Neues vom Alten
Der Alte hört auf. Wie sein Darsteller Rolf Schimpf glaubt, gerade noch rechtzeitig, denn „es soll ja glaubwürdig wirken, wenn ich einen Kommissar spiele“. Schimpf ist 82.
Der Alte hört auf. Wie sein Darsteller Rolf Schimpf glaubt, gerade noch rechtzeitig, denn „es soll ja glaubwürdig wirken, wenn ich einen Kommissar spiele“. Schimpf ist 82.
Nina Ruge hört bei Leute heute auf. Dann hat sie ja doch Recht behalten.
Aufregend. Augenreibend. Auch ohne Zappen vermitteln uns die Sender das Gefühl, in der Werbepause mal kurz bei einem anderen Kanal gelandet zu sein. Da wirbt doch die ARD, die in ihren Programmen gern die Privaten totschweigt, weil sie glaubt, dann bemerken die Zuschauer deren Existenz nicht, bei RTL in der Werbepause von Wer wird Millionär? für ihre Fernsehlotterie. Mitsamt Frank Elstner. Sehr interessant.
Crossover nennt man das im amerikanischen Fernsehen, wenn Charaktere aus einer Serie plötzlich in einer anderen auftreten oder im Extremfall sogar die Handlung einer Serie in einer Episode einer anderen fortgesetzt wird. Letzteres passierte vergangene Woche senderübergreifend, als die Handlung aus der CSI: Miami-Folge „Blutspur“ einen Tag später bei Vox in CSI: NY weiterging.
Die einfachere Variante bringt uns zurück zum Vogel vom Beck. Es handelt sich um einen ziemlich dicken Brummer: einen Sperling. Kommissar Sperling (Dieter Pfaff) aus der Samstagskrimireihe des ZDF gibt ein Gastspiel in den neuen Fällen der schwedisch-deutschen Koproduktion Kommissar Beck, die am Sonntag um 22.00 Uhr starten. Den ersten gemeinsamen Film der beiden Kommissare zeigt das ZDF am 12. November und kündigt bereits den nächsten für Frühjahr 2007 an.
Und weil wir Statistiken, Archivstaub und Listen lieben, hier unsere bisherigen Top-5-Lieblings-Crossovers.
Sat.1 hat es sich überlegt und verzichtet darauf, den Zuschauern des vielgelobten Vierteilers Blackout auch die zweite Hälfte zu zeigen. Wie üblich unzufrieden mit den Einschaltquoten, strahlt der Sender die Teile 3 und 4 zwar noch aus, aber irgendwann nachts, wenn’s keiner merkt.
Deshalb bitte ich Sie: Nennen Sie mir nur einen Grund, warum man sich als Zuschauer bei Sat.1 überhaupt noch den Beginn einer neuen Reihe, Serie oder eines Mehrteilers ansehen sollte, wenn die Chancen doch ohnehin gegen null gehen, dass man erfährt, wie es ausgeht. Das wird nämlich allmählich zur Erwartungshaltung, und das könnte der Grund sein, warum nicht nur bei Sat.1, sondern auch beim ebenso permanent panisch, voreilig und chaotisch reagierenden ProSieben schon seit geraumer Zeit keine neue Serie mehr Erfolg hatte. Die Zeitinvestition ist zu groß für eine Handlung, die dann doch nur angerissen wird. So geht diese Programmpolitik nach hinten los und verstärkt langfristig das Quotenproblem, das die Sender durch Hau-Ruck-Absetzungen kurzfristig zu lösen versuchen.
ProSieben trieb dieses Prinzip vor zwei Monaten auf die vorläufige Spitze, als der Sender beim Fünfteiler 5ive Days To Midnight die Geduld nach vier Teilen verlor. Sat.1 schafft es nun also nicht einmal, einen Vierteiler ungestört zu Ende zu senden. Schauen Sie doch mal zu Vox, das mit Geduld, Treue und Hartnäckigkeit seit Jahren seinen Marktanteil ausbaut. So macht man das.
Und Sat.1? NYPD Blue: im Sommer praktischerweise mit Staffel 5 begonnen und nach sieben Folgen beendet. Freunde für immer — Das Leben ist rund: Sendeplatzverlust nach zwei Folgen. Unter den Linden: in den Nachmittag verbannt nach vier Folgen. LiebesLeben: von 13 Folgen nur 1-8 und 9-11 gezeigt. Talk der Woche: trotz aller Geduldbeteuerungen nach nur zwei Monaten eingestellt.
Und ProSieben? Las Vegas verschwand nach sechs Wochen, Without A Trace nach einer Staffel, die von zig kurzfristigen Absetzungen von Einzelepisoden durchlöchert war. Wer weiß, was sich davon mit etwas Geduld und Kontinuität noch zum Erfolg entwickelt hätte, so wie die Vox-Reihen Ally McBeal, CSI, CSI: Miami, Criminal Intent, Crossing Jordan, Gilmore Girls oder Das perfekte Dinner, die alle mit vergleichsweise schlechten Quoten begannen. — Ach halt, Without A Trace wurde ja sogar ein Erfolg! Aber da war die Serie natürlich schon lange nicht mehr bei ProSieben.
Also, ist Ihnen ein Grund eingefallen, sich überhaupt noch den Beginn einer Sat.1-Serie anzusehen? Sie hatten jetzt wirklich viel Bedenkzeit, während ich die vielen Negativbeispiele aufgezählt habe. Einen nur! Bitte! Na? Nicht mal ein kleiner? Ja, dachte ich mir.
Erinnern Sie sich noch an die Zeit, als Derrick und Der Alte im verschneiten München ermittelten, während im wirklichen Leben Hochsommer war? Und als Tatort-Kommissare Lösegeldforderungen in D-Mark analysierten, während hier bei uns, in der echten Welt, bereits der Euro eingeführt war? Das waren noch Zeiten! Zeiten, in denen sich Produzenten einen Dreck darum scherten, wann und unter welchen Umständen ihre Sendungen ausgestrahlt werden würden, und als Programmplaner sich bei der Programmierung dieser Sendungen einen ebensolchen scherten, worum es darin eigentlich ging. So kam es auch, dass die Weihnachtsfolge aus Familie Heinz Becker ihre Uraufführung am 19. Juli 1994 erlebte.
Am Sonntag nun, dem Veranstaltungstag des Frankfurter Marathons, strahlte der Hessische Rundfunk in der ARD einen Tatort aus, der während des Frankfurter Marathons spielte. Hurra, danke und weiter so! Wir sind auf dem richtigen Weg!
Ab heute zeigt Sat.1 den vierteiligen düsteren Unterwelt- und Amnesie-Thriller „Blackout“ — sicher eines der wichtigsten Programme für den Sender in diesem Herbst, auch weil sein Erfolg mit darüber entscheidet, ob deutsche Sender überhaupt noch solche ambitionierten Eigenproduktionen in Auftrag geben. Die Kritiken bewegen sich zwischen Wohlwollen und Begeisterung:
Christopher Keil, „Süddeutsche Zeitung“:
Die aufregendste Dramaserie der Saison. Einerseits arbeiten die Regisseure Peter Keglevic und Hans-Günther Bücking mit den üblichen Klischees. Andererseits ist das alles konstant gut fotografiert, wirkungsvoll dargestellt und dramatisiert. Vor allem Roeland Wiesnekker ist als von seiner Ehe, den Drogen und seiner Arbeit zerstörter Fahnder umwerfend.
Peer Schader, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“:
Der düstere Krimi ist eine fürs deutsche Fernsehen außergewöhnliche Produktion mit Charakteren, die man selten sieht. Überall lauern Loser, Abzocker, Falschspieler und gescheiterte Existenzen, die Geschichte ist spannend und authentisch erzählt.
Es handelt sich tatsächlich um ein Ereignis, um große Fernsehdramatik. „Blackout“ erzeugt Hochspannung weniger durch Pyrotechnik, Verfolgungsjagden oder Gewaltorgien, sondern durch raffinierte und konzentrierte Dramaturgie, pointierte Dialoge und eine ungemein einfallsreiche, dabei aber nie manierierte Kameraführung. „Blackout“ ist, wie ein Thriller mit Niveau sein sollte, und zwar die vollen sechs Stunden lang.
Durchweg brillant ausgestaltete und besetzte Charaktere. Wirklich bemerkenswert, welch düsteren Sog diese auch visuell imposante Genresaga bis zum Schluss entfaltet. Hier ist mal wieder eine Eigenproduktion, mit der sich Sat.1 zu Recht schmücken darf.
Thomas Gehringer, „Tagesspiegel“:
„Blackout“ beweist, dass auch das deutsche Fernsehen mit einer eigenproduzierten (Mini-)Serie glänzen kann. „Blackout“ erzeugt einen Sog, der das Warten auf den nächsten Teil zur Geduldsübung macht. Bis in die Nebenrollen ist der Vierteiler glänzend besetzt.
Harald Keller, „Frankfurter Rundschau“:
Obwohl einige Passagen dem Zuschauer ein wenig Nachsicht abverlangen, wegen handwerklicher Schwächen, gestelzter Dialoge, wäre der Serie ein erfolgreiches Abschneiden zu wünschen. Damit deutsche Autoren und Regisseure auch künftig Gelegenheit bekommen, vom Einerlei abzuweichen und die Programme zu bereichern.
Torsten Wahl, „Berliner Zeitung“:
Auch wenn der Vierteiler (Regie: Peter Keglevic und Hans-Günter Bücking) auch nicht so vielschichtig ist, wie es Sat.1 verspricht, so ist er dennoch sehenswert. Denn vor dem klar skizzierten Hintergrund erzählt er drei Geschichten von Familien, die nicht nur ungemein dramatisch sind, sondern auch von Figuren getragen werden, die sich dem Schwarz-Weiß-Raster entziehen. Die bis in kleinste Nebenrollen hinein starke Besetzung ist überhaupt der größte Trumpf von „Blackout“.
Christian Buß, „Spiegel Online“:
Man muss den Verantwortlichen von Sat.1 Respekt zollen für die beiden Helden, mit der sie die aufwändigste Eigenproduktion dieses Jahres ausgestattet haben: An denen kleben soviel Blut-, Sperma- und Kokainreste, das sie schwerlich als Sympathieträger durchgehen. Bei allen Schwächen ist dieses Sechs-Stunden-Monstrum ein wunderbares Fernsehereignis.
„Blackout“, ab heute jeweils sonntags und montags um 20.15 auf Sat.1. Wiederholungen mittwochs und samstags gegen 22 Uhr auf Kabel 1.
Zunächst dachte ich, das sei nur eine weitere Standard-Krimiserie, die auf den Zug der Indizien-Krimis à la CSI aufspringen will, welches, um beim Bild vom Zug zu bleiben, kilometerweit voraus fährt. Und zum Teil ist das auch wahr: Die kleine Abweichung besteht darin, dass es hier um Leichen geht, die so entstellt, so verbrannt oder so verwest sind, dass man sie mit herkömmlichen Methoden nicht mehr identifizieren kann. Ab diesem Punkt geht alles wie immer. Es wird rekonstruiert, analysiert und schließlich doch identifiziert, und die Aufklärung des Todesfalls geht ihren üblichen Weg. Unterwegs verwundert die Serie aber durch eine Konstellation, die zwar auch nicht sonderlich originell ist, es aber zumindest in Krimis der neuen Generation wie CSI, Without A Trace oder Criminal Minds bisher nicht gibt: Im Vordergrund steht ein starkes und vor allem gleichwertiges Frau-Mann-Gespann, in dem sich vom ersten Moment an die klassische Kriegen-sie-sich-oder-kriegen-sie-sich-nicht-Frage stellt. Natürlich sind die beiden total gegensätzlich: Die forensische Anthropologin, eine kühle Wissenschaftlerin, die nur auf Fakten vertraut, und der FBI-Agent, ein Bulle, den sein Bauchgefühl leitet. Also kabbeln, necken und nerven sie sich.
Und siehe da: Aus der Kombination zweier Bausteine, die schon hundertmal benutzt wurden, entsteht trotzdem eine feine Show. Dazu kommen dann noch einige blitzschnelle, scharfsinnige Dialoge mit feinen Pointen. Zum Beispiel dieser, als es um ein längst modriges Skelett geht, an dem keine Spuren von Kleidung festzustellen sind. Der FBI-Agent Booth: „Im Rahmen meiner Arbeit bedeutet keine Kleidung normalerweise ein Sexualverbrechen.“ Die Wissenschaftlerin Bones: „Im Rahmen meiner Arbeit könnte das aber auch bedeuten, dass das Opfer Naturfasern bevorzugte.“ Und ihr Assistent Addy zu Booth: „Ihr Anzug zum Beispiel wird Ihre Knochen Jahrzehnte überdauern.“
Sehenswert: Bones – Die Knochenjägerin. Ab Donnerstag, 21.15 Uhr bei RTL.
Die große böse Tante mit dem Lolli hat wieder zugeschlagen. Ihrem Locken nicht widerstehen könnend, folgt nun auch die Serie CSI ihrer Tochter CSI: Miami von Vox zu RTL. Vox ist der kleine Sender aus der RTL-Familie, der dank seiner US-Krimiserien seit Jahren einen Marktanteilsrekord nach dem anderen bricht und inzwischen RTL2 und Kabel 1 in der zweiten Liga der Fernsehsender abgehängt hat. RTL ist der andere kleine Sender aus der RTL-Familie, der früher mit Eigenproduktionen viele Zuschauer anziehen konnte. Diese Zeiten sind vorbei, weshalb Vox nun schon zum zweiten Mal seine erfolgreichste Serie abgeben muss.
Einerseits ist es legitim, Vox als Windkanal zu benutzen wie die ARD ihre dritten Programme, und nach erfolgreichem Test diese Programme selbst auszustrahlen. Andererseits ist es ein Armutszeugnis für den Marktführer aus Prinzip. Das erste Eingeständnis für das eigene Versagen war die Übernahme von CSI: Miami im April 2005. Im November 2006 folgt CSI und läuft dann mit neuen Folgen donnerstags um 21.15 Uhr. Und was hat RTL in den eineinhalb Jahren dazwischen gerissen? Nein, ernsthaft, was??? Na, Freiwillige? Und Dr. House gilt nicht, das ist auch eine US-Serie, die noch vor zwei Jahren bei Vox gelandet wäre. Also was? Ach ja, richtig, Let’s Dance. Hoch die Tassen. Auf diesen Erfolg könnte sich RTL eigentlich mal ein perfektes Dinner gönnen.
Soso, Die Kommissarin wird also angeblich abgesetzt.
Nun, das wurde sie ja schon einmal. Das war 2001. Damals blieb noch ein Haufen bereits gedrehter Folgen der Serie mit Hannelore Elsner liegen, der erst Anfang 2004 gesendet wurde und eher aus Verlegenheit vom Vor- in den Hauptabend verlegt wurde, weil am Vorabend zwischen den Soaps und anderen täglichen Serien kein Platz mehr war. Und da war Die Kommissarin plötzlich so erfolgreich, dass sogar noch weitere neue Folgen gedreht wurden. Die liefen Anfang 2006 und waren vielleicht schon wieder die letzten, wenn man den Meldungen um die Absetzung glauben darf. Am Alter der Hauptdarstellerin, wie BILD mutmaßt, könnte es wohl kaum liegen, preist doch das Erste auf seiner offiziellen Serienhomepage: „Auch nach 66 Folgen wirkt Hannelore Elsners Kommissarin noch so dynamisch und einzigartig wie beim Sendestart der Serie vor mehr als zehn Jahren“. Ja dann.
Die erste Folge, die 2004 nach der langen Pause gesendet wurde, hieß übrigens „Totgesagte leben länger“.