Hätten Sie’s gewusst?

1958–1969 (ARD). Quiz mit Heinz Maegerlein.

Zwei Kandidaten spielen gegeneinander. Wie beim Kartenspiel 17 und 4 bzw. Blackjack ist das Ziel, als Erster 21 Punkte zu erreichen. Dazu müssen Wissensfragen beantwortet werden, die je nach Schwierigkeitsgrad minimal einen, maximal elf Punkte wert sind. Aus den verschiedenen Kategorien (Pflanzenkunde, Oper, Fremdwörter, Geflügelte Worte, Was man weiß – was man wissen sollte, Spielfilm, Geschichte, Malerei, Tierleben, Sagen der Völker) darf zunächst jeder Kandidat eine Kategorie wählen, zu der dann beide eine Frage gestellt bekommen. Anschließend werden die anderen Kategorien durchgefragt. Jeder Kandidat erfährt vor jeder Frage die Kategorie und wählt einen Schwierigkeitsgrad und damit eine Punktzahl, die bei richtiger Antwort gutgeschrieben und bei falscher abgezogen wird. Assistenten kommen dann und wechseln die Anzeigetäfelchen mit dem Punktestand aus.

Die Kandidaten dürfen um Bedenkzeit bitten, jedoch nicht, wenn es zur Frage bereits eine Film- oder Toneinspielung gegeben hat, denn das musste dann als Bedenkzeit wirklich reichen. Wählen beide in der gleichen Kategorie den gleichen Schwierigkeitsgrad, wird dieselbe Frage zweimal gestellt. Die Kandidaten sitzen in schalldichten Kabinen, werden nur vom Moderator zugeschaltet, wenn sie an der Reihe sind, und kennen daher die Antworten und auch den Punktestand ihres Gegners nicht.

Wer 21 Punkte erreicht hat, ist Sieger. Sind die Kategorien bereits aufgebraucht, ohne dass jemand 21 Punkte gesammelt hat, gewinnt der Kandidat mit der höheren Punktzahl. Die tatsächlichen, für die Zuordnung eines Gewinns relevanten Punkte ergeben sich aus der Differenz zwischen der eigenen Punktzahl und der des Gegners. Maegerlein schlägt dann ein Büchlein auf, in dem den verschiedenen Punktzahlen Gewinne zugeordnet sind: ein Radio, ein Fotoapparat, ein Wochenende in Paris, zwei Wochen am Wörthersee oder im Höchstfall eine BMW Isetta. Sieger des Spiels dürfen wiederkommen, die Punkte werden dann weiter addiert. Bevor die Kandidaten in den Kabinen Platz nehmen, müssen sie Nummernkarten ziehen. Wer die höhere Zahl hat, darf sich eine der völlig gleichen Kabinen aussuchen.

Schulmeisterlich fragte Maegerlein die Bildung der Kandidaten ab. Aus heutiger Sicht ist schon die Unbeantwortbarkeit der Fragen mit dem geringsten Schwierigkeitsgrad faszinierend. Während des Vorspanns und wenn die Kandidaten um Bedenkzeit baten, war schwungvolle bzw. spannungsgeladene Elektroorgelmusik zu hören, und dazu wurden „die wie immer lustigen Zeichnungen“ von Nick-Knatterton-Erfinder Manfred Schmidt eingeblendet. Maegerlein wurde als biederer Oberlehrer ein Star, erlangte aber außerdem als Sportreporter Berühmtheit, weil er bei den Olympischen Winterspielen 1964 in Innsbruck beim Kommentar eines Skiwettbewerbs den oft zitierten Satz verbrach: „Tausende standen an den Hängen und Pisten“ – ein Satz, der höchst zweideutig wird, wenn man ihn ausspricht.

Hätten Sie’s gewusst? war die deutsche Adaption der US-Show „Twenty-One“. Diese wurde 1958 Mittelpunkt eines riesigen Skandals, als aufflog, dass die Kandidaten die Antworten bereits vor der Sendung erhalten hatten. Sie wurde daraufhin abgesetzt. Die überkorrekte deutsche Ausgabe bekam davon nichts ab und lief noch über ein Jahrzehnt weiter. Sigi Harreis hatte in der Show ihren ersten Fernsehauftritt als Kandidatin. Sie gewann zwar nicht den Hauptpreis, aber die Aufmerksamkeit von Robert Lembke, der sie zum Vorsprechen einlud. Im letzten Jahr kamen die Kandidaten, die in den elf Jahren zuvor die höchsten Punktzahlen erspielt hatten, noch einmal zu neuen Spielrunden zurück. Rudolf Steiner aus München, laut eigener Aussage „Handelsvertreter in Damenoberbekleidung“ (er meinte sicher „für“, denn er trug gar keine), war mit 171 Punkten ewiger Spitzenreiter und sechs Jahre zuvor durch seine enormen Kenntnisse im Bereich Oper aufgefallen. Diesmal ging er allerdings mit null Punkten nach Hause.

Das Spiel dauerte zwischen 40 Minuten und einer Stunde und erreichte eine enorme Popularität. Schon 1960 erschien ein Buch zur Sendung, 1965 ein Brettspiel. Im Sommer 2000 brachte RTL eine Neuauflage auf den Bildschirm und nannte sie wie das US-Original Einundzwanzig.

Sendeplatz war anfangs montags um 21.10 Uhr, später auch mal am Samstagnachmittag.

Dealing Housewives

Der Gatte ist tot, die Serie kann beginnen. Hinterbliebene stehen gern im Mittelpunkt neuer Serien, damit die gezeigte Situation für die Beteiligten wenigstens annähernd so neu ist wie für die Zuschauer.
Die neue Serie Weeds – Kleine Deals unter Nachbarn verschwendet immerhin keine Zeit, den Tod noch umständlich zu schildern, sondern beginnt mittendrin: Die erste Trauerphase ist schon vorbei, und Witwe Nancy Botwin (Mary-Louise Parker) hat bereits einen Weg gefunden, ihre beiden Söhne nun allein durchzubringen. Um Lebensmittel, Strom- und Zahnarztrechnungen zu bezahlen, handelt sie eben mit Marihuana. Das stellt ihre anderen Eigenarten (zum Beispiel einem Zehnjährigen ein Bein zu stellen) in den Schatten, ist aber noch nicht das dunkelste Geheimnis in der Nachbarschaft. Ein ehrenwerter Stadtrat gehört zu Nancys besten Kunden, vorbildliche Gatten gehen fremd, und nur manchmal mit anderen Frauen oder Volljährigen.

Nancy dealt nur deshalb mit Drogen, weil sie eine so gute Mutter ist und es ihr um das Wohl der Kinder geht. Und nicht nur um das der eigenen: Ihrem minderjährigen Dealer-Kollegen setzt sie zu, nicht an Kinder zu verkaufen:

Nancy: „Du hast mir versprochen, keine Kinder! Ich hab‘ gehört, dass ein Zehnjähriger erwischt wurde, ein Zehnjähriger!“
Josh: „Der Junge hat mir gesagt, er sei siebenunddreißig.“

Die kurzweilige Serie von Jenji Kohan, der Schwester des Will & Grace-Erfinders David Kohan, erinnert in Anmutung, Humor und nur vordergründiger Vorstadtidylle stark an Desperate Housewives, ist aber mehr Comedy als Soap. Das Vokabular ist stellenweise unnötig ordinär, doch insgesamt sind die Themen vielseitig. Es geht neben Sex und Drogen um Probleme in der Schule und der Familie, Trauerbegleitung und Fußball. Grob umrissen. Die Gespräche zwischen der weißen Nancy und ihren schwarzen Drogenlieferanten Heylia und Conrad spielen witzig und intelligent die gegenseitigen Vorurteile aus:

Nancy: „Bescheuert, einem Dreijährigen teure Turnschuhe zu kaufen. Am nächsten Tag ist er rausgewachsen.“
Conrad: „Was, du nennst Schwarze bescheuert?“
Nancy: „Und faul, und außerdem klauen sie.“
Heylia: „Aber dafür können wir gut singen und tanzen“.
Conrad: „Weiße klauen genauso. Enron, Worldcom… Die klauen ein paar Milliarden, lassen die Kohle auf einem Bankkonto in Übersee, und dann hocken sie am Strand und zählen fleißig Scheinchen.“
Nancy: „Vielleicht sollten die Schwarzen anfangen in größerem Stil zu klauen.“

Und während sich die Lieferanten und die Dealerin gegenseitig beteuern, ihre Beziehung sei rein geschäftlicher Natur, scheint sich doch etwas Zwischenmenschliches anzubahnen, vor allem zwischen Nancy und Conrad. Wäre aber auch logisch, denn ohne anbahnende Romanze wäre so ein toter Anfangsgatte doch reine Verschwendung.

Weeds — Kleine Deals unter Nachbarn, mittwochs um 22.10 Uhr auf Pro Sieben.

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Michael, 3. April 2007, 15:13.

Weeds — Kleine Deals unter Nachbarn

Seit 2007 (Pro Sieben). US-Familienserie von Jenji Kohan („Weeds“; seit 2005).

Die jüngst verwitwete Nancy Botwin (Mary-Louise Parker) kümmert sich nun allein um ihre Söhne Silas (Hunter Parrish) und Shane (Alexander Gould) und finanziert die Familie durch einen florierenden Drogenhandel. Davon abgesehen ist Nancy aber so ziemlich die Normalste unter allen Bewohnern der Nachbarschaft, deren einzige Ideale Schönheitsideale zu sein scheinen und die ebenfalls interessante Geheimnisse haben. Ihre Marihuana-Vorräte bezieht Nancy bei Heylia James (Tonye Patano) und deren Cousin Conrad Shepard (Romany Malco). Alle beteuern sich gegenseitig, dass ihre Beziehung rein geschäftlicher Natur sei, und doch sind Heylia und ihre Familie auch Ratgeber für Nancy in schwierigen Lebenslagen. An die oberflächliche Übermutter Celia Hodes (Elizabeth Perkins) könnte sich Nancy mit wichtigen Problemen ohnehin nicht wenden. Nancys Steuerberater Doug Wilson (Kevin Nealon) ist zugleich ihr bester Kunde. Und dann zieht auch noch Nancys dubioser Schwager Andy (Justin Kirk) zur Familie Botwin, was das Problem des fehlenden Mannes im Haus nicht löst, sondern eher neue Probleme schafft. Er findet als einziges Familienmitglied heraus, dass Nancy den Lebensunterhalt mit Drogenhandel verdient und steigt gleich ins Geschäft ein.

Skurrile Vorstadtcomedy, die in Anmutung und Humor an Desperate Housewives erinnert. Die halbstündigen Folgen laufen mittwochs um 22.10 Uhr.

Fernsehen in der Grauzone

Heute bekommt der Eisbär Knut schon seine zweite eigene ARD-Reihe. Bald hat er so viele wie Jörg Pilawa.

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Michael, 2. April 2007, 12:18.

Lindenstraße geht Pleitgen

Vor einer Woche war er noch Intendant der größten ARD-Anstalt, heute trat Fritz Pleitgen in die Fußstapfen von Larry Hagmann und buchte grund- und zusammenhanglos im Reisebüro von Mutter Beimer eine Reise.

Verpasst? Ging so:

Pleitgen: Guten Tag.

Mutter Beimer: (…)

Erich Schiller: (…)

Pleitgen: Ja, es geht da um eine etwas komplizierte Buchung. Ich möchte eine Weltreise machen. Ich möchte noch einmal die Stationen meines Berufslebens abfahren. Das beginnt natürlich in Köln, und dann Brüssel, Paris, Washington, New York, dann in die Rocky Mountains, dann ab nach Norden nach Alaska, dann brauchte ich eine Schiffspassage durch die Beringstraße von Amerika nach Asien, durch Kamtschatka, dann weiter, vielleicht mit dem Zug, durch Sibirien, in den Kaukasus, und von dort nach Moskau, und zurück nach Deutschland, nach Berlin, Ost-Berlin, und dann nach Köln.

Mutter Beimer: (…)

Warum Fritz Pleitgen ausgerechnet in München eine Reise buchen sollte, die in Köln beginnt und endet, lassen wir mal offen. In jedem Fall war der Auftritt ein nettes Abschiedgeschenk, und Pleitgen spielte in etwa so gut wie der Rest des Ensembles.

Solche Abschiedsgeschenke bekommen Intendanten jetzt häufiger. Erst Anfang des Jahres durfte Noch-SWR-Intendant Peter Voß den Polizeipräsidenten im eigentlich letzten Bienzle-Tatort spielen.

Sollte MDR-Intendant Udo Reiter jemals abtreten, singt er wahrscheinlich ein Potpourri im Abschiedsfest der Volksmusik.

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Michael, 1. April 2007, 20:46.

Sommerfest der Volksmusik

Seit 1994 (ARD). Musikalische Samstagabendshow im Wechsel mit den anderen Jahreszeiten.

Die Stars der volkstümlichen Musik präsentieren ihre Hits. Die Zuschauer lernen dabei die jahreszeitlichen Feste und das Brauchtum deutscher Landschaften kennen. Neben dem Sommer-, Herbst-, Winter– und Frühlingsfest gibt es außerdem Advents-, Weihnachts-, Hochzeits– und notfalls auch Überraschungsfeste der Volksmusik. Als jährlicher Höhepunkt wird im Januar die „Krone der Volksmusik“ vergeben.

Moderatorin Carmen Nebel wechselte, von großem Medienecho begleitet, nach knapp zehn Jahren Ende 2003 mit einem Millionenvertrag zum ZDF. Ihr letztes Fest der Volksmusik im Ersten moderierte sie am 25. Dezember 2003. Ihr Nachfolger trat im Februar 2004 seinen Dienst an. Der produzierende MDR setzte den eher betagten Freunden der Volksmusik Deutschlands jüngsten Showmaster vor, den 22-jährigen Florian Silbereisen. Süß, der Bub. Im Juni 2004 trat er erstmals direkt gegen Nebels zeitgleich im ZDF laufende neue Show Willkommen bei Carmen Nebel an: Silbereisen hatte fast zwei Millionen Zuschauer mehr. 2005 wurde aus der Preisverleihung die eigenständige Show Krone der Volksmusik, moderiert von Gunther Emmerlich.

Das Ende eines Monopols

Es geht also. Man kann als Konkurrenz parallel zu Wetten, dass…? Programm ausstrahlen und trotzdem damit Erfolg haben. Zwar hatte Deutschland sucht den Superstar so wenige Zuschauer wie noch nie in dieser Staffel, doch auch Wetten, dass…? hatte nebenan so wenige Zuschauer wie noch nie bei einer regulären Ausgabe. Am Ende gewann das ZDF auch in der jungen Zielgruppe, die die Werbewirtschaft zum jubelnden Luftschlangenblasen veranlasst, noch knapp vor RTL, doch mit Marktanteilen jeweils über 25 Prozent können beide Sendungen als große Erfolge gewertet werden. Damit könnte die Zeit, in der andere Sender vor Gottschalk kuschen und lediglich Testfilme zeigen, vorbei sein.

Korrektur (21.00 Uhr): Die Zuschauerzahl von Wetten, dass…? war nur die zweitniedrigste für eine reguläre Ausgabe. Die eine Sendung, die noch weniger Zuschauer hatte, war zu meiner Überraschung doch kein Sommerspecial, sondern die Ausgabe vom 29. April 1995, die gegen das Frühlingsfest der Volksmusik und „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ antreten musste.
Damals ging Gottschalk allerdings auch noch nicht im März in die Sommerpause. Nach heutiger Rechnung würde eine Ausgabe Ende April vermutlich schon als Sommerspecial zählen.

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Michael, 1. April 2007, 12:38.
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