Explosiv — Das heiße Eisen

1994 (RTL). Ableger von Explosiv — Das Magazin, der sich montags nach 22.00 Uhr in einer Dreiviertelstunde mit jeweils einem aktuellen Schwerpunktthema auseinander setzte.

Oft waren es auch einfach zeitlos beliebte Fernsehstreitthemen wie Walfang, Satanismus oder Magersucht, die im Heißen Eisen noch einmal richtig mit Filmreportagen, Interviews und Studiogästen aufgerührt wurden. So fragte Barbara Eligmann, die neben dem täglichen Magazin auch diesen Ableger moderierte, den norwegischen Botschafter in Deutschland angesichts der Kämpfe von Walschützern gegen Walfänger, ob er ein schlechtes Gewissen habe und den ebenfalls im Studio anwesenden Tierschützer nicht am liebsten gleich packen und ins Gefängnis werfen wolle.

Das heiße Eisen war der Nachfolger von Der heiße Stuhl, hatte aber schon nach elf Sendungen ausgeglüht.

Explosiv — Der heiße Stuhl

1989–1994 (RTL). Krawallshow.

Am Anfang jeder Sendung stand eine provokante These eines Gasts, der damit auf dem „Heißen Stuhl“ Platz nahm. Der bestand im Grund nur aus einem Kissen auf einem spitzen Dreieck aus Draht mit Sitzfläche. Dem Gast gegenüber standen vier bis fünf Kontrahenten, die anderer Meinung waren. Es ging laut zu, die wenigsten Diskussionsteilnehmer konnten allein zu Wort kommen, geschweige denn ausreden, und sobald die Lautstärke nachließ, heizte Moderator Ulrich Meyer die Stimmung wieder an. Die Gäste schrien sich an, oft wurde es polemisch, manchmal persönlich. Da es zuvor keine vergleichbare Sendung gegeben hatte, hatte das Konzept Erfolg, erreichte gute Einschaltquoten und wurde zu einem Symbol für das Privatfernsehen schlechthin.

Beispielhaft für das Niveau der Thesen war diese aus dem Jahr 1991: „Männer sind hirnlos, unförmig und primitiv.“ Als Gegner eingeladen waren u. a. der Buchautor Joachim Bürger, der später als gezielter Talkshow-Provokateur enttarnt wurde, und Hans-Peter Willing, Gründer des „Vereins zur Witwenverbrennung“. Häufiger wagte sich das Format auch an Politisches: Im Mai 1991 nahm DDR-Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski (RTL: „der geheimnisvollste und meistgehasste Mann des SED-Regimes“) auf dem Stuhl Platz. Ein Bischof erklärte an selber Stelle Homosexualität zur Unzucht und Uta Ranke-Heinemann den Zölibat zur „vorverlegten Abtreibung“, Bazon Brock verurteilte den „organisierten Karneval“, und Erich Böhme kämpfte gegen die Wiedervereinigung.

Endgültig berüchtigt wurde die Sendung, als Rosa von Praunheim am 10. Dezember 1991 auf dem heißen Stuhl die These vertrat, homosexuelle Prominente sollten ihr privates Liebesleben der Öffentlichkeit zugänglich machen, und bei der Gelegenheit die nicht anwesenden Prominenten Hape Kerkeling und Alfred Biolek outete sowie, „ganz hypothetisch“, Johannes Rau und Peter Gauweiler. Das Presseecho war gigantisch. „Bild“ titelte: „Pfui, Rosa! Schwulen-Verrat im TV.“ Erstaunlich war, dass Praunheim überhaupt eingeladen worden war. Eigentlich hatte er nämlich schon einige Wochen zuvor für ein von RTL mit ihm geplantes Schwulenmagazin eine solche Aktion angekündigt, woraufhin der Sender die Zusammenarbeit abbrach. RTL-Chef Helmut Thoma hatte die Trennung mit den Worten begründet: „Platz für sexuelle Denunziation wird es bei mir nicht geben.“

Als Ulrich Meyer 1992 zu Sat.1 wechselte, um dort die ganz ähnliche Show Ulrich Meyer: Einspruch! zu veranstalten, übernahm Olaf Kracht die Moderation. Er hatte Meyer zuvor bereits mehrfach vertreten. Von Kracht stammt der Satz: „Bleiben Sie dran, ich zähl auf Sie“ vor dem Werbeblock. Als die Einschaltquoten innerhalb eines halben Jahres von 5 auf 2,5 Millionen Zuschauer zurückgingen, stellte RTL die Sendung nach insgesamt 159 Ausgaben ein. Kurzlebiger Nachfolger wurde Explosiv — Das heiße Eisen.

Die Show, die zuvor alle 14 Tage dienstags gegen 22.00 Uhr zu sehen war, wanderte nach dem Weggang Meyers auf den Montag und lief anschließend wöchentlich, später abgekoppelt von Explosiv nur noch unter dem Namen Der heiße Stuhl. Die Dauer der einzelnen Sendeungen schwankte zwischen 45 und 60 Minuten.

Ulrich Meyer: Einspruch!

1992–1994 (Sat.1). Einstündige Streitshow mit Ulrich Meyer.

Bei RTL hatte Meyer bereits die Krawall-Diskussionsrunde Explosiv — Der heiße Stuhl moderiert. Seine neue Sendung beim neuen Sender folgte dem gleichen Konzept, nur nicht mit der Verteilung eine(r) gegen vier, sondern drei gegen drei, die sich in einer Art Kampfarena in der „Kulturbrauerei“ in Berlin Prenzlauer Berg gegenüberstanden und zu kontroversen Themen aufeinander einbrüllen durften. Meyer selbst blieb nicht mehr scheinbar neutral, sondern bezog ebenfalls Stellung. Zum Wort „Einspruch“ gehörte übrigens jedes Mal eine handkantenschlagartige Geste, mit der Meyer auf die Kamera zu oder zwischen die Kontrahenten ging.

Meyer, Erfinder des „Brüllfernsehens“ in Deutschland, hatte zum Start „Deutschlands härtesten TV-Streit“ versprochen und gesagt: „Das Wort ‚Talk‘ ist für mich gestrichen.“ Er erwarte auf den Zuschauerrängen „Volksmasse, die tobt“, es gehe um „alles, was uns Deutsche bewegt“. Am 23. April 1992 lud er den damaligen Chef der Republikaner, Franz Schönhuber, in die Sendung, der sich mit Politikern wie Norbert Blüm einen Schreikampf lieferte.

Am 27. August 1992 machte Meyer die ausländerfeindlichen Ausschreitungen in Rostock zum Thema der Live-Sendung. Dazu lud er nicht nur Rostocker Bürger ein, die er mehrmals fragte, wer von ihnen geklatscht habe (als Rechtsradikale dort ein Wohnheim von Vietnamesen in Brand setzten), sondern auch den Hamburger Neonazi Christian Worch, dessen Auftritt allerdings von Autonomen verhindert wurde. Am 29. Oktober 1992 fand eine Sendung mit der Rechts-Rockband Störkraft statt, die durch ein massives Polizeiaufgebot geschützt werden musste und deren Auftritt aus Sicherheitsgründen bereits nachmittags aufgezeichnet wurde, was Meyer in der Sendung allerdings verschwieg.

Nach der Sendung vom 15. Juni 1993 zum Thema rechte Gewalt und der Legitimation von Gegengewalt, bei der ebenfalls Polizei anwesend war, griffen mehrere türkische Teilnehmer der Sendung zwei deutsche Teilnehmer an. Für Aufsehen sorgte auch die Sendung vom 14. September 1993, in der ein minderjähriger, offensichtlich unter Drogen stehender Strichjunge fünf Tage vor der Hamburger Bürgerschaftswahl einen grünen Politiker als seinen Freier bezeichnete, ein Vorwurf, den er später zurücknahm, auf dem die Einspruch-Redaktion aber weiter beharrte. Der „Spiegel“ bezeichnete Einspruch als „TV-Volksgerichtshof“.

130 Ausgaben liefen zunächst donnerstags, später dienstags um 22.00 Uhr. Dann hatte Meyer nach insgesamt sechs Jahren (inklusive Der heiße Stuhl) genug von dem Gebrüll und moderierte Die Menschen hinter den Schlagzeilen, Akte und die Nachrichten 18:30.

Die Menschen hinter den Schlagzeilen

1995 (Sat.1). Wöchentliche einstündige Talkshow mit Ulrich Meyer, in der er nichtprominente Menschen begrüßte, die plötzlich in die Schlagzeilen geraten waren, meist in die der „Bild“-Zeitung. Wie die 18-jährige Christiane, die angeblich die neue Geliebte von Harald Juhnke war, oder der siebenjährige Phillipp, der an Silvester von einem Baugerüst begraben worden war. Meist stellte sich heraus, dass die Menschen hinter den Schlagzeilen mit denen in den Schlagzeilen identisch waren. Gebrüllt wurde zur Abwechslung (Ulrich Meyer: Einspruch!) mal nicht, spannend war es aber auch nicht.

Mensch Ohrner!

1998–1999 (ZDF). Nachmittagstalkshow mit Thomas Ohrner.

Mensch Ohrner sollte eine saubere öffentlich-rechtliche Konkurrenz zu den privaten Daily Talks werden, also versuchte Produzent Frank Elstner einfach, Schmuddel und Krawall aus dem üblichen Format herauszunehmen, musste aber feststellen, dass dann nichts mehr drin ist. „Nette Menschen plaudern in mittlerer Zimmerlautstärke über mehr oder weniger belanglose Themen“, beschrieb die „Berliner Zeitung“ das Konzept, „von derart wohlig gedämpftem Unterhaltungswert, dass man sogar ungestört ein Buch lesen oder auch ein Nickerchen machen kann.“

„Glück gehabt“ hieß das Thema der ersten Sendung, zu Gast war, unter anderem, ein netter Schornsteinfeger. Pech gehabt, nach nicht einmal einem Jahr war Schluss.

Mallorca live

1995 (ARD). Einstündige Infotainmentshow mit Björn-Hergen Schimpf und Jörg Hafkemeyer mit der typischen Sommermischung aus Sonne, Strand und Spaß, mit Gewinnspielen, prominenten Gästen und ein paar Infos über Land und Leute.

Drei Wochen lang lief die Show im Sommer 1995 direkt aus Mallorca jeden Werktagnachmittag, eine Woche zuvor hatte sich das Team bereits täglich im Morgenmagazin gemeldet.

IQ-DenkSport

1996 (ZDF). Kurzlebiges Quiz mit Björn-Hergen Schimpf. Drei Kandidaten werden nicht nur auf Allgemeinbildung und Spezialwissen getestet, sondern vor allem auf logisches und schnelles Denken.

Sechs halbstündige Sendungen liefen donnerstags abends.

Einladung zu Schimpf

1993 (ARD). Kurzlebige Samstagabendshow mit Björn-Hergen Schimpf und Gästen, aber ohne wirkliche Idee. Zumindest ohne eigene. Schimpf überrascht ahnungslose Fernsehzuschauer in ihren Wohnzimmern und erfüllt Herzenswünsche.

Euroklops

1993 (WDR). Halbstündiges Nonsensquiz mit Björn-Hergen Schimpf.

Eine Jury prüft Publikumskandidaten auf ihre „Eurotauglichkeit“. Im Rahmen der Tests werden Fotos gezeigt, die Klischees europäischer Länder darstellen. Der Gewinner erhält einen „Euroklops“. Die musikalische Untermalung kommt von Nandor, der kleinsten Bigband der Welt.

Zehn Folgen liefen im WDR, Wiederholungen zeigte die ARD Anfang 1994 samstags nachmittags.

Dritte Halbzeit

1999 (RTL). 45-minütige Comedyshow mit Björn-Hergen Schimpf. Schimpf talkt mit einem sechsköpfigen Promi-Team über Sportler und sportliche Ereignisse. Dabei sammelt die Runde Punkte für vom Aussterben bedrohte Sportarten.

Stammgäste waren Hella von Sinnen und Willi Thomczyk, die anderen Gäste wechselten. Produzenten der Sendung, die donnerstags um 23.15 Uhr lief, waren Marc Conrad und Hugo Egon Balder. Als Vorbild dienten die in Großbritannien unglaublich beliebten Panel-Shows, bei denen Prominente um die Wette raten und spielen und das alles nicht so ernst nehmen. Den Deutschen war das einigermaßen fremd. Dritte Halbzeit floppte, erst Genial daneben — Die Comedy-Arena schaffte Jahre später einen Erfolg mit einem Format aus diesem Genre.

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