Der Traum vom eigenen Restaurant (und der erfolgreichen Restaurant-Doku)
Viele Fernsehsendungen scheitern schon daran, dass sie sich nicht einmal Mühe geben. Die neue Vox-Sendung Mein Restaurant ist da ganz anders. Sie scheitert daran, dass sie sich viel zuviel Mühe gibt.
Es soll die teuerste Vox-Sendung aller Zeiten sein. Und selbst wenn man das nicht weiß, ahnt man in jeder Minute, wie wichtig es ist, dass die Sendung unbedingt, auf jeden Fall, aber garantiert ein Erfolg wird. Die Macher haben sich nicht darauf verlassen, dass die eigentlich nette Idee schon trägt, dass zwei oder drei Teams um die Wette ein Restaurant gründen müssen. Es müssen gleich fünf Teams sein, in fünf verschiedenen Städten. Die leerstehenden Ladenlokale, die sie dafür bekommen, müssen auch noch kunstvoll verwüstet sein, mit tonnenweise Bauschutt und Graffiti und Schimmel und allem drum und dran. Die Kandidatenpaare müssen auch noch zwischendurch künstlich getrennt werden und einer von beiden wichtige Entscheidungen über die Realisierung des gemeinsamen Lebenstraum alleine treffen, während der andere an einem albernen Kochkurs teilnimmt (selbst wenn er später gar nicht kochen wird in seinem Restaurant). Und sie müssen auch noch ihr Konzept der Jury, die ihnen unterschiedlich viel Geld für die Umsetzung gibt, in nicht mehr als sechzig Sekunden vorstellen, was sie vorher nicht wussten.
Fotos: Vox
Das gehört vermutlich alles dazu, um aus der Doku-Soap mit Wettbewerb eine „Event-Doku“ zu machen, aber es ist ziemlich unentspannt, nicht nur für die Protagonisten, sondern auch für die Zuschauer.
Und auch die Kandidaten sind danach ausgesucht worden, dass es ganz flippige, extrovertierte Menschen sind, was dazu führt, dass in der ersten halben Stunde sich die Paare eigentlich ununterbrochen in den Armen lagen und vor Glück quietschten oder mit einander knutschten: Weil sie dabei sein durften. Weil der Bote mit dem Schlüssel kam. Weil sie endlich vor ihrem zukünftigen Restaurant standen. Weil sie endlich in ihrem Restaurant standen. Später, als die Jury ihnen zusetzte und bei den meisten vor Anspannung oder Enttäuschung die Tränen flossen, lagen sie sich dann auch noch über Kreuz ewig in den Armen, um einander zu trösten. Es menschelte ganz schrecklich – ich bin zu misanthropisch für sowas.
So crazy wie die Paare sind auch ihre Ideen. Keiner will einfach ein tolles Restaurant gründen, in dem man schön sitzen, essen und trinken kann. Die einen träumen von einem Alice-im-Wunderland-Themenpark mit drei Bereichen und Riesen- und Miniportionen, die nächsten stellen den Alptraum eines Familienrestaurants vor, in das Eltern ihre Klein- und Kleinstkinder mitbringen können (was Juror Tim Mälzer zu Recht sehr abwegig fand), die anderen denken, wie toll das wäre, wenn das Personal nicht nur kochen, spülen und bedienen, sondern zwischendurch auch noch tanzen, singen und Kunststücke vollführen würde.
Sie scheinen teilweise ihre alten Jobs gekündigt zu haben, um an diesem Spiel teilzunehmen, an dessen Ende, nach vielen Wochen Stress und dem Votum der Jury und der Zuschauer, nur ein Paar wirklich sein Restaurant behalten darf. Deshalb sind sie fast so unentspannt wie der Sender Vox, der ein Riesenproblem hat, wenn sich diese Investition und das Freiräumen von zwei Prime-Time-Sendeplätze pro Woche nicht lohnt.
Es ist ja schön, dass sich ein Sender etwas traut und ambitioniert ist, und missraten ist die Show sicherlich nicht. Aber mir ist das alles zu anstrengend. Und angesichts der durchwachsenen Quoten der ersten Sendung fürchte ich: anderen auch.
Mein Restaurant, dienstags und freitags, 20.15 Uhr, Vox.