Mini Playback Show

1990–1998 (RTL). Einstündige Abendshow, in der Kinder zu Musik-Playbacks die Lippen bewegen und dabei angezogen und geschminkt sind wie der Star, dessen Song sie imitieren. Eine mit drei Prominenten besetzte Jury bewertet die Auftritte der Kinder und kürt am Ende einen Sieger.

Die Holländerin Marijke Amado moderierte die erfolgreiche Show jahrelang an wechselnden Sendeplätzen zur Primetime, erst montags und dann donnerstags jeweils um 20.15 Uhr, dann sonntags um 19.10 Uhr und ab 1995 freitags um 20.15 Uhr, gab die nette Tante, plauderte mit den Kleinen, ließ sie in ihrem „Mini-Lädchen“ die richtige Garderobe für den nachfolgenden Auftritt aussuchen und schickte sie dann durch die „Zaubertür“, aus der sie im gleichen Moment unter Puff und Rauch wieder kostümiert heraustraten – das Wunder der Aufzeichnung machte den Trick möglich. Kein Prominenter in der Jury gab nach dem Auftritt eine wirkliche Bewertung ab, alle schwärmten nur, wie toll und professionell das gerade war, und dass aus dem Kind bestimmt mal ein großer Star werde. Am Ende mussten sie aber dennoch urteilen, wer nun der Beste war. Die Zusammensetzung der Jury wechselte, viele kamen jedoch regelmäßig. In der Anfangsphase waren das vor allem Roberto Blanco, Heidi Brühl und Hansi Kraus, später Menschen wie DJ Bobo und Ingo Schmoll.

Als Amado hörte, dass sie die Show an eine jüngere Moderatorin abgeben müsse, habe sie „sehr geweint“, sagte sie der Presse. Ab September 1998 wurde die Pop-Sängerin Blümchen (Jasmin Wagner) als Moderatorin eingesetzt, hatte aber keinen Erfolg. RTL setzte die Sendung noch im gleichen Jahr nach insgesamt 126 Ausgaben mit der Begründung ab, sie entspreche nicht mehr dem Zeitgeist.

In den Anfangsjahren war die Show arg in der Kritik. Vor allem der Kinderschutzbund beanstandete die „aufreizende Darstellung“ der Kinder und bezeichnete die Show als eine „Mischung aus Kindertümelei und Schlüpfrigkeit“. Kritisiert wurde auch, die Kinder würden durch lange Proben überfordert und der kindliche Charme durch den Drang zur Perfektion zerstört. Dies war jedoch der Faktor, der die Show zumindest für Menschen, die selbst keine kleinen Kinder sind oder haben, ansehbarer machte als beispielsweise Kinderquatsch mit Michael.

Kinderquatsch mit Michael

1991–2003 (ARD). Unterhaltungsshow für Kinder mit Michael Schanze. Schanze unterhält sich mit Kindern zwischen vier und sechs Jahren, stellt sie auf ein kleines Podest, schwitzt, lässt sie Kinderlieder vorsingen, begleitet von einem Pianisten am Flügel, und spielt mit ihnen. Nebenbei bringt Schanze ihnen wichtige Verkehrsregeln bei, und zwischendurch treten auch richtige Sängerinnen und Sänger mit richtigen Liedern auf.

Die Reihe lief erfolgreich am Samstagnachmittag, erst 45 Minuten, ab Herbst 1993 eine halbe Stunde lang, und blieb auch im Programm, nachdem Schanze hauptberuflich wieder zum ZDF gewechselt war. Die Show adaptierte das französische Format „L’école des fans“, weshalb es 2003 zur Verhandlung einer Plagiatsklage vor dem Bundesgerichtshof kam, weil niemand gefragt hatte, ob er das Konzept überhaupt haben dürfe. Der BGH urteilte, das Format als solches sei „kein schutzfähiges Werk“, und die deutschen Sendungen unterschieden sich ausreichend vom Original, denn sie „würden von einem anderen Moderator geleitet und hätten ein nach Anordnung, Ausstattung und farblicher Gestaltung anderes Bühnenbild. (…) Die für den Erfolg der Sendung maßgebende schöpferische Leistung liege in der ganz eigenen, spontanen Einfällen folgenden Gesprächsführung des Moderators.“ Schanze stellte Fragen wie: „Wo kommst du her?“, „Was sind deine Hobbys?“ und „Was macht Papi?“

Nach der letzten Sendung im November 2003 liefen noch längere Zeit Wiederholungen.

In Memoriam Erich Böhme

Als das private Fernsehen sonntags nach dem Abendfilm noch politische Talkshows gezeigt hat und das öfffentlich-rechtliche noch nicht, war Erich Böhme ein Star. Halb versunken saß er bei Talk im Turm in seinem Stuhl, rührte mit seiner Brille die Luft um und sang seine Fragen in dieselbe.

Die Brille war für Erich Böhme ein genauso wichtiges Requisit wie heute für Horatio Cane, der sie so lange auf- und absetzt, bis der Fall gelöst ist. Kriminalfälle löste Böhme auf diese Weise nicht, und ehrlich gesagt auch keine gesellschaftlichen Probleme, aber er sprach sie mal an. Hinterher hatte man in Einzelfällen sogar das Gefühl, bei einem Fernsehereignis dabei gewesen zu sein, zum Beispiel als sich 1998 Studenten auf der Bühne anketteten, weil sie ihre Probleme thematisieren wollten.

Sogar als sich Böhme 2000 in der Nachfolgesendung Talk in Berlin beim kleinen Sender n-tv mit einem Jörg-Haider-Interview blamierte, hatte das einen höheren Aufmerksamkeitswert als alles, was Sabine Christiansen in ihren zehn Jahren vor Millionen Zuschauern besprochen hat – außer vielleicht die Sendung, in der Edmund Stoiber sie versehentlich als „Frau Merkel“ ansprach. Denn Böhme fiel auf — und rauschte im Gegensatz zu vielen TV-Talkern nicht einfach durch.

Im Alter von 79 Jahren ist der ehemalige „Spiegel“-Chefredakteur und Turmtalker Erich Böhme gestorben.

Michael, 29. November 2009, 01:45.

Auf die lange Bank

Roland Koch hat es geschafft, den ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender loszuwerden. Das bedeutet aber nur einen Teilsieg für den hessischen Ministerpräsidenten. Kochs anderer Antrag, Brender auf einer Streckbank zu foltern, fand im ZDF-Verwaltungsrat überraschend keine Mehrheit.


Screenshots: Quotenmeter.de

Update 15.40 Uhr:

Die Quotenmeter-Buben haben wieder mitgelesen und Überschrift und Einleitung geändert. Der naive Quatsch darunter ist nach wie vor unverändert.

Obwohl der ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender im Oktober 2009 den Friedrichs-Preis bekam, wurde er für eine weitere Amtsperiode nicht verlängert.

Aber obwohl ich gestern Abend einen kurdischen Salat mit Gurken, Paprika, Tomaten und Schafskäse gegessen habe, hatte ich den Rest des Textes ja nicht erwähnt.

Schlagwörter:
Michael, 28. November 2009, 11:37.

Pointman

1996 (ProSieben). 23-tlg. US-Krimiserie von Maurice Hurley und Joel Surnow („Pointman“; 1994–1995).

Der Börsenmakler Connie Harper (Jack Scalia) hat unschuldig im Gefängnis gesessen. Nach seiner Entlassung hilft er anderen Menschen, die ebenfalls ohne eigenes Verschulden in Schwierigkeiten geraten sind, damit wenigstens sie ihr Recht bekommen. Seine eigene Unschuld ist inzwischen bewiesen, und er hat eine saftige Entschädigung vom Staat bekommen, von der er sich einen Strandclub gekauft hat. Vivian (Sandra Thigpen) managt den Club für ihn, das Ex-Model Jennifer Ellis (Kathy Trageser) arbeitet dort.

Mit Pointman erlebte Hauptdarsteller Jack Scalia immerhin eine ganze Staffel, nachdem in den 1980er Jahren gleich fünf seiner Serien gefloppt waren, darunter auch Wolf, wo er schon einmal jemanden gespielt hatte, der unschuldig einer Straftat beschuldigt wurde. Serienerfinder Joel Surnow gelang später ein großer Erfolg mit dem Echtzeit-Thriller 24.

Die einstündigen Folgen liefen samstags nachmittags und wurden in Deutschland viele Male wiederholt.

Wolf

1993 (RTL2). 11-tlg. US-Krimiserie von Sam Peckinpah und Rod Holcomb („Wolf“; 1989–1990).

Nach zwei Jahren in der Versenkung taucht Ex-Polizist Tony Wolf (Jack Scalia) wieder auf, und endlich zweifelt Staatsanwalt Dylan Elliott (Nicolas Surovy), der damals wegen einer vermeintlichen Drogensache für das Ende von Wolfs Polizeikarriere sorgte, an seiner Schuld. Als Wiedergutmachung beschäftigt er ihn als Privatdetektiv. Wolf lebt auf einem alten Hausboot, hat einen alten italienischen Vater namens Sal (Joseph Sirola) – der eigentliche Familienname ist Lupo, der italienische Begriff für Wolf – sowie eine platonische Jugendfreundin Connie Bacarri (Mimi Kuzyk), die eine Tochter Angie (J.C. Brandy) hat.

Kaum ein Darsteller spielte in den 1980er und 90er Jahren so viele Serienhauptrollen wie Jack Scalia. Das spricht jedoch nicht für ihn. Die Zeit dazu hatte er nur, weil alle Serien frühzeitig floppten und eingestellt wurden, darunter Tequila & Bonetti, Berrengers und Ich will Manhattan. Diese hier auch. Einige andere erreichten nicht einmal genug Episoden, um außerhalb der USA ausgestrahlt zu werden. In Pointman spielte Scalia später erneut jemanden, der unschuldig einer Straftat beschuldigt wurde, und erlebte immerhin eine ganze Staffel.

Die Pilotfolge hatte Spielfilmlänge, alle weiteren waren eine Stunde lang und liefen dienstags zur Primetime.

Alle unter einem Dach

1995–1998 (ProSieben). 204-tlg. US-Sitcom von William Bickley und Michael Warren („Family Matters“; 1989–1998).

Die schwarze Familie Winslow lebt in einem Vorort von Chicago. Vater Carl (Reginald VelJohnson) ist Polizist, aber zu Hause hat seine Frau Harriette (JoMarie Payton; ab Mitte der 9. Staffel: Judy Ann Elder) die Hosen an. Ihre Kinder Eddie (Darius McCrary) und Laura (Kellie Shanygne Williams) sind Teenager, Judy (Jaimee Foxworth) ist die Jüngste. Auch Carls Mutter Estelle (Rosetta LeNoire) lebt mit im Haus. Rachel Crawford (Telma Hopkins) ist Harriettes verwitwete Schwester, Richie (Bryton McClure) deren Sohn. Die größte Aufmerksamkeit zieht der Nachbarsjunge Steve Urkel (Jaleel White) auf sich, er fällt schon durch seine schrille Stimme, seine übergroße Brille und die hässlichen Hosen mit den Hosenträgern auf. Vor allem Carl geht Urkel mit seinen immer absurderen Erfindungen auf den Geist, die regelmäßig Chaos und Zerstörung verursachen („War ich das etwa?“). Dabei ist der Bursche hochintelligent, gleich es aber durch seine Tollpatschigkeit aus. Urkel ist in Laura verliebt, die jedoch nichts von ihm wissen will. Auch als sich Myra Monkhouse (Michelle Thomas) in Urkel verliebt, hat dieser nur Augen für Laura. Als Urkels Eltern das Land verlassen, zieht er bei den Winslows ein. Macht kaum einen Unterschied, er war ja sowieso dauernd da. Judy wohnt inzwischen nicht mehr zu Hause (sie war ohne Erklärung aus der Serie verschwunden). Eddies Freund Waldo Faldo (Shawn Harrison) geht bei Winslows ebenfalls ein und aus. Am Ende finden Urkel und Laura doch noch zueinander und verloben sich.

JoMarie Payton trug zu Beginn der Serie noch den Namen JoMarie Payton-France, in späteren Folgen hieß sie JoMarie Payton-Noble. Sie hatte die Rolle der Harriette Winslow bereits in der Serie Ein Grieche erobet Chicago gespielt, gab sie aber kurz vor Ende ihrer eigenen Spin-off-Serie an Judy Ann Elder ab. Die Figur des Steve Urkel kam in den ersten 11 Folgen der Serie gar nicht vor und wurde dann als Nebenrolle eingeführt. Nach und nach rückte Urkel immer mehr in den Mittelpunkt und wurde der unangefochtene Star der Serie. Santiago Ziesmer war seine deutsche Stimme. Die 11 Folgen ohne ihn hat Pro Sieben nie gezeigt, sie waren nur im digitalen Pay-TV-Sender DF1 zu sehen. Alle anderen halbstündigen Folgen liefen am Vorabend.

Ein Grieche erobert Chicago

1990–1991 (Pro Sieben); 1995–1996 (Super RTL). 150-tlg. US-Sitcom („Perfect Strangers“; 1986–1993).

Balki Bartokomous (Bronson Pinchot) kommt aus Griechenland in die USA und zieht bei seinem Cousin Larry Appleton (Mark Linn-Baker) ein. Das bringt dessen bisher so geordnetes Leben gehörig durcheinander, denn der Neuankömmling lernt mit großen Augen das neue Land kennen, begreift es aber nicht immer sofort. Ihre neuen Nachbarinnen sind Mary Anne (Rebecca Arthur) und Jennifer Lyon (Melanie Wilson). Die Cousins finden bald Jobs bei der Zeitung „Chicago Chronicle“, Larry als Reporter und Balki in der Poststelle. Bei der Zeitung arbeiten ferner Mr. Gorpley (Sam Anderson), Balkis Boss, Hariette Winslow (JoMarie Payton-France), die den Fahrstuhl bedient, sowie die Lebensberaterin Lydia Markham (Belita Moreno).

Belita Moreno spielte ihre Rolle als Lydia erst ab der zweiten Staffel, in der ersten hatte sie bereits eine andere Rolle gespielt. JoMarie Payton-France stieg vorzeitig aus und wechselte in die Serie Alle unter einem Dach, spielte dort aber weiter die Rolle der Harriette Winslow. Die Serie lief zunächst im Mittagsprogramm von Pro Sieben und wechselte nach Folge 60 zu Super RTL.

Auch ein einziger Koch verdirbt den Brei

Das Duell zwischen Roland Koch und der allgemeinen Medienöffentlichkeit ist entschieden. Koch, der seine eigene Abwahl in Hessen einfach ausgesessen hat, hat heute mit der Unionsmehrheit im Verwaltungsrat des Staatssenders ZDF für die Abwahl des Chefredakteurs Nikolaus Brender gesorgt. Brender gilt als „unabhängiger Journalist“, weil er Politiker im ZDF nicht wie gewünscht uneingeschränkt betüddelt hat. Deshalb ging es nicht darum, den Posten mit jemandem zu besetzen, der qualifizierter ist als Brender, sondern allein darum, ihn loszuwerden. Eine Alternative gibt es noch nicht.

Aber wenn die Suche nach einem neuen Chefredakteur so ähnlich läuft wie die Suche nach neuen Serien, kann das ZDF ja vielleicht auf jemanden zurückgreifen, den Sat.1 nicht mehr haben wollte.

Michael, 27. November 2009, 18:39.

Ich hab noch Sand in den Augen aus der DDR

Wie Sie vielleicht schon in Tageszeitungen gelesen haben, die sonst nichts zu berichten haben, wird das Sandmännchen heute 50. (Die „Rhein-Zeitung“ hielt dies zum Beispiel für einen Aufmacher auf Seite 1. Nun denn.)

Der Jahrestag betrifft das Ost-Sandmännchen, das damals das erste der beiden war und heute der letzte Hinterbliebene des Fernsehens der DDR ist (und werfen Sie an dieser Stelle den Polizeiruf 110 nur ein, wenn Sie ihn auch ohne Vorspann noch vom Tatort unterscheiden können). Für uns ein schöner Anlass, die umfassenden Lexikontexte zu den Sandmännern aus Ost und West endlich online verfügbar zu machen und nun ins Bett zu gehen. Gute Nacht.


Foto: rbb

Ach ja, vorher vielleicht noch die Jubiläumsendung im RBB programmieren. Heute um 20.15 Uhr: Danke für die Träume.

Schlagwörter: , ,
Michael, 22. November 2009, 18:17.
Blättern: 1 2 3


Das Buch

die Autoren

Weitere Bücher

New York für Fern-SeherDie kleine House-Apotheke

Links