Geheimagent zu sein bedeutet vor allem, warten zu können. Zu jedem Termin muss man früher kommen, um sicher zu gehen, dass man nicht verfolgt wurde, dass der Treffpunkt sicher ist. Man muss genau studieren, wie gut die Gegenseite vorbereitet ist. Das ist solides Handwerk, aber auch so, als würde man 24 Stunden am Tag beim Zahnarzt im Wartezimmer hocken. Man liest Zeitschriften, trinkt Kaffee, und von Zeit zu Zeit versucht jemand einen umzubringen.
Es fängt ganz nett an, mit einem Off-Erzähler, dessen lapidare Schilderungen ernster Angelegenheiten an Hugh Lauries Roman „Bockmist“ erinnert.
Bei einem Kampf muss man aufpassen, dass man sich nicht die Knöchel bricht, wenn man zuschlägt. Deshalb bin ich ein großer Freund von Toiletten: Jede Menge harter Oberflächen.
Foto: Vox
Abgesehen davon ist die neue Agenten-Action Burn Notice über den Ex-Spion Michael Westen (Jeffrey Donovan) so eine Art A-Team oder Knight Rider der Gegenwart, nur dass sich der Einfluss der Gegenwart in Grenzen hält. Der Protagonist als unerschöpflicher Off-Erzähler, ohne den seit ein paar Jahren keine Serie mehr auszukommen vermag, und ein paar schnelle Schnitte sind alles, was an modernes Fernsehen erinnert. Der Rest ist sehr 80er: Ein obercooler Held, von der Öffentlichkeit verstoßen, kämpft mit der Hilfe von ein paar bedeutungslosen Handlangern für das Gute, und das geht eben oft nur durch das Mittel der Schlägerei. Was heute DNA-Proben und Computerrekonstruktionen für die Problemlösung in Fernsehserien sind, waren damals ja Schlägereien und Verfolgungsjagden. Deshalb wirkt Burn Notice sehr anachronistisch, als sei es eine bisher unentdeckte Idee vom Fernsehfließband des Glen A. Larson, die eben jetzt erst verfilmt wurde. Man würde sich nicht wundern, wenn plötzlich Colt Seavers oder Thomas Magnum für eine Crossover-Episode vorbeischauten.
Das ist nicht unbedingt schlimm, und viele Verfechter der Früher-war-alles-besser-und-im-Fernsehen-sowieso-These werden sich womöglich freuen. Unbedingt haben muss man das natürlich auch nicht. Aber als altmodische Alternative zu den vielen ähnlichen neuzeitlichen Serien ist es schon fast wieder erfrischend.
In den USA läuft bereits die dritte Staffel. Bei uns räumt der Krimi- und Kochsender Woks ab heute wohl schweren Herzens einen der vielen Wiederholungstermine seiner zwei anderen Serien frei und beginnt mit Staffel 1.
Ab 28. September 2009 (Vox). US-Actionserie von Matt Nix („Burn Notice“; seit 2007)
Foto: Vox
Michael Westen (Jeffrey Donovan) war einmal ein Spion im Geheimauftrag der Regierung, bis er aus bisher ungeklärter Ursache „verbrannt“ wurde. Abgeschossen. Ausgemustert. Nicht weiter verwendbar. Diese Ursache und den Verantwortlichen herauszufinden macht sich Michael nun zur langfristigen Aufgabe, dauernd auf der Hut, weil feindliche Spione, und das sind ja jetzt alle, ihn töten wollen. Michael sitzt in Miami fest, wo er in der Zwischenzeit Menschen mit ganz anderen Problemen dabei hilft, z.B. verschwundene Töchter zu finden oder Erpresser abzuwimmeln. Dabei unterstützen ihn seine Ex-Freundin Fiona (Gabrielle Anwar) und sein bester Freund Sam Axe (Bruce Campbell), der Michael eigentlich für das FBI ausspionieren soll. Auch Michaels Mutter Madeline (Sharon Gless) ist eine Anlaufstelle, der man seine Aufwartung persönlich machen muss, denn sie verlässt ihr Haus nicht.
Einsamer-Wolf-Heldenserie nach dem Strickmuster, das man aus den 80ern-kennt, aber mit einem 2000-er-Jahre Ich-Erzähler aus dem Off und schnelleren Schnitten. Die einstündigen Folgen laufen montags um 22.05 Uhr.
Seit 1999 wird einmal im Jahr der Deutsche Fernsehpreis an hervorragende Produktionen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens und der ein oder andere Alibipreis an die privaten Mitveranstalter vergeben. Erst 2009 hat es zum ersten Mal überhaupt Spaß gemacht, die komplette Ausstrahlung der Verleihung zu sehen. Der Gähngala ein Comedy-Rahmenprogramm mit dem Volksmusikpaar Wolfgang und Anneliese Funzfichler (Bastian Pastewka und Anke Engelke) zu verpassen, war die beste Idee seit der Erfindung des Rades. Oder des Feuers. Ich kann mich nicht entscheiden. Die beiden waren witzig und frech und in ihren Verkleidungen gerade so oft auf der Bühne, dass man ihrer nicht überdrüssig wurde. Deshalb sind die Funzfichler-Engelke-Pastewkas und Gastgeber Sat.1, der lediglich für seinen Mehrteiler Wir sind das Volk ausgezeichnet wurde, die eigentlichen Gewinner des Abends.
Hier sind die weiteren Kategorien.
Verlierer des Abends
Ebenfalls Sat.1 für den Live-Betrug. Angeblich wurde die Gala live übertragen, und das stand auch die ganze Zeit oben im Eck. Doch wenn die rumpeligen Schnitte, die in die Werbung hinein und wieder aus ihr herausführten, selbst den dümmsten anzunehmenden Zuschauer noch nicht darauf gebracht haben, dass das gelogen war, dann tat es spätestens das Ende der Sendung und der Beginn der nachfolgenden. Am Ende der „Live“-Sendung standen Moderatoren und Preisträger noch während des Abspanns auf der Bühne, zehn Sekunden später, nur durch einen Sponsorenhinweis getrennt, waren sie schon mitten in die Aftershowparty vertieft. Für wie blöd halten uns diese Lügner eigentlich?
RTL. Der Sender wurde zweimal ausgezeichnet, und beide Preise sind eigentlich Schläge in sein Gesicht: Zum einen für die Klischeeserie Der Lehrerals beste Serie, die schon zweieinhalb Jahre alt ist, von RTL aber für zu schlecht befunden und deshalb auf Eis gelegt wurde, bevor sie dieses Jahr im Sommerloch unvollständig in Doppelfolgen zur Versendung kam. Und zum anderen für die innovative, mutige Satire TV-Helden als beste Comedy, die RTL nicht fortsetzen wollte, weshalb ihre Protagonisten jetzt in der ARD bei Harald Schmidt zu sehen sind.
Zitate des Abends
Vielen Dank auch an RTL für den langen Atem, dass wir nicht schon nach der ersten Folge abgesetzt wurden. Sondern nach der zweiten. TV-Held Pierre M. Krause in seiner Dankesrede
Mich gibt es wirklich! Silke Zertz, Gewinnerin für das beste Drehbuch, in Anspielung auf die gefeuerte NDR-Fernsehspielchefin Doris Heinze, die Drehbücher unter Pseudonymen schrieb und doppelt kassierte.
Eigentlich muss ich pullern, und das schon seit zwanzig Minuten. Die beste Nebendarstellerin Anna Fischer in ihrer Dankesrede.
Als Alfred Biolek geboren wurde, war er Tscheche. Ist ja auch ne anständige Nationalität. Alice Schwarzer in ihrer Laudatio auf den Träger des Ehrenpreises.
Das ist das Schöne an der Sendung. Es hat noch kein Moderator geschafft, sie in Grund und Boden zu moderieren, aber ich verspreche Ihnen, ich werde mich weiter darum bemühen. Wetten-dass…?-Moderator Thomas Gottschalk, „bester Unterhaltungsmoderator“, in seiner Dankesrede.
Der Fernsehpreis hat ein großes Herz. Deshalb sind auch in diesem Jahr wieder ein paar Sendungen nominiert, die nicht so gut sind. Anneliese Funzfichler (Anke Engelke) in ihrer Moderation.
Das ist ein ganz einfacher Job. Da musst du nix Besonderes für können. Das hat sogar der Marco Schreyl schon moderiert. Wolfgang Funzfichler (Bastian Pastewka) in einem Einspielfilm über den Moderationsjob beim Fernsehpreis.
Die amerikanischsten Momente
Die Moderatoren singen ein Begrüßungslied voller aktueller Anspielungen, in dem sie sich über die eigene Branche lustig machen. Es geht um Doris Heinze, die Senderwechsel von Oliver Pocher und Johannes B. Kerner, und darum, dass, wer diesen Preis gewinnt, nicht ins Dschungelcamp muss. Auch danach gibt es noch mehrfach Spott für die Kollegen. Wenn die Verhältnisse richtig amerikanisch wären, könnten die Moderatoren solche Dinge sogar als sie selbst sagen, ohne dabei schrille Rollen spielen zu müssen.
Der Kabarettist Josef Hader wird für eine ernste Rolle als bester Hauptdarsteller geehrt und sagt in seiner Dankesrede: „Vielen Dank ans ZDF für diese großartige Gage!“
Die gefühlt unendlich vielen und unendlich häufigen Werbeunterbrechungen, die an die Schlagzahl der Emmy- und Oscar-Verleihungen erinnerten. Ich habe nicht mitgezählt, wie viele es wirklich waren, wollen wir der Veranstaltung also unterstellen, dass die Zeit zwischen den Werbeblöcken beim Fernsehpreis lediglich noch nie so kurz wirkten.
Die deutschesten Momente
Die Laudatoren, die aus ihren nicht enden wollenden Ansprachen weiterhin eine Andacht machten.
Die Dankesreden, für die in vielen Fällen das Gleiche galt. Die Reden der Preisträger für den besten Film Mogadischuschienen länger als der Film.
Die schlechten Schnitte und die Live-Lüge. Aber das hatten wir ja schon.
Das politischste Statement
…hatte gar nichts mit der Wahl zu tun. Claus Kleber bedankte sich in seiner Rede nach Erhalt des Preises für die beste Reportage für Die Bombe bei ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender, den die dominierende CDU im ZDF-Verwaltungsrat gern loswürde. Kleber:
Wenn das Gute gewinnt, dann bleibt er uns erhalten.
Die größte Unverschämtheit
Ina Müller pries die drei nominierten Moderatoren in der Kategorie „Beste Unterhaltungssendung/Beste Moderation Unterhaltung“: Mario Barth, Thomas Gottschalk und Stefan Raab. Stefan Raab ist allerdings nicht der Moderator von Schlag den Raab, das ist Matthias Opdenhövel. Und der macht seinen Job ganz hervorragend. Ihn erwähnte Ina Müller nicht einmal. Es gewann Thomas Gottschalk.
Die größte Freude
…zeigten Bettina Schausten und Christian Sievers, die für die beste Moderation und die beste Informationssendung für das ZDF-Wahlforum ausgezeichnet wurden. Niemand freute sich so sehr und so ehrlich wie diese beiden. Die beiden moderieren am Sonntag aus Berlin zur Bundestagswahl wieder für das ZDF und waren nicht einmal anwesend, sondern von dort zugeschaltet, weshalb sie wohl am allerwenigsten mit dem Preis gerechnet hatten.
Die größten Irritationen
Vielleicht war auch nur das Licht schlecht, aber wenn es daran nicht lag, dann zeigte Susanne Kronzucker deutlich erkennbare Bikinistreifen, weil sie sich offenbar entschieden hatte, heute zum ersten Mal in diesem Jahr ein trägerloses Kleid anzuziehen. Dank der Gedanken darüber habe ich keine Ahnung, was sie in ihre Rede über die beste Reportage gesagt hat.
Warum lautet der Slogan, der neben dem nicht mehr bunten, sondern einfarbigen Sat.1-Ball steht, ausgerechnet „Colour your life“?
Guten Abend meine Damen und Herren. Dieser Text kommt live aus der Lobby eines Hotels. Dort gibt es nämlich Internet. Leider kein Fernsehen. Das unterscheidet die Lobby von meinem Zimmer. Da gibt es Fernsehen, aber leider kein Internet. Willkommen im Jahr 2009!
Die geplante Live-Bloggung zum Deutschen Fernsehpreis muss deshalb leider ausfallen, was aber niemanden daran hindern muss, unten Nettig- und Gehässigkeiten abzusenfen.
Gute Unterhaltung, und mögen die Besseren gewi… — Halt, die sind ja in vielen Fällen gar nicht nominiert.
Was Preisverleihungen angeht war der Deutsche Fernsehpreis schon immer in vielerlei Hinsicht eine Lachnummer, weil er in manchen Kategorien mit achterlei Maß misst, wo nur drei Sendungen zu nominieren sind.
Was Unterhaltungssendungen angeht bot der Deutsche Fernsehpreis dagegen meistens wenig zu lachen, weil die meisten der ausstrahlenden Sender die Veranstaltung viel zu wichtig nahmen und gar nicht auf die Idee kamen, dass es vielleicht ganz nett wäre, wenn das Publikum auch was davon hätte, und nicht nur die Branche.
Zumindest letzteres ist dieses Jahr anders. Sat.1 hat die Moderation mit Anke Engelke und Bastian Pastewka besetzt, die die Gala in ihren preisgekrönten Rollen als Volkstümelistenehepaar Wolfgang und Anneliese präsentieren werden. Und weil der Preis zwar eine gemeinsame Veranstaltung von ARD, ZDF, RTL und Sat.1 ist, ARD, ZDF und RTL aber alles tun, um der Gala Zuschauer abzujagen und deshalb heute ausnahmslos ebenfalls Shows als Konkurrenzprogramm und nicht einen einzigen Spielfilm als Alternative zeigen, sei zumindest hier kurz auf die Veranstaltung verwiesen.
Der Deutsche Fernsehpreis, heute um 20.15 Uhr, ausnahmsweise live, in Sat.1.
Viele Veränderungen hat die Emmy-Verleihung in den vergangenen Jahren durchgemacht (mal abgesehen von immer denselben Nominierten und Preisträgern), weil die Quoten über mehrere Jahre rückläufig waren und man mit aller Gewalt gegensteuern wollte. Eine Konstante ist zum Glück geblieben: Die witzigen kleinen Filmchen, in denen sich die Late-Night-Autoren namentlich vorstellen, die in der Kategorie „Beste Autorenleistung in einer Comedy-/Varietyshow“ nominiert sind. Die Filme werden von den jeweiligen Teams der nominierten Sendung selbst beigesteuert.
Wir blicken auf die vergangenen vier Jahre zurück.
US-Präsident Barack Obama hat es im Moment nicht leicht. Die Umsetzung seiner geplanten Gesundheitsreform funzt nicht so, wie er sich das vorgestellt hat, und auf Kundgebungen wird er von bedingungslosen Anhängern der früheren Regierung angeschrien und als Lügner beschimpft. Obama nutzt deshalb derzeit jede Gelegenheit, für die Reform zu werben und Sympathiepunkte zu sammeln. Aber ganz ehrlich – ich glaube, er hat auch einfach Spaß an Besuchen in den Late-Night-Shows.
Nach seinem Auftritt bei Jay Leno und vorproduzierten Zuspielungen bei Conan O’Brien und Stephen Colbert war Obama gestern bei David Letterman zu Gast, der ihn fragte, ob die plötzlichen Anfeindungen mit Rassismus zu tun haben könnten.
Obama: „Ich war ja schon vor der Wahl schwarz!“
Weil das Interview etwas länger als geplant wurde, wurden übrigens die „Top 10 Gründe, warum Präsident Obama bereit war, in der Late Show aufzutreten“ aus der TV-Aufzeichnung herausgeschnitten. Hier sind sie, darunter auf Platz 2: „Hat ‚Ja‘ gesagt ohne nachzudenken – so wie Bush beim Irak!“
Gute Nachrichten: Das ZDF hat einen Weg gefunden, die hervorragenden US-Serien, die es nicht zeigt, künftig trotzdem bezahlen zu müssen!
Das ZDF hat die Free-TV-Rechte an der Mediencomedy 30 Rock mit Tina Fey und Alec Baldwin erworben, die gestern wie jedes Jahr mit dem Emmy als beste Comedyserie ausgezeichnet wurde. Zeigen wird das ZDF die Serie freilich nicht, es ist schließlich keine Neuauflage einer alten Sat.1-Serie. Stattdessen wird es sie ab November am späteren Abend auf dem neuen Digitalkanal ZDFneo verheizen, wo ihr ein ähnlich großes Publikum garantiert ist wie bei ihrer bisherigen Ausstrahlung bei TNT Serie im Pay-TV.
Der neue Kanal soll für das ZDF ein neuer Weg sein, endlich junges Publikum anzusprechen. Es ist sehr rücksichtsvoll vom ZDF, dies zu tun, ohne diesen jungen Menschen aufzubürden, das tatsächliche ZDF einschalten zu müssen.
ProSieben ist in diesem Jahr etwas konsequenter, was die Emmy-Verleihung angeht. Statt einfach nur aus Unlust oder Inkompetenz einzelne Preise oder Gags zu unterschlagen, indem zu früh aus der Live-Übertragung ausgestiegen oder zu spät wieder eingeblendet wird, zeigt ProSieben die ganze Veranstaltung dieses Jahr einfach gar nicht.
Hier im Fernsehlexikon gibt’s trotzdem heute Nacht Live-Zeugs.
Im deutschen Fernsehen wird die Verleihung ab 2 Uhr bei einem Sender namens TNT Serie übertragen.
2.o1 Uhr: Die Show eröffnet mit einer Musicalnummer, in der Neil Patrick Harris die Zuschauer singend auffordert, die Fernbedienung aus der Hand zu legen. Ich nehme die Fernbedienung in die Hand und stelle lauter.
2.05 Uhr: Die Show läuft seit fünf Minuten, und Harris stellt fest: „Wir hängen bereits 27 Minuten.“ Außerdem erklärt er seinen Job: „Ich bin hier, um dafür zu sorgen, dass alles glatt läuft. Ich hoffe, Kanye West mag 30 Rock.“
Das Orchester ist diesmal auf der Bühne zu sehen. Harris: „Normalerweise sitzen die im Graben. Heute können Sie sie sehen, und dann sehen Sie, warum sie somnst im Graben sitzen.“
Die Verleihung ist diesmal in fünf große Blöcke nach Genres geteilt. Es geht los mit allen Preisen aus dem Bereich Comedy.
2.13 Uhr:Beste Nebendarstellerin Comedy wird Kristin Chenoweth aus Pushing Daisies und weint sich durch die Dankesrede. Frau Chenoweth hat schon eine extrem quietschende Stimme, wenn sie nicht weint, aber diese Rede jetzt können wohl nur noch Hunde hören.
2.21 Uhr: John Hodgman spricht heute die informierenden Off-Texte über die Gewinner, während sie aus dem Pulikum auf die Bühne treten. Als er kurz vorgestellt wird, erklärt er, das meiste zu erfinden. Und das tut er tatsächlich. Nie waren diese kurzen, beiläufigen Texte lustiger.
2.23 Uhr:30 Rock gewinnt seinen ersten Preis für heute, fürs Drehbuch. Keine Überraschung, vier der fünf Nominierten waren Autoren von 30 Rock.
Neil Patrick Harris kommt nicht so gut an, wie ich erwartet hätte, nachdem er für seine Moderation des Musical-Preises Tony viel gepriesen worden war. Ich finde ihn lustig, aber das Publikum ist recht still. Harris merkt das auch: „Der Abend hätte sich in zwei Richtungen entwickeln können. Momentan entwickelt er sich in die zweite.“
2.26 Uhr: Bester Nebendarsteller Comedy: Jon Cryer in Two And A Half Men.
2.34 Uhr: Justin Timberlake präsentiert den Preis für die beste Comedy-Hauptdarstellerin und überreicht ihn an Toni Collette für United States of Tara.
2.38 Uhr: Voll von gespieltem Sarkasmus gratuliert Neil Patrick Harris nachträglich seinem Kollegen Jon Cryer. In dessen Kategorie war auch Harris selbst nominiert. Nur um sicher zu gehen, lässt er sich von Cryer nochmal den Umschlag mit dem Namen des Gewinners zeigen.
2.42 Uhr: Bester Comedy-Regisseur: Jeff Blitz von The Office. Off-Sprecher Hodgman erfindet: „Als er von seiner Nominierung erfuhr, küsste er Angelina Jolie und ging wieder ins Bett.“
2.50 Uhr: Bester Comedy-Hauptdarsteller: Alec Baldwin in 30 Rock.
2.54 Uhr: Aha: Genre-Fünfteilung hin oder her, der wichtige Preis für die beste Comedy-Serie kommt doch erst am Ende der Übertragung. Jetzt läuft aber noch eine kurze Trickfilm-Zuspielung der nominierten Serie Family Guy. Es ist das erste Mal seit Familie Feuerstein, dass eine Trickserie als beste Comedy nominiert ist. Baby Stewie befragt den sprechenden Hund Brian, welche Serie den Emmy bekommen sollte. Brian findet How I Met Your Motherhabe den Preis verdient, Neil Patrick Harris sei grandios. Nach einer ausführlichen Jack-Bauer-Folter durch den Kleinen sieht der Hund ein, dass natürlich Family Guy gewinnen müsse. Brutal lustig.
3.00 Uhr: Wir sind im Reality-Teil angekommen. Jeff Probst gewinnt als bester Moderator für Survivor und beglückwünscht Neil Patrick Harris zu dessen Leistung: „So moderiert man die Emmys!“ Er ist also einsichtig. Probst und vier Reality-Kollegen waren vergangenes Jahr als Emmy-Moderationsquintett gescheitert.
3.08 Uhr:The Amazing Racegewinnt zum siebten Mal den Emmy als beste Reality-Spielshow. Seit es diese Kategorie gibt, hat noch nie eine andere Sendung gewonnen. Das dritte Jahr in Folge schreibe ich im Wortlaut diesen Satz und erhöhe lediglich die Zahl.
Ein schöner Running Gag des Abends ist, dass Harris die Laudatoren ankündigt mit „Sie kennen ihn als…“ und dann frühe Nebenrollen nennt, an die sich kein Mensch erinnert.
3.13 Uhr: Wir sind in der Filmkategorie angekommen. Die großen US-Sender zeigen aber keine eigenproduzierten Filme mehr, also so ähnlich wie es die deutschen Sender mit eigenproduzierten Serien halten. Es gewinne deshalb in der Regel Pay-TV-Produktionen. Deshalb muss man sich als Deutscher keine Gedanken machen, wenn man keinen der Filme gesehen hat: Die Amerikaner haben es auch nicht.
3.30 Uhr: Zum ersten Mal dürfen die (echten) Emmy-Buchhalter auf der Bühne erklären, wie die Stimmen der Juroren ausgewertet werden. Zu blöd, dass ausgerechnet währenddessen sich der böse Dr. Horrible mit seinem Videoblog ins Programm hackt.
Harris spielte die Rolle des Superschurken Dr. Horrible bereits in dem mehrfach ausgezeichneten Web-Musical „Dr. Horrible’s Sing-Along Blog“. Er erklärt das Fernsehen für tot, denn „warum solle man Filme so groß sehen, wenn man sie auch so groß sehen kann?“ (Das Fernsehbild schrumpft auf ein kleines Kästchen in der Bildmite zusammen.) Außerdem sehe man Filme im Internet ohne die lästigen Unter… (buffering… buffering… buffering…) brechungen. Als dem bösen Videoblogger der Akku ausgeht, sind die Buchhalter zufällig gerade fertig.
3.52 Uhr: Die Variety-Kategorie beginnt mit einem Preis für den Regisseur von American Idol.
3.53 Uhr: Dann kommen die kleinen Filmchen, in denen traditionell die nominierten Autoren der Late-Night-Shows auf skurrile Weise vorgestellt werden. Die Autoren des Colbert Report stellen sich zum eitlen Gruppenfoto vor dem Ed Sullivan Theater in New York auf. Das Theater ist sehr prägnant, denn auf seiner Markise prangt in großen Leuchtbuchstaben der Schriftzug der Show, die dort produziert wird: Late Show with David Letterman. Lettermans Autoren sind ebenfalls nominiert. Ihre Namen werden von Billy Crystal gesungen. Es gewinnen aber die Schreiber der Daily Show with Jon Stewart.
4.02 Uhr: Jimmy Fallon fällt.
4.04 Uhr: Als beste Originalmusik wird Hugh Jackmans Eröffnungssong der Oscar-Verleihung geehrt.
4.08 Uhr: Ricky Gervais übergibt den Preis für die Beste Comedy-/Varietyshow an die Daily Show with Jon Stewart, wie immer. Off-Sprecher John Hodgman, selbst Mitarbeiter der Daily Show, erläutert: „Die Daily Show ist jetzt in ihrem 76. Jahr, sie begann einst auf Comedy Central Radio…“ Es ist der siebte Gewinn in Folge.
Jon Stewart: „Wenn die Oscar-Typen mir ein Lied schrieben, ich würde es singen! Ehrlich!“
4.20 Uhr: Willkommen in der abschließenden Kategorie Drama: Als bester Nebendarsteller gewinnt Michael Emerson für Lost, als beste Nebendarstellerin Cherry Jones als US-Präsidentin in 24. John Hodgman aus dem Off: „Sie ist jetzt die Favoritin für die republikanische Präsidentschaftskandidatur 2012“.
4.25 Uhr: Während in einer Collage aus kurzen Ausschnitten an die Verstorbenen des Jahres erinnert wird und Patrick Swayze mehr Applaus bekommt als Michael Jackson, gibt es Livemusik: Sarah McLachlan singt ihren Hit „I Remember You“.
4.35 Uhr: In der Kategorie „Bestes Drehbuch“ sind fünf Bücher nominiert, vier davon sind von Mad Men-Autor Matthew Weiner. Er verliert also dreimal.
4.40 Uhr: Beste Drama-Hauptdarstellerin: Glenn Close in Damages.
4.49 Uhr: Bester Drama-Hauptdarsteller: Bryan Cranston für Breaking Bad. Er setzt sich u.a. gegen Hugh Laurie durch, hätte aber auch Konkurrenz haben können, die er offenbar mehr gefürchtet hätte: „Ich bin so froh, dass Glenn Close eine Frau ist.“
4.53 Uhr: Fernsehlegende Bob Newhart erzählt von seiner ersten Show vor fast 50 Jahren: „Unsere Einschaltquote lag bei minus sieben. Nicht nur sah niemand zu; auch Menschen, die gar keinen Fernseher besaßen, sagten, wenn sie einen hätten, sie würden nicht zusehen.“
Er übergibt den Preis für die beste Comedyserie wie gewohnt an 30 Rock. Hauptdarstellerin, Autorin und Produzentin Tina Fey bedankt sich beim Chef des Senders NBC, dass ihre Serie noch auf Sendung sei, obwohl sie viel teurer sei als eine Talkshow. Eine bissige Anspielung auf das neue Herbstprogramm von NBC, in dem fünf einstündige Sendeplätze für Serien fehlen und stattdessen eine tägliche Talkshow mit Jay Leno läuft.
5.0o Uhr: Beste Dramaserie: Wie vergangenes Jahr Mad Men.
Das war’s. Es war unspektakulär, aber ganz lustig. Viele Gags lassen sich in der Theorie natürlich schlecht nacherzählen. Vielleicht tauchen ja noch ein paar Videos auf…
Das Fazit hatte Ricky Gervais eigentlich schon eine Stunde vor Schluss auf der Bühne ausgesprochen: „Besser als letztes Jahr, gell?“
Der Mann, der viel für die Verbrechensbekämpfung und -vorbeugung getan hat, aber dennoch den Kindern und Rentnern vor den Fernsehern mehr Angst machte als den Ganoven, die er jagte, ist tot. Eduard Zimmermann starb im Alter von 80 Jahren.