Housegespräch
Als ich 2008 mit Jochen Stöckle den unautorisierten Dr. House-Serienführer „Die kleine House-Apotheke“ schrieb (und später „Die kleine House-Apotheke II“) wurde es uns leider verwehrt, mit Hauptdarsteller Hugh Laurie selbst ein Interview zu führen. Diese Woche kam es endlich doch noch zu einem Telefonat. Dr. House ist längst zu Ende, und Hugh Laurie ist gerade mit seiner Blues-Band auf Tournee. Unser Gespräch wurde heute in SWR3 gesendet. Wer es verpasst hat, findet hier die Übersetzung zum Nachlesen.
Sie haben im Fernsehen einen Arzt gespielt, der unglücklich war, und Sie spielen Blues auf der Bühne. Sind Sie wenigstens im wahren Leben glücklich?
Hugh Laurie: Ja, es gibt viel Glück in meinem Leben. Und das liegt vor allem an der Musik. Ich weiß, viele Leute verbinden Blues mit Sorgen und Schmerzen, aber ich finde, da steckt auch viel Freude und Glück drin, und das erlebe ich gerade. Es ist ein wunderbares Abenteuer.
War Musik machen, auch auf der Bühne, immer ein Traum für Sie?
Hugh Laurie: Ja, es war schon ein Traum. Aber ich dachte nie, dass es passieren würde. Ich konnte mir als junger Mann nie vorstellen, ein Rockstar zu sein. Rockmusik hat mich nicht gereizt. Aber wenn man älter wird, schleicht sich der Jazz an einen ran. Es ist tiefgründig. Ich will ja nicht sagen, ich sei tiefgründig. Aber ich erforsche tiefgründige Musik, und es ist eine unglaublich befriedigende Erfahrung.
Sie sind schon durch ganz Europa getourt. Welcher Auftritt war der meistgefilmte auf Handys?
Hugh Laurie: Wenn mich richtig erinnere war das Sofia. Da waren ungefähr drei Leute, die nicht gefilmt haben. Ich frage mich ja, warum nicht einfach einer mitfilmt und es allen schickt. Dann könnten sich alle anderen einfach das Konzert ansehen. Aber die gucken es wahrscheinlich jetzt noch auf ihren Telefonen. Ich verstehe es nicht, aber so ist es eben.
Kam schon mal jemand zu Ihren Konzerten, der Sie nicht als Dr. House kannte?
Hugh Laurie: Ich möchte ehrlich sein. Das ist noch nicht vorgekommen. Aber wir sind jetzt seit drei Jahren auf Tour, und mittlerweile habe ich festgestellt, dass inzwischen tatsächlich Leute wegen der Musik kommen. Sie mögen mich als Dr. House kennen, aber sie kommen nicht mehr, damit ich Anekdoten aus dem Fernsehen erzähle oder lustige Parodien mache. Sie kommen, weil das eine tolle Band ist. Und ich bin stolz drauf, dass wir eine gute Show auf die Bühne stellen. Ich war selten auf etwas so stolz. Wenn ich im Publikum säße, ich würde es lieben.
Was gibt’s außerdem noch, das Sie immer machen wollten, für das Sie jetzt endlich Zeit haben?
Hugh Laurie: Ich möchte ein Starkoch werden. Von Weltklasseformat.
Wie läuft’s?
Hugh Laurie: Überhaupt nicht gut. Ich wäre auch gerne Turniertänzer. Das sieht aber auch nicht gut aus. Nein, ich bin mehr als zufrieden. Wenn ich ein Klavier habe, ein paar Leute, denen ich was vorspielen kann und ein Glas Whiskey, dann bin ein glücklicher Mann.
Kochen Sie denn wenigstens regelmäßig für Ihre Familie?
Hugh Laurie: Nein. Ab und zu schmeiße ich mal was zusammen, aber leider fehlt mir diese Fähigkeit. Mein Beitrag ist zu essen. Das kann ich gut. Ich bin ein natürlicher Esser.
Verbringen Sie seit dem Ende von Dr. House (das in Los Angeles gedreht wurde) wieder mehr Zeit mit Ihrer Familie in England, oder sind Sie sofort auf Tour gegangen?
Hugh Laurie: Ich verbringe viel Zeit in England, aber meine Familie ist auch mit zeitweise mit auf Tour gekommen. Meine Söhne haben als Roadies gearbeitet, meine Frau war auch manchmal dabei. Wir sehen also uns deutlich öfter, seit die Serie zu Ende ist.
Mussten Sie sich nach den vielen Jahren in Los Angeles erst wieder aneinander gewöhnen?
Hugh Laurie: Ich glaube nicht, aber da müsste ich meine Familie vielleicht mal fragen. Ich glaube, wir haben das wohl ganz gut geschafft. Am schwersten war es für die Hunde. Die Hunde waren verwirrt. Und sind es noch. Aber sie sind Hunde. Ihr Leben ist vermutlich meistens sehr verwirrend.
Sie haben während der Fußball-Weltmeisterschaft nach fast jedem Spiel was getweeted. Nur nach dem Finale gab es auf Ihrem Twitter-Account kein einziges Wort. Was muss ich als Deutscher da hineininterpretieren?
Hugh Laurie: Oh, da sollten Sie gar nichts reininterpretieren außer meinen aufrichtigen Glückwünschen. Ich kann mich an keine WM erinnern, bei der es eine Mannschaft so sehr verdient hatte wie diesmal Deutschland. Welch eine großartige Leistung. Warum habe ich nicht getweetet? Ich weiß es gar nicht. Und dieses letzte Tor – wenn man ein Tor hätte auswählen müssen, um einen guten Schlusspunkt für diese WM zu setzen, dann wäre es das gewesen. Es war großartig. Ich ziehe den Hut vor Deutschland. Herzlichen Glückwunsch.
Eine der Sängerinnen in meiner Band, Gaby Moreno, ist mit einem Deutschen verheiratet, Sebastian, er hat uns immer aus Deutschland getweetet, wie gerade die Stimmung war, während des Finales. Es muss so unglaublich gewesen sein.
Wie ist Ihr Verhältnis zum Fußball gerade – als Engländer?
Hugh Laurie: Es tut weh. Darin gibt’s mehr Sorgen und Schmerzen als in dem Blues, den ich spiele. Wir müssen das machen, was Deutschland gemacht hat. Einfach nochmal ganz von vorn anfangen und überlegen, wie es jetzt weitergeht. So kann es jedenfalls nicht weitergehen. Aber wir sind ja nicht die einzigen: Italien, Portugal, Spanien. Mein Gott, Brasilien! Ich weiß nicht, ob sich Brasilien jemals erholen wird von diesem schrecklichen Abend. Großartig für Deutschland, aber schrecklich für Brasilien.
Zuschauer, die Dr. House gesehen haben, wurden schnell zu Hypochondern. Sie mussten es sogar spielen. Was hat die Serie mit Ihnen gemacht?
Hugh Laurie: Das kann ich verstehen. Mir geht’s auch ein bisschen so. Wenn man über die ganzen Symptome schrecklicher Krankheiten spekuliert, entdeckt man immer ein paar bei sich. Aber mein Vater war Arzt, und deshalb bin ich mit einer sehr robusten Einstellung gegenüber Krankheit und Gesundheit aufgewachsen. Ich bin kein Hypochonder, aber es hat sich schon ausgewirkt auf alle, die an der Serie beteiligt waren. Manchmal war es beängstigend, aber ich glaube, ich bin nicht zu neurotisch geworden.
Erinnern Sie sich denn noch an etwas Medizinisches, das Sie gelernt haben?
Hugh Laurie: Ich habe es für den Tag gelernt, an dem ich es können musste. Aber ich habe ein Gedächtnis wie ein Goldfisch, deshalb bin ich vermutlich auch nie selbst Arzt geworden. Ich kann mir einfach nicht so viel merken. Ab und zu fällt mir wieder was ein. Aber nicht viel.
Ich habe gerade einen Film mit George Clooney gedreht, den Disney-Film „Tomorrowland“, und er erinnert sich noch an wahnsinnig viele Fachbegriffe und Krankheiten, die er behandeln musste. Er wusste viel mehr als ich, dabei hat er schon viele Jahre vor mir aufgehört, einen Arzt zu spielen.
Ich stelle mir gerade vor, wie Sie und George Clooney ärztliche Fachgespräche führen.
Hugh Laurie: Ja, das haben wir auch gemacht. Das war sehr merkwürdig. Wir haben uns auch gefragt, wer von uns die besseren Kunststückchen in einem Rollstuhl kann. Das haben wir beide am Set gemacht, wenn einer in der Krankenhausdeko stand. Wir haben viel gemeinsam. Hat mich sehr überrascht.
Ich glaube ja nicht, dass echte Ärzte auch Kunststücke in Rollstühlen üben.
Hugh Laurie: Wer weiß? Sie werden überrascht sein, was Ärzte alles tun, wenn wir nicht hingucken.
Wie läuft’s denn mit Ihrem zweiten Roman?
Hugh Laurie: Der verzögert sich ein bisschen.
Ich weiß. Ich habe eine bestehende Vorbestellung seit 2009.
Hugh Laurie: Oh. Da muss ich wohl was zurückerstatten. Ich muss mir die Zeit nehmen. Ich hänge weit hinterher. Aber ich möchte das auf jeden Fall machen.