Manchmal steckt die Pointe schon ersten Satz. Jenem ersten und einzigen Satz, mit dem amerikanische Fernsehproduzenten potentiell interessierten Sendern so knapp wie möglich erklären, worum es in ihrer neuen Serie geht.
Zum Beispiel: „Tony Soprano führt ein idyllisches Familienleben im ruhigen New Jersey und ist von Beruf Mafiaboss“ (Die Sopranos). Oder: „Die fürsorgliche Mutter Nancy Botwin finanziert ihre Familie durch einen florierenden Drogenhandel“ (Weeds). So weiß man gleich: Aha, das ist etwas Besonderes.
Steckt in diesem einen Satz noch keine Pointe, wird die angepriesene Serie oft als langweilig abgetan. Obwohl es dafür keinen Grund gibt: Aus den pointenlosen Ausgangskonstellationen „Ein paar Kneipengäste sitzen rum, trinken und reden“ (Cheers), „Vier Freunde sitzen rum und reden“ (Seinfeld) und „Sechs Freunde sitzen rum und reden“ (Friends) wurden drei der erfolgreichsten Sitcoms aller Zeiten. Das kann daran liegen, dass die Autoren ihr Pulver nicht schon vollständig im ersten Satz verballert hatten. Denn was nützt der beste Satz, wenn danach nur noch Langeweile folgt.
Das heißt nicht, dass die beiden erstgenannten Serien schlecht sind. Das heißt auch nicht, dass die neue Pro-Sieben-Serie Die Welt und Andy Richter, die heute im Samstagmittagsprogramm startet, schlecht ist. Dennoch steckt die Pointe im ersten Satz, und der ist lustiger als der ganze Rest: Andy stellt sich in seinem Kopf vor, wie schön seine Welt sein könnte, während er im wirklichen Leben in einem kargen Büro sitzt und Bedienungsanleitungen für Massenvernichtungswaffen schreibt.
Was dann folgt, ist originell, inspiriert, ganz lustig und durchaus recht sehenswert, aber längst kein Cheers oder Seinfeld. Die Massenvernichtungswaffen werden im Grunde gar nicht mehr erwähnt (was vermutlich auch ganz gut so ist), und in Wirklichkeit geht es um Wendy, für die Andy schwärmt, die aber vergeben ist, weshalb sich im Kopf seine eigenen Kurzgeschichten abspielen, denn ohnehin würde er viel lieber Kurzgeschichten als Bedienungsanleitungen schreiben.
Kritiker in den USA liebten und priesen die Serie über alle Maßen, die Zuschauer nicht so sehr, weshalb der Sender Fox nach 14 ausgestrahlten Folgen den Stecker zog. Fünf weitere bereits gedrehte Folgen blieben ungesendet, und aus welchem Grund auch immer kündigt Pro Sieben eine dazwischen liegende Zahl von 16 Folgen an. Für Andy Richter war dies jedoch der Beginn der Schauspielkarriere, nachdem er zuvor sieben Jahre der Sidekick von Conan O’Brien in dessen Late Night with Conan O’Brien war. In einer kruden Mischung aus Wert- und Geringschätzung hatte damals einerseits kaum jemand erwartet, dass Andy Richter nach seinem Ausstieg aus der Late-Night-Show tatsächlich allein Erfolg haben könnte, andererseits hatte auch kaum jemand erwartet, dass Conan O’Brien allein noch genauso lustig sein könnte. Doch beides trat ein. Richter spielt viele Gast- und Nebenrollen in Serien und Kinofilmen und erntete fast immer gute Kritiken. Und obwohl er mittlerweile als Hauptdarsteller die dritte beim Publikum gefloppte Sitcom hinter sich hat, scheint er als Person und Schauspieler so angesehen zu sein wie nie.
Die erste seiner Sitcoms kommt mit fünf Jahren Verspätung endlich auch zu uns:
Die Welt und Andy Richter, samstags um 13.00 Uhr auf Pro Sieben.
Michael, 14. April 2007, 00:15.