Eigentlich weiß ja sogar Sat.1 selbst, dass es montags abends nur mit Spielfilmen Erfolg hat. Das neue Montagabendprogramm ist es im Gegensatz zu früheren Versuchen aber wenigstens wert, noch mal was anderes zu probieren.
Foto: Sat.1
Die Ausgangskonstellationen beider heute startenden Serien sind sehr abwegig, aber nur eine davon wirkt auch so. Das ist Der letzte Bulle. Ein Essener Bulle, der Polizeiarbeit, Gesellschaft und Umgangsformen nur aus den 80ern kennt, erwacht nach 20 Jahren aus dem Koma und kehrt zurück zur Kriminalpolizei, wo es ihm schwerfällt, sich schlagartig an die Neuzeit anzupassen. Für diese Vorgeschichte verschwendet die erste Episode keine drei Minuten, bevor die normale Polizeiarbeit beginnt. Und schon dann wird klar, dass die an sich originelle Idee, wenn auch im Prinzip nur eine Umkehrung von Life On Mars, eigentlich nur der Vorwand für eine ganz konventionelle Krimiserie mit dem üblichen Gegensätzliche-Ermittler-Klischee ist: Der harte Macho, der sich nicht um Vorschriften schert, bekommt nämlich einen peniblen Karrieristen zur Seite, der immer alles richtig macht. Die beiden können sich eingangs nicht riechen, und niemand muss ein Genie sein, um weissagen zu können, dass die beiden sich in Kürze prima verstehen und ein tolles Team werden werden, ohne ihre Gegensätzlichkeiten aufzugeben. Ist doch immer so.
Einen Mann wie ein Baum mit der Rolle des harten Bullen zu besetzen (Wortspiel nicht beabsichtigt, auch wenn dieser Hauptdarsteller Henning Baum ist), ist zwar einerseits logisch, anderseits ist zwanzig Jahre regungslos im Bett liegen nicht unbedingt die Art von Aufbautraining, aus der diese Art von Muskeln resultieren sollten. Oder kommen die etwa aus der Sechs-Wochen-Reha nach dem Erwachen? Die hat ja offenbar auch ausgereicht, um den Mann, der vor zwanzig Jahren gerade erst seinen Dienst begonnen haben kann (Henning Baum ist 37), zum Kommissar zu machen.
Zwischen die Szenen werden lieblos Ausschnitte aus willkürlichen 80er-Hits geklatscht, und haha, der Typ kennt ja gar keine Handys, das Internet oder Fernbedienungen fürs Auto und raucht, wo er gar nicht darf. Die lustigen 80er! Verpasst wurden Gelegenheiten wie: „Warum haben die Polizeiautos so eine komische Farbe?“
Der letzte Bulle, montags um 20.15 Uhr in Sat.1.
Foto: Sat.1
Danni Lowinski dagegen wirkt (anders als das PR-Foto des Senders oben) frisch und ambitioniert. Auch hier würde niemand auf die Idee kommen, die Geschichte zu glauben: Eine Ex-Friseurin macht auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur nach und schließt ein Jurastudium an und sogar ab, wird als Anwältin zugelassen, findet aber keinen Job. Also eröffnet sie in einer Kölner Einkaufspassage einen Stand und bietet für einen Euro pro Minute Rechtsberatung an. Daraus resultieren aber tatsächlich ausgewachsene Gerichtsverhandlungen, in denen sie sich aufopferungsvoll für die kleinen Leute einsetzt und auch noch gewinnt.
So abwegig das auch ist, so charmant umgesetzt ist es auch. Das fängt schon beim Vorspann an, in dem Hauptdarstellerin Annette Frier durch eine animierte Welt läuft, in der sie Zebrastreifen auf die Straße wirft und Säulen umkippt, um darüberlaufen zu können, der zeigen soll: Dieser Frau stellt sich nichts in den Weg. Und doch hat sie so angenehm wenig von Uschi Glas. Die Besetzung ist ein Traum: Annette Frier spielt die friseusenhafteste Anwältin, die es je im Fernsehen gab, und Jan Sosniok als ihr Kontrahent ist wie üblich damit betraut, schön zu sein und die Protagonistin zu ärgern.
Einen zusätzlichen Bonus erhält die Serie, weil sie die erste deutsche Produktion seit geraumer Zeit ist, bei der ich nicht sofort an irgendein ausländisches Vorbild denken musste.
Marc Terjung steckt als Autor dahinter, der auch schon Edel & Starck und Die Anwälte mit amüsanten Justizgeschichten füllte und damit wohl der deutsche David E. Kelley ist, der auch kaum was anderes als kurzweilige Anwaltsserien schreibt. Hoffentlich schreiben beide noch ein paar.
Danni Lowinski, montags um 21.15 Uhr in Sat.1.
Michael, 12. April 2010, 05:43.