In Memoriam Wolfgang Menge

Er war einer der großen deutschen Fernsehautoren – auch wenn er einige seiner berühmtesten „Ideen“ nicht selbst hatte, sondern nur adaptierte. Aus der amerikanischen Serie Dragnet machte er Stahlnetz, und aus der englischen Till Death Us Do Part das deutsche Ekel Alfred in Ein Herz und eine Seele. Das machte er aber ganz hervorragend, schrieb nicht einfach die ausländischen Drehbücher ab, sondern münzte die Konzepte auf deutsche Verhältnisse um. Man kann ihn deshalb kaum als Vorreiter bezeichnen, denn später wurde oft nur noch ohne größere Eigenleistung kopiert.

In seinen Fernsehfilmen Das Millionenspiel und Smog gelang es ihm, Teile der Öffentlichkeit derart an der Nase herumzuführen, dass sie die Fiktion für Realtität hielten – obwohl das nicht einmal der Plan war. Bewusst einkalkuliert war dagegen die Provokation, mit der er sich in den 90er-Jahren in Motzki noch einmal am Zeitgeist nach der Wende abarbeitete.

Wolfgang Menge ist im Alter von 88 Jahren gestorben.

 

Michael, 18. Oktober 2012, 10:54.

Von Fall zu Fall

Es war ein spannendes Experiment, es hat viele Anläufe gebraucht, aber es ist letztendlich gelungen: Zum ersten Mal Servus TV geguckt.

Und als ich nach der Landung von Felix Baumgartner, der gerade aus der Stratosphäre auf die Erde gesprungen war, zum Tatort schaltete und die ARD just in diesem Moment einblendete: „Borowski und der freie Fall“, hätte ich fast das Gefühl bekommen, der Tatort wolle sich hier schnell an einen Hype ranhängen.

Aber so etwas würde der Tatort ja zum Glück nie tun.

Michael, 14. Oktober 2012, 23:20.

In Memoriam Harry Valérien

Manchmal schien es bei ihm, als sei es noch schwieriger, die richtige Kamera zu finden als ein Loch in der Torwand zu treffen. („Wo sammer? Da sammer!“) Harry Valérien war bei der ARD-Sportschau, bevor er 1963 zusammen mit Wim Thoelke und Rainer Günzler Das aktuelle Sportstudio erfand, eine ZDF-Institution, die bis heute überlebt hat. 25 Jahre lang und 283-mal moderierte er die Sendung und wurde damit selbst eine Institution. Als er 1988 abtrat, war das nicht nur ein schwerer Schlag für die Fabrikanten bunter Strickpullover.

Harry Valérien ist im Alter von 88 Jahren gestorben.

Michael, 13. Oktober 2012, 12:46.

Das aktuelle Sportstudio

Seit 1963 (ZDF). Sport-Show am späten Samstagabend mit Filmberichten über die Sportereignisse des Tages wie die Fußball-Bundesliga sowie Talks mit prominenten Gästen aus der Welt des Sports. Fester Bestandteil ist die Torwand mit zwei Löchern, auf die jeder Gast aus sieben Meter Entfernung schießen muss (drei unten, drei oben), wobei gelegentlich auch mal ein Scheinwerfer zu Bruch geht. Jede Sendung beginnt mit der Einblendung einer alten Bahnhofsuhr, dazu erklingt die seit jeher gleiche und dadurch berühmte Titelmusik von Max Greger.

Ein Klassiker unter den Sportsendungen, der in den 60ern eine der beliebtesten Fernsehsendungen überhaupt war. Erster Moderator war Heribert Meisel, der nur fünf Sendungen moderierte. Dann wechselten sich u.a. Wim Thoelke, Rainer Günzler und Harry Valérien ab. Diese drei hatten die Sendung gemeinsam entwickelt. Günzler moderierte 75-mal, Thoelke 123-mal. Vom Gründungstrio hielt Valérien am längsten durch, und manchmal fand er sogar die richtige Kamera („Wo sammer? Da sammer!“). Erst 1988, 18 Jahre nach Thoelke, trat er nach 283 Sendungen ab. Auf mehr Einsätze brachte es nur Dieter Kürten (375 Sendungen von 1967 bis 2000). Die Torwand, so die Legende, war eine Idee des Moderators Werner Schneider (72 Sendungen), inspiriert durch die Trainingsmethoden von Richard Schneider, dem Trainer des 1. FC Kaiserslautern, der schon in den 50er Jahren eine durchlöcherte Wand vors Tor gestellt hatte, um die Treffsicherheit seiner Spieler zu trainieren. Es gibt aber auch anders lautende Legenden.

Wenig Freunde machte sich der neue Moderator Hanns Joachim Friedrichs (1971 – 1981), zugleich ZDF-Sportchef, als er das eigentlich ziemlich stupide Torwand-Ritual abgeschaffte, weil er glaubte, „alle Möglichkeiten, während der endlosen Ball-Auflege-Pause einen halbwegs intelligenten Satz zu sagen, hätten sich im Laufe der Jahre erschöpft“. Nach Protesten der Zuschauer wurde es wieder eingeführt.

Der Einsatz von Carmen Thomas ab dem 03.02.1973 war eine kleinere Sensation. Sie war die erste Frau, die diese Männerdomäne präsentierte. In ihre erste Sendung brachte sie die druckfrische „Bild am Sonntag“ vom nächsten Morgen mit und hielt somit bereits den ersten Verriss (Schlagzeile „Charme allein genügt nicht“) der Sendung in den Händen, die gerade erst begonnen hatte. Ihr legendärer Versprecher „Schalke 05“ in der Sendung vom 21.07.1973 führte entgegen landläufiger Meinung nicht zu ihrer Kündigung, obgleich „Bild“ damals titelte, das ZDF habe Thomas unter anderem deshalb gefeuert. Nach dieser Schlagzeile moderierte sie noch zehn weitere Sendungen.

Die häufigsten Moderatoren mit jeweils mehr als 100 Einsätzen waren neben Kürten, Valérien, Thoelke und Friedrichs Bernd Heller (1980–1993), Karl Senne (1981–1992), Michael Steinbrecher (seit 1992) und Wolf-Dieter Poschmann (1994–2011). Auf mehr als 50 Einsätze kamen neben Günzler und Schneider Doris Papperitz (1984–1990), Günther Jauch (1988 – 1997), Johannes B. Kerner (1997–2006), Rudi Cerne (1999–2006) und Katrin Müller-Hohenstein (seit 2006). Weitere Moderatoren: Helmuth Bendt, Gerd Krämer, Arnim Basche, Kabarettist Werner Schneyder, Kurt Lavall, Walter Schmieding, Alfons Spiegel, Olympiasieger Erhard Keller, Willi Krämer, Sissy de Mas und Joan Haanappel (als Duo), Bruno Morawetz, Norbert König, Christine Reinhart und seit 2011 Sven Voss. Nur jeweils einmal moderierten Jochen Bouhs und Volker Tietze (als Duo), Udo Hartwig, Robert Seger (vom ORF), Dr. Kurt Jeschko, Frank Elstner und Dieter-Thomas Heck.

1966 kam die Sendung am Abend des Endspiels um die Fußball-WM direkt vom Abschlussbankett in einem Londoner Hotel. Solche „Auswärtsspiele“ gab es fortan häufiger.

Die Sendung produzierte einige berühmt gewordene Momente: Der Boxer Norbert Grupe antwortete auf Rainer Günzlers Fragen nicht und schwieg beharrlich (1969), ein Schimpanse riss Johnny Weissmüllers Frau die Perücke vom Kopf (1971), und Franz Beckenbauer traf in die obere Ecke der Torwand mit einem Ball, den er von einem vollen Weißbierglas herunterkickte (1994). Beckenbauer war mit etwa 50 Besuchen der häufigste Studiogast. Zu den besten Torwand-Schützen mit jeweils fünf Treffern gehörten u.a. Günther Netzer und Rudi Völler, Guido Baumann und Mike Krüger lagen mit je vier Treffern ebenfalls weit über dem Durchschnitt.

1977 entstand mit Pfiff einen Ableger für Kinder.

22.00 Uhr war die ursprüngliche und eigentliche Startzeit der einst 80-minütigen Show am Samstagabend – die genaue Zeit war jedoch schon immer von der Länge des Vorprogramms abhängig. Ab Ende 1999 hieß die Show vorübergehend nur noch ZDF SPORTstudio. Vielleicht hatte jemand bemerkt, dass Bundesliga-Berichterstattung erst fünf Stunden nach Spielende an der Schwelle zum neuen Jahrtausend gar nicht mehr so aktuell ist. Und weil das ohnehin so war, begann das ZDF 2004, vor den Sendebeginn noch eine zusätzliche Krimiserie zu packen, was den Quoten- und Bedeutungsverlust der Sendung weiter beschleunigte. Dennoch kehrte man 2005 zum alten Namen zurück. Heute ist die Sendung nur noch eine Stunde lang.

Linksfraktion

Während mir selbst nichts einfällt, verweise ich kurz auf Amüsantes von Anderen:

Viel Spaß!

Michael, 11. Oktober 2012, 14:27.

Ein bisschen anders, aber nicht weniger schlimm

Ausführlich möchte ich mich eigentlich gar nicht über das „neue“ Wetten, dass…? auslassen, denn umfassende Besprechungen der ersten Ausgabe mit Markus Lanz findet man ja auch… ähm… richtig: überall.

Mein Fazit steht deshalb schon in der Überschrift, und darüber hinaus beschränke ich mich auf die fünf wesentlichen Erkenntnisse des Abends.

1. „Wenn man Kinder hat, muss man sich um sie kümmern. Das sind keine Haustiere.“ (Zitat Karl Lagerfeld).

2. Im Gegensatz zu Thomas Gottschalk bereitet sich Markus Lanz auf seine Kandidaten und prominenten Gäste vor. Leider zeigt das im Fall der Kandidaten, dass es offenbar nicht an mangelnder Vorbereitung liegt, wenn ein Moderator sie nicht ernst nimmt. Im Fall der Prominenten macht es leider (oder zum Glück?) die Prominenten überflüssig. Denn Lanz wendet auch hier seine beliebte Interviewtechnik an, die daraus besteht, seinen Gästen zu erzählen, was sie in anderen Interviews gesagt haben, damit die das dann bestätigen können. Also im Prinzip so eine Art Presseschau in Anwesenheit Prominenter. Die braucht man halt dann nicht mehr.

3. Markus Lanz hat auch sein Talkshow-Gesicht importiert. Er setzt es auf, wenn die prominenten Wettpaten die nächste Wette erklären. Dabei sieht er dann so aus, als höre er davon zum ersten Mal. Dasselbe Gesicht verwendet er in seiner Talkshow, wenn er so tut, as finde er eine Geschichte wahnsinnig interessant.

4. Mit Twitter kann man jetzt sprechen! Eine Einblendung forderte auf: „Sprechen Sie mit auf Twitter“. Was die Twitter-Gemeinde sagte, blieb zumindest im Fernsehen geheim, aber man will ja auch nichts Negatives über die laufende Sendung einblenden.

5. „Bei der Probe war das anders.“ Mindestens fünfmal erzählte Markus Lanz, der offensichtlich den Ablauf der Show selbst für suboptimal hielt, davon, wie die entsprechende Situation in der Probe verlaufen war. Vielleicht täte man ihm einen Gefallen, wenn beim nächsten Mal statt der Show nur die Probe übertragen würde.

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Michael, 7. Oktober 2012, 00:14.

Nach MTV kräht kein Hahn

Der ehemalige Fernsehsender Musiksender MTV möchte sich seine Musikkompetenz wohl im Internet zurückerobern. Schon seit Sommer zeigt MTV online nicht nur Videos aus den aktuellen Charts, sondern zum Beispiel auch den schönen Song „You Can’t Count On Me“ der großartigen Gruppe Counting Crows. Die hatten in Deutschland nie einen wirklichen Hit; ihre bekanntesten Songs sind vermutlich die Joni-Mitchell-Coverversion „Big Yellow Taxi“ aus dem Film „Ein Chef zum Verlieben“, „Accidentally In Love“ aus dem Film „Shrek 2“ und „Mr. Jones“ aus dem Radio.

Umso erfreulicher, dass MTV ausgerechnet einen unbekannten Hit über Monate fördert, der nie in den Charts war, und nicht nur dem Mainstream nachrennt. Die Frage ist allerdings: Warum findet man dieses Video dann ausgerechnet in den Charts – und zwar in den aktuellen? Vor einigen Wochen sogar in den Top 10?

Wurde der Song in einem Film verwendet? In einem Werbespot? In einer Castingshow gesungen? Und kam deshalb erstmals in die Charts?

Nichts dergleichen? Ach, schade. Das macht die Sache traurig. Denn dann ist die Präsenz der Counting Crows doch nur ein blöder Fehler an einer Stelle, an die eigentlich der Hit „Du“ des Rappers Cro gehört. Der war im Sommer überall in Deutschland ein großer Hit – außer bei MTV.de, wo der Fehler vielleicht durch eine falsche Autovervollständigung in irgendeinem System entstand und seitdem mitgeschleppt wird, weil natürlich niemand beim MTV die eigene Homepage liest. Aber ich bin sicher, sobald mal ein Nutzer darauf aufmerksam macht, wird der Fehler zügig korrigiert.

Nicht. Aha.

Michael, 5. Oktober 2012, 20:18.

ZDF sendet an Elstner vorbei

Hoffentlich hat Frank Elstner, der in diesem Jahr beim Deutschen Fernsehpreis zum Abschluss der Veranstaltung den Ehrenpreis für sein Lebenswerk erhielt, nach der Ausstrahlung der Verleihung noch zwei Minuten länger ferngesehen. Denn das ZDF sendete einen Programmhinweis nur für ihn.

Elstner lobte in seiner Dankesrede die Moderatoren des Abends, Oliver Welke und Olaf Schubert. Als TV-Produzent frage er sich, warum die beiden noch keine Sendung hätten. Er könnte ihnen jede Woche zusehen.

Die Moderatoren ließen das unkommentiert. Sofort im Anschluss zeigte das ZDF aber einen Trailer für die heute-show, die wöchentliche Sendung mit den beiden.

Ob Frank Elstner das noch gesehen hat, ist natürlich fraglich. Da war er bestimmt längst in einem Produzentenmeeting und schlug vor, man solle dieser lustigen Martina Hill doch eine eigene Sketch-Comedy geben oder diesem eloquenten Matthias Opdenhövel eine Sportsendung.

Michael, 4. Oktober 2012, 23:11.

Frohe Weihnachten, Ally

Ich habe das Gefühl, mich entschuldigen zu müssen. Bei Ally McBeal. Oder wenigstens ihrem Schöpfer David E. Kelley.

Im Fernsehlexikon schrieben wir im Artikel über Ally McBeal:

Fast jede Folge endet damit, dass Ally allein durch die dezent weihnachtlich geschmückten nächtlichen Straßen von Boston nach Hause läuft (in Allys Boston ist ungefähr neun Monate im Jahr Advent) (…)

Ja, aus diesem Satz ist eine gewisse Gehässigkeit herauszuhören. Denn es war schon ein bisschen albern, wie es fast ganzjährig im Gebäum glänzte und glitzerte.

Nun war ich aber gerade ein paar Tage in Boston und musste feststellen: In Boston ist tatsächlich das ganze Jahr Weihnachten, wie diese Fotos von gestern Abend beweisen.


Insofern: Sorry, Ally, und frohes Fest.

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Michael, 4. Oktober 2012, 19:11.

In Memoriam Dirk Bach

Mir fehlen angesichts des plötzlichen Tods von Dirk Bach noch immer die Worte.
Mit allem, was er tat, beeindruckte er auf die eine oder andere Weise. Aber es war das Dschungelcamp, das uns auf dieser Seite wie kaum eine andere Sendung faszinierte und beschäftigte, wie man schon an dem dicken Schlagwort „Ich bin ein Star – holt mich hier raus“ in der Liste rechts erkennen kann. Eine Show, von der man sich nicht vorstellen kann, dass sie ohne Dirk Bach funktioniert hätte oder funktionieren könnte.
Sicher ist das Stöbern in den alten Texten, Gags und Zitaten allein keine angemessene Erinnerung, aber zumindest eine lustige.
Und es war lustig mit Dirk Bach. Danke.

Michael, 2. Oktober 2012, 03:24.


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