Mord mit Absicht

Als Programmplaner des Ersten hat man auch nicht immer nur Glück: Da lässt man die viel gepriesene Serie Mord mit Aussicht erst zweieinhalb Jahre komplett vermodern, platziert die Wiederholungen dann im Sommerloch, pausiert sicherheitshalber nach nur einer Folge für eine Woche, um bloß keine Sehgewohnheit aufkommen zu lassen, pausiert dann aber nicht während der Fußball-WM und sendet die erste neue Folge sicherheitshalber parallel zum Halbfinale, um letzte Sehgewohnheiten zu zerstören, macht also im Ganzen den Privaten ihre Kernkompetenz des Serienabschießens streitig, und dann diese Schmach: Die Serie wird trotzdem ein Erfolg. Sowohl beim ARD-Publikum, als auch beim jüngeren. Mehr als fünf Millionen treue Zuschauer zog die untypische ARD-Serie in den meisten der vergangenen Wochen an und erreichte bei den 14- bis 49-jährigen zweistellige Marktanteile. (Für ARD-Fernsehschaffende: Zweistellig, das ist, wenn vor dem Marktanteil noch eine zusätzliche Ziffer steht.)

Eine solche Widerspenstigkeit darf natürlich nicht ungesühnt bleiben, weshalb zu befürchten ist, dass die heutige letzte Folge (20.15 Uhr, ARD) tatsächlich die letzte bleibt – zumindest für lange Zeit. Deshalb unbedingt genießen und zwei Kerzen aufstellen!

Andere Sender hätten sich bei einer Serie mit so guten Kritiken oder so guten Quoten jedenfalls wesentlich mehr beeilt, frühzeitig eine Fortsetzung zu versprechen. Aber gleichzeitig gute Kritiken und gute Quoten stellt natürlich eine unglaubliche Überforderung dar.

Mann Mann Mann.

Michael, 24. August 2010, 06:56.

Futur II

Seit einigen Wochen laufen in den USA die neuen Folgen der 2003 erstmals eingestellten Serie Futurama. Der Wiederaufnahme vorausgegangen waren vier Futurama-Filme, die direkt für den DVD-Verkauf produziert wurden, weil sich die Serien-DVDs so gut verkauft hatten. Im Fernsehen wurden sie erst später gezeigt.

Mit diesen Filmen beginnt auch ProSieben die Ausstrahlung des neuen Futurama-Materials ab Mitte September sonntagnachmittags.

Und das ist doch toll!

Halt: Die Filme laufen nicht am Stück. ProSieben gewährt nur einen einstündigen Sendeplatz, und da passt so ein Film nur halb rein.

Dann gibt’s eben ein paar Doppelfolgen. Auch gut!

Halt: Die zweite der beiden Folgen, die ProSieben sonntags zeigt, ist jeweils eine Wiederholung einer zehn Jahre alten Episode.

Und was heißt das für die vier Filme? Dass sie jeweils viergeteilt werden. Erst kommt ein Viertel des Films, dann schließt sich unmittelbar an den gerade unterbrochenen Handlungsstrang eine Geschichte an, die mit dem just Gesehenen nichts zu tun hat, und bis der Film zu Ende ist, dauert’s noch drei Wochen.

Irgendwie ist es ja auch beruhigend, dass man einfach so aus einer fünfwöchigen Schaffenspause zurückkommen kann, und die Sender verhalten sich noch genauso dämlich, unprofessionell und zuschauerunfreundlich wie eh und je. Man hat also nichts verpasst.

Michael, 13. August 2010, 14:36.

Die Knuff-Hoff-Show

Diese Woche wird David Hasselhoff in die Pfanne gehauen.

Die Tradition des „Roasts“ im amerikanischen Fernsehen geht bis zu Dean Martin in die 60er-Jahre zurück, und außerhalb des Fernsehens bis in die 20er. Freunde und Weggefährten des zu Röstenden kommen zusammen, um in dessen Anwesenheit über ihn herzuziehen.

David Hasselhoff, der sich selbst „The Hoff“ nennt und sich zuschreibt, die Berliner Mauer zu Fall gebracht zu haben, weil er kurz vorher dort „Looking For Freedom“ sang, aber bekannt wurde wegen eines sprechenden Autos, roter Badekleidung und eines zerfallenden Cheeseburgers, stellt sich am Sonntagabend im amerikanischen Comedy Central als Opfer zur Verfügung (beim deutsche Comedy Central am 30. September).

Die Witze der bereits produzierten Sendung sind etwa auf dem Niveau der Monolog-Witze in amerikanischen Late-Night-Shows, die Unterschiede liegen darin, dass Hasselhoff als Zielscheibe direkt daneben sitzt und das alles über sich ergehen lassen muss, und dass diese Witze von Menschen vorgetragen werden, die das nicht können, z.B. Pamela Anderson, Jerry Springer oder Hulk Hogan.

Die Sendung selbst ist deshalb allenfalls mittellustig. Aber die Myriaden Trailer, mit denen Comedy Central auf sie hinweist, sind grandios.

 

 

 

 

 

 

Michael, 11. August 2010, 21:21.

In eigener Sache (also langweilig)

Hust… Staubwegpust…

Es gab hier jüngst einen gewissen Unmut über die fünfwöchige Funkstille auf dieser Seite. Und das freut mich. Wirklich. Denn es zeugt davon, dass es ein paar Menschen gibt, denen etwas daran liegt, ob hier etwas erscheint oder nicht.

Insofern tut es mir leid, dass die Erwartung und Hoffnung auf regelmäßige Lebenszeichen enttäuscht wurden.

Der Wunsch nach einer Vorankündigung einer Schaffenspause ist aber leider unrealistisch, weil ihre Gründe vielfältig sind und ihr Ende nicht absehbar ist – und meistens nicht mal ihr Anfang.

Wie der Durchschnittsfernsehzuschauer sehe auch ich im Sommer weniger fern. Das hat zum einen meteorologische Ursachen und verhindert zum anderen, dass ich mit ansehen muss, wie sich das Fernsehen im Sommer noch weniger Mühe gibt als sonst.

Die konkrete Dauer einer Ereignis- oder Einfallslosigkeit ist in der Regel ebenfalls nicht im Vorfeld abzusehen. Das gilt auch für Zeitmangel. Diese Seite ist immer noch ein Hobby. Hauptberuflich arbeite ich.

Und schließlich verlor ich irgendwann die Lust (und vielleicht die Fähigkeit), über einen Serienstart wie beispielsweise Navy CIS: Los Angeles noch etwas Originelles zu schreiben, wenn das Produkt selbst so wenig davon bietet.

Trotzdem wird hier auch in Zukunft immer mal wieder etwas erscheinen, voraussichtlich unregelmäßig. Wer die Geduld hat und wem es die Zeit wert ist, wird hier weiterhin mit Freude empfangen. Wem das zu lästig ist, dem sei herzlich gedankt für das treue Lesen in den vergangenen Jahren.

Michael, 11. August 2010, 20:25.

Quotenrekorde immer nur bei Niederlagen

Nun, dann ist ja wenigstens der Quotenrekord doch noch gefallen: 31,1 Millionen Zuschauer sahen allein auf heimischen Fernsehern das WM-Halbfinale zwischen Deutschland und Spanien. Das ist die höchste jemals gemessene Zuschauerzahl einer Fernsehsendung. Spitzenreiter war bisher das Halbfinale von 2006 zwischen Deutschland und Italien mit 29,66 Millionen.

Wer braucht da noch eine Endspielteilnahme? (Schönfärb… schönfärb…)

Michael, 8. Juli 2010, 08:20.

Vor der Wahl ist nach der Wahl

Die lange Bundesversammlung, die Hitze, da kann man auch als Phoenix-Kommentatoren schon mal durcheinander kommen.

(Ich weiß leider nicht mehr ganz sicher, wer da gegen 19.30 Uhr sprach, ich glaube, es waren Constanze Abratzky und jemand vom „Spiegel“).

Er: „Norbert Lammert hat den Saal betreten, und es kommt das Ergebnis des dritten Wahlgangs.“

Sie: „Nee, das Ergebnis kommt noch nicht direkt, erst müssen wir mal wählen.“

Michael, 1. Juli 2010, 09:07.

Bundesversammlung wählt sich einen Wulff

Es hätte alles viel schlimmer kommen können. Es hätte zum Beispiel im dritten Wahlgang der Bundespräsidentenwahl zu einem Patt zwischen Christian Wulff und Joachim Gauck kommen können, und dann hätte weitergewählt werden müssen, bis endlich jemand gewonnen hat. Dann hätte es wahrscheinlich nicht nur einen Rekord für die längste Bundesversammlung aller Zeiten gegeben, sondern auch schon wieder für das längste Wimbledon-Match.

Aber es war Ulrich Deppendorf, der die Bundesversammlung indirekt zur Ordnung rief, indem er in dem, was sonst das ARD-Vorabendprogramm ist, bei den Zuschauern um Verständnis für die Programmänderung bat und androhte, jetzt weiterzusenden, bis jemand gewählt sei.

Christian Wulff ist es gewohnt, drei Anläufe zu brauchen. Vor seiner Wahl ins Amt des Ministerpräsidenten von Niedersachsen 2003 war er schon zweimal Kandidat gewesen, hatte aber beide Male gegen Gerhard Schröder verloren. Diesmal lagen wenigstens keine neun Jahre dazwischen, sondern nur neun Stunden. Und das Porträt über ihn, in dem zu sehen war, wie er vorvergangene Woche beim Niedersachsentag seinen 51. Geburtstag feierte und wie er in seiner Jugend gegen Helmut Kohl aufbegehrte, war heute auch schon dreimal gezeigt worden. Irgendwas muss man halt senden, wenn man eine brutto neunstündige Sondersendung über ein aktuelles Ereignis füllen muss, bei dem netto aber sieben Stunden lang nichts passiert.

Den zahlreichen Fans beim Public Viewing vor dem Reichstag scheint die lange Dauer nichts ausgemacht zu haben. Aber wir wissen ja: Verlängerung ist gut für die Quote. Und dass derjenige zum Präsident gewählt wird, den das Volk lieber nicht gehabt hätte, hat in Deutschland ohnehin eine lange Tradition. Als Roman Herzog Präsident wurde, war eigentlich Johannes Rau der Favorit der Deutschen, und bei Horst Köhlers erster Wahl hätten sie sich mehr über Gesine Schwan gefreut.

Als Fazit bleibt: Zwei fähige Männer könnten mehr, als sie dürfen. Joachim Gauck hatte seine eigene Fernsehshow schon. (Und Christian Wulff ja eigentlich auch. Erinnern Sie sich? Vor einem Monat riss er auf ProSieben und der ARD die Moderation der Live-Übertragung von der Ankunft Lena Meyer-Landruts in Hannover an sich, als die eigentlichen Moderatoren Heinrich und Opdenhövel ins Schwafeln gerieten.)

Aber Norbert Lammert braucht endlich seine eigene Comedyshow. Nachdem Wulffs Wahl ausgiebig beklatscht wurde, stellte Bundestagspräsident Lammert fest:

Selten hat eine so kurze Amtszeit einen so großen Jubel ausgelöst.

Michael, 30. Juni 2010, 21:43.

Nachrichten aus einer fremden Zivilisation

Fast 15 Millionen Menschen sahen das WM-Achtelfinale zwischen den USA und Ghana — beim US-Sender ABC. Das sind knapp halb so viele wie bei den Spielen der deutschen Mannschaft im deutschen Fernsehen — in einem Land, das knapp viermal so viele Einwohner hat wie Deutschland, aber sich eben mehr für Baseball und American Football interessiert.

Die Zahl entspricht der zweithöchsten Zuschauerzahl, die jemals im US-TV für eine Fußball-Übertragung erreicht wurde — nur geschlagen vom 1999er WM-Finale der Frauen.

Michael, 28. Juni 2010, 21:53.

Vu vu sind nur die Zelas?

Das digitale Zeitalter birgt schon seit geraumer Zeit enorme Möglichkeiten, und allmählich beginnen die Sender, davon Gebrauch zu machen.

So bietet die ARD seit heute für alle Zuschauer mit digitalem Empfang einen eigenen Kanal an, auf dem die Vuvuzela-Geräusche aus den WM-Stadien herausgefiltert werden.

Jetzt müssen wir nur noch das ZDF dazu bringen, einen Kanal anzubieten, auf dem Béla Réthy herausgefiltert wird.

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Michael, 17. Juni 2010, 20:22.

In Memoriam Heidi Kabel

Am Ende gab es mindestens eine Doppelhochzeit. Bis dahin mussten aber immer sehr viele Verwechslungen und Missverständnisse überwunden werden, deren Ursache meistens Heidi Kabel war, weil sie beim Lauschen nur die Hälfte mitbekam, während sie sich mit einer Pulle Schnaps unter dem Tisch versteckte. Natürlich nicht immer. Manchmal auch im Schrank.

Ohnsorg-Theater-Legende Heidi Kabel war einer der größten und beliebtesten deutschen Fernsehstars. Sie spielte zu einer Zeit Volkstheater, als Volkstheaterübertragungen im Fernsehen noch Quotengaranten waren. Es ist aber unwahrscheinlich, dass sie deshalb so ein großer Star wurde. Wahrscheinlicher ist, dass das Volkstheater im Fernsehen so populär war, weil es Leute wie Willy Millowitsch und Heidi Kabel gab.

Mit beiden wurden auch Fernsehserien abseits der Theaterbühne gedreht, die kurzlebige und heute weitgehend vergessene Reihe Hei-Wi-Tip-Top sogar mit beiden zusammen. Kleinstadtbahnhof, Tante Tilly und Erbin sein dagegen sehr waren weiteres Kabelfernsehen.

Noch in den 90er-Jahren war Heidi Kabel in Heidi und Erni ein Star des ARD-Vorabendprogramms, und wenig später setzte sogar der damals noch nicht ganz so jugendfixierte Sender RTL auf sie als Zugpferd der Holsteiner Komödianten am Samstagabend um 20.15 Uhr.

Im Alter von 95 Jahren ist Heidi Kabel in Hamburg gestorben.

Michael, 15. Juni 2010, 23:03.
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