Keine Gnade für Dad

2002–2007 (ProSieben). 91‑tlg. US‑Sitcom von Bill Martin und Mike Schiff („Grounded For Life“; 2001–2005).

Sean Finnerty (Donal Logue) und seine Frau Claudia (Megyn Price) sind Anfang 30, also selbst noch jung, und versuchen, ihre drei Kinder unter Kontrolle zu bekommen und dabei cool rüberzukommen. Teenager Lily (Lynsey Bartilson) und ihre jüngeren Geschwister Jimmy (Griffin Frazen) und Henry (Jake Burbage) machen natürlich Probleme, pubertieren wild vor sich hin, sind hyperaktiv oder verlangen schlicht Aufmerksamkeit. Das ist manchmal schwierig, da Sean und Claudia ja auch noch arbeiten müssen, er bei der U‑Bahn und sie im Restaurant. Deshalb hilft Seans Vater Walt (Richard Riehle) aus, der als Einziger Disziplin predigt. Eddie (Kevin Corrigan) ist Seans jüngerer Bruder, von dem man lieber gar nicht so genau wissen möchte, womit er sein Geld verdient.

Jede Folge beginnt mit Rückblicken auf einen Streit aus der Sicht verschiedener Figuren, die sich teilweise widersprechen. Nach und nach erfährt der Zuschauer, was wirklich passierte – im Gegensatz zu dem, was die Familienmitglieder glauben oder und glauben machen wollen. Die Sitcom hat außerdem eine religiöse Komponente: Die Finnertys sind Katholiken und setzen sich immer wieder mit den Themen Schuld und Verantwortung auseinander.

Lief samstags am späten Nachmittag, ab 2004 schon mittags oder morgens.

Alle hassen Chris

Seit 2006 (ProSieben). US-Comedyserie von Chris Rock („Everybody Hates Chris“; seit 2005).

Chris Rock war mal jung, und so war das damals: Chris (Tyler James Williams) lebt in den 80er Jahren mit seinen Eltern Rochelle (Tichina Arnold) und Julius (Terry Crews) und seinen Geschwistern Tonya (Imani Hakim) und Drew (Tequan Richmond) in einer überwiegend von Schwarzen bewohnten Gegend von Brooklyn. Auf seiner Schule dagegen ist er der einzige Schwarze und ein Außenseiter. Sein bester Freund ist sein Mitschüler Greg (Vincent Martella).

Autobiographische Serie, in deren amerikanischer Originalversion Chris Rock als Off-Erzähler seine Jugendjahre reflektiert. Läuft in Deutschland samstags mittags.

All American Girl

1996–2001 (ARD). 19‑tlg. US‑Sitcom (»All-American Girl«; 1994–1995).

Die 20‑jährige Margaret Kim (Margaret Cho) liegt sich permanent mit ihrer Mutter Katherine (Jodi Long) in den Haaren. Hauptstreitthema sind Margarets Freunde. Auch Großmutter (Amy Hill) mischt sich dauernd ein. Benny (Clyde Kusatsu) ist Margarets Vater, Stuart (B. D. Wong) und Eric (J. B. Quon) sind ihre Brüder. Um dem Familienzwist zu entgehen, zieht Margaret mit ihren Freundinnen Ruthie Latham (Maddie Corman) und Gloria Schechter (Judy Gold) in eine WG.

Lief in zwei Staffeln dienstags um Mitternacht.

Tarantino darf mit Insekten spielen

Quentin Tarantinos Augen leuchten, als sei er drei Jahre alt und habe gerade den leibhaftigen Weihnachtsmann gesehen. Gerade wohnte er der Verleihung des amerikanischen Fernsehpreises Emmy bei, wo er in der Kategorie „Beste Regie in einer Drama-Serie“ für die CSI-Folge „Grabesstille“ nominiert war. Eine aufgetakelte Reporterin eines nur marginal bedeutenden Entertainmentmagazins fragt ihn, was der Unterschied zwischen den Emmys und den Oscars sei. Der Oscar-Preisträger schaut, als könne er die Frage nicht verstehen. Die Oscars seien für ihn ja eine Arbeitsveranstaltung, erklärt er ganz selbstverständlich. Die Emmys aber seien die Erfüllung eines Traumes. Es sei einfach unglaublich, seine ganzen Idole aus dem Fernsehen mal in der Realität zu sehen. In diesem Moment wird er abgelenkt, weil er Tony Shalhoub erblickt, den Hauptdarsteller aus Monk. Tarantino winkt aufgeregt.

Einige Jahre zuvor war Quentin Tarantino zum ersten Mal Anthony Zuiker begegnet. Tarantino checkte im Mirage-Hotel in Las Vegas ein und gab Zuiker, der an der Rezeption arbeitete, 20 Dollar Trinkgeld. Zuiker war damals außerdem Fahrer der kleinen Bimmelbahn, die Gäste zum nächsten Hotel und Casino brachte. Heute ist Zuiker der Produzent der erfolgreichsten Fernsehmarke der Welt, CSI.

Schüchtern trat Zuiker an Tarantino heran, als er diesem bei einem Benefizempfang ein zweites Mal über den Weg lief, um ihm zu erklären, wer er sei. Tarantino erinnerte sich zwar nicht an die Begegnung im Hotel, schüttelte aber zu Zuikers völliger Verblüffung sofort die Namen der CSI-Charaktere aus dem Ärmel und begann Dialogfetzen aufzusagen.

Einige Zeit später schrieb er seine eigene Idee für eine CSI-Geschichte auf: Spurensicherer Nick Stokes (George Eads) wird entführt und bei lebendigem Leib begraben. Der Entführer legt ihm eine Waffe in den Sarg mit dem Hinweis, er solle sich am besten gleich erschießen, sterben werde er ohnehin. Eine Webcam überträgt Nicks Leiden zu seinen Kollegen, für die der obligatorische Wettlauf mit der Zeit beginnt.

Bei der Erstausstrahlung im Mai 2006 erreichte die CSI-Doppelfolge „Grabesstille“ die höchste Einschaltquote in der Geschichte des Senders Vox und bewog RTL dazu, die Serie zu stehlen. Heute wiederholt RTL diese beiden Folgen. Eine Stunde früher als damals, aus Jugendschutzgründen also vermutlich mit einigen Schnitten.

Es ist nicht die erste Fernseharbeit des Fernsehfans Tarantino. 2002 und 2004 spielte er in mehreren Folgen der Serie Alias mit, Gerüchte hielten sich damals, Tarantino sei bereit gewesen, Geld zu bezahlen, nur um mitspielen zu dürfen. 1995 führte er Regie bei einer Folge von Emergency Room. Und 1988, wie er sich nicht zierte, während der Emmy-Verleihung auf der Bühne noch einmal zu betonen, spielte er einen Elvis-Imitator bei den Golden Girls.

„Grabesstille“ ist aber Tarantinos bemerkenswerteste Fernseharbeit, hat sie doch am meisten von dem, was ihn im Kino berühmt machte. Also mit Blutfontänen und Körperteilen, die auch mal losgelöst von ihrem Besitzer eine Rolle spielen. Mal sehen, was davon übrig bleibt. Um 20.15 Uhr, also eine Stunde früher als sonst, zeigt RTL die für die deutsche Primetime zurechtzensierte kinderfreundliche Version, um 0.35 Uhr die ungekürzte.

Während der Arbeit an „Grabesstille“ kamen sich beide Seiten entgegen – ohne je weit voneinander entfernt gewesen zu sein: Tarantino habe CSI schon beim Start entdeckt und sei sofort ein Fan gewesen, bevor die Masse des Publikums die Serie erst allmählich fand und zum Hit machte. Und Anthony Zuiker habe sowieso nur wegen Tarantinos „Pulp Fiction“ den Weg ins Showgeschäft gewählt, schmachteten sie sich gegenseitig an. Speziell für Tarantino wurde die CSI-Staffel kurzerhand verlängert: Waren bis dato 23 Folgen pro Jahr die Regel, wurden nun gleich zwei zusätzliche produziert und am Stück ausgestrahlt, damit sich Tarantino in Spielfilmlänge austoben konnte. Dieser nutzte die Gelegenheit für einen ausgiebigen Spannungsaufbau, ein paar ausführliche Dialoge abseits des sonst so straffen Rasters und eine grandiose surreale komödiantische Einlage in der zweiten Hälfte. Tarantino wollte so etwas wie einen Spielfilm schaffen, nahm sich aber zugleich vor, nicht mehr Zeit darauf zu verwenden als jeder andere Regisseur, der bis dahin für CSI gearbeitet hatte – immerhin zwei Dutzend Männer und eine Frau.

Es ist ihm gelungen. Die netto knapp 85-minütige CSI-Folge „Grabesstille“ ist ein äußerst spannender Thriller geworden, bei dem das Sitzpolster des Zuschauers überdurchschnittliche Abnutzung verkraften muss. Das oft hastige Produktionstempo einer wöchentlichen Serie merkt man dieser Doppelfolge nicht an. Stattdessen spürt man Tarantinos Verehrung für die Serie, baut er doch zur Entzückung der Fans mehrere Gimmicks ein, die schon früher eine Rolle spielten. Zugleich schafft er einen auch einen verständlichen Fernsehabend für alle, die CSI bisher vielleicht noch nie gesehen haben (gibt’s das?). Und wer diese Folge beim ersten Mal verpasst hat, sollt diesen Fehler heute nicht noch einmal machen.

Nur den Emmy gewann Tarantino an jenem Abend im Sommer 2005 dann doch nicht. Aber eine größere Freude als die pure Teilnahme hätte ihm das ohnehin nicht bereiten können. Nie schien der olympische Gedanke so wahr.

Michael, 30. August 2007, 07:06.

Hallo, wir sind die Neuen

Im Fernsehen ist der Sommer vorbei. Auf etlichen Sendern begannen heute neue Staffeln bewährter Reihen, und gleich drei komplett neue Shows gingen an den Start.

Ganz & gar (Vox). Die nächste neue Kochshow auf dem alten Sendeplatz von Schmeckt nicht, gibt’s nicht. Jetzt kocht Steffen Henssler, der gleich in seiner ersten Sendung einen Lehrling hat. Hat der keine Nina? Immerhin weiß der Mann Prioritäten zu setzen: Nach knapp zehn Minuten nimmt er erst mal zwei Bier aus dem Kühlschrank. Guter Mann.

Experiment Inkognito (Kabel 1). Eine Prominente, gespielt von Jeanette Biedermann, wird von einem Maskenbildner in einen indischen Filmproduzenten verwandelt und darf nun Menschen begegnen, die sich nicht erkennen. Amüsante Idee, die einen Einspielfilm in Verstehen Sie Spaß? gefüllt hätte oder in einer anderen dieser Sendungen, in denen Humor theoretisch erklärt wird, aber eine ganze Stunde? Mit nur einer Idee? Puh. Aber wenn nur alles oft genug erklärt und lang genug zerredet wird, bekommt man auch eine Stunde voll.

Krügers Woche (ProSieben). Mike Krüger und Hans Werner Olm kommen nicht voneinander los. In Sat.1 machten sie noch eine gemeinsame Show (Die Mike Krüger Show), bei RTL liefen ihre Sendungen Krüger sieht alles und Olm! hintereinander, und auch bei ihrem neuen Sender ProSieben bilden ihre neuen Shows Krügers Woche und Olm unterwegs wieder einen Block. Vorher moderiert noch Jürgen von der Lippe Extreme Activity, und Mike Krüger sagte im DWDL-Interview: „Wir drei alten Knacker bei ProSieben. Das allein ist doch schon Comedy.“ Mehr Comedy wird’s leider auch nicht.
Im gleichen Interview erklärte Mike Krüger, das Format der neuen Reihe, die die fiktive Redaktionskonferenz einer fiktiven Late-Night-Show zeigt, biete die Möglichkeit, auch Gags zu verbraten, die sie in der Redaktionssitzung zu Sieben Tage — Sieben Köpfe noch rausgeworfen hätten, weil sie Humorgrenzen hatten. Man erschrickt ein wenig bei der Vorstellung, dass es dort tatsächlich Gags gegeben haben soll, die nicht gemacht wurden. Und tatsächlich sind die Witze in Krügers Woche noch viel platter und niveauloser, als man es je für möglich gehalten hätte. Wenn es wirklich das erklärte Ziel war, endlich auch diese Witze ins Fernsehen zu bringen: Glückwunsch. Sie wurden ausgestrahlt. Gilt das schon als Erfolg?

Ich hätte wie Steffen Henssler um 18.40 Uhr Bier aus dem Kühlschrank holen sollen, dann wäre der Rest dieses Fernsehabends vielleicht leichter zu ertragen gewesen, bei dem ich mir wünschte, der Sommer wäre nie zu Ende gegangen.

Michael, 27. August 2007, 23:29.

Krügers Woche

Seit 2007 (ProSieben). Halbstündige Comedyshow mit Mike Krüger.

Statt einer Late-Night-Show spielen Mike Krüger und sein Team die Redaktionskonferenz einer fiktiven Late-Night-Show und denken sich den ganzen Tag Witze aus, von denen es die meisten aus gutem Grund nicht in die abendliche Show schaffen, die es dank der konzeptionellen Umwegskonstruktion dieser Reihe aber bedauerlicherweise dennoch ins echte Fernsehen schaffen. Mike Krüger spielt den alten, selbstverliebten Sack, der die Show moderiert und am liebsten noch immer seine alten Blödelhits wie „Der Nippel“ spielen würde, Chefautor Peter Rütten, Autor Frank Streffing, Redakteurin Tina Seydel, Praktikantin Kirstin Hesse, Maskenbildner Tobias Licht und Bandleader Helmut Zerlett bilden seine Mannschaft. Alle treten unter ihren tatsächlichen Namen auf. Am Ende sieht man jeweils noch den Anfang der Late-Night-Show „Krügers Woche“, die die ganze Sendung über geplant wurde.

Ansammlung gezielt platter Witze zum Tagesgeschehen und Kalauer aus den unteren Schubladen, für die man endlich die geeignete Plattform gefunden zu haben glaubt. Die Show wird tagesaktuell produziert und läuft montags um 22.20 Uhr.

Experiment Inkognito

Seit 2007 (Kabel 1). Versteckte-Kamera-Show mit Ingolf Lück und jeweils einem Prominenten, der von einem Special-Effects-Maskenbildner professionell verkleidet wird und sich einen Tag lang unter Menschen mischt, die ihn nicht erkennen sollen.

Nette Idee, zum Beispiel Jeanette Biedermann in der Maske eines indischen Filmproduzenten auf ihre eigenen Freunde loszulassen, die bestimmt zehn Minuten unterhaltsam gewesen wäre. Leider dauert jede Folge eine ganze Stunde. Sendeplatz ist montags um 21.15 Uhr.

Ganz & gar Henssler

2007 (Vox). Halbstündige Kochshow mit Steffen Henssler, der Tim Mälzers Sendeplatz geerbt hat und dessen Tradition fortführt, interessante, aber einfache Gerichte vorzukochen und dabei norddeutsch zu schnoddern. An seiner Seite: Ein Lehrling.

Zwei Wochen lang lief die Show testweise werktags um 18.30 Uhr und hieß ganz & gar, als sie wenig später zum Dauereinsatz zurückkehrte, trug sie Hensslers Namen im Titel. Jetzt fiel sie allerdings durch und wurde nach zwei Monaten wieder eingestellt.

Gelücktes Experiment

Das Experiment Inkognito, das Kabel 1 heute startet, ist ein mutiges. Ingolf Lück maskiert Prominente, damit sie mal unerkannt durch die Fußgängerzonen laufen können. Das Konzept ist deshalb spannend, weil die meisten „Prominenten“, die in Shows bei Kabel 1, Vox oder RTL2 auftreten, sowieso jederzeit unerkannt durch Fußgängerzonen laufen können.

Michael, 27. August 2007, 07:01.

Der WDR preist eine Eigenproduktion als „Fernsehtipp“ an, will sie aber nicht zeigen

Beim WDR scheint man die eigenen „Fernsehtipps“ nicht zu mögen. Die gestern im Ersten erstausgestrahlte Huldigung Herr Schmidt wird 50, will aber nicht feiern zu Harald Schmidts Geburtstag sollte heute um 22.40 Uhr im WDR wiederholt werden. Um genau 22.40 Uhr stand sie auch noch unter der Überschrift „Fernsehtipp“ auf der Startseite von WDR.de, während im Fernsehen stattdessen bereits ein Tatort begann.

Der Tatort (aus Berlin) war kurzfristig ins Programm gehoben worden. Das ist aus einem von drei Gründen geschehen. Raten Sie doch mal mit, welcher es sein könnte!
 

  1. Man hat spontan festgestellt, dass gerade Tatorte ja viel zu selten wiederholt werden.
    Könnte sein. In der laufenden Fernsehwoche von heute bis kommenden Freitag werden zum Bespiel in den Programmen der ARD nur acht verschiedene Folgen gezeigt. Das ist wenig, zumal der Donnerstag noch komplett frei ist. (Heute: „Märchenwald“ und „Dschungelbrüder“, Sonntag: „Strahlende Zukunft“, Montag: „Der Passagier“, Dienstag: „Verrat“, Mittwoch: „Schlaflos in Weimar“ und „Dagoberts Enkel“, Freitag: „Elvis lebt“.)
     
  2. Man hat festgestellt, dass 1,98 Millionen Zuschauer bei der Erstausstrahlung von Herr Schmidt wird 50, will aber nicht feiern gar keiner so guten Einschaltquote entsprechen.
    Und will den vielen Blöden, die es nicht gesehen haben, bloß keine Chance geben, das Verpasste nachzuholen? Ja, klingt schlüssig.
     
  3. Die neue WDR-Fernsehdirektorin Verena Kulenkampff hat die WDR-Produktion gestern im Fernsehen gesehen und dabei Szenen entdeckt, die sie nie wieder im Fernsehen sehen will, weshalb sie das Band jetzt unter Verschluss hält.
    Verdammt, klingt auch total plausibel.

Puh, keine leichte Entscheidung. Na, was glauben Sie? Auflösung demnächst.

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Michael, 25. August 2007, 23:55.
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