star und Orth ein guter Schauspieler, es hätte also schön werden können. Thun als Staatsanwalt im Ruhestand, und Ohrt als hinterlistiger, wandlungsfähiger Trickbetrüger, der von dem Alten angeheuert wird, Ganoven aufs Kreuz zu legen. Das klingt zwar harmlos, aber nach einem Grundstoff, aus dem man Lustiges hätte machen können.

Ist leider nicht passiert. Ohrt als sympathischer Ganove spielt traditionell toll, aber das Gesamtprodukt ist langweilig und vorhersehbar und schöpft das Potenzial hinter Personal und Idee nicht nur nicht aus, sondern streift es nicht einmal. In den Siebzigern hätte man die Serie womöglich für grandios gehalten. Aber damals guckten Darsteller auch noch direkt in die Kamera, um am Ende eines Dialogs einen Witz abzusondern.

Halt — das tun sie in Dell & Richthoven ja auch.


Fotos: ZDF/Katrin Knoke

Dell & Richthoven, donnerstags um 20.15 Uhr im ZDF.

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Michael, 13. November 2008, 06:41.

Möpse!

Oft ist es nicht leicht, eine Überschrift zu finden, die den Leser auf einen Text heiß macht, die aber trotzdem noch entfernt mit dem Text zu tun hat. Bei Loriot ist es zum Glück einfacher. Er wird heute 85.

Im Januar saß ich auf seinem berühmten grünen Sofa. Es steht in der Kantine von Radio Bremen, und es ist eigentlich nur ein altes, durchgesessenes, nicht mehr sonderlich bequemes Sitzmöbel. Trotzdem war das ein besonderer Moment. Loriot ist für mich der größte deutsche Humorist, und obwohl mein Geschmack sich sonst nur selten mit dem der Masse deckt, ist die deutsche Mehrheit im Fall Loriot glücklicherweise auf meiner Seite.

In einem seiner biografischen Werke erzählt Loriot, wie er nach Tätigkeiten als Pianist und Holzfäller beschloss, sein Notabitur von 1941 zu vervollständigen.

Nach bestandener Prüfung erfreute ich mich einer gewissen Fertigkeit sowohl im Lösen vielstelliger Differential- und Integralaufgaben, als auch im Übersetzen griechischer Philosophen. Ferner verfügte ich über einen goldenen Zitatenschatz deutscher und englischer Klassiker. Zur musischen Abrundung meiner Ausbildung studierte ich noch sechs Semester an der Hamburger Kunstakademie. Nach insgesamt etwa zwanzig Lehrjahren sah ich mich nun imstande, ein kleines Männchen zu zeichnen, das mich bis heute ernährt.
(aus: „Das Männchen“)

Leider hat Loriot damit aufgehört, zu seinen runden Geburtstagen neue Sondersendungen zu produzieren, doch dann muss wenigstens die DVD-Box mit seinem Gesamtwerk nicht permanent aktualisiert werden.

Von uns gibt’s zum Geburtstag des großen Loriot ein Ständchen. Ach was, einen ganzen Stand.

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Michael, 12. November 2008, 06:34.

In Memoriam Horst Jüssen

Horst Jüssen gehörte zeitweise zur Lach- und Schießgesellschaft, war einer der Entwickler der Spielshow Tele-As mit Carolin Reiber und Peter Rapp, moderierte das Verkehrsquiz Hupkonzert und spielte den kleinkriminellen Schmarotzer Otto in Die lieben Verwandten.

Der Mehrheit wurde er aber durch die Klamaukshow Klimbim bekannt, wo er von 1973 bis 1979 neben Wichart von Roëll, Elisabeth Volkmann und Ingrid Steegers Brüsten zum ständigen Ensemble gehörte.

Horst Jüssen starb am Montag im Alter von 67 Jahren an Lungenkrebs.

Michael, 11. November 2008, 19:34.

Zurück nach vorn: „Ladykracher“ ist wieder da

Köln, Donnerstag vor zwei Wochen. Es ist ein langer Tag für Anke Engelke. Vier Folgen von Ladykracher hat sie heute aufgenommen. Nicht die Sketche natürlich, die sind längst produziert. Heute werden sie nur, eingerahmt von Ankes Live-Stand-Up-Auftritten, dem Publikum vorgeführt. Die Zuschauer im Studio sind nicht nur Kulisse für die An- und Abmoderation. Ihre Lacher bilden auch die akustische Atmosphäre unter den Filmen. Und ihre Reaktionen sind sie der erste echte Test, ob die Witze auch ankommen, ob die Show funktioniert.

Eine Folge haben sie komplett umgeworfen, nachdem sich in der Aufzeichnung vor Publikum zeigte, dass der Aufbau nicht stimmt. Nervös sitzen sie nun da oder tigern hinter der Bühne herum, die Autoren, Regisseure, der Sat.1-Redakteur, schauen auf die Monitore und lauschen den Reaktionen. Reagieren erleichtert auf große Lacher. Interpretieren die Stille: Kann ein Zeichen sein, wie aufmerksam die Zuschauer zugehört haben. Kann bedeuten, dass eine Pointe nur im Fernsehen funktioniert. Oder gar nicht.

In die Spannung mischt sich so etwas wie Stolz. Eine Begeisterung für Charly Hübner, der neu im Team ist und an der Seite von Anke Engelke brilliert. Eine Zufriedenheit mit dem gemeinsamen Werk. Und bei aller Unsicherheit doch das Gefühl, es geschafft zu haben.


Frau Weber vom Arbeitsamt hat Mühe, Herrn Tarzan (Matthias Matschke) wieder in Arbeit zu bringen. Foto: Sat.1

Man könnte natürlich sagen, dass Anke Engelke nach den mehr oder weniger gescheiterten Experimenten Anke Late Night und Ladyland mit dem bewährten Format Ladykracher nun wieder auf Nummer sicher geht. Aber so einfach ist es nicht. Ladykracher musste sich weiterentwickeln, um wieder so gut zu sein wie damals. Und das ist gelungen.

Wie früher zielen die Sketche von Ladykracher nicht auf eine billige Pointe am Ende, sondern genießen und zelebrieren den Wahnwitz von beinahe alltäglichen Situationen. Sie gehen dabei mehr als früher an Grenzen, stoßen vergnügt mit einer Fußspitze an mögliche Tabus, sind ein bisschen härter und kompromissloser.

Ein Höhepunkt ist eine Serie von Geschichten aus der Kantine, in der Engelke als Gerne-mitreden-Wollerin die kleinen Katastrophengeschichten der Kollegen als Aufforderung missversteht, große Katastrophengeschichten zu erzählen: Wie den Unfall, als diese Frau unter die Straßenbahn geriet und dann noch viele Stationen mitgeschleift wurde, immer mit dem Gesicht über den Schotter… Und der Witz steckt zum größten Teil nicht in dem langen Monolog, sondern im stummen Entsetzen ihrer Tischnachbarn, herausragend gespielt von Friederike Kempter, Charlie Hübner und dem wunderbaren Matthias Matschke. Christoph-Maria Herbst wird in der neuen Staffel nur in einem Gastauftritt zu sehen sein — aber er fehlt gar nicht, so gut ist das Ensemble.

Der „Fun-Freitag“ hat ab heute wieder einen Sinn: Ladykracher, die vierte Staffel, freitags, 22.15 Uhr auf Sat.1.

[Disclosure: Anke Engelke und weitere Mitarbeiter von Ladykracher haben für das BILDblog, an dem ich beteiligt bin, einen Werbespot gedreht.]

Stefan, 7. November 2008, 13:58.

South Park enthüllt: Die Wahrheit über Obama und McCain

Es ist eher nicht die lustigste South-Park-Folge, aber bestimmt die reaktionsschnellste: Nur einen Tag nach der Wahl zeigte Comedy Central gestern in den USA, wie sich die Wahl von Barack Obama zum amerikanischen Präsidenten auf das Leben der Bewohner von South Park, Colorado, auswirkt …

… präsentierte die wahre Sarah Palin und enthüllte die gewaltige Verschwörung hinter dem scheinbaren Wahlkampf der Kandidaten. Die komplette Folge „About last night…“ ist auch kostenlos online.

Stefan, 6. November 2008, 21:32.

Von Shakira-Knödeln und Ulk-Nudeln: Anke Engelke im Podcast


Fotos: Sat.1

Wenn Sie in Köln wohnen und an der Kasse eines Elektrofachgeschäftes einer Frau begegnen, die aussieht wie Anke Engelke und betont unauffällig Anke-Engelke-DVDs kauft, dann könnte es sich, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, tatsächlich um Anke Engelke handeln, die auf diese Weise Versorgungsengpässe löst. Kurz bevor Ladykracher am kommenden Freitag nach vier Jahren endlich wieder ins deutsche Fernsehen zurückkehrt, sprach Michael Reufsteck mit ihr im Morgengrauen über DVD-Käufe in der juristischen Grauzone, Ähnlichkeiten zu Hans-Joachim Kulenkampff, das Scheitern von Anke Late Night, Kassettenrekorder und Langspielplatten, nervige Journalistenklischees, die Vorbereitungen zur zweiten Weihnachtsshow mit Bastian Pastewka und mehr.

Fernsehlexikon proudly presents: Anke Engelke im dritten Fernsehlexikon.de-Podcast!

[audio:http://www.fernsehlexikon.de/wp-content/ankeengelke2.mp3]

Nachtrag: Die Weihnachtsshow wurde leider nach der Aufzeichnung des Podcasts kurzfristig abgesagt, wie auch schon unten in den Kommentaren zu lesen ist.

 
Fernsehlexikon.de-Podcast mit Bastian Pastewka, Nov. 2007
Fernsehlexikon.de-Podcast mit Peter Kloeppel, März 2008

Schlagwörter:
Stefan, 5. November 2008, 22:20.
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