Solo für Morse-Harry
Morse: „Du weißt, wo die Drinks sind, Lewis. Mach uns einen Sherry.“
Lewis: „Macht’s Ihnen was aus, wenn ich ein Bier trinke?“
Morse: „Wenn du jemals die schwindelnde Ranghöhe eines Inspektors erreichen willst, musst du lernen zu tun, was man dir sagt. Sherry, Lewis.“(Aus Inspektor Morse, Episode „Die stille Welt.“)
Damals: Alter Morse und junger Lewis.
Screenshot: ITV
Inspektor Morse war eine tolle 33-teilige britische Krimiserie, von der in der DDR nur sieben und in der Bundesrepublik nur gar keine Folgen gezeigt wurden. Morse war ein starker Charakter: Unorthodox, eigensinnig, trinkfest, intelligent, aber nicht unfehlbar, er liebte klassische Musik, schwere Kreuzworträtsel und seinen roten Jaguar und hasste seinen Vornamen, den er niemandem verriet. Im Gegensatz dazu war sein Partner Sergeant Lewis ein unwissendes Würstchen, ein kuschender Streber, der schon mal den Wagen vorfuhr. Aber offenbar hat er gelernt zu tun, was man ihm sagte, denn jetzt ist er Inspektor und hat seine eigene Serie Lewis.
Aus gutem Grund wurde Harry Klein nach dem Ende von Derrick nicht zum Hauptdarsteller befördert und ebenso wenig Gerd Heymann zum neuen Alten. Die Figuren waren nicht interessant genug, um eine eigene Serie tragen zu können. So ist leider auch Robert Lewis in seiner eigenen Serie immer noch farblos, aber wenigstens kein unwissendes Würstchen mehr. Er hat viel von Morse gelernt und jetzt einen eigenen jungen Polizisten an seiner Seite, der aber viel forscher auftritt als Lewis vor zwanzig Jahren.
Heute: Junger Hathaway und alter Lewis.
Foto: ZDF
Der erste Film ist voller Anspielungen auf Inspektor Morse, die fast niemand in Deutschland erkennen oder verstehen wird, wenn das ZDF ab diesem Wochenende Lewis im Gegensatz zur Vorgängerserie zeigt. Gleich zu Beginn wird Lewis, der gerade nach zwei Jahren aus dem Ausland zurück nach Oxford kommt, beinahe von einem alten roten Jaguar angefahren, der wie der von Morse aussieht, und guckt, als habe er ein Gespenst gesehen. Später folgen Anspielungen auf Morses Trinkgewohnheiten, seine Liebe zu Kreuzworträtseln und seinen ungeliebten Vornamen. Entweder wollte der Autor die vielen Fans der früheren Serie mit Gewalt bei der Stange halten, oder es fiel ihm schlicht leichter, den verstorbenen Morse noch präzise zu charakterisieren als den jetzigen Protagonisten Lewis, der irgendwie immer noch keine richtigen Eigenschaften hat und sich statt von Morse jetzt von seinem jungen Assistenten über Shakespeare, Sport, Computer und alles belehren lässt.
Trotzdem ist die Reihe nicht schlecht. Die Fälle und das Tempo halten fast jedem Tatort stand, und Stil und Umsetzung fügen sich in die Reihe der Britenkrimis, die das ZDF sonst sonntags zeigt, prima ein. Dass man Lewis nicht plötzlich zum belesenen Rabauken gemacht hat, um ihm die alte Morse-Rolle zuzuteilen, macht die Figur zudem glaubwürdig. Und wer Morse nicht kennt, also die große Mehrheit, wird Lewis womöglich für gar nicht so blass halten. Und wer den durchschnittlichen Tatort-Ermittler für charismatisch hält, sowieso nicht.
Lewis, sonntags um 22.00 Uhr im ZDF.