Bunz deutscher Mädel


Foto: ProSieben

Hätte ProSieben nur die erste Folge der neuen Comedyserie Der kleine Mann verschickt, stünde hier jetzt eine ausschweifende Lobpreisung für die originelle Handlung und die witzigen Dialoge. Bjarne Mädel, bekannt als Ernie aus Stromberg, spielt den Elektrofachverkäufer Rüdiger Bunz, der in einem Werbespot mitspielt und dadurch so etwas ähnliches wie prominent wird, was ihm umgehend noch mehr zu Kopf steigt als der Schnaps, für den er wirbt. Aus dem Off, weil ja keine Serie mehr ohne Off-Erzähler auskommt (Sie kennen das aus sog. Büchern), sagt er Sätze wie:

Unsere Beziehung dauert nun schon länger als das Dritte Reich. Und ist meistens auch lustiger.

Und im Elektrofachgeschäft kommt es zu Diagnosen wie dieser, die der alte Chef über einen reparaturbedürftigen Staubsauger erstellt, während er dessen Besitzerin, eine Rentnerin, ansieht:

Ist eben alt. Und alt ist Scheiße.

Leider hat ProSieben auch die zweite Folge verschickt, die bereits weitgehend ohne Pointen auskommt, dafür mehr Fremdschämmomente enthält, wie man sie aus Stromberg kennt. Kilometer über den Berg sieht man die Peinlichkeiten kommen, und wenn sie da sind, decken sie sich exakt mit der schlimmen Vorstellung, die man gerade noch davon hatte.

Die Macher selbst sind sehr von ihrem Produkt überzeugt. In mehreren Interviews verglichen Hauptdarsteller Mädel und Autor Ralf Husmann ihre Serie mit Seinfeld, was ungefähr so vermessen ist, als vergliche sich ein Realschul-Physiklehrer mit Albert Einstein oder wir unsere kleine Freizeit-Internetseite mit dem Feuilleton der New York Times.

Aber immerhin die erste Folge heute Abend kann ich empfehlen.

Der kleine Mann, heute um 22.45 Uhr auf ProSieben.

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Michael, 24. März 2009, 00:58.

American Idol

Washington ist ein bisschen wie Deutschland sucht den Superstar, aber jeder ist Dieter Bohlen. 

(US-Präsident Barack Obama in der Tonight Show with Jay Leno. Sinngemäße Übersetzung unter Verwendung der deutschen Entsprechungen für die Sendung American Idol und deren Star, das Großmaul Simon Cowell.)

Als erster amtierender Präsident war Barack Obama vergangene Nacht Gast in einer Late-Night-Show. Vor Beginn und nach dem Ende ihrer Amtszeiten haben schon viele US-Präsidenten die amerikanischen Late-Night-Shows besucht, währenddessen noch keiner.

Hier der gesamte Auftritt.

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Michael, 20. März 2009, 13:06.

Wahnsinn! Blinkende Lichter!

Am vergangenen Mittwoch kam es in Winnenden zu einem unvorhergesehenen Amoklauf. Zum Glück waren Einsatzkräfte und RTL-Reporter schnell vor Ort.

via Medienlese

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Stefan, 16. März 2009, 15:47.

Grenzfallfernsehen

Das Beste an Fringe sind die Ortsmarken zum Szenenwechsel. Wie viele andere Serien lässt auch Fringe seine Zuschauer wissen, wo man sich gerade befindet, und tut dies mit einem visuellen Running Gag: Die Ortsnamen stehen nicht einfach um unteren Bildrand, sondern stehen oder schweben als 3D-Animationen mitten in der Landschaft, als gehörten sie zur Kulisse. So fährt man auf dem Weg zum Flughafen am Schriftzug „Boston Airport“ vorbei, und nachdem man aus der Luft auf Bagdad herabgesehen und darüber die riesige Erläuterung „Bagdad, Irak“ gelesen hat, sieht man nach einem Umschnitt in Blickrichtung Himmel die gigantischen Buchstaben von der anderen Seite.

Ebenfalls gut an Fringe: Joshua Jackson. Der war als Pacey Witter die auf Dauer erträglichste Figur in Dawson’s Creek und erzählte mal bei Conan O’Brien von seinem Traum, eine lange Bierleitung durch sein Haus zu legen und in jedem Zimmer einen Zapfhahn anzubringen (vielleicht hatte er das sogar schon umgesetzt, ich erinnere mich nur noch dunkel an das Interview). Jedenfalls sollte man solche Pläne unterstützen, deshalb ist es gut, dass Jackson wieder einen festen Job hat.

Und schließlich hat Fringe, die neue Serie von J.J. Abrams, gegenüber Abrams‘ alter Serie Lost den Vorteil, dass man auch die Chance hat, sie zu begreifen, wenn man zwischendurch blinzelt.


Foto: ProSieben

Trotzdem ist der Kern der Serie wieder eine Reihe rätselhafter Vorgänge (und fängt wie Lost mit einem Flugzeugunglück an), die einem ebenso rätselhaften Muster folgen, und die Serie folgt dem Muster: Mysteriöses, paranormales Phänomen, Geheimhaltung vor der Öffentlichkeit, können unsere Helden sich mit dem Problem auseinander- und gegen die Verschwörung durchsetzen? Eine toughe Frau und ein genialer verrückter Professor klemmen sich dahinter, und Joshua Jackson spielt den ebenso genialen und schwierigen Sohn des Professors, der vermittelt. So richtig nachvollziehbar erklären, worum genau es eigentlich geht, lässt sich trotzdem nicht. Aber wer Mystery mag, ist bei Fringe genau richtig.

Wie immer bei neuen US-Serien lügt der ausstrahlende Sender übrigens über den Erfolg der Serie in Amerika und weist sie als „Nr. 1“ aus. ProSieben teilt mit:

„Fringe“ (lässt sich im Deutschen mit „Grenzwissenschaften“ übersetzen) startete im September 2008 auf dem US-Sender FOX und war mit 9,1 Millionen Zuschauern auf Platz eins am Dienstagabend.

Wenn man den Quotendurchschnitt der Serie am Dienstagabend als Grundlage nimmt, liegt Fringe aber weit hinter Dancing With The Stars, Navy CIS und The Mentalist zurück. Wertet man natürlich nur den Premierenabend, könnte es schon stimmen, dass Fringe mit 9,1 Millionen Zuschauern die Nr. 1 war, sofern es die NBC-Show America’s Got Talent es mit ihren 11 Millionen Zuschauern aus mysteriösen Gründen nur auf Platz 2 geschafft hätte. Das wäre dann ein echtes paranormales Phänomen.

Fringe, montags um 20.15 Uhr auf ProSieben.

Michael, 16. März 2009, 00:42.

Noch ’ne Freundschaftswerbung (Thema verfehlt)

Mein Kollege Marcus Barsch hat endlich auch ein Buch geschrieben. Es heißt „Rätselgeschichten. Was geschah mit Herrn Pasulke?“ und ist bei Goldmann erschienen. Wir zeigen das Cover hier nicht, denn es ist hässlich. (Dass Goldmann ein Händchen für ausgesprochen einfallslose und unansehnliche Cover hat, hat der Verlag ja schon beim „Fernsehlexikon“ gezeigt.) Dafür ist der Inhalt um so schöner: 197 kurzweilige Rätselgeschichten zum Mitraten. Es hat überhaupt nichts mit Fernsehen zu tun und kostet weniger als 6,96 Euro!

Bitte jetzt hier bestellen und amüsieren.

Michael, 14. März 2009, 19:34.

Eine Marke für Charlie

Die neue Krimiserie Life als „ungewöhnlich“ zu bezeichnen, wäre übertrieben. Der Held und seine schöne Partnerin klären ganz gewöhnliche Mordfälle auf. Dieser Held ist aber ungewöhnlich, andererseits sind das Helden von Krimiserien ja mittlerweile immer.


Foto: NBC/Trae Patton

Immerhin ist Damian Lewis als Charlie Crews nicht einfach der konventionelle unkonventionelle Polizist, der eigensinnig ist und auch mal Vorschriften missachtet, wie man ihn in jeder Serie sieht. Charlie Crews saß zwölf Jahre unschuldig im Knast und hat seitdem eine bessere Menschenkenntnis, eine bessere Beobachtungsgabe und jede Menge Zen-Weisheiten verinnerlicht, mit denen er seine Mitmenschen belästigt. Unwirsch wird er nur gegenüber Verdächtigen von Zeit zu Zeit. Unentwegt isst er Äpfel oder Birnen, vergleicht sie aber nicht miteinander. Dass er nicht nur seine Dienstmarke zurückbekommt, sondern vom Streifendienst zur Kriminalpolizei befördert wird, war Teil der Vereinbarung, die ihn für die ungerechtfertigte Zeit im Gefängnis entschädigen sollte. Der andere Teil waren 50 Millionen Dollar. Nebenbei verprasst Charlie diesen Reichtum, fährt aber andererseits mit dem Linienbus zur Arbeit. Sein Finanzberater ist ebenfalls ein Ex-Knacki. Und natürlich will Charlie die Verschwörung aufklären, die ihn lebenslang in den Knast bringen sollte. Das ist neben den wöchentlich abgeschlossenen Fällen der Handlungsstrang, der sich durch die Serie ziehen wird.

Ungewöhnlich ist das alles nicht. Gut ist es trotzdem. Life ist die natürliche nächste Evolutionsstufe amerikanischer Krimiserien dieses Jahrzehnts, und Charlie Crews ist die logische Folge und Weiterentwicklung aus Gil Grissom und Robert Goren.

Und so bereichert Life ab sofort den Mittwochabend bei Vox, an dem ja noch nie eine schlechte Serie lief.

Life, mittwochs um 21.10 Uhr bei Vox.

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Michael, 11. März 2009, 06:42.

Balsambaumgewächse


Fotos: RTL2

Das deutsche Fernsehen misst mit seltsamen Maßstäben. Die hervorragende US-Politserie The West Wing zeigte es nicht, weil man eine Serie, die im Weißen Haus spielte, deutschen Zuschauern nicht vermitteln könne. Die mittelmäßige US-Politserie Welcome Mrs. President, die im Weißen Haus spielte, zeigte es.

David E. Kelleys Anwaltsserie Practice — Die Anwälte brach das deutsche Fernsehen zwar an, aber auch ab, und nie wieder ward im Free-TV von ihr gehört. Stattdessen wurde gleich David E. Kelleys Fortsetzung Boston Legal gezeigt, die Practice mit einigen (den US-Zuschauern) bekannten Charakteren weiterführte.

Die großartige Thrillerserie 24 war beim kleinen Sender RTL2 mit jeder Staffel weniger erfolgreich, da kaufte der größere Konkurrent ProSieben die Rechte und zeigte voller Stolz die sechste und gleichzeitig erste schlechte Staffel der Serie. Überraschend ohne großen Erfolg.

Ebenfalls bei ProSieben floppte die britische Kultserie Doctor Who sogar im Nachmittagsprogramm. Nach deutscher Logik sollte sich der Spin-off Torchwood über einen anderen Zeitreisenden, der ebenfalls Außerirdische bekämpft, also fürs Abendprogramm eines anderen Senders geradezu aufdrängen. Na dann. Heute geht’s los.

In der ersten Folge beißt ein sabbernder Außerirdischer mit einer hässlichen Fratze einen armen Krankenhausmitarbeiter tot, und das Blut spritzt meterweit. In der zweiten Folge wird eine junge Frau von einem sexbesessenen Alien befallen, das sich von Orgasmen ernährt, und die Männer, mit denen es Sex hatte, zerfallen zu Staub. Würde die gebührenfinanzierte ARD eine solche Trashserie produzieren, gäbe es einen großen Aufschrei anlässlich des erneuten Untergangs des Abendlandes und des weiteren Niveauabfalls, für den unser Geld verschwendet würde. Produziert sie stattdessen die gebührenfinanzierte BBC, gilt sie als Kult. In Deutschland griff RTL2 zu, und das passt ganz gut.

Immerhin wirkt Torchwood nicht halb so billig wie Doctor Who, ist seitens der BBC aber auch nicht für das Nachmittagsprogramm entwickelt worden, sondern für den späteren Abend. Sonst würde das Blut vielleicht weniger weit spritzen. Und immerhin nimmt sie sich und seine Gimmicks nicht so furchtbar ernst. Zum Beispiel den unsichtbaren Aufzug.

Gwen Cooper: Wie funktioniert das?
Captain Jack Harkness: Keine Ahnung. Wir wissen, dass es funktioniert, aber nicht wie. Aber wenn ich raten sollte, dann würde ich sagen dass hier mal ein dimensional-transzendenter Chamäleonschaltkreis bestanden hat, dessen Wahrnehmungsschild punktuell mit einem Raum-Zeit-Riss verschmolzen ist.

Oder die militärischen Kommandos.

Jack Harkness: Standardformation!
Gwen Cooper: Was ist die Standardformation?
Owen Harper: Ändert sich ständig.

Aber schlimmer Trash ist die Serie trotzdem.

Torchwood, mittwochs um 22.05 Uhr bei RTL2.

Michael, 11. März 2009, 06:30.

Ideen im Suff — so war es wirklich

ProSieben reanimiert heute seinen Lückenfüllklassiker Witzig ist witzig. Das symbolisiert so eine Art Totstellen, wenn man weiß, dass bei der Konkurrenz gerade Dr. House läuft, gegen den man sowieso keine Chance hat. Eine Praxis, die jahrzehntelang alle Sender befolgten, wenn Wetten, dass…? lief.

Im Buch „Zapp! Merkwürdigkeiten aus der Fernsehwelt“ steht Witzig ist witzig in der Liste der Sendungstitel, auf die man nur im betrunkenen Zustand kommen konnte. Im vergangenen Herbst erzählte uns Stefan Raab aber, wie es wirklich war, und dass er es war, der diesen Sendungstitel verbrochen habe.

Wir hatten damals, das ist viele Jahre her, als wir mit TV Total angefangen haben, eine Diskussion darüber, was denn jetzt lustig sei oder warum etwas lustig sei. Und dann habe ich gesagt: „Ist doch völlig egal! Wenn die Leute lachen, ist es lustig. Wenn’s witzig ist, ist es witzig. Dann ist die Begründung völlig egal.“ Dieser Spruch wurde uns dann von ProSieben aufgrund des Erfolges unserer Sendung zu Weihnachten in einem Rahmen präsentiert. Und der hing dann bei uns im Büro. Das war nie der Gedanke, dass das mal der Titel für eine Sendung werden sollte. Und dann kam es zu einer Sendung bei ProSieben, der Unterhaltungschef sah diesen Titel und sagte: „Das ist ein guter Titel. Den nehmen wir!“ (…) Der Unterhaltungschef ist allerdings auch nicht mehr Unterhaltungschef.

Michael, 10. März 2009, 06:56.

Verstehen Sie Pilawa?

Jörg Pilawa will natürlich kürzertreten. Das ist ja bekannt.

Aber Verstehen Sie Spaß? würde er dann doch noch ganz gerne zusätzlich übernehmen.

Michael, 8. März 2009, 18:34.

Der totale Raab

Den Sendergeburtstag hat ProSieben im Januar nicht gefeiert, den seiner Sendung TV Total feiert es durchaus. Das ist konsequent und ehrlich, denn denken Sie doch mal einen Moment darüber nach, wofür ProSieben heute stünde, gäbe es nicht TV Total und alles, was TV Total mit sich bringt. Gell, da müssen Sie schmunzeln. Und jetzt ziehen Sie nur so aus Spaß auch noch Die Simpsons ab. Eben.


Screenshots: ProSieben.
TV Total im Wandel der Zeit. Oben: Januar 2006, unten: Oktober 2008.

Heute vor zehn Jahren begann das, was zunächst eine ganz normale Erfolgssendung wurde. Ein wöchentliches Ereignis, zu dem montags um 22.15 Uhr vier Millionen Menschen einschalteten. Heute muss man die Zuschauerzahlen aller vier wöchentlichen Ausgaben addieren, um auf diese Menge zu kommen, aber das ist längst nicht mehr der Punkt. Aus einer wöchentlichen Abrechnung mit den Unsäglichkeiten des Fernsehens ist eine ganz klassische Late-Night-Show geworden, mit Witzen zum Tagesgeschehen und Gästen, die ein Produkt bewerben, und manchmal ist sie selbst eine Unsäglichkeit des Fernsehens.

Vor allem aber ist TV Total eine Gewohnheit, wie es sie im Fernsehen am späten Abend geben sollte. In den USA gibt es sechs solcher Late-Night-Gewohnheiten, und ihre Amtszeiten zeigen, dass diese Formate auch von ihrer Langlebigkeit leben (ja, klingt komisch): David Letterman (seit 27 Jahren), Jay Leno (17 Jahre), Conan O’Brien (16 Jahre), Jimmy Kimmel (sechs Jahre), Craig Ferguson (vier Jahre) und Jimmy Fallon (eine Woche). Demnach dürfte Raab noch relativ am Anfang sein. Thomas Gottschalk, Thomas Koschwitz und Harald Schmidt erklärten Letterman und Leno öffentlich zu ihren Vorbildern, doch Gottschalk und Schmidt fehlte eine der wichtigsten Eigenschaften, die Ausdauer, und bei Thomas Koschwitz wollte RTL lieber nicht warten, ob er sie vielleicht habe.

Nur Stefan Raab hat begriffen, dass eine Show nur dann eine Institution werden kann, wenn man einfach nicht mit ihr aufhört (obwohl er es schon mehrfach angekündigt hatte). Das, und natürlich die Tatsache, dass sich all seine anderen Shows so wunderbar in TV Total bewerben lassen. Und das ist der andere Punkt: In der Programmwoche, die gestern begonnen hat, füllt Stefan Raab zehn Stunden (Nachtwiederholungen von TV Total nicht mitgerechnet). Das ist sogar eine Stunde mehr als Die Simpsons.

Ohne Raab wäre sein Sender ziemlich leer und ohne Alternativen. Denn so viele Serien, wie Sendeplätze frei wären, könnte nicht einmal ProSieben absetzen.

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Michael, 8. März 2009, 00:01.
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