Man muss ja auch mal loben können. ProSieben, 2007 noch Absetzsender Nummer 1, hat seit einiger Zeit Geduld als holde Tugend entdeckt, und hält vor allen Dingen an einigen schönen US-Serien fest, obwohl sie nur ein viel zu kleines Publikum erreichen. Zuletzt zum Beispiel an Eli Stone, dessen erste Staffel vergangenen Mittwoch regulär zu Ende gegangen ist.
Insofern besteht vielleicht Hoffnung für eine neue Fantasy-Comedy-Drama-Mischung, die heute startet, die noch abstruser ist und zumindest den wenigen Fans von Eli Stone ebenfalls gefallen dürfte, aber hoffentlich noch ein paar mehr.
Foto: ProSieben
Die Prämisse von Pushing Daisies ist kompliziert und vermutlich das Bescheuertste, was sich jemand ausgedacht hat, seit… Nein, ohne seit. Die Prämisse ist vermutlich das Bescheuertste, was sich je jemand ausgedacht hat. Punkt. Ein Kuchenbäcker kann Tote durch Berührung für eine Minute wieder zum Leben erwecken, muss sie dann noch mal berühren, damit sie unwiederbringlich sterben, andernfalls stirbt jemand anderes. Und weil er seine zum Leben erweckte Kindheitsliebe nicht noch einmal verlieren will, darf er sie bloß nie mehr berühren, zieht aber sicherheitshalber mit ihr zusammen.
„Was wäre, wenn du nicht tot sein müsstest?“
„Na ja, das wäre mir natürlich lieber.“
Schon allein dieser Blödsinn ist es wert, sich die Serie anzusehen. Leider dauert es eine schleppende Viertelstunde, bis die Grundkonstellation erklärt ist. Und genau das wird sie: Erklärt. Nicht gezeigt, nicht erschlossen. Erklärt. Und zwar von Thomas Magnum. Dessen Stimme, die schon Wunderbare Jahre erzählte, schildert in vielen, vielen Worten, wie es dazu kam, dass der Kuchenbäcker so ist wie er ist, und wie er es merkte. Länger braucht nur Frank Elstner, um die Spielregeln seiner Sendungen zu erklären. Es wirkt ein bisschen wie die ProSieben Märchenstunde, was noch dadurch verstärkt wird, dass einige der Hauptfiguren in knallbunten Märchenhäusern wohnen. Die Off-Erzählung wirkt, als würde jemand im Fernsehen ein Buch vorlesen – eine Form, die eigentlich nicht mehr als zeitgemäß gilt, seit Margot Trooger 1967 sechs Folgen lang Pippi Langstrumpf vorlas.
Der Punkt ist aber: Wenn man die langatmige Einleitung überstanden hat, wird Pushing Daisies eine skurrile, kurzweilige Serie mit schnellen und witzigen Dialogen, immer knapp vor der völligen Übertreibung und durchaus sehenswert. Aber eben ein Märchen.
Wie lange die Idee trägt, ist eine andere Frage. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass aus vielen der originellsten, kuriosesten Serien mit den interessanten Grundkonstellationen schnell die Luft raus war, während viele andere Serien langfristig interessant blieben, die ganz konventionell einen Kommissar, einen Arzt oder eine Familie mit Couch in den Mittelpunkt gestellt haben. Doch für den Anfang sollten wir uns drüber freuen und hoffen, dass ProSieben die Sache mit dieser Geduld noch eine Weile bewahrt.
Pushing Daisies, mittwochs um 21.15 Uhr auf ProSieben.
Foto: ProSieben
Michael, 22. Oktober 2008, 06:14.