Der große Harald Schmidt wird heute 50.
Mit MAZ ab!, Pssst… und Schmidteinander löste er in der frühen Phase des neuzeitlichen Spaßfernsehens zügellose Heiterkeitsanfälle bei humoristisch unkonventionell veranlagten Zuschauern aus. Schon in MAZ ab!, seiner ersten eigenen Fernsehsendung, war Schmidt so frech, mutig, kreativ, witzig und absurd, wie es andere erst nach Jahren schaffen. Im Land der Oberschiedsrichter und Notare in Quizsendungen vergab er in einer Sendung, die als Spielshow deklariert war, Punkte völlig willkürlich, ließ Prominente unbeachtet herumsitzen, provozierte Helmut Kohl dazu, die Farbe Rot „bei Damen und Schachteln sehr gut“ zu finden und verloste „eine Weltreise nach Paris“ und das Sofa aus der Bühnendeko der laufenden Sendung, das umgehend abgebaut wurde, obwohl die Prominenten noch darauf saßen.
Nebenbei ging er mit seinem Bühnenprogrammen auf Tournee und moderierte eine Handvoll Radiosendungen bei SWF3. Im „SWF3 Flohmarkt“ lästerte er am 2. September 1990 über den gerade bekannt gewordenen Abschied der Verstehen Sie Spaß?-Moderatoren „Knut Felix und Paloma“: „Die beiden Moderatoren wollen für ein Jahr in die USA, um neue Eindrücke zu sammeln. Besorgte Fans fragen: Ist ein Jahr genug?“ Er erfand dazu, der „ARD-Untersuchungsausschuss für antihumoristische Umtriebe“ habe bereits Lea Rosh und Walter Jens als Nachfolger vorgestellt. Zu diesem Zeitpunkt wusste er noch nicht, dass er selbst neuer Moderator von Verstehen Sie Spaß? werden würde.
Darin bewies er dann ab 1992, dass er auch der Samstagabendmoderator für die großen Massen sein kann, aber nicht will, und mit der Harald Schmidt Show in Sat.1 hatte er die Ausdauer, so lange auf Sendung zu bleiben, bis die Quoten gut und die Kritiker begeistert waren und er endlich als der Intellektuelle galt, der er ist. Dann ging er in Altersteilzeit.
Als Teilzeitrentner hat man viel Zeit für Hobbys, deshalb spielt Schmidt gelegentlich in Unterhaltungssendungen wie Das Traumschiff, Unser Charly oder heute-journal mit und moderiert für die ARD ein paar Preisverleihungen weg. Nur seiner eigenen Geburtstagssendung, Herr Schmidt wird 50, will aber nicht feiern, die die ARD nur sechs Tage nach dem Ereignis schon am kommenden Freitag zeigt, bleibt er fern.
„Wenn man so lange im Geschäft ist wie ich, sammelt sich unglaublich viel Scheiße an, von der ich hoffe, dass sie niemand mehr sieht“, sagte Schmidt dem „Spiegel“. Er fürchtet sich vor dem alten Archivmaterial aus seinen Anfangstagen, es ist ihm peinlich. Viele große Entertainer mögen ihr altes Material nicht mehr. Auch David Letterman, den Schmidt vorübergehend als sein Vorbild festgelegt hatte, nachdem Herbert Feuerstein ihm erklärt hatte, wer das ist, lässt zwar in seinen moderationsfreien Wochen viele Sendungen wiederholen, aber keine, die älter als ein paar Monate sind.
Die Furcht ist unbegründet. Die gemeinsamen Ausschnitte aus Schmidteinander waren es, die Schmidts dröges Geburtstagsdinner für Herbert Feuerstein vor zwei Monaten zumindest halbwegs erträglich machten, und sie sind es, die Vorfreude auf eine Werkschau zum Geburtstag von Harald Schmidt machen. Es muss Harald Schmidt nicht unangenehm sein, wenn Schnipsel von damals gezeigt werden, als er erkennbar Spaß an seinen Sendungen hatte. Unangenehm müsste es ihm sein, wenn auch ein paar Ausschnitte aus aktuellen Sendungen gezeigt würden.
Michael, 18. August 2007, 08:11.