08/15 — Sie retten deinen Sendeplatz auch nicht

Baywatch ging ja immer so: Jemand, den wir nicht kennen, droht zu ertrinken, dramatische Musik setzt ein, und halbnackte Menschen eilen zur Rettung. In diesem Satz war der Grund versteckt, warum sich so viele Zuschauer für die Rettung von Menschen interessierten, für die an sich sie sich nicht interessierten, weil sie in der Regel keine Vorgeschichte hatten, sondern schlicht ein „Fall“ aus dem Nichts waren.

112 – Sie retten dein Leben geht im Prinzip genauso: Jemand, den wir nicht kennen, der keine Vorgeschichte hat und der nicht umständlich eingeführt wird, hat urplötzlich einen Autounfall, und in dicke Overalls gekleidete Menschen eilen zur Rettung. Merken Sie den Unterschied? Nein, es ist nicht nur das stellenweise Fehlen der dramatischen Musik.

112 – Sie retten dein Leben ist die neue tägliche Serie, die zur Rettung des RTL-Sendeplatzes um 17.00 Uhr eilen soll, der seit der achten Wiederholung der Nanny vor sechs Jahren keinen Erfolg mehr hervorgebracht hat. Im Gegensatz zu allen anderen täglichen Serien ist es keine Soap, sondern Action, hat aber genauso talentierte Darsteller, nur nicht so viel Handlung. Die Serie beschränkt sich in ihren 25-minütigen Episoden auf das, was sie für das Wesentliche hält, also einen mittelspektakulären Unfall und ein paar entschlossene Helfer, und reichert dies nur spärlich mit einer vorgetäuschten Rahmenhandlung aus einer klischeeätzenden Chefin und einem unwilligen Polizistensohn im Schatten seines Vaters, der zugleich sein Chef ist, an. Diese Rahmenhandlung besteht in der ersten Folge zu achtzig Prozent aus einer Diskussion über Betriebskostenaufstellungen, was das Actionextrakt durch eine Überdosis Langeweile aushebelt. Warum darüber hinaus auch im Actionanteil keine rechte Spannung aufkommt, kann ich nicht erklären, aber so ist es nun einmal.

Hermann Johas Firma Action Concept, die auch Alarm für Cobra 11 herstellt, produziert die neue Serie, in der Polizei, Notarzt und Feuerwehr „erstmals unter einem Dach“ zusammenarbeiten. Also, erstmals, wenn man Third Watch ignoriert, an dessen Idee sich auch schon Notruf Hafenkante geringfügig orientierte.

Vielleicht stößt die Serie dennoch in eine Lücke des Fernsehprogramms: Sie ist besser als diese pseudodokumentarischen Laiendarsteller-Krimis wie Lenßen & Partner, die in Sat.1 die Halbstundensendeplätze füllen, aber schlechter als Alarm für Cobra 11, was für sich schon ein interessanter Halbsatz ist. Es passiert auch kaum weniger als im Sendeplatzvorgänger Einer gegen 100, und dass der muskulöse Polizistensohn in der Mitte der ersten Episode seine Jacke auszieht und für den Rest der Rettung im Feinrippunterhemd agiert, ist ein erster Schritt zum Erfolg von Baywatch.


Foto: RTL

112 – Sie retten dein Lebenwerktags um 17.00 Uhr bei RTL.

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Michael, 25. August 2008, 00:11.

Anna und die Liebe


Foto: Sat.1

Seit 2008 (Sat.1). Dt. Telenovela.

Anna Polauke (Jeanette Biedermann) ist schüchtern. Sehr schüchtern. Sobald es wichtig wird, bekommt sie keinen Ton heraus, also wenn sie einen schönen Mann trifft oder sich für einen tollen Job interessiert. Deshalb fällt es ihr auch so schwer, den heiß ersehnten Job in der Werbeagentur Broda & Broda zu bekommen – und Jonas Broda (Roy Peter Link). Beim ersten Anblick verliebt sich Anna in den Sohn des Firmengründers Robert Broda (Mathieu Carrière), doch leider ist er außer schön auch ein arroganter Schnösel. Annas Familie besteht aus ihrer bösen Stiefschwester Katja (Karolina Lodyga), ihrer naiven Mutter Susanne (Heike Jonca) und ihrem bösen Stiefvater Armin (Rainer Will), die das Lokal „Goldelse“ betreiben, direkt gegenüber der Agentur. Parallel dazu hat Jonas eine böse Mutter Natascha (Franziska Matthus) und einen bösen Bruder Gerrit (Lars Löllmann), die gegen Robert intrigieren und die Agentur übernehmen wollen. Zur Agentur gehören noch der Fotograf Jannick (Mike Adler), die Assistentin Maja (Barbara Lanz), die amerikanische Praktikantin Nancy (Jil Funke), der Laufbursche Maik (Sebastian König) und die Büroleiterin Steffi Hauschke (Karin Kienzer). Sie ist die Mutter von Katjas ursprünglichem Freund Lars (Alexander Klaws), und Maik ist der Freund von Annas bester Freundin Paloma (Maja Maneiro), die in der „Goldelse“ als Kellnerin arbeitet.

Vorhersehbares Mädchenmärchen mit allen klassischen Zutaten. Die halbstündigen Folgen liefen sechs Wochen lang werktags um 19.00 Uhr, danach um 18.30 Uhr.

112 — Sie retten dein Leben


Foto: RTL

2008–2009 (RTL). 110-tlg. dt. Actionserie.

Polizei, Notarzt und Feuerwehr arbeiten zusammen, um Menschenleben zu retten. Zwischendurch schlagen sie sich mit privaten und bürokratischen Problemen herum: Die ätzende Verwaltungschefin Dr. Kristin Driesen (Sandra Maria Schlegel) schikaniert den Polizeidienststellenleiter Martin Carstens (Joachim Raaf), dessen Sohn Florian (Dominic Saleh-Zaki) im gleichen Team arbeitet. Die blinde Rita Brandt (Simona Brokman) koordiniert die Einsätze der drei Teams. Dazu gehören die Feuerwehrleute Ingo Bender (Gernot Schmidt), Kadir Karabulut (Matthias Rödder) und Anna Rösler (Luisa Wietzorek), die Ärzte Tom Wagner (Max Alberti) und Judith Voss (Tanja Lanäus), die Sanitäter Dimitri Papapostolou (Philip Köstring) und Steffi Felten (Joséphine Thiel), Zivi Kevin Vogel (Christopher Kohn), Helikopterpilot Peter Wells (Mats Reinhardt) und die Polizisten Heiko Ehrich (Björn Kirschniok), Nicole Held (Mariam Kurth) und Doreen Melzer (Martina Maria Reichert).

Fließbandproduktion von Hermann Johas Firma Action Concept, deren Rahmenhandlung zwar noch unspektakulärer als in den meisten Daily Soaps war, die sich aber in den Actionszenen um ein paar aufwändige Unfälle, Explosionen und Stunts bemühte, wie man sie aus Johas Alarm für Cobra 11 kannte.

Die halbstündigen Folgen liefen werktags um 17.00 Uhr. Nach 110 Folgen stellte RTL bei der an chronischer Quotenschwäche leidenden Serie das Beatmungsgerät ab. Sie war als Endlosserie geplant.

Zieh mich an!

Ab 25. August 2008 (Sat.1). Anziehwettbewerb.

Müsste eigentlich Die perfekte Kleidung heißen: Nach dem Muster der Kochdoku Das perfekte Dinner müssen fünf Menschen zwar hungern, beraten sich aber gegenseitig eine Woche lang in Kleidungsfragen zu verschiedenen Anlässen. Sprich: Vier Leute reden jeden Tag einem rein, und am Ende der Woche soll feststehen, wer am besten Senf zu Kleidung geben kann, aber nicht, wie man ihn wieder rausbekommt.

Die halbstündigen Folgen laufen werktags vormittags um 10.00 Uhr.

Die Kinderärzte

Seit 2007 (RTL). Werktägliche Dokusoap über den Alltag im Dürener Kinderkrankenhaus St. Marien.

Die halbstündigen Folgen laufen im Vormittagsprogramm. In den ersten 16 Monaten hieß die Serie noch Die Kinderärzte von St. Marien, im August 2008 wurde die zweite Hälfte des Titels amputiert.

Krasse Küche mit Andrew Zimmern

Ab 24. August 2008 (RTL2). US-Reise-Kochdoku („Bizarre Foods with Andrew Zimmern“; seit 2006).


Foto: RTL2

Andrew Zimmern ist Koch, Journalist und Restaurantkritiker und reist um die Welt. In allen abwegigen Winkeln der Erde macht er Halt und stellt ebenso abwegige Gerichte vor, zum Beispiel Lamahirn und Lämmeraugen. Sein Motto ist: „Wenn’s gut aussieht, iss es auf“, und wenn das Froschherz sogar noch schlägt, isst er es auch auf.

Die einstündigen Folgen laufen sonntags nachmittags.

Black Adder

1999 (RTL). 24-tlg. brit. Comedyserie von Rowan Atkinson und Richard Curtis („Black Adder“; 1983–1989).

Edmund Blackadder (Rowan Atkinson) schreibt die Geschichte um. Auf einem Streifzug durch die Jahrhunderte nimmt er an historischen Ereignissen teil und beeinflusst sie. Sein idiotischer Partner Baldrick (Tony Robinson) ist immer dabei.

Zeitweise lief die Serie unter dem albernen Titel Rowan Atkinson alias Mr. Bean ist „Black Adder“, weil Atkinson in Deutschland in der Rolle des Mr. Bean in der gleichnamigen Show bekannt geworden war. In seiner britischen Heimat schlug Black Adder deutlich stärker ein als Mr. Bean und war eine der erfolgreichsten Serien der 80er-Jahre. Nach dem eigentlichen Ende wurde sie – jeweils in einer anderen Epoche – noch dreimal fortgesetzt.

Bei uns ging Black Adder weitestgehend im Sonntagnachtprogramm unter. Ab 1993 hatte bereits 3sat und in Wiederholungen später arte die Serie im englischen Original mit deutschen Untertiteln gezeigt. Erst RTL zeigte synchronisierte Fassungen.

Inspektor Fowler — Härter als die Polizei erlaubt

1996–1998 (Pro Sieben). 14-tlg. brit. Comedyserie von Ben Elton. Regie: John Birkin („The Thin Blue Line“; 1994–1996).

Inspektor Raymond Fowler (Rowan Atkinson) leitet ein Polizeirevier in einem Londoner Vorort. Er ist penibel und verzweifelt oft über seine Mitarbeiter Bob Kray (Kevin Allen), Maggie Habib (Minar Anwar), Frank Gladstone (Rudolph Walker), Kevin Goody (James Dreyfus), Derek Grim (David Haig) und Patricia Dawkins (Serena Evans). Patricia ist zugleich Fowlers Freundin, die manchmal ihre liebe Not mit ihm hat.

Zwei Staffeln mit je sieben halbstündigen Folgen liefen anfangs mittwochs gegen 22.00 Uhr, ab der zweiten Staffel montags gegen 23.15 Uhr.

Die Meistens-Sowieso-Mist-Faustregel der deutschen Fernsehcomedy im Praxistest

Angesichts der neuen ProSieben-Sendung Comedy Zoo (wir berichteten) formuliert D.o.N. in den Kommentaren:

Nach meiner Erfahrung sind Sendungen, die das Wort „Comedy“ im Titel explizit angeben müssen, meistens sowieso Mist.

Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Wie gut die Meistens-sowieso-Mist-Faustregel funktioniert, zeigt ein Blick auf unsere relativ vollständige Übersicht aller Sendungstitel im deutschen Fernsehen, die das Wort „Comedy“ im Titel tragen oder trugen:

(Eine ähnliche, aber ungleich eindeutigere Regel gilt übrigens für Begriffe wie „lustig“ oder „witzig“ in Sendungstiteln, vgl. Elmis witzige Oldieshow.)

Stefan, 20. August 2008, 19:30.

Elmis witzige Oldie-Show

1996–1998 (Sat.1). Nostalgie-Musikshow mit Elmar Hörig.

Auf der Bühne standen Stars, die entweder aus gutem Grund in Vergessenheit geraten waren (wer waren nochmal die Tremeloes? Und Jaqueline Boyer??), oder Leute wie Peter Kraus und Ted Herold, die seit den 60er-Jahren immer wieder die gleichen Titel singen mussten, und bewegten ihre Lippen zum Playback.

Sagen wir so: Im Jahr 2026 stünden bei dieser Show Captain Hollywood und Blümchen auf der Bühne und man würde sich gemeinsam an die guten alten Zeiten kurz vor der Jahrtausendwende erinnern, als es noch Techno und billigen Dancepop gab. Die Show vermittelte durch die alten Kracher gute Stimmung, aber nicht unbedingt jedes Wort im Titel der Sendung hielt einer genaueren Überprüfung stand.

Sie lief im Samstagabendprogramm, mal einstündig um 22.00 Uhr, mal als große Show um 20.15 Uhr.

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