Das Eieiei des Kolumbus

EinsPlus hat das Rad erfunden. Ach was, das Feuer entdeckt! Nein, noch besser: Der Sender blendet bald Tweets im Fernsehen ein!

So werden die Sendungen des Eurovision Song Contest zu einem „einzigartigen interaktiven Live-Erlebnis“, jubelt die Pressemitteilung.

Der ARD-Digitalkanal überträgt das Clubkonzert aus Hamburg (27.2.), den Vorentscheid (13.3.), die Halbfinals (6. und 8.5.) sowie das Finale (10.5.) live und zeigt gleichzeitig die Kommentare der Zuschauer aus den sozialen Netzwerken im selben Bild.

Das hat es so noch nie gegeben!

Fotos, Tweets und Kommentare, die Zuschauer per #ESC oder #EinsPlus via Twitter, Instagram oder Facebook absetzen, zeigt EinsPlus in seinem innovativen „One-Screen-Angebot“ neben dem Fernsehbild live auf dem Bildschirm.

Potzblitz.

Damit bietet EinsPlus total exklusiven Content, denn Fotos, Tweets und Kommentare von Twitter, Instagram und Facebook können Interessierte sonst allenfalls bei Twitter, Instagram und Facebook lesen. Der Clou: Bei EinsPlus werden all diese Kommentare jetzt auch von Menschen gesehen, die sich einen Scheiß für Twitter, Instagram und Facebook interessieren, dafür aber vielleicht die Auftritte der Musiker gern auf voller Bildschirmgröße gesehen hätten.

Die deutsche Medienlandschaft atmet auf. In der verzweifelten ARD hat man einen Weg gefunden, sein gewollt junges Programm für die junge Zielgruppe des digitalen Zeitalters interessant zu machen. Man blendet einfach die Inhalte, die in den sozialen Netzwerken veröffentlicht werden, auch im Fernsehen ein. Brillant! Man könnte noch weiter gehen und auch Blog-Einträge zum Thema als Laufschrift eins zu eins durchs Bild laufen lassen. Warum nicht? Der Hilflosigkeit sind schließlich keine Grenzen gesetzt.

Wie man beispielsweise Twitter wirklich innovativ und sogar sinnvoll einbinden kann, zeigten vergangene Woche die Brit Awards beim englischen Sender ITV. Während in Deutschland, auch bei diesem ESC, die Publikumsabstimmungen grundsätzlich über teure Anrufe und SMS vollzogen werden, stimmte das englische Publikum per Twitter ab: mit einem Hashtag, einem vorgegebenen Stichwort zur Veranstaltung und dem Namen der Band, die man wählte. Also im Normalfall „#BRITsOneDirection“. Das war neu, kostenlos und auch noch fairer: Während jeder Fan beliebig oft dieselbe Telefonnummer wählen kann, wurde hier nur eine Stimme pro Twitter-Account gewertet. Dezent war es außerdem, denn Desinteressierte wurden nicht mit unqualifizierten Kommentar-Einblendungen belästigt.

Gleichzeitig war es allerdings das Ende der geheimen Abstimmung. Twitter ist öffentlich, und jeder kann nachvollziehen, wer wem seine Stimme gegeben hat. Schon allein deshalb würde dieser Weg in Deutschland nicht funktionieren. Wer würde schon öffentlich zugeben wollen, einen ARD-Jugendkanal zu gucken?

Michael, 24. Februar 2014, 17:29.

Tatort-Zuschauer kritisiert Tatort-Ermittler-Schwemme-Kritik-Schwemme

Mit der 913. Folge feiert der Tatort heute seine 900. Folge (13 österreichische Folgen aus den 80er-Jahren zählt die ARD ungern mit).

Zum Jubiläum stellt sich Sabine Postel, die in der 914. Folge, also in einer Woche, wieder die Bremer Kommissarin Inga Lürsen spielt, in eine Reihe mit den anderen Großen am Tatort, zum Beispiel Felix Klare, Jörg Hartmann, Axel Milberg und Andrea Sawatzki. Postel macht sich nämlich Sorgen um den Tatort, wegen der Ermittler-Schwemme. Es gibt zu viele, kritisiert sie diese Woche in der Programmzeitschrift „auf einen Blick„. „Da muss man aufpassen, dass das Format nicht verwässert wird.“

Und genau das stellt sie in diese eindrucksvolle Reihe, denn genau das ist offenbar ein Hobby von Tatort-Kommissaren i.F. (= in Freizeit). Jörg Hartmann (Dortmund) kritisierte die Ermittler-Schwemme im November 2012 in „In„, Dominic Raacke (Berlin) im gleichen Monat im „Focus„, Felix Klare (Stuttgart) im April 2013 in der „WAZ„, Andreas Hoppe (Ludwigshafen) im Juni 2013 gegenüber der dpa, Charles Brauer (früher Hamburg) im August 2013 im „Express„, Axel Milberg (Kiel) im Dezember 2013 im „Spiegel“, und Andrea Sawatzki (früher Frankfurt) gerade erst zwei Tage vor Sabine Postel in der „Bunten“.


Diese Tatort-Ermittler sind noch zu viel.
Fotos: SWR (2), Radio Bremen, WDR, NDR

Die Schwemme der die Ermittler-Schwemme kritisierenden Ermittler ist nachvollziehbar, hat sich doch in der Vergangenheit gezeigt, dass man es mit dieser Kritik zuverlässig in eine Überschrift schafft. Trotzdem muss es mal einer sagen: Es gibt zu viele Tatort-Ermittler, die kritisieren, dass es zu viele Tatort-Ermittler gibt! Diese Zu-viele-Ermittler-Kritik-Schwemme ist inflationär! Da muss man aufpassen, dass diese Meinung verwässert wird.









Zu viele „Zu viele Ermittler“-Überschriften bei DWDL.de, n-tv, derwesten.de, Spiegel, Express, N24, Abendzeitung, Focus (unvollständige Sammlung)

Dabei hat es im Tatort in Wirklichkeit noch nie so viel Konstanz gegeben. Als Manfred Krug und Charles Brauer 2001 nach 17 Jahren und 41 Fällen abtraten, waren sie die mit Abstand Dienstältesten nach Jahren und hatten die meisten Fälle auf dem Buckel, 41. Auf Platz 2 in der Rangliste der meisten Fälle lag mit 29 damals immer noch Götz George als Horst Schimanski, der schon zehn Jahre vorher abgedankt hatte, nach zehn Jahren. So schnell hört heute kaum noch jemand auf. Ulrike Folkerts, seit 25 Jahren als Ludwigshafener Kommissarin Lena Odenthal im Dienst, löst heute ihren 59. Fall. Auf die gleiche Anzahl kommt nächsten Monat das Kölner Duo Ballauf und Schenk (Klaus J. Behrendt und Dietmar Bär), hat dafür aber nur 17 Jahre gebraucht. Behrendt hatte seine Rolle allerdings vorher schon in acht Folgen an der Seite von Martin Lüttge gespielt. Rekordhalter sind die Münchner; Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl spielten Batic und Leitmayr seit 1991 bis jetzt 66-mal. Selbst vergleichsweise junge Teams wie die Quotensieger aus Münster, die Langweiler vom Bodensee oder die Schwemme-Kritiker aus Kiel und Bremen sind jetzt schon länger dabei als es Schimanski je war – zumindest innerhalb der Tatort-Reihe.


Viel Konstanz auch in Konstanz. Ja, dieses Foto ist wirklich nur hier, damit ich dieses Wortspiel noch irgendwo unterbringen konnte.
Foto: SWR

„Ich finde es nicht gut, dass mit Einzelauftritten neuer Teams die Zuschauer verwirrt werden“, sagt Sabine Postel weiter. Bloß von wann spricht sie? Müsste sie nicht froh sein, dass genau dieses Problem behoben ist? Früher gab es immer wieder Ermittler, die nach nur einer einzigen Folge schon wieder weg waren, insgesamt 20-mal. Allein 14 davon von 1980 bis 1987. So etwas kann tatsächlich zur Unübersichtlichkeit führen. Schon seit 1996 gab es allerdings keinen solchen Fall mehr. Selbst der neue Tatort aus Weimar mit Nora Tschirner und Christian Ulmen, der eigentlich als Einzelereignis geplant war, findet nun doch eine Fortsetzung.

Richtig ist, dass in den vergangenen Jahren ein paar neue Ermittler hinzukamen. Aber ist das gleich eine Schwemme? Werden es dadurch gleich zu viele? Haben wir eine Tatort-Inflation? Es hören ja auch durchaus mal ein paar auf. Wurden nicht immer schon alte Kommissare in die ewigen Ermittlungsgründe geschickt und durch neue ersetzt? Die Anzahl der Tatort-Folgen, die jedes Jahr produziert werden, liegt jedenfalls seit zehn Jahren weitgehend konstant bei 35. (In einzelnen Jahren wurden nur 34, in anderen dafür 36 neue Folgen ausgestrahlt). Und die Zuschauer erwecken nicht den leisesten Eindruck, als seien sie des Tatorts oder seiner vielen Ermittler und Schauplätze überdrüssig. Im Gegenteil. Die durchschnittliche Zuschauerzahl der Reihe lag in jedem der vergangen fünf Jahre über der des jeweiligen Vorjahres.

Einer der ersten Tatort-Stars, die die Sorge um zu viele Ermittler äußerten, war der Darsteller des Berliners Till Ritter, Dominic Raacke. Er riet Ende 2012 der ARD, aufzupassen „die Marke Tatort nicht immer weiter aufzublasen. Am Ende platzt sie noch. (…) Es wäre an der Zeit, etwas Neues zu probieren.“ Der letzte Tatort mit Raacke lief vor einer Woche. Der zuständige RBB hat Till Ritter inzwischen stillgelegt, um etwas Neues zu probieren. Insofern muss sich Sabine Postel vielleicht doch keine Sorgen um den Tatort im Allgemeinen machen. Höchstens um ihren eigenen.

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Michael, 16. Februar 2014, 08:56.

In Memoriam Ralph Waite

Gute Nacht, Pa.

Der Schauspieler Ralph Waite, den die Welt vor allem als Pa John Walton in Die Waltons kannte, ist im Alter von 85 Jahren in eine noch viel heilere Welt umgezogen.

Zuletzt hatte er wieder einen Vater gespielt: den von Agent Gibbs in Navy CIS.

Michael, 14. Februar 2014, 11:24.

Gottschalk große Klasse

Gerade gucke ich auf die Überschrift da oben und bin irritiert. Habe ich das geschrieben? Entweder werde ich allmählich wahlweise altersmilde oder senil oder beides, oder Back To School – Gottschalks großes Klassentreffen ist wirklich eine tolle neue Sendung.

Eigentlich ging ich ja davon aus, dass Sie alle meine Empfehlung Suits auf Vox anschauen und deshalb niemand die neue große Abendshow mit Thomas Gottschalk sieht. Deshalb wollte ich schnell beruhigen, dass Sie nichts verpasst hätten. Aber das wäre gelogen. Es war die beste ZDF-Sendung seit langer Zeit. … Moment… Es war gar keine ZDF-Sendung? RTL? Ach was. Dann kam ich wohl durcheinander, weil mehr als eine Stunde der Sendung komplett werbefrei war. Okay. Dann eben die beste neue RTL-Sendung seit sehr langer Zeit, und auch die un-RTLigste.


Foto: RTL/Max Kohr

Es fing zwar genauso lieblos an wie fast alle aktuellen Showformate. Mit dem Song „Counting Stars“ von der Band OneRepublic. Das Stück ist der Titelsong, weil… ja, warum? Wahrscheinlich lag es gerade auf einer semi-aktuellen „Bravo Hits“ rum und wurde es deshalb. Denn Lieder, die irgendwie mit Schule zu tun haben, sind ja leider nie geschrieben worden.

Aber danach konnte ich wirklich nicht mehr meckern. Denn sobald Thomas Gottschalk durch einen mit blauen Neonleuchten begrellten Wetten-dass-Gedächtnisgang die Bühne betreten hatte, war Back To School eine kurzweilige, spaßige Show, bei der sich die gute Laune der Teilnehmer mühelos auf die Zuschauer übertrug.

Das hängt zum kleinen Teil damit zusammen, dass Gottschalk in dieser Sendung machen darf, was er am besten kann: von früher reden. In diesem Fall mit zwei Prominenten, heute Matthias Schweighöfer und Tom Beck, die in Erinnerungen an ihre Schulzeit schwelgen und in verschiedenen Spielrunden gegeneinander antreten, meistens unterstützt von wechselnden früheren Mitschülern aus der damaligen Klasse. Zum großen Teil liegt es aber auch an eben diesen Spielen, die abwechslungsreich und kurzweilig sind, und vor allem in den meisten Fällen das Mitraten vor dem Fernseher ermöglichen, wenn z.B. im Lückentext-Karaoke Songs mitgesungen und dabei fehlende Begriff ergänzt werden müssen. (Fach: Musik.) Alles Songs aus der Schulzeit der Prominenten. Oder in Nachrichtenmeldungen ein versteckter Fehler gefunden werden muss. (Fach: Geschichte.) Auch hier: Meldungen aus der Schulzeit der Prominenten. Einer dieser Fehler war, dass Viagra als „rote Pille“ bezeichnet wurde. Eine frühere Schulkameradin erkannte korrekt, dass Viagra-Pillen in Wirklichkeit blau sind. „Ich hab‘ sie zwar noch nie gesehen“, sagte sie, und Gottschalk reagierte sofort: „Keiner hat sie je gesehen.“ In solchen Momenten war er schon immer stark.

Merkwürdig war nur, dass diese Meldungen zwar von einer echten RTL-Nachrichtensprecherin verlesen wurden (Annett Möller), als Schriftzug im Hintergrund aber groß „Newstime“ zu lesen war. Newstime heißen die Nachrichten auf ProSieben. Die hat allerdings auch keiner je gesehen, woher also hätten die RTL-Redakteure das wissen sollen.

Am Ende siegte nach Punkten Matthias Schweighöfer, eigentlicher Gewinner war aber Tom Beck, denn beide Stars wurden mit einer Person aus ihrer Vergangenheit überrascht: Bei Beck war es die Baywatch-Darstellerin Erika Eleniak, die er noch nie persönlich getroffen, aber als Jugendlicher auf einem Poster im Zimmer hängen hatte. Er war ein großer Fan und freute sich heute so sehr, als habe er das Poster noch immer an der Wand. Bei Schweighöfer war es eine frühere Lehrerin.

Zur sehr gelungenen Premiere trug auch bei, dass Gottschalk sich selbst angenehm zurückhielt und sein Lieblingsthema, also Thomas Gottschalk, nur ein paar Mal am Rande streifte. Sonst überließ er das Feld seinen aufgedrehten Gästen. Man muss allerdings einräumen, dass die Sendung nicht live war. Womöglich war Gottschalk auch so ich-bezogen wie immer, aber es wurde alles rausgeschnitten. Dann hätten wir jetzt das Rezept für eine gute Gottschalk-Show gefunden. Und dann sind die 90er-Jahre, in denen Schweighöfer und Beck zur Schule gingen, natürlich auch nicht ganz Gottschalks Zeit, denn er war damals schon alt. Wenn beim nächsten Mal Heiner Lauterbach gegen Uwe Ochsenknecht antritt und als Gäste Veronica Ferres und Foreigner dabei sind, kann Gottschalk wieder wesentlich besser mitreden.

Michael, 7. Februar 2014, 23:12.

Back To School – Gottschalks großes Klassentreffen

Seit 2014 (RTL). Spielshow mit Thomas Gottschalk.

Zwei Prominente treten in verschiedenen Spielrunden gegeneinander an und werden dabei von früheren Mitschülern aus ihren j damaligen Schulklassen unterstützt. Jede Spielrunde ist nach einem Schulfach benannt. In „Geschichte“ müssen beispielsweise Fehler in alten Nachrichtenmeldungen gefunden werden, in „Musik“ Songtexte ergänzt oder anhand ihrer deutschen Übersetzung erkannt werden. Alle gesuchten Ereignisse oder Lieder stammen aus der Schulzeit der prominenten Kandidaten. Neben Wissens- gibt es auch Aktionsspiele, vor allem im Fach „Sport“. Zwischendurch plaudert man von früher, schwelgt in Erinnerungen, oder es kommen Überraschungsgäste, die damals im Leben der Promis eine Rolle spielten. Für den Spieler, der am Ende mit seiner Klasse gewinnt, richtet RTL eine Party an seiner ehemaligen Schule aus. Unterbrochen werden die Spielrunden von Showblöcken.

Kurzweilige und abwechslungsreiche zweistündige Spielshow, die RTL zunächst viermal freitags um 20.15 Uhr zeigt.

Anzügliche Frischserien

Der Dschungel ist vorbei, und endlich komme ich wieder auf meinen vollen Nachtschlaf.

Die Fernsehsender scheinen auch nur darauf gewartet zu haben, dass die Dschungelstars endlich das Camp verlassen. An vier Tagen hintereinander starten diese Woche insgesamt fünf neue Serien, und ich bin gespannt, welche von den Zuschauern schnell wieder herausgewählt werden.

Zwei sind, gemäß einem jüngst berichteten Trend, Neuauflagen bekannter Fantasy-Stoffe:  Sleepy Hollow und Beauty And The Beast. Zwei weitere, The Millers und Schmidt – Chaos auf Rezept  sind Comedyserien. Und die fünfte, Suits,ist lustig.


Schmidt – Chaos auf Rezept. Foto: RTL/Conny Klein

Gut, auch The Millers und Schmidt – Chaos auf Rezept verfügen über ein paar Pointen. So sehr, wie sich die neue deutsche RTL-Serie über zwei ungleiche Ärzte namens Schmidt mit ihren schnellen Schnittbildern und ulkigen Geräusch-Zuspielungen krampfhaft um Lustigkeit bemüht, bleibt es gar nicht aus, dass zwischendurch auch mal ein Gag gelingt. Dabei wäre damit nicht unbedingt zu rechnen gewesen, denn die Produzenten der meisten Serien, die schon bei den Hauptfiguren einen Namenswitz einbauen, scheinen der festen Überzeugung zu sein, dass dieser Gag allein die Serie über mehrere Staffeln trägt. Wer schon mal eine ARD-Vorabendserie gesehen hat, weiß was ich meine. Der Gag ist übrigens noch nicht, dass der chaotische Arzt und die solide Ärztin, zwischen denen die Fetzen fliegen und die Funken sprühen sollen, beide mit Nachnamen Schmidt heißen, obwohl sie nicht verwandt sind. Der Gag ist, dass er Adam heißt und sie Eva. Ja, da bleibt kein Auge trocken.


The Millers. Foto: CBS

The Millers ist eine ganz klassische US-Sitcom mit Publikumsgelächter über zwei erwachsene Geschwister, bei denen je ein Elternteil nach deren Scheidung einzieht. Der Humor orientiert sich leider weniger an den niveauvollen Klassikern als am aktuellen Portfolio des Senders CBS, zu dem 2 Broke Girls und Two And A Half Men gehören. Millers-Schöpfer Greg Garcia hat u.a. in My Name Is Earl gezeigt, zu welch schönen Serien er in der Lage ist. Hier füllt er stattdessen größere Flächen mit Furzwitzen, für die wir wirklich nicht noch eine Sitcom gebraucht hätten. Dafür haben wir doch schon die beiden genannten. So gesehen fügt sich die Serie am ProSieben-Dienstag natürlich fantastisch ein zwischen — genau: Two And A Half Men und 2 Broke Girls.


Suits. Foto: Vox/Universal

Klüger und sogar witziger ist dagegen Suits, dabei will das gar keine Comedyserie sein, sondern ein Anwaltsdrama. Andererseits – ist das wirklich die Absicht? Ich hätte gern das Gespräch belauscht, in dem Suits-Erfinder Aaron Korsh dem Sender USA seine Idee vortrug: Eine Anwaltserie nicht über Mord, Totschlag oder Untreue, nicht über benachteiligte kleine Leute, denen endlich mal jemand zu ihrem Recht verhilft, sondern über so total aufregende Angelegenheiten wie Kartellrecht, Industriespionage und Patentangelegenheiten. Aber es soll bloß nicht im Gerichtssaal spielen, die Dinge sollen schön außergerichtlich geregelt werden. Dass diese Idee überhaupt auf Sendung gehen durfte, ist bereits ein Wunder.

Dabei ist schon die Titelgebung so genial doppeldeutig wie einst bei Scrubs, der Serie über Tölpel im OP-Kittel, benannt nach einem Begriff der ebenso für Tölpel wie für OP-Kittel stehen kann. Suits heißt natürlich Anzüge und wird abfällig auch für die Anzugträger benutzt, suit ist aber eben auch eine Klage, und um beides geht es nun mal in Anwaltserien.

Eigentlich geht es um einen Studienabbrecher und seinen Mentor. Der Studienabbrecher ist zufällig ein Genie, und sein Mentor sieht in ihm eine jüngere Version seiner selbst. Deshalb stellt er ihn ein und gibt ihn als Harvard-Absolventen aus, und ein Teil der fortlaufenden Handlung speist sich aus dem Bestreben, zu vertuschen, dass er genau das nicht ist. Das klingt, so kurz gefasst, ein bisschen albern, doch die Dialoge sind toll getextet und die Figuren bis in die Nebenrollen hinein hervorragend geschrieben und perfekt besetzt. Und sogar aus den Aufträgen der Mandanten, die nach ödem Papierkram klingen, machen die Autoren spannende Angelegenheiten. Weiterer Pluspunkt: Da der König der Anwaltserien, David E. Kelley, in diesem Fall nicht beteiligt war und die gezeigten Fälle in der Regel außergerichtlich beigelegt werden, fehlen auch die ständigen Polit- und Moralpredigten, die Kelley in jeder seiner Serien in Plädoyers packt, und die auf Dauer ja dann doch ein bisschen nerven. All das macht Suits zu einer sehr angenehmen Überraschung in dem Genre. Die Zukunft der Serie ist bis auf Weiters gesichert: Auf USA in den USA läuft bereits die dritte Staffel, die vierte ist schon beschlossen. Vox verschießt die Serie ab Freitagabend in Doppelfolgen. Wärmste Einschaltempfehlung!

Die neuen Serien der Woche im Überblick:

Michael, 3. Februar 2014, 11:43.

Suits

Ab 7. Februar 2014 (Vox). US-Anwaltserie von Aaron Korsh („Suits“; seit 2011).

Eigentlich stellt die angesehene New Yorker Kanzlei grundsätzlich nur Absolventen der Harvard-Universität ein. Der gewiefte Star-Anwalt Harvey Specter (Gabriel Macht) erfüllt diese Voraussetzung. Sein neuer Mitarbeiter Mike Ross (Patrick J. Adams) nicht. Nicht nur hat er keinen Abschluss von Harvard — er hat gar keinen. Allerdings hat er ein derart gutes fotografisches Gedächtnis, dass er sich alles merken kann, was er einmal gesehen hat. Darunter sämtliche Gesetzesbücher und sonstigen juristischen Werke, die man sich vorstellen kann. Er kann dieses Wissen auch ziemlich gut praktisch anwenden. Dadurch gelingt es ihm zusammen mit Harvey und dessen treuer Assistentin Donna Paulsen (Sarah Rafferty), die zunächst als einzige Bescheid wissen, seine fehlende Qualifikation ziemlich gut zu vertuschen: vor der Chefin Jessica Pearson (Gina Torres), die streng ist, aber Harvey so sehr schätzt, dass sie ihm seine unkonventionellen Methoden immer wieder durchgehen lässt, vor dem intriganten Arschloch Louis Litt (Rick Hoffman), der die Neulinge quält, und auch vor der Anwaltsgehilfin Rachel Zane (Meghan Markle). Zwischen ihr und Mike knistert es. Rachel wäre selbst gern Anwältin, hat wegen ihrer Prüfungsangst aber noch nie den entscheidenden Schritt gewagt. Die Mandanten der Kanzlei gehören in der Regel der Wirtschaftselite an. Harvey und Mike kümmern sich um Kartellrecht, Wirtschaftskriminalität, Industriespionage, Firmenabspaltungen, Patentfragen oder Erbverträge. Ihr Ziel ist stets eine außergerichtliche Einigung. In der zweiten Staffel kehrt der zweite Namensgeber der Kanzlei, Daniel Hardman (David Costabile), nach längerer Abwesenheit zurück und mischt den Betriebsfrieden auf.

Der Begriff „suit“ bezeichnet im Englischen sowohl einen Anzug als auch eine Klage und ist damit der perfekte Titel für eine Serie über Anwälte, die von sauteuren Anzügen besessen sind und sich beruflich mit Klagen beschäftigen. Ungewöhlich an dieser intelligent geschriebenen Serie ist der weitgehende Verzicht auf Szenen im Gerichtssaal und damit auf große Plädoyers. Auch geht es fast nie um Kriminalfälle oder skurrile Fälle der „kleinen Leute“. Damit fehlen fast alle Elemente, die die meisten anderen Anwaltserien ausmachen. Und trotzdem ist Suits einer der besseren Vertreter des Genres, was vor allem am fantastischen Zusammenspiel ihrer Hauptfiguren liegt.

Vox zeigt freitags ab 21.15 Uhr jeweils zwei einstündige Folgen.

Schmidt – Chaos auf Rezept

Ab 6. Februar 2014 (RTL). Dt. Comedyserie.

Dr. Adam Schmidt (Lucas Gregorowicz) ist ein unangepasstes Großmaul, ein von sich selbst überzeugter Frauenheld, ein tätowierter Chaot. Außerdem ist er Arzt und teilt sich mit der gut situierten Dr. Eva Schmidt (Julia Hartmann) eine Praxis in Berlin-Kreuzberg. Sie ist seine Chefin, und für sie sind Regeln so wichtig wie für ihn sein Bauchgefühl. Die etwas unterbelichtete Sprechstundenhilfe Britta (Jil Funke) himmelt Adam an, der interessiert sich aber mehr für Eva, die jedoch dem fiesen Schnösel Dr. Imre Bohm (Florian Jahr) hinterherläuft. Zwischendurch kümmern sich Adam und Eva um die Wehwehchen ihrer episodenweise wechselnden Patienten und deren zwischenmenschliche Schicksale. Zu Adams Patienten gehören auch sein Vater Franz (Michael Hanemann) und dessen Freundin Amelie Bender (Ursela Monn).

Comedyserie mit moderner Anmutung, die zwischen schnellen Schnitten, schrägen Soundeffekten und Macho-Sprüchen einzelne Pointen versteckt. Die einstündigen Folgen laufen donnerstags um 21.15 Uhr.

The Millers

Seit 2014 (ProSieben). US-Sitcom von Greg Garcia („The Millers“; 2013–2014).

Die Millers sind drei ganz normale Familienzweige, bis die Zusammensetzung der dieser Zweige neu gemischt und auf zwei reduziert werden. Als Nathans (Will Arnett) Eltern Carol (Margo Martindale) und Tom (Beau Bridges) erfahren, dass Nathan sich längst von seiner Frau Janice (Eliza Coupe) getrennt hat, trennt sich auch Tom spontan von Carol. Denn für wen soll er jetzt noch Vorbild sein? Carol zieht daraufhin bei Nathan ein und Tom bei  Nathans Schwester Debbie (Jayma Mays). Die ist mit Adam (Nelson Franklin) verheiratet und hat mit ihm eine Tochter, Mikayla (Eve Moon; ab Folge 12: Lulu Wilson), und ein Yoga-Studio mit angeschlossenem Restaurant. Die Eltern bringen das Leben ihrer erwachsenen Kinder durcheinander, geben sich aber große Mühe so zu tun, als kämen sie problemlos ohne ihren langjährigen Partner aus. Nathan ist Reporter für einen lokalen Fernsehsender und berichtet von den Straßen über Nichtigkeiten. Ray (J.B. Smoove) ist sein Kameramann und Kumpel. Blöderweise arbeitet auch Janice als Moderatorin für den Sender.

Die halbstündigen Folgen laufen dienstags um 21.10 Uhr.

Sleepy Hollow

Ab 5. Februar 2014 (ProSieben). US-Mysteryserie von Alex Kurtzman und Roberto Orci („Sleepy Hollow“; seit 2013).

Der Uniprofessor Ichabod Crane (Tom Mison) ist noch aus dem 18. Jahrhundert übriggeblieben. Wobei „übriggeblieben“ nicht ganz stimmt. Zwischendurch war er mal gut 230 Jahre tot, ist jetzt aber im modernen Städtchen Sleepy Hollow erwacht. Leider ist offenbar auch der kopflose Reiter wieder da, den Crane in seinem früheren Leben besiegt hatte, und zwar durch Kopf ab. Daher: kopfloser Reiter. Einer der vier Reiter der Apokalypse, der jetzt im 21. Jahrhundert sein übernatürliches Unwesen treibt. Crane nimmt gemeinsam mit der Polizistin Abbie Mills (Nicole Beharie) den Kampf auf. Sie wollen das Unheil besiegen, müssen aber erst mal Abbies Chef, Captain Frank Irving (Orlando Jones), von dem vermeintlichen Quatsch mit dem kopflosen Reiter überzeugen. Ein Sieg gegen den Kopflosen würde auch Freiheit für Katrina (Katia Winter) bedeuten, Ichabods Frau, die ihm in Träumen erscheint und behauptet, zwischen den Welten gefangen zu sein.

Neuverfilmung der Kurzgeschichte von Washington Irving, auf der auch schon der Kinofilm „Sleepy Hollow“ basierte. ProSieben zeigt die einstündigen Folgen mittwochs um 22.15 Uhr.

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