Lesen!

2003–2008 (ZDF). Halbstündiges Büchermagazin mit Elke Heidenreich.

Heidenreich sitzt hinter einem Schreibtisch auf der Bühne der Kölner Kinderoper und erzählt, welche Bücher ihr im Moment gut gefallen – vor einem Live-Publikum im Studio! Pro Sendung begrüßt sie außerdem einen prominenten Gast, mit dem sie für ein paar Minuten plaudert und der verrät, welche Bücher ihm im Moment gut gefallen. Harald Schmidt, Joschka Fischer und Literatur-Papst Marcel Reich-Ranicki gehörten zu den ersten Gästen.

Die schlichte Form und das Konzept, ausschließlich Empfehlungen und niemals Verrisse in die Sendung aufzunehmen, bescheren der Reihe gleich bei der Premiere mehr als zwei Millionen Zuschauer – eine sensationelle Quote für eine Literatursendung im Fernsehen. Alle empfohlenen Bücher stehen nach der Sendung ganz oben auf den Bestsellerlisten, und die Literaturwelt rätselt, was das Geheimnis des Erfolges ist. Es muss an Frau Heidenreich liegen: Das kurz vorher gestartete, viel aufwendigere Büchermagazin Druckfrisch mit Denis Scheck, mit dem Heidenreich eine kleine öffentliche Schlammschlacht anfing, schaffte ebenso wenig eine ähnliche Aufmerksamkeit wie Hans-Joachim Kulenkampff, der Heidenreichs schlichtes Konzept Anfang der 90er Jahre als Kulis Buchclub schon ausprobiert hatte.

Die Sendung lief sechsmal jährlich, zunächst dienstags nach 22.15 Uhr. Sie wechselte 2007 aber auf den Freitag gegen 22.30 Uhr, was sie rund ein Drittel ihrer Zuschauer kostete. Heidenreich war unzufrieden, dass das ZDF — entgegen angeblicher früherer Zusagen — trotzdem nicht an eine Rückkehr auf den alten Sendeplatz dachte. Als Marcel Reich-Ranicki es im Oktober 2008 ablehnte, den Deutschen Fernsehpreis anzunehmen, veröffentlichte Heidenreich in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ eine wütende Abrechnung mit dem Fernsehen insgesamt und dem ZDF insbesondere, die in den Sätzen gipfelte: „Man schämt sich, in so einem Sender überhaupt noch zu arbeiten. Von mir aus schmeißt mich jetzt raus, ich bin des Kampfes eh müde.“ Das ZDF tat ihr schließlich den Gefallen.

Heidenreich setzte ihre Sendung unter gleichem Namen und mit gleichem Konzept im Internet fort, auf der Videoplattform des Kölner Literaturfestivals „Litcologne“.

Kulis Buchclub

1990–1991 (RTL). Monatliches Literaturmagazin mit Hans-Joachim Kulenkampff.

Durch seinen neuen Starmoderator fühlte sich RTL beflügelt, eine Literatursendung in der Primetime unterbringen zu können, und hoffte auf viele Zuschauer, die wegen Kuli einschalteten. Das war nicht der Fall. Was vielleicht Kuli selbst am wenigsten überraschte, der in der Sendung über sich staunte: „Der hat karierte Socken an, keine Krawatte um und tut so, als ob Bücher was ganz Normales wären.“ Er plauderte ein wenig mit Studiogästen, las Auszüge vor und zeigte gelegentlich einen Filmausschnitt. Er wollte nur etwas neugierig machen auf gute Bücher. Eineinhalb Jahrzehnte später war das gleiche Konzept mit Elke Heidenreich und dem Titel Lesen! plötzlich ein Knaller.

Nach dem Start auf einem Sendeplatz am Samstagabend um 21.05 Uhr wurde die Reihe zunächst auf nach 22.00 Uhr verlegt und nach zehn Sendungen abgesetzt.

Druckfrisch

Seit 2003 (ARD). Monatliches halbstündiges Literaturmagazin, in dem der Kritiker Denis Scheck am späten Sonntagabend neue Bücher vorstellt und ihre Autoren trifft. In jeder Sendung geht er außerdem die aktuelle Bestsellerliste durch, gibt kurze, bissige Kommentare zu den Büchern ab — und wirft sie weg oder nicht.

Anders als die wenig später gestartete ZDF-Sendung Lesen! blieb es trotz des Bemühens um Popularität und Pointen eine Minderheitenveranstaltung.

Unglaublich — Die Show der Merkwürdigkeiten

2006–2008 (RTL). Kuriositätenshow, die von Marco Schreyl moderiert wird. Als wäre das noch nicht kurios genug, geht es um merkwürdige Naturphänomene, unglaubliche Geschichten und ungewöhnliche Fähigkeiten. Also Bühne frei für Magiere, Illusionisten, Aktionskünstler und die üblichen Prominenten, die bestimmt auch irgendwas Unglaubliches zu erzählen haben.

Lief als zweistündige Abendshow in loser Folge und als einstündige Show im Sommer 2008 fünf Wochen lang freitags um 20.15 Uhr.

Tränen am Terminal

2008 (Kabel 1). Rührselige Heuldoku am frühen Freitagabend, in der Abschiede und Begrüßungen an Flughäfen abgefilmt wurden. Sie währte nur drei Wochen.

Frank — der Weddingplaner

2006–2008 (ProSieben) . Doku-Soap, die den Hochzeitsplaner Frank Matthée bei der Arbeit und seine Kunden bei den Hochzeitsvorbereitungen begleitet. Matthée hatte auch die Hochzeit für Sarah Connor und Marc Terenzi ausgerichtet und war durch deren Serie Sarah & Marc In Love den Pro-Sieben-Programmplanern bekannt geworden.

Die einstündigen Folgen liefen werktags nachmittags, zum Schluss vormittags. Die Reihe endete im Dezember 2008, zufällig nur wenige Wochen nach der Ehe von Sarah Connor und Marc Terenzi.

Die Show der Woche

2008 (RTL). Rückblick auf irgendeine Woche mit Oliver Geissen.

Nach dem Konzept der menschelnden Jahresrückblicke wollte RTL freitags abends mit Studiogästen auf die Woche zurückblicken, behandelte aber so viele zeitlose (lies: egale) Themen, dass man nicht wusste, wann diese Woche eigentlich gewesen sein soll.

Nach nur zwei Sendungen war vorzeitig Schluss, und niemand schaute zurück.

Weihnachten mit Onkel Hotte und seiner Frau

Liebe Landsleutinnen und Landsleute, sind außer meiner Frau und mir noch jemandem die vielen Hintergrundgeräusche während der mit zwei Perspektivwechseln gespickten Actionansprache unseres geschätzten Bundespräsidenten und seiner Frau aufgefallen? Es rumpelt immer wieder mächtig im Hintergrund. Vielleicht haben Horst Köhler und seine Frau ja ein schwedisches Regal zu Weihnachten bekommen, das Liesel schon mal anfängt aufzubauen. Oder misst Gesine Schwan schon mal die Räume aus? Vielleicht ist es aber auch einfach nur das Rumoren zwischen CDU und CSU, das man bis ins Schloss Bellevue hören kann.

Michael, 26. Dezember 2008, 16:16.

Fest und so

Liebe Mitmenschen,

das Fernsehlexikon wünscht allen, die uns im Jahr 2007 gelesen haben, ein frohes Weihnachtsfest, und den vielen, die im Jahr 2008 dazugekommen sind, ebenfalls.

Verbinden wir dies mit einem Fernsehtipp. Wer die Liste der Fernsehtiere in dem hervorragenden Buch Zapp! Merkwürdigkeiten aus der Fernsehwelt als zu unausführlich oder nicht ranglistig genug empfindet, sei für morgen (1. Weihnachtstag) auf das Retro-Ranking Die beliebtesten TV-Tiere um 12.45 Uhr im hr fernsehen hingewiesen. Und diese Sendung sei ganz bestimmt nur deshalb empfohlen, weil ich mich für sie vor eine Bluebox gesetzt habe, um senfige Erinnrungen an Fernsehtiere aufzusagen, wie das in anderen Shows Prominente tun. Offenbar hatten die Prominenten diesmal keine Zeit.  Sie wissen schon, qualifizierte Aussagen wie „Fury, ja, hüüüüh! Ha, lustig“, die dann zwischen die Ausschnitte geklebt werden. Keine Ahnung, ob zum Beispiel die Szene, in der ich den Vorspann von Kommissar Rex nachgestellt habe, oder irgendwas anderes von mir, überhaupt noch drin sein wird, aber darauf kommt es ja gar nicht an.*

Am 2. Weihnachtstag läuft die gleiche Sendung in anderer Reihenfolge um 17.30 Uhr im NDR. Tatsächlich wurde die Sendung gemeinsam produziert, die Zuschauer beider Sender stimmten aber getrennt über ihre Lieblingstiere ab, und so zeigt jeder Sender das Abstimmungsergebnis in seiner eigenen Reihenfolge. Ich würde mal als Prognose wagen, dass das Walross Antje in Norddeutschland besser platziert ist als in Hessen, der Fern-See(h)-Hund Onkel Otto dagegen in Hessen mehr Fans als im Norden hat. Aber das ist natürlich nur ein Schuss ins Blaue.

* Doch, kommt es.

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Michael, 24. Dezember 2008, 14:43.

Raumpatrouille

1966 (ARD). „Die phantastischen Abenteuer des Raumschiffes Orion“. 7-tlg. dt. Sciencefiction-Serie von Rolf Honold und W.G. Larsen, Regie: Michael Braun und Theo Mezger.

„Was heute noch wie ein Märchen klingt, kann morgen Wirklichkeit sein. Hier ist ein Märchen von übermorgen: Es gibt keine Nationalstaaten mehr. Es gibt nur noch die Menschheit und ihre Kolonien im Weltraum. Man siedelt auf fernen Sternen. Der Meeresboden ist als Wohnraum erschlossen. Mit heute noch unvorstellbaren Geschwindigkeiten durcheilen Raumschiffe unser Milchstraßensystem. Eins dieser Raumschiffe ist die Orion, winziger Teil eines gigantischen Sicherheitssystems, das die Erde vor Bedrohungen aus dem All schützt. Begleiten wir die Orion und ihre Besatzung bei ihrem Patrouillendienst am Rande der Unendlichkeit.“

Commander Major Cliff Allister McLane (Dietmar Schönherr) wird mit seinem schnellen Raumkreuzer Orion für drei Jahre zur Verkehrsüberwachung im Sektor 219-33-9 strafversetzt, weil er entgegen der Anordnung auf dem Planeten Rhea gelandet ist, nur um zu demonstrieren, dass eine Landung auf Rhea möglich ist. Sicherheitsoffizier Leutnant Tamara Jagellovsk (Eva Pflug) vom Galaktischen Sicherheitsdienst GSD wird ihm zugeteilt, um zu kontrollieren, dass er seinen Dienst brav nach Vorschrift verrichtet. Anfangs nervt sie durch das hirnlose Beharren auf Paragraphen, ohne sich um die Konsequenzen zu scheren, doch allmählich wird sie ein engagierter Bestandteil der eingeschworenen Crew, zu der auch Armierungsoffizier Leutnant Mario de Monti (Wolfgang Völz) gehört, ein erfolgloser Frauenheld, Raumüberwachungsoffizier Leutnant Helga Legrelle (Ursula Lillig), Bordingenieur Leutnant Hasso Sigbjörnson (Claus Holm) und Astrogator Leutnant Atan Shubashi (Friedrich Georg Beckhaus). Gleich beim ersten Routineeinsatz mit der Orion 7 (sechs Raumschiffe hat McLane schon zu Schrott geflogen, nach der zweiten Folge wird das achte fällig) stoßen sie auf eine bisher unbekannte exoterrestrische Rasse, die intelligenter ist als die Menschheit und gegen deren Strahlenwaffen immun, aussieht wie glitzernde, glibbrige Silhouetten und die Vernichtung der Erde im Sinn hat. Sie nennen die Außerirdischen „Frogs“, weil „Frösche“ zu vertraut klingt, und haben es im weiteren Verlauf noch oft mit ihnen zu tun. Zum Glück behält McLane immer einen klaren Kopf und rettet die Erde ein ums andere Mal. Die Terrestrischen Raumaufklärungsverbände T.R.A.V. und die Oberste Raumbehörde ORB sind dem Raumkreuzer übergeordnet, dort haben es McLane und Co. meist mit Bürokraten zu tun, die McLanes Alleingänge zwar insgeheim wegen ihrer Effektivität bewundern, nach außen aber die Einhaltung vielziffriger Paragraphen der Erhaltung der Welt überordnen. Die Anweisungen, denen sich McLane ja doch widersetzt, kommen von seinem direkten Vorgesetzten, T.R.A.V.-Chef General Winston Woodrov Wamsler (Benno Sterzenbach), dem undurchsichtigen Oberst Henryk Villa (Friedrich Joloff), dem ORB-Vorsitzenden Sir Arthur (Franz Schafheitlin), dem Oberbefehlshaber der Streitkräfte Marschall Kublai-Krim (Hans Cossy) und dem hochnäsigen bürokratischen Ordonnanz-Leutnant Michael Spring-Brauner (Thomas Reiner). Lydia van Dyke (Charlotte Kerr) ist die Befehlshaberin der Schnellen Raumverbände, denen McLane bis zu seiner Strafversetzung angehörte. Für sie würde McLane durchs Feuer gehen – und tut es auch. Ihre Freizeit verbringen die Raumfahrer im Starlight-Casino, einer Bar auf dem Meeresgrund mit einem großen Fenster nach oben, hinter dem merkwürdige, riesige Fische schwimmen, und in der die Menschen auf eine Weise tanzen, wie man in den 60er Jahren dachte, dass Menschen im Jahr 3000 tanzen würden. Aus dem Meer startet die Orion auch zu jedem neuen Flug. In der letzten Folge ergreifen die Frogs Besitz von Villas Gehirn, der daraufhin von oberster Stelle die Machtübernahme auf der Erde vorbereitet. McLane durchschaut es als einziger und rettet mal wieder die Welt, woraufhin seine Strafversetzung aufgehoben und er zum Oberst befördert wird, und er und Tamara knutschen endlich.

Orion-Erfinder Rolf Honold hatte die Schwarzweiß-Serie unter dem Pseudonym W.G. Larsen erfunden (das „und“ zwischen beiden Namen im Vorspann war also ein Hohn), mehrere Mitarbeiter der Bavaria-Studios, die die Serie produzierten, steuerten unter dem gleichen Pseudonym Drehbücher bei. Die Titelmusik war von Peter Thomas. Raumpatrouille lief erfolgreich alle zwei Wochen am Samstagabend um 20.15 Uhr, jede Folge war eine Stunde lang. Die Produktionskosten waren die bis dahin höchsten für eine Serie, was nichts darin ändert, dass die Spezialeffekte heute extrem billig aussehen. Die Kulisse war aus gängigen Haushaltgegenständen zusammengeschustert, Bügeleisen und Duschköpfe stellten technisches Navigationsgerät dar, und man musste nicht einmal genau hinsehen, um das zu erkennen. Dennoch war die Serie ein Vorreiter, der das Sciencefiction-Genre im Fernsehen populär machte. Raumschiff Enterprise war nur neun Tage vorher in den USA gestartet, und es dauerte noch sechs Jahre, bis die Serie nach Deutschland kam. Wegen der hohen Kosten wurde trotz des Erfolgs auf eine Fortsetzung verzichtet, die dann auch noch in Farbe gedreht worden wäre, obwohl Honold die Geschichten für sieben neue Folgen angeblich bereits fertig hatte.

Nachdem die Serie jahrelang komplett vom Bildschirm verschwunden war, wurde sie Mitte der 1980er Jahre wiederbelebt, wenn auch nur in Wiederholungen. Zunächst liefen die alten Folgen als Kinovorstellungen, danach wurden regelmäßig alle Folgen auf verschiedenen Sendern wiederholt. 2002 kam eine überarbeitete Fassung als Spielfilm ins Kino, die aus den sieben abgeschlossenen Folgen eine einigermaßen durchgehende Handlung geschnitten hatte, deren Lücken von Elke Heidenreich als Nachrichtensprecherin der „Sternenschau“ geschlossen wurden, indem sie Ereignisse schildert, die damals schlicht nicht gedreht worden waren. Die Serie ist komplett auf DVD erhältlich.

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