Schindluders Liste

Mit drei Jahren Verspätung kommt die viel gepriesene US-Comedyserie My Name Is Earl heute ins deutsche Fernsehen. Ein Kleinkrimineller versucht, sein Leben neu zu ordnen und Gutes zu tun, damit ihm Gutes widerfährt, weil er zum ersten Mal in seinem Leben von „Karma“ gehört hat – just nach einem fiesen Unfall, der ihn ins Krankenhaus brachte. Guter Zeitpunkt also. In ungeordneter Reihenfolge arbeitet er eine Liste seiner Schandtaten ab, sucht die Menschen auf, denen er Schlechtes antat und bemüht sich um Wiedergutmachung. Um diese Leute aufzutreiben, muss er manchmal seinen tumben Bruder unter einem Vorwand vorschicken.

Ich werde nervös, wenn ich lügen muss. Aber Randy ist ein Profi, solange er die richtige Menge Bier drin hat. Und vier scheint die Zauberzahl zu sein.

Als Ich-Erzähler aus dem Off ordnet Earl die Ereignisse historisch ein.

Randy war nicht mehr bei Kennys Eltern gewesen, seit wir sie in der High-School-Zeit ausgeraubt hatten.

Die Serie beginnt mit dieser völlig neuen, originellen Grundkonstellation und ist auch in der Umsetzung gelungen. Die Charaktere sind liebevoll kreiert: Alle sind sie Gauner, doch man fühlt Sympathie für sie, weil es ihnen selbst schlecht geht und sie es neuerdings gut meinen, und Earl tut einem schon fast leid, wenn er völlig überfordert mit der Situation ist, zum ersten Mal in seinem Leben in seiner kleinen Welt einem echten Schwulen zu begegnen. Manchmal drohen die Figuren zu klischeehaft zu werden, bergen dann aber gerade noch rechtzeitig eine Überraschung.

Man erkennt zwar sehr schnell das immer wiederkehrende Schema der Serie, aber der Spaß flaut nicht so schnell ab – und die Geschichten dürften auch noch sehr lange nicht ausgehen. Nach dem Ende der ersten Folge umfasst die Liste noch 258 zu bereinigende Vergehen.


Fotos: RTL

Leider versteckt RTL die Serie mutlos im Nachtprogramm um 23.30 Uhr im Sommer und kündigt vorsichtig nur 11 Folgen an, was nicht einmal der Hälfte der ersten Staffel entspricht. In den USA beginnt im September schon die vierte Staffel. 69 Episoden gibt es bisher – bei RTL2 würde das für eine werktägliche Ausstrahlung mit mindestens Doppelfolgen reichen. Der späte Sendeplatz ist umso enttäuschender, wenn man bedenkt, dass vorher noch Wiederholungen der 90er-Show von vor vier Jahren und von Mario Barth präsentiert die besten Comedians Deutschlands vom vergangenen Sommer laufen. Denn die Serie hat durchaus das Potenzial, auch deutsche Zuschauer zu befriedigen: Sie ist nicht das klassische amerikanische Sitcom-Format mit einer räumlich begrenzten Handlung, die auf einer Bühne vor Publikum gespielt wird, das man hierzulande traditionell ins Samstagnachmittagprogramm oder in die Nacht verbannt, und hat auch kaum popkulturelle Bezüge, die man nur versteht, wenn man sich mit amerikanischen Medien oder dem dortigen Leben als solchem auskennt.

Die Serie ist wie ein Film gedreht, ist eine amüsante und charmante Kleinganovenkomödie und könnte einen schlüssigen Block mit der abgesetzten Eigenproduktion Herzog bilden. Leider ist eher zu erwarten, dass beide Serien sich im Archiv wiedersehen als auf benachbarten Sendeplätzen.

Aber warum so pessimistisch? Vielleicht hat RTL ja heimlich eine Liste mit 259 Programmsünden der letzten Jahre erstellt und beginnt heute mit der Wiedergutmachung. Es wäre ein gelungener Anfang.

My Name Is Earl, freitags um 23.30 bei RTL.

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Michael, 18. Juli 2008, 06:51.

Bingo

1991–1992 (Sat.1). Halbstündiges Quiz mit Wolf-Dieter Herrmann.

Drei Kandidaten versuchen möglichst schnell ihr Spielfeld aus fünf mal drei Zahlenfeldern auszufüllen. Wer am schnellsten richtig auf eine Allgemeinwissensfrage antwortet, kann ein Feld belegen. Derjenige, der zuerst alle Felder belegt hat, hat „Bingo“ und ist der Tagessieger. Er spielt an einer Wand aus fünf mal fünf Feldern und muss möglichst schnell durch richtige Antworten eine Fünferreihe bilden, um einen Geldpreis zu gewinnen. Durch zuvor per Post ausgelieferte Spielkarten können auch die Fernsehzuschauer zu Hause teilnehmen.

Die Sendung lief montags bis samstags um 18.15 Uhr.

Alles oder nichts

1956–1988 (ARD). 45-minütiges Quiz.

Kandidaten spielen in von ihnen bestimmten Wissensgebieten um einen Geldgewinn. Mit jeder richtig beantworteten Frage verdoppelt sich der gewonnene Betrag. Der Kandidat kann nach jeder Frage mit dem bis dahin gewonnenen Geld aussteigen; macht er jedoch weiter und gibt eine falsche Antwort, ist das Spiel für ihn zu Ende und das gesamte Geld verloren.

Einzelheiten des Spielkonzepts, Regeln, Gewinnhöhe, Sendeplatz, Moderator, alles änderte sich im Lauf der Zeit mehrfach, doch insgesamt war Alles oder nichts mit einer Laufzeit von mehr als 30 Jahren eine der langlebigsten Sendungen im deutschen Fernsehen. Vorbild war das US Quiz „The 64 000 $ Question“, in der deutschen Version bedeutete „Alles“ aber nur einen Bruchteil. Der Höchstgewinn lag anfangs bei 4000 DM und steigerte sich mit den Jahrzehnten auf 16 000 DM.

Moderator war in den ersten Jahren Heinrich Fischer, und die Show lief im regionalen Vorabendprogramm. Im Herbst 1957 wurde sie erstmals in die Primetime übernommen, aber nur für zwei Monate. Es spielte jeweils ein Kandidat allein in seinem Gebiet. Um Themenvielfalt zu gewährleisten, bestritt er jedoch nicht alle Runden hintereinander weg, sondern beantwortete immer nur wenige Fragen am Stück. Dann kamen andere Kandidaten mit ihrem Gebiet an die Reihe. Auf diese Weise wurden Publikumslieblinge aufgebaut, die in der nächsten Sendung wiederkamen, um dort anzuknüpfen, wo beim letzten Mal die Sendezeit um war.

Nach einer kurzen Pause wurde 1963 Wolf Schmidt, der als Papa der Familie Hesselbach berühmt geworden war, der Quizmaster einer neuen Staffel mit dem erhöhten Hauptgewinn von 6000 DM. Im Februar 1966 verlegte die ARD das Quiz endgültig in die Primetime, jetzt mit Dr. Georg Böse, doch zunächst ohne Erfolg.

Vom 10. Dezember 1966 bis 3. Dezember 1971 moderierte Erich Helmensdorfer 61 Ausgaben und machte die Show und sich selbst zum Publikumsliebling. Er hatte zuvor als politischer Journalist und Sprecher der heute-Nachrichten beim ZDF gearbeitet und wurde für seine neue Tätigkeit als Quizmaster mit Lob überschüttet. Dabei gab er den strengen, ungeduldigen Prüfer, der vor allem bei der schwierigen Finalfrage rigoros die Antworten einforderte und keine Extrabedenkzeit gestattete. Bei der letzten Aufgabe, die zu dieser Zeit 8000 DM wert war, standen jedem Kandidaten sechs Minuten reine Bedenkzeit zu, die er beliebig einteilen konnte und die immer angehalten wurde, wenn er eine Antwort gab. Zögerte er während einer Antwort, stellte Helmensdorfer fest: „Er denkt“ und ließ die Uhr weiterlaufen.

Schwierigkeitsgrad und Umfang der Fragen steigerten sich bis zur Schlussrunde analog zum möglichen Gewinn. Es begann mit Einzelfragen zur Allgemeinbildung, die unter Umständen auch ein Laie hätte beantworten können, und endete mit mehrteiligen Aufgaben („Sie sehen es, die Frage hat 33 Teile, und Sie sollen 28 davon beantworten“), bei denen das Publikum, je nach Fachgebiet, nicht einmal im Ansatz begreifen konnte, worum es eigentlich ging. („In welchen Gebieten des Milchstraßensystems und unter welchen Voraussetzungen konnte man die örtliche Verteilung der galaktischen Rotationsgeschwindigkeit aus Radiomessungen bestimmen?“ war nur eine der 33 Teilfragen zum Thema „Astronomie“).

Die Kandidaten saßen in den letzten Runden in einer schalldichten Kabine, damit sie sich besser konzentrieren konnten, und erhielten die Fragen schriftlich zum Mitlesen. Rückfragen waren gestattet, beantworten konnte sie Helmensdorfer jedoch meistens nicht („Also, in meinen Augen ist das schlüssig“). Er selbst hatte sich zwar in den Wochen vor der jeweiligen Sendung intensiv auf die Fachgebiete vorbereitet und sich schulen lassen, doch verstand er noch immer erkennbar weniger als seine Kandidaten, die nun einmal Experten waren. Richtig war deshalb nicht, was die Kandidaten mitunter plausibel erklärten, sondern was auf Helmensdorfers Karteikarten stand bzw. auf der großen Antworttafel, die für die Zuschauer sichtbar war.

Sendeplatz war montags um 21.00 Uhr. Einige Kandidaten wurden durch den Hauptgewinn so populär, dass die ARD sie in ganzen Sondersendungen porträtierte. Andere waren gar nicht so scharf auf den Gewinn. Eine Kandidatin hatte bereits 4000 DM gewonnen, kam aber nicht wieder, weil sie vor der nächsten Sendung einen Millionär geheiratet hatte. Der wollte nicht den Eindruck erwecken, seine Frau sei an 8000 DM interessiert.

Helmensdorfers Nachfolger wurden Dr. Andreas Grasmüller und ein Affe. Der Schimpanse Toni war mit einer bayerischen Lederhose bekleidet und loste den Gewinner einer Zuschauerfrage aus. Beide blieben nur kurze Zeit. Anschließend moderierte bis zum 25. Juni 1981 Günter Schramm. Der Gewinn wurde wieder erhöht, und es kamen moderne Monitore dazu, von denen die Kandidaten nun die Fragen ablesen konnten. Der Sendeplatz wurde 1980 auf 21.45 Uhr am Donnerstag verlegt; nach massiven Zuschauerprotesten, das sei viel zu spät, wurde das Quiz aber wieder um 21.00 Uhr ausgestrahlt.

Mit dem letzten Moderator Max Schautzer wurde der Modus geändert und jede Sendung unter ein einzelnes Oberthema gestellt. Jetzt bewarben sich nicht mehr Kandidaten mit ihrem Fachgebiet, stattdessen wurde das Thema vorgegeben, zu dem Schautzer dann zu Bewerbungen aufrief. Zu diesem Thema spielten nun in einer Vorrunde zwei Kandidaten gegeneinander, eine wechselnd besetzte Expertenjury entschied über die korrekte Beantwortung. Für den Sieger der Vorrunde ging es dann am Spieltisch um alles oder nichts. Wie im Casino schob Schautzer dem Kandidaten Chips mit aufgedruckten Geldbeträgen zu (immer in zwei Währungen: DM und Schilling) und tauschte sie bei korrekter Antwort gegen höhere aus. Ein Ehrengast, wiederum ein Experte, stellte die jetzt nur noch einteiligen Fragen.

Die Show lief nun dienstags um 20.15 Uhr. 1988 wurde sie eingestellt. Im gleichen Jahr startete eine RTL Show, die ihren Titel parodierte: Alles nichts oder?!, aber eben nur den Titel.

Alles mit Musik

1983 (ZDF). Kurzlebiges Musikquiz mit Hans Rosenthal und dem Horst Jankowski Quartett.

Sechs Kandidaten aus dem Publikum müssen in drei Runden verschiedene Musiktitel erraten: Mal geht es um Schnelligkeit, mal darum, alle Musiktitel zu erkennen, die in einer Geschichte versteckt sind, die ein Prominenter vorliest.

Das Spiel war 30 Minuten lang, lief dienstags um 17.50 Uhr und brachte es auf nur drei Ausgaben. Ein Jahr später lief eine Nachfolgesendung unter dem Titel Musik macht Spaß.

Allein gegen alle

2000–2001 (RTL 2). Halbstündige Quizshow. Ein Studiokandidat muss Fragen beantworten, ein Telefonmitspieler kann ebenfalls gewinnen.

Die Show wurde werktags um 19.30 Uhr live gesendet, aber ohne Studiopublikum und wirkte nicht nur deshalb sehr merkwürdig. Anfangs moderierte Andrea Wieser, Torsten Wember nahm die Anrufe an und fungierte als Schiedsrichter. Ihn ersetzte am 8. Januar 2001 Big Brother-Ekel Christian, der zugleich Hauptmoderator wurde. Andrea Wieser wurde von Janine Kunze abgelöst (die Tochter aus Hausmeister Krause), die nur noch Fragen vorlas. Beide konnten die Quoten aber auch nicht in die Höhe treiben.

Acht nach acht

1973 (ARD). Kurzlebige große Samstagabendshow mit Hans-Joachim Kulenkampff. Vier Paare aus Großbritannien, Österreich, der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland treten gegeneinander an und müssen in drei Quizrunden Fragen beantworten, die sich je Sendung immer auf ein Jahrzehnt des 20. Jh. beziehen.

Um Kulenkampffs Assistentin Marie-Claude Karera, eine 25-jährige dunkelhäutige Lehrerin aus Ruanda und Sprecherin der Deutschen Welle, gab es Wirbel, weil sie ein „nacktes Vorleben“ hatte, wie die „Hörzu“ schrieb. Sie hatte in einem Tatort mit Kressin eine Masseuse gespielt und war dort halbnackt zu sehen gewesen.

Mangels Erfolg wurde die Show nach nur sechs Sendungen wieder eingestellt. Die „Hörzu“ hatte zum Start geschrieben, dass es „diesmal endgültig“ sei: Acht nach acht werde Kulenkampffs „letztes Quiz. Danach wird er nur noch Schauspieler sein“.

In der Themensendung zu den 60er-Jahren tauchte Martin Jente in einer Gastrolle auf.

Wort für Wort — Von Ort zu Ort

1987. Quiz im regionalen Vorabendprogramm mit Uwe Hübner.

Zwei Teams müssen Begriffe erraten und bekommen dafür Reisekilometer. Maximal 975 Kilometer können sie erspielen. Das Quiz lief einmal im Monat eine Woche lang täglich, jeweils am Freitag trafen die Siegerteams zweier bis dahin ausgetragener Duelle aufeinander und spielten um den Gesamtsieg.

Wort für Wort war die erste tägliche Gameshow im deutschen Fernsehen. Insgesamt liefen 20 Ausgaben, die knapp 10 Minuten lang waren.

Wilde Ehen

1997—1998 (Vox). Tägliche halbstündige Vorabend-Gameshow mit Wolfgang Link, in der drei verliebte, verlobte oder verheiratete Paare als Kandidaten in klassischen Übereinstimmungsspielen gegeneinander antreten (zum Beispiel: Sie muss vorhersagen, wie er einen Satz vollendet hat). Das Siegerpaar gewinnt eine Reise, wenn es das „Liebesbarometer“-Spiel gewinnt: Ihr Pulsschlag wird gemessen, während ihr drei kurze Geschichten erzählt werden. Er muss vorhersagen, auf welche sie am heftigsten reagiert.

Wilde Ehen war wie 4 + 4 = Wir und diverse andere eine Variante der US-Show „The Newlywed Game“, mit dem Unterschied, dass die Kandidaten nicht frisch verheiratet sein müssen.

Tic Tac Toe

1992 (RTL). Werktägliche halbstündige Vormittags-Gameshow mit Michael „Goofy“ Förster.

Die Show war eine von vielen, die sich (wie schon das Tick-Tack-Quiz) des Tic-Tac-Toe-Kinderspiels bediente. Durch richtige Antworten auf Fragen können die zwei Kandidaten in einem quadratischen Spielfeld mit neun Kästchen ihre Buchstaben, X oder O, verteilen. Wer eine Dreierreihe schafft, gewinnt.

Die Reihe brachte es auf 171 Ausgaben.

Teufels Küche

2005. Reality-Gameshow mit Sonja Zietlow.

Unter Anleitung des Spitzenkochs Christian Rach verpflegen zehn Prominente zwei Wochen lang in zwei Teams die teils ebenfalls prominenten Gäste in einem Berliner Fernsehstudio, das zu einem Luxusrestaurant umgebaut worden ist. Zuerst kochen alle so vor sich hin, nach einer Woche bestimmt das Publikum jeden Tag einen, der die Schürze abgeben muss, und am Ende den König der Küche. Die Versuchsköche waren Karl Dall, Jörg Knör, Erika Berger, Jenny Elvers-Elbertzhagen, Gülcan Karahanci, Giovanni (von der Popgruppe Bro’Sis), DJ Ötzi, Patrick Lindner, Britta von Lojewski und Anouschka Renzi. Am Ende wurde Lindner „überraschend“ zum „König der Küche“ gekrönt. Er ist gelernter Koch. Giovanni und Renzi waren verletzungsbedingt schon vorher ausgeschieden. Die Boulevardzeitung „B.Z.“ titelte: „Große Berliner Schauspielerin – Kollaps in TV-Show“. Sonja Zietlow zitierte die Schlagzeile am gleichen Abend in der Live-Sendung und fragte enttäuscht: „Warum passiert so was nie in unserer Show? Bei uns ist nur Anouschka Renzi zusammengebrochen.“

Das Format stammt aus Großbritannien, wo es erfolgreich unter dem Titel „Hell’s Kitchen“ lief. Die deutsche Version lief weit weniger erfolgreich an 14 aufeinanderfolgenden Tagen in der späteren Hälfte der Primetime. Immer im Nachtprogramm folgte „Teufels Küche – Nachschlag“ mit Pierre Geisensetter und interaktiven Telefonspielchen für Kandidaten zu Hause.

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