Standoff

2008–2009 (Vox). 18-tlg. US-Krimiserie von Craig Silverstein („Standoff“; 2006–2007).


Foto: Vox

In Krisensituationen wie Geiselnahmen schickt das FBI Matt Flannery (Rin Lovingston Ron Livingston) und Emily Lehman (Rosemarie DeWitt), um die Verhandlungen mit den Verbrechern zu führen. Die beiden sind auch privat ein Paar, was ihrer Chefin Cheryl Carrera (Gina Torres) stinkt, die eine strikte Trennung von Beruflichem und Privaten fordert. Weil die beiden aber so ein prima Team sind und jede noch so unberechenbare Situation zu einem friedlichen Ende führen, hat die Liaison keine Konsequenzen. Das Friedliche wiederum stinkt dem rabiaten Leiter des Sondereinsatzkommandos Frank Rogers (Michael Cudlitz), der lieber stürmt und losballert als zu verhandeln. Zum Krisenteam gehören auch Lia Mathers (Raquel Alessi) am Rechner und Duff Gonzalez (José Pablo Cantillo) an Franks Seite.

Die einstündigen Folgen liefen mittwochs um 21.10 Uhr.

Das Ärgernis der Serienmörderserie

Dexter Morgan (Michael C. Hall) ist ein Serienkiller, der Serienkiller umbringt. Tagsüber arbeitet er in Miami bei der Polizei und entwickelt aus Blutspritzern am Tatort ganze Täterprofile. Nachts lockt er die Bösen in einen Hinterhalt, entnimmt ihnen eine Blutprobe für seine Sammlung und testet die komplette Black&Decker-Produktfamilie an ihren Körperteilen. Er ist besessen von Blut, empfindet keine Gefühle, ist aber ein Meister darin, sie vorzutäuschen. Töten muss er, weil er als kleines Kind ein traumatisches Erlebnis hatte.


Foto: RTL 2

In den USA ist gerade die dritte Staffel von Dexter angelaufen, RTL 2 zeigt von heute an immer montags (am „unmoralischen Montag“) die ersten zwölf Folgen der Krimiserie, die provozierend gemeint und außerordentlich ärgerlich ist.

Das Problem von Dexter besteht nicht darin, einen sympathischen Serienmörder zu zeigen. Im Gegenteil, das hätte ich gerne gesehen: Eine Serie über einen freundlichen, witzigen, charmanten und intelligenten Menschen, der nebenbei, aus Boshaftigkeit, Gier oder Machtwillen, jedenfalls ohne Moral, Leute umbringt. Eine Serie, die mich als Zuschauer verwirrt, weil ich mich fragen muss, wie jemand, der so sympathisch ist, so böse sein kann, und jemand, der so böse ist, so sympathisch. Das wäre interessantes Dilemma gewesen.

Das Problem von Dexter besteht darin, einen nützlichen Serienmörder zu zeigen. Dass Dexter der Gesellschaft einen Gefallen tut, indem er die schlimmsten Verbrecher beseitigt, die sonst womöglich entkommen würden, steht für die Serie außer Frage. Dexter ist ein guter Serienmörder. Er ist so anständig gewesen, trotz seines psychischen Defekts zu versprechen, nur die Leute hinzumetzeln, die es „verdient“ haben. Beunruhigend und abstoßend ist für die Zuschauer nur, mit welchem Genuss, welchem kalten Sadismus er seine Morde zelebriert. Aber dass er die Welt von diesen Monstern befreit, ist an sich vergleichsweise unproblematisch. Die Welt wäre eine bessere Welt, sagt die Serie, wenn es mehr solche Serienmörder gäbe.

Das ist aber für mich kein interessantes Dilemma, sondern eine abstoßende politische Botschaft. Sie erklärt nicht nur – wieder einmal – den Rechtsstaat für lästigen Ballast, der Gerechtigkeit verhindert statt ermöglicht. Sie geht auch, ohne großes Tamtam, davon aus, dass es Menschen gibt, die den Tod verdient haben, Menschen, die nicht als Menschen zu behandeln sind.

Nun kann eine Serie, trotz einer solchen Ideologie, künstlerisch faszinieren — und im besten (und schlechtesten) Fall einen Sog entwickeln, dem man sich nicht entziehen kann, so sehr man sich dagegen sträubt. Die Macher von Dexter waren aber offensichtlich so besoffen davon, wie mutig und spektakulär ihre Grundkonstellation vom Serienkiller als Held ist, dass sie sich keine Mühe mehr gaben, gute Geschichten zu entwickeln, gute Dialoge zu schreiben, vielschichtige Charaktere zu zeigen. Dexter ist von einer erschütternden Schlichtheit, die von Blut und abgetrennten Körperteilen notdürftig überdeckt wird. Alles, auch das Offensichtlichste, wird erklärt und von Dexter in endlosen Monologen ausgesprochen. Es gibt kein Geheimnis. Nicht einmal die Pilotfolge lang dürfen wir rätseln, was es mit Dexter auf sich hat. Selbst der Kodex, den ihm sein Adoptivvater Harry mit auf den Weg gegeben hat, wird schon in einer Rückblende mitsamt der ganzen Serienmoral erklärt:

Harry: Mein Sohn, es gibt Leute, da draußen, die ganz schlimme Dinge tun. Schreckliche Leute. Und die Polizei kann sie nicht alle fangen. Verstehst du, was ich sagen will?
Dexter: Du meinst, sie verdienen es?
Harry: Genau. Aber natürlich musst du lernen, wie du sie erkennst. Wie du deine Spuren verwischt.
Dexter: Vater…
Harry: Es ist okay, Dex. Du kannst nichts dafür, was mit dir passiert. Aber du kannst das beste daraus machen.

So schlicht ist das. So schlicht ist nicht nur die Moral. So schlicht ist auch die Erzählweise, dass das alles gleich am Anfang ausgesprochen und erklärt werden muss. Und so schlicht sind auch die Fälle.

In der ersten Folge ist Dexter einem Mann auf der Spur, der verdächtigt wird, eine Frau umgebracht zu haben. Und weil wir sonst das womöglich nicht schlimm genug finden könnten (und als Anspielung auf einer spätere, sehr unüberraschende Erklärung dafür, warum Dexter selbst so emotional beschädigt ist) blättert er in einer Mappe mit den Fotos von den Kindern der Frau und erzählt uns, dass diese Halbweisen nun für ihr Leben lang emotional beschädigt seien.

Der Mann ist schuldig, aber wegen irgendeiner lächerlichen Formalie auf freiem Fuß. Und wie überführt ihn Dexter? Er bricht in sein Haus ein. Er findet dort eine Kamera und ein SM-Magazin, in dem der Täter die Anzeige für ein Portal mit Snuff-Filmen praktischerweise rot eingekringelt hat. Er geht auf die Website, guckt sich den Snuff-Film an und sieht, dass der Täter darin dasselbe Tattoo hat wie der Verdächtige. Das ist es. Er ist es definitiv. Und Dexter erklärt uns: „Das ist es. Er ist es definitiv.“

Das ist mir zu blöd. Dafür muss man sich nicht einmal über Moral und Ideologie der Serie unterhalten – wenn sie als reiner Krimi schon so versagt, weil sie so unterkomplex, unlogisch, dämlich daherkommt.

Selbst bei dem großen Fall, der sich über die ganze erste Staffel erstreckt, dem Killer, der Dexter durchschaut hat und zu einem Duell herausfordert, der genau so zu ticken scheint wie er, dieselbe Faszination für Blut zu haben scheint, ist die Auflösung, wer dieser Dexter so seelenverwandt scheinende Täter ist, exakt die, die Ihnen jetzt einfallen würde, wenn Sie 30 Sekunden darüber nachdenken.

Dexter ist doppelt ärgerlich: moralisch und künstlerisch, als Botschaft und als Krimi.

Dexter, von heute an montags, 22.55 Uhr, RTL 2.

Stefan, 29. September 2008, 12:55.

Nackte X

Die Serie beginnt mit „You Can’t Always Get What You Want“ von den Rolling Stones, ein Song, der auch die Pilotfolge von Dr. House prägte. „Californication“ von den Red Hot Chili Peppers kommt in Californication nicht vor. Keine Ahnung, ob das die Band versöhnt hätte oder nicht. Die verklagte den US-Sender Showtime nämlich im vergangenen Jahr, weil sie den Begriff „Californication“ für ihre Erfindung hielt und nicht einfach ein dahergelaufener Fernsehsender kommen und eine Serie so nennen könne.

Die zweite Staffel, die gestern in den USA anlief, heißt trotzdem noch so.


Hank und sein Agent (Evan Handler).
Fotos: RTL2

Heute beginnt bei RTL2 die erste Staffel, und das ist schön, denn Californication ist eine gute Serie, wenn man außer Sex auf wenig andere Themen Wert legt. Doch auch davon abgesehen ist Californication gut, weil es der Serie gelingt, Sex in Wort und Bild zwar das vorherrschende Thema sein zu lassen, es aber trotzdem wirken zu lassen, als stecke noch mehr drin.

Es geht um einen schreibblockierten und sexsüchtigen Schriftsteller, und hätte sein Darsteller, Akte-X-Mulder David Duchovny, sich im wahren Leben nicht schon vor einem Monat wegen seiner eigenen Sexsucht in eine Therapie begeben, sondern erst jetzt, wäre das für die Serie bestimmt eine noch bessere Werbung gewesen. Seine Figur Hank hängt noch an seiner Exfreundin, die aber einen Anderen heiraten will. Hank rät ihr davon ab.

Hank: „Hab‘ ich nicht auch ein Wörtchen mitzureden?“
Karen: „Nein!“
Hank: „Ganz sicher? Ich glaub‘ nämlich doch. Vielleicht.“

Mit Karen teilt sich Hank das Sorgerecht für die gemeinsame Tochter Becca. Er bemüht sich um Erziehung. Als sie schon wieder „Fluch der Karibik“ sehen will, rät Hank:

„Willst du nicht vielleicht deinen filmischen Horizont erweitern und einen Film sehen, der auf einem Buch und nicht auf einer Freizeitparkattraktion basiert?“

Trotz der Erziehungsbemühungen gelingt es ihm nicht, sein verlottertes Privatleben vor ihr zu verbergen.

Becca: „Vater?“
Hank: „Tochter?“
Becca: „Darf ich dich was fragen? Warum ist da eine nackte Frau in deinem Zimmer? Sie hat keine Haare an der Vagina, Ist sie vielleicht krank?“
Hank: „Ich sehe nach.“

Oder vor Karen:

Karen: „Du riechst nach Muschi.“
Hank: „Dankeschön!“

Ein paar weitere schöne Dialoge machen die sehr monothematische Handlung wett, und vielleicht ist Californication wirklich, wie wiederholt zu lesen war, so eine Art Sex And The City für Männer, aber ich als Mann kann das leider nicht objektiv und seriös beurteilen. Sex And The City fand ich langweilig. Californication nicht.


Hank und seine Affäre Mia. Den Hank-Darsteller David Duchovny erkennen Sie sofort aus Akte X. Die Mia-Darstellerin womöglich erst auf den zweiten Blick: Madeline Zima spielte in den 90er-Jahren die kleine Tochter Gracie in Die Nanny.

Californication, montags um 22.15 Uhr bei RTL2.

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Michael, 29. September 2008, 06:59.

Dexter

Ab 29. September 2008 (RTL 2). US-Krimiserie nach den Büchern „Des Todes dunkler Bruder“ und „Dunkler Dämon“ von Jeff Lindsay („Dexter“; seit 2006).


Foto: RTL 2

Dexter Morgan (Michael C. Hall) ist besessen von Blut. Aus seiner Leidenschaft hat er einen Beruf gemacht: Für die Polizei in Miami untersucht er an Tatorten die Blutspritzer und schafft es, daraus Informationen über den Tatablauf und den Täter zu gewinnen. Aber es ist auch eine Art Hobby: Dexter bringt Verbrecher um, die ihrer vermeintlich gerechten Strafe sonst entkommen würden, und sammelt ihre Blutproben. Seit einem traumatischen Erlebnis in seiner Kindheit empfindet Dexter keine Gefühle und hat das Bedürfnis zu töten. Sein verstorbener Adoptivvater Harry Morgan (James Remar), ein Polizist, der Dexters Soziopathie erkannte, brachte ihm früh bei, Emotionen vorzutäuschen und sich beliebt zu machen und gab ihm eine seinem Defekt angepasste Ethik mit auf den Weg: Dexter soll nur Leute umbringen, die es auch verdient haben.

Bei der Polizei in Miami arbeiten auch Dexters Adoptivschwester Debra Morgan (Jennifer Carpenter), sein Kumpel Angel Batista (David Zayas) und Sergeant James Doakes (Erik King), der Dexter nicht ausstehen kann und sein düsteres Geheimnis ahnt. Leiterin der Mordkommission ist Lieutenant Maria LaGuerta (Lauren Vélez), die Dexter fördert und Debra bei der Arbeit behindert. Mit Rita Bennett (Julie Benz) führt Dexter so etwas ähnliches wie eine Beziehung: Sie ist nach dem Missbrauch durch ihren Ex-Ehemann traumatisiert, was praktisch für ihn ist, weil er dadurch als ihr Beschützer auftreten kann, ohne echte Nähe ertragen zu müssen. Ein Problem, aber auch eine willkommene Herausforderung wird für Dexter der (sich über die gesamte erste Staffel ziehende) Fall eines Kühllaster-Killers, der seine Opfer sauber zerlegt und völlig blutleer hinterlässt und mit ihm ein Spiel zu spielen scheint.

Brutale, kontroverse und erfolgreiche Serie, die auf der Idee beruht, dass das beste Mittel gegen Serienkiller ein Serienkiller ist. Dexter ist zwar nicht immer sympathisch, vor allem, wenn er mit großer Liebe zum Detail die möglichst schmerzhafte Tötung seiner Opfer zelebriert, aber doch der Held der Serie, die ihm auch den schwarzen Humor verdankt. Über die Moral der Geschichte denkt der Zuschauer am besten ebensowenig nach wie über die Logik der Fälle.

RTL 2 zeigt die gut einstündigen Folgen montags gegen 23 Uhr.

CSU Munich — Den Wählern auf der Spur

Zuhören hat eigentlich immer nur Nachteile. Gerade für Journalisten. Denn wenn sie zuhören, was ihr Gesprächspartner sagt, könnte das unter Umständen bedeuten, dass ihre nächste Frage hinfällig wird. Stellen Sie sich das mal vor: Der Interviewte hat gerade etwas erklärt, das die Antwort auf die nächste Frage vorwegnimmt, und der Fragensteller müsste sich allen Ernstes spontan eine darauf zu beziehende, nicht geplante Anschlussfrage ausdenken! Unvorstellbar!

Sigmund Gottlieb vom Bayerischen Rundfunk hat dieses Problem zum Glück nicht. Ein freudig strahlender Mann namens Franz Maget, bei dessen Nennung sich die meisten Deutschen und vielleicht sogar Sigmund Gottlieb vermutlich den Herrn rechts vorstellen, hatte sich gerade sinngemäß zum bayerischen Ministerpräsidenten ausgerufen, weil seine Partei ja fast halb so viele Stimmen wie die CSU erhalten und er das als klaren Regierungsauftrag verstanden hatte („Die CSU ist abgewählt. […] Es gibt eine Möglichkeit, jenseits der CSU eine Regierung zu bilden. Wir wollen davon Gebrauch machen.“), als Sigmund Gottlieb ihn fragte:

Ist das ein Ergebnis für Sie, wo Sie sagen: „Also, ich hab jetzt die Schnauze voll, ich, Franz Maget, ich mach jetzt nicht mehr weiter, ich mach jetzt was Schöneres?“

Die Antwort darauf war noch leichter zu erraten als bei den Gewinnspielfragen, die in anderen Fernsehsendungen vor den Werbepausen gestellt werden. (Sie wissen schon: „Wie heißt der Noch-Trainer von Bayern München? A: Jürgen Klinsmann, B: Gurkenmaske.“)

Michael, 28. September 2008, 19:13.

Von Brüllaffen und Marco Schreyl

Dieser pelzige Geselle heißt Cuny und ist ein Brüllaffe, und die Lebensskepsis, die aus seinem Blick spricht, hatte er vermutlich schon, bevor er erfuhr, dass er in einer RTL-Show mit Marco Schreyl mitmachen soll. Man kann sich sowas als Zoobewohner ja nicht aussuchen, aber Cuny nutzte seine wenigen Protest-Möglichkeiten. Die Fernsehleute waren morgens um sechs gekommen, um seine Rufe aufzunehmen und ihre Lautstärke mit der eines Marktschreiers zu vergleichen, aber Cuny sagte keinen Mucks. Die Fernsehleute machten allerdings auch keine Anstalten wieder zu gehen, und so erbarmte sich der Brüllaffe gegen Mittag endlich und brüllte und brachte es hinter sich, Marco Schreyl hin oder her. Später stellte sich heraus, dass der Marktschreier es auf ein paar Dezibel mehr gebracht hatte, aber bei der Frage, wer sich hier zum Affen gemacht hatte, gab es mindestens ein Unentschieden.

Brüllaffe gegen Marktschreier war eines von gefühlt siebentausend Duellen Mensch gegen Tier, die RTL für seine neue Samstagabendshow Mensch gegen Tier gestern inszenierte. Die Dramaturgie war so aufregend und abwechslungsreich wie ein tropfender Wasserhahn: Der Mensch und das Tier kamen ins Studio, dann wurden ihre vorher aufgezeichneten Leistungen gezeigt, dann gab es eine Quizfrage, dann kamen der nächste Mensch und das nächste Tier und so weiter. Zwei Teams aus je zwei Kindern und einem Prominenten sollten jeweils raten, wer gewinnt, und als Prominente hatte man Mario Barth gewählt, weil der für seine Olympiastadion-Show werben sollte, die es jetzt auf DVD gibt und nächste Woche auf RTL, und Reiner Calmund, weil der Zeit hat und Angst vor Tieren. (Vor kleinen, vor allem. Vor Elefanten habe er keine Angst, weil die ihm ja verwandt seien — „net vom Rüssel her, aber vom Gewicht“.)

Natürlich scheitert die Idee des Wettbewerbs schon daran, dass nur einem der beiden Beteiligten klar ist, dass es sich um einen solchen handelt. Im Tauchduell bleibt der Bundeswehrtaucher unter Wasser, bis er nicht mehr kann, und der Pinguin, bis er keine Lust mehr hat. Das Wettrennen mit dem Gepard gewann der Mensch in seinem Superduperfahrrad, weil das Tier sich nach der Hälfte der Strecke überlegte, dass es besseres mit dem Tag anstellen könnte, als hinter diesem doofen Köder herzuhetzen. Sehr sympathisch.

Es war eine sehr abwegige Idee für eine Show, die vielleicht dadurch zu retten gewesen wäre, dass man diese Abwegigkeit zelebriert: mit Witz, Selbstironie und etwas Wahnsinn. Es war aber natürlich eine dieser von Günther Jauchs „I&U“ produzierten Fließbandsendungen, die sich nicht einmal mehr die Mühe machen, ihre eigene Langeweile zu kaschieren. Selbst den 100-Kilometer-Wettlauf zwischen Joey Kelly und einem Pferd, die sich viele Stunden lang verausgabt hatten, handelte die Show in einem lustlos zusammengeschnittenen, winzigen Film ab. Nur mit Mühe schaffte es der Extremsportler, der ganz knapp verlor, eine Revanche zu fordern, bevor Marco Schreyl den nächsten Tagesordnungspunkt von seinen Karten verlas. (Schreyl verlor das Duell um die kürzeste Aufmerksamkeitsspanne gegen sich selbst.)

Am Ende ging der Wettkampf Mensch gegen Tier unentschieden aus — aber auch nur, weil die Tiere nicht die 50.000 Bonuspunkte Vorsprung bekommen hatten, die sie dafür verdient hätten, dass sie klug genug sind, keine solche Shows zu veranstalten.

Stefan, 28. September 2008, 17:48.

Californication

Ab 29. September 2008 (RTL2). US-Dramedyserie von Tom Kapinos („Californication“; seit 2007).


Foto: RTL2

Der Schriftsteller Hank Moody (David Duchovny) hat einen Bestseller geschrieben und seitdem nichts mehr. Der wurde sogar verfilmt, aber aus seinem Buch „Gott hasst uns alle“ wurde eine belanglose Liebeskomödie mit Tom und Katie. Während seiner anhaltenden Schreibblockade verbringt Hank die Zeit damit, mit Frauen zu schlafen, und zwar ungefähr allen. Eigentlich hängt er noch an seiner Ex Karen (Natascha McElhone), mit der er zwar nie verheiratet war, aber die 12-jährige Tochter Becca (Madeleine Martin) hat. Karen ist inzwischen mit dem Langweiler Bill Lewis (Damian Young) zusammen. Dass Mia (Madeline Zima) dessen Tochter und zudem erst sechzehn ist, erfährt Hank erst, nachdem er mit ihr geschlafen hat. Charlie Runkle (Evan Handler) ist Hanks Agent, der dem widerspenstigen Hank zumindest mal einen Job als Blogger für eine Zeitschrift verschafft, während Hank schon sonst nichts tut.

Sexlastige Serie, die im amerikanischen Pay-TV nicht den prüden Richtlinien der frei empfangbaren Sender unterworfen ist und viele Vokabeln und Brustbilder offensichtlich allein deshalb benutzt, weil sie es darf. Californication ergänzt den vielen Sex glücklicherweise mit amüsanten Dialogen und unterhaltsamen Nebenhandlungssträngen.

Die halbstündigen Folgen laufen montags um 22.15 Uhr.

Bette Midler trifft Ruby Wax (und Alexander Gorkow)

Alexander Gorkow hat für die Wochenend-Beilage der SZ eines seiner unnachahmlichen Fan-Gespräche geführt, diesmal mit Bette Midler. Es ist, wie fast immer, klug und albern und eitel und ganz außerordentlich kurzweilig. Ich zweifle allerdings ein bisschen, dass er wirklich das englische Wort für „Schellenmütze“ wusste (ich weiß nicht einmal, was das auf deutsch heißt), jedenfalls nutzt er die Gelegenheit, Harald Schmidt nachzutrauern (dessen Fan er auch einmal war):

SZ: Bei uns gibt es nichts zu lachen.

Midler: Wieso das denn nicht?

SZ: Humor hat ein schlechtes Image bei uns.

Midler: Wirklich? Das ist aber auch schon wieder recht komisch, oder?

SZ: Aus der Entfernung vielleicht.

Midler: Gibt es keine komischen Sendungen?

SZ: Da treten Komiker mit Schellenmützen und lustigen Frisuren auf.

Midler: Verstehe … Keine guten Leute?

SZ: Es gibt ein paar. Aber die geben sich keine Mühe mehr. Die Witze sind Mist.

Jedenfalls ist das Gespräch nicht nur sehr lesenswert, sondern auch ein wunderbarer Anlass, die Begegnung von Bette Midler mit der grandiosen Nervensäge Ruby Wax aus dem Archiv zu kramen, die sie 1996 für ihre BBC-Show „Ruby Wax Meets…“ in London zum Shoppen bei Harvey Nicks schleppte:

(Das in der Sendung dann folgende Treffen von Ruby Wax mit Liza Minnelli ist noch weniger fassbar, aber das heb‘ ich mir für einen anderen Anlass auf.)

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Stefan, 28. September 2008, 00:32.

Der US-Comedy-Wahlkampf (2)

Es wäre gut für die Show, wenn nur ein Kandidat teilnähme. Das mag dann kein so gutes Zeichen für unser Land sein, aber wenn es darum geht, eine Satire zu produzieren, wäre es ein Geschenk.

Es ist Freitagmittag, und noch immer steht nicht fest, ob die erste Debatte der amerikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain und Barack Obama heute Abend überhaupt stattfindet. Sie ist für heute Abend geplant, und Obama bleibt bei seiner Zusage, während John McCain erst einmal die Finanzkrise lösen will, das sei jetzt wichtiger. Obama kontert, wer Präsident sein wolle, müsse sich notfalls mit mehreren Dingen gleichzeitig beschäftigen können.

Das obige Zitat aus einem aktuellen Variety-Artikel stammt von NBC-Latenight-Chef Rick Ludwin, als solcher u.a. verantwortlich für den Sketch-Show-Klassiker Saturday Night Live, eine Sendung, die morgen Abend recht kurzfristig auf den Verlauf des TV-Duells reagieren muss. Würde Barack Obama tatsächlich als einziger Kandidat erscheinen, schriebe sich die Show quasi von selbst.

Doch auch ohne eine solche Sensation ist der Wahlkampf gut für die Comedyshows. Seit er begonnen hat, also vor gefühlten drei Jahren, müssen sich die Autoren nicht nur um mangelnde Themen, sondern auch um mangelndes Zuschauerinteresse keine Sorgen machen. Politikverdrossenheit hin oder her, wenn sich jemand über den Wahlkampf lustig macht, sind die Zuschauer dabei. Variety berichtet, die Zuschauerzahlen von Saturday Night Live seien im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent höher, und führt das u.a. auf die gelungenen Parodien der republikanischen Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin zurück, gespielt von der mehrfachen Emmy-Gewinnerin Tina Fey. Hier zu sehen an der Seite von Hillary Clinton (Amy Poehler). (Noch eine Zusatzinformation: Sketche in Saturday Night Live sind meistens lustig und fast immer deutlich zu lang.)

Und die Daily Show with Jon Stewart (in Deutschland dienstags bei Comedy Central), die ihren Durchbruch während der verkorksten Präsidentschaftswahl vor acht Jahren hatte, fuhr laut Variety vergangene Woche die bisher höchsten Einschaltzahlen ihrer Geschichte ein.
Der Wahlkampf ist Comedy-Gold, und wenn ein Kandidat ankündigt, seinen Wahlkampf aus aktuellem Anlass auszusetzen, dann trotzdem.

Die Kandidaten selbst machen sich unterdessen zumindest in den Comedyshows etwas rarer. Im Vorwahlkampf noch hatten sie an allen erdenklichen Gags teilgenommen (wir berichteten), jetzt begeben sie sich eher in ihre Rolle als seriöse Kandidaten und streuen nur noch beiläufig kleine Witzchen ein. John McCain trat zuletzt vor einem Monat in der Tonight Show with Jay Leno auf, als Sarah Palin noch nicht als seine Vize-Kandidatin feststand und er andeutete, Leno könnte es werden.

Barack Obamas letzter großer Entertainment-Auftritt war vor zwei Wochen in der Late Show with David Letterman . Er sprach eine halbe Stunde lang sehr ernsthaft über Terror, Sarah Palin, Bill Clinton und die wirtschaftliche Lage, musste aber auch Lettermans Frage beantworten, ob er nicht Angst habe, dass seine 87-jährige Oma jemanden wähle, der eher in ihrem Alter ist. Obama: „Ich habe sie zu ihren Bridge-Partnern geschickt. Sie soll versuchen, ein paar Stimmen aus dieser Zielgruppe für mich zu gewinnen!“

Update 18.30 Uhr:
John McCain hat mittlerweile seine Teilnahme am TV-Duell zugesagt. Abgesagt hat er dagegen sehr kurzfristig seinen geplanten Auftritt bei David Letterman am Mittwochabend (Danke an Armin für den Hinweis in den Kommentaren und den Link), ebenfalls wegen der Finanzkrise. Er könne nicht an der Show in New York teilnehmen, er müsse dringend nach Washington. Blöd für ihn, dass Letterman, der dringend einen Ersatzgast brauchte, stattdessen eben einen prominenten Obama-Unterstützer einlud. Blöd auch, dass McCain zu der Zeit, zu der er eigentlich in Lettermans Studio verabredet war, sich in Wirklichkeit in einem anderen Fernsehstudio in New York aufhielt und für ein Interview bereit machte. Nach Washington flog er erst am nächsten Morgen. Und erst recht blöd, dass dieses Interview beim gleichen Sender stattfand, bei dem auch Letterman arbeitet, und Letterman die hauseigenen Kameras zeigen ließ, wie McCain gerade für dieses andere Interview geschminkt wurde.

Hier sind die Höhepunkte aus Lettermans wütenden, sendungsfüllenden Reaktionen:

Michael, 26. September 2008, 13:18.

Wo, wo bist du-hu?

Mann muss sich daran gewöhnen, dass jede Serie jeder Art im Prinzip überall laufen kann. Bei jedem Sender.

Das war nicht immer so. Für eine Weile war klar, dass alter Kram aus Amerika bei Kabel 1 zu Hause war, hochwertige neue US-Serien bei ProSieben und Vox, deutscher Actionunfug bei RTL, Wiederholungen klassischer öffentlich-rechtlicher Jugendserien im Ki.Ka und altbackene Heimatserien bei ARD und ZDF. Die kleineren Sender zeigten, was übrig blieb, und je neuer ein Sender war, z.B. Tele 5 oder Das Vierte, desto älter waren die dort gezeigten Filme und Serien, also sechshundertste Ausstrahlungen von Frühstück bei Tiffany oder Ein Colt für alle Fälle.

Diese klare Unterscheidbarkeit ist längst hinfällig. Gute, neue US-Serien sind seit einigen Jahren auch bei RTL zu sehen, die flotte deutsche RTL-Serie Die Anwälte kommt dafür nächsten Monat im Ersten, und die hervorragende neue US-Mediencomedy 30 Rock, die gerade erst mit etlichen Emmys ausgezeichnet wurde, ziert nächstes Jahr Das Vierte.

Wenigstens auf eine Sache kann man sich verlassen: Das deutsche Sportfernsehen DSF zeigt weiterhin Sportsendungen. Ab heute um 19.00 Uhr zum Beispiel Manni, der Libero.

Michael, 26. September 2008, 06:06.
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