Die WiB-Schaukel

2002–2004 (ZDF). Porträtsendung mit Wigald Boning. Boning trifft Prominente zu Hause, in ihrer Heimatstadt oder an anderen mehr oder weniger bedeutungsschwangeren Orten und plaudert mit ihnen über ihr Leben, das Universum und den ganzen Rest.

Die Sendung war ursprünglich für Sun TV, das Rahmenprogramm der Ballungsraumsender von Leo Kirch, entwickelt worden, überlebte aber zum Glück deren Pleite. Das ZDF rettete die Sendung, versteckte sie allerdings tief im Nachtprogramm. Dabei war die WiB-Schaukel (der Name ist eine Anspielung auf die V.I.P.-Schaukel von Margret Dünser) ein Juwel: eine seltene Mischung aus großer Albernheit und großer Klugheit. Fast alle Prominenten unterschätzten den kleinen Mann in den albernen Klamotten, gingen ihm auf den Leim und verrieten viel mehr von sich, als sie wollten und es sonst taten.

Bonings Trick war oft, sie als das zu behandeln, was sie gern wären: Susan Stahnke, die so gern Hollywood-Star geworden wäre, wurde von ihm tatsächlich wie ein Hollywood-Star hofiert. Hinzu kam eine liebevolle Nachbearbeitung und ein spielerischer Umgang mit der Filmsituation, wenn Boning schweigend neben dem Porträtierten saß und sagte, da werde man nachher kluge Sätze draufsprechen, was entsprechend geschah. Festes Element der Sendung war eine halbe Minute, die jeder Prominente bekam, um für einen Zweck seiner Wahl zu werben.

Die Folgen liefen freitags weit, oft sehr weit nach Mitternacht. Die letzte Sendung war ein Best-of. 2004 erhielt Boning den Grimme-Preis.

Der Silvesterlichtblick im Fernsehen

Und wenn Sie sich an diesem Abend dem ganzen Silvestergetöse entziehen und ärgern, dass nichts Gescheites im Fernsehen kommt: Doch! Kommt! Die mit Abstand beste Sendung zum Jahreswechsel hat das ZDF um 23.45 Uhr in seinem digitalen Doku-Kanal versteckt: Wigald Boning trifft Dolly Buster. Es ist eine der besten Ausgaben der seligen WiB-Schaukel, mit zwei Menschen, die erstaunlicherweise ebenso gescheit wie merkwürdig und albern sind.

Und ab 3.00 Uhr zeigt ZDF.Doku fünf weitere Folgen: mit Guildo Horn, Vera Int-Veen, Sonya Kraus, Hella von Sinnen und Oliver Welke.

Stefan, 31. Dezember 2008, 18:38.

2008: In Memoriam

Der Sensenmann legte 2008 einen ansehnlichen Endspurt hin und raffte in den letzten Dezember-Wochen noch mehrere große TV-Stars dahin, nachdem überall die Jahresrückblicke schon vorbei waren, wie Katharina in den Kommentaren zum Tod von Tana Schanzara richtig bemerkte.

Von diesen Fernsehschaffenden verabschiedeten wir uns 2008.

Michael, 30. Dezember 2008, 09:13.

Thema verfehlt: Welle der Schwesterlichkeit

Verzeihen Sie den kurzen Exkurs zum Radio, aber diese Quotenmeter-Meldung über den dicken Bremen-Vier-Morgenmoderator Marcus Rudolph wirft einfach zu viele Fragen auf.

Marcus Rudolph ist künftig auf der Schwesternwelle Bayern 1 zu hören.

Sendet Bayern 1 wirklich nur noch für Schwestern, oder vielleicht auch für Pfleger und Brüder? Und wenn ja, wäre diese radikale Konzeptänderung nicht der viel wichtigere Aspekt der Meldung, und nicht der Senderwechsel eines einzelnen Mitarbeiters? Oder meinen die Kollegen schlicht „Schwesterwelle“ (jetzt bloß nicht an Guido denken, gelle)? Aber falls ja, wieso ist Bayern 1 eine Schwesterwelle von Bremen Vier? Und was schreibt eigentlich Bremen Vier selbst dazu?

Während der Dicke dann im neuen Jahr bei unserer Schwesterwelle Bremen Eins am Mikrofon sitzt…

Ah. Tatsächlich Schwesterwelle. Aber Bremen Eins. Dann hätte man es einfach nur richtig abschreiben müssen, und alles hätte einen Sinn ergeben. Dann entschuldigen Sie bitte die Störung.

Update 21.00 Uhr: Die Jungs haben mitgelesen und ihren Text korrigiert.

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Michael, 29. Dezember 2008, 16:41.

2008: Reißender Absatz

Mehr neue als langjährige Sendungen verschwanden in diesem Jahr aus dem Fernsehen. Die folgende Liste mag unvollständig sein, denn wer kann schon den Überblick behalten? Im Gegenzug könnten aber einige Sendungen auf der Liste stehen, die in Wirklichkeit doch noch fortgeführt werden. Denn da die Sender ihre Unart weiter verstärken, Sendungen möglichst unauffällig aus dem Programm verschwinden zu lassen, gibt es für einige der Einstellungen keine offizielle Bestätigung. Wir bauen aber darauf, dass, nachdem es ja hier stand, sich niemand mehr traut, doch noch weiterzumachen.

Adieu:

Und freuen Sie sich schon auf diese Abschiede im Jahr 2009:

Ungewiss sind die Termine für die bevorstehenden endgültigen Abschiede von einigen Serien, die de facto zu Ende sind, aber von denen noch ein paar ungesendete Folgen herumliegen, z.B. Dr. Molly & Karl, Plötzlich Papa: Einspruch abgelehnt, Im Namen des Gesetzes, Abschnitt 40, Mein Leben & ich und Boston Legal.

Michael, 29. Dezember 2008, 01:17.

Dellings Woche

2007–2008 (WDR). Talkshow mit Gerhard Delling, der mit prominenten und nicht-prominenten Gästen über aktuelle und allgemeine Themen spricht.

Dellings Woche übernahm den Sendeplatz am Mittwochabend, auf dem Frank Plasberg höchst erfolgreich Politiker in die Zange genommen hatte, bevor er mit Hart aber fair vom WDR-Fernsehen ins Erste wechselte. Die Nachfolgesendung war thematisch und formal breiter angelegt: Es konnte im Grunde um alles gehen, und neben Einzelgesprächen war auch eine größere Talkrunde möglich, die durch Einspielfilme ergänzt wurde. Von „Stern TV für Arme“ sprachen Kritiker im Sender schon vor der Premierensendung, was keine abwegige Beschreibung war.

Die Sendung war zunächst 45 Minuten lang und begann um 21 Uhr; 2008 gab es die doppelte Sendezeit ab 20.15 Uhr.

Geld zu verschenken

2008 (Vox). Doku-Reality-Reihe, in der Schulklassen sich verschiedene soziale Projekte ansehen und bedürftige Menschen treffen, um am Ende einer Woche zu entscheiden, wer die 5000 Euro bekommt, die sie als Spende vergeben dürfen. Nach zehn einstündigen Sendungen werktags um 15 Uhr versendete Vox die restlichen bereits gedrehten Folgen im Morgengrauen.

Der Bluff

2008 (RTL 2). Doku-Reality-Reihe. In wenigen Wochen sollen Menschen lernen, sich in einem ihnen völlig fremden Beruf zu bewähren, so dass eine Jury sie in einem Test nicht von echten Profis unterscheiden kann. Ein zarter Poet muss sich in einen Gangsta-Rapper verwandeln, eine Burger-Braterin zur Sterne-Köchin werden.

Der Bluff war bereits der dritte Anlauf des deutschen Fernsehens, das wunderbare britische Format „Faking It“ von Channel 4 zu importieren. 2002 scheiterte RTL mit einer Fassung namens Die Blender, ein Jahr später probierte es der WDR unter dem Titel Fake. Der späte RTL-2-Versuch misslang völlig und wurde nach nur zwei zweistündigen Sendungen, die montags um 21.15 Uhr liefen, aufgegeben.

Fake

2003 (WDR). Doku-Reality-Reihe, in der Menschen in wenigen Wochen einen ihnen fremden Beruf so erlernen müssen, dass sie andere damit überzeugen.

Anders als die RTL-Version Die Blender hatte der WDR die Lizenz des britischen Originals „Fakin‘ it“ gekauft und nicht lieblos kopiert. Anders als bei RTL waren auch die Ähnlichkeiten der neu angelernten Berufe zu den ursprünglichen hier zweifellos erkennbar: Ein Frittenbräter wurde Sternekoch, ein Schafscherer Starfrisör. Bei RTL hatte z. B. ein Lokführer als Modedesigner gearbeitet.

Es blieb trotzdem bei nur drei Ausgaben.

Die Blender

2002 (RTL). 3-tlg. Doku-Reality-Reihe.

Die Kamera begleitet Menschen, die sich, nach kurzem Anlernen durch Experten ihres Fachs, in einem fremden Beruf als Fachpersonal ausgeben müssen. Ein Dachdecker arbeitet als Frisör, ein Lokführer als Modedesigner etc. Vor einer Jury aus echten Profis des Berufs müssen die Kandidaten am Ende bestehen, ohne aufzufallen.
Schlechte Adaption der guten britischen Serie „Faking It“ (ohne dass RTL die Rechte gekauft hätte), die am späten Samstagabend lief. Im Sommer 2003 sendete der WDR eine liebevollere Adaption des Formats unter dem Titel Fake.

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