Wirres. Nicht nett.

Wie man seine Zuschauer ordentlich verwirrt, erläutern wir heute mal am Beispiel von Sat.1.

Die erst vergangenen Mittwoch erfolgreich gestartete Serie Allein unter Bauern mit Christoph M. Ohrt fällt diese Woche schon wieder aus. Die seit Wochen für diesen Mittwochabend um 21.15 Uhr angekündigte erste Episode der neuen eigenproduzierten Actionserie GSG 9 verschiebt sich auf Donnerstag um 20.15 Uhr. Dort entfällt dann aber Without A Trace, das erst in der vergangenen Woche den bisher höchsten Marktanteil seit dem Start bei Sat.1 erreicht hatte, eine Strähne, die man normalerweise fortzusetzen bemüht ist. Die ebenfalls für Mittwoch angekündigte US-Serie The Unit startet tatsächlich an diesem Tag, aber eine Stunde später. Dafür fällt SK Kölsch aus. Alles klar? Was tut man nicht alles, um ein Champions-League-Spiel der Bayern übertragen zu können.

Man hätte natürlich auch die einzigen betroffenen Sendungen schlicht um eine Woche verschieben können, aber das hätte ja keinen so schönen Domino-Effekt ausgelöst. Und Sie wissen doch, welch großen Erfolg der Domino Day jedes Jahr hat.

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Michael, 6. März 2007, 13:15.

Domino Day

Seit 1998 (RTL). Einmal im Jahr überträgt RTL stundenlang live, wie Dominosteine dominosteinartig umfallen, und das Publikum schaut atemlos zu. Ein Team um den Niederländer Robin Weijers baut jedes Jahr in monatelanger Kleinstarbeit mehrere Millionen Steine kunstvoll auf und lässt sie im Herbst umfallen. Die Anzahl erhöht sich jährlich und stellt damit immer wieder einen neuen Weltrekordversuch dar.


Foto: RTL

Bis zu zwölf Millionen Menschen verfolgten das Ereignis – vermutlich waren es die gleichen zwölf Millionen, die bei RTL auch die Übertragungen von im Kreis fahrenden Autos sahen. Wegen des großen Quotenerfolgs machte RTL aus dem eigentlich einmaligen Ereignis ein jährliches (außer 2003). Linda de Mol (Foto) moderierte die ersten fünf Jahre. Als sie 2004 zu Sat.1 wechselte, übernahm Frauke Ludowig. Fast vier Millionen Steine fielen in diesem Jahr um, das entsprach fast genau zwei Fernsehzuschauern pro Stein. Wolfram Kons und Ulli Potofski kommentierten.

In Farbe. Und bunt.

Also gut, die Wiederbelebung von Pssst… ist in die Hose gegangen. Der Spaß von früher war da, die Zuschauer leider nicht. Neuer Versuch: Switch. Gemein haben beide, dass sie Relikte aus den 90er-Jahren sind und damals gar keine so außerordentlichen Publikumserfolge waren. Von ihren Fans wurden sie jedoch zum Kult erklärt. Der Unterschied ist, dass die Fernsehparodie Switch mit der kompletten Originalbesetzung zur Neuauflage antritt — unter dem beknackten Namen Switch Reloaded. Nur Bettina Lamprecht und Annette Frier, die erst in späteren Staffeln dazugekommen waren, sind nicht mehr dabei, dafür zwei Neue.

Es wird Zeit, dass Switch zurückkehrt. Seit dem Ende im Jahr 2000 blieben zu viele neue Fernsehstars unparodiert: Tim Mälzer, Florian Silbereisen, Dr. House und Monk. Und zum Glück gibt es Peter Kloeppel, Antonia Rados und Thomas Gottschalk immer noch. Zum Glück für Switch.

Switch Reloaded, montags, 22.15 Uhr auf Pro Sieben.

Nachtrag: Vielleicht liegt es ja an mir, aber ich fand das wiederbelebte Switch so genial wie früher. Ging mir ja auch bei Pssst… schon so. Deshalb lassen Sie mich kurz etwas überprüfen: Also, die Paukerfilme mit Hansi Kraus mochte ich als Achtjähriger, die gehen heute gar nicht mehr. Thomas Gottschalk hat sich auch überholt. Und die Neuauflage von Am laufenden Band mit Florian Silbereisen… reden wir besser nicht darüber. Gut, es kann also nicht nur an mir liegen.

Wer es nicht gesehen hat, findet hier einige Videos aus der Sendung. Da sehen Sie dann, dass es Switch sogar gelingt, Serien zu parodieren, die an sich schon lustig sind, wie Dr. House. Und nächste Woche sollten Sie sich dringend die ganze Sendung ansehen.

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Michael, 5. März 2007, 13:16.

Switch Reloaded

Seit 2007 (Pro Sieben). Neuauflage der Fernsehparodie Switch mit Bernhard Hoëcker, Michael Kessler, Petra Nadolny, Mona Sharma, Peter Nottmeier, Susanne Pätzold und Michael Müller, und neu dabei Martina Hill und Max Giermann.

Neu im Repertoire: Monk, CSI: Miami, Dr. House, Germany’s Next Topmodel, die Wurstnovela „Verliebt in Aspik“ und die Stromberg-Parodie „Obersalzberg“ mit Hitler statt Stromberg.

Lief erst montags und jetzt dienstags um 22.15 Uhr. Im Oktober 2008 wurde die Reihe als „Beste Comedy“ mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet.

Switch

1997–2000 (Pro Sieben). Halbstündige Comedyshow und Fernsehparodie.

Das Prinzip des ständigen Umschaltens regierte die Vielzahl an Persiflagen auf alle erdenklichen Fernsehsendungen, die meist mitten im Satz endeten, weil eben umgeschaltet wurde. Auf diese Weise zogen sich gleich mehrere rote Fäden durch jede Folge, denn natürlich wurde später noch mehrmals zurückgeschaltet.

Wer im Fernsehen nur noch eine einzige Sendung sehen wollte, für den war diese richtig. Sie beinhaltete alle anderen, aber besser: Emergency Room, Forsthaus Falkenau, Das aktuelle Sportstudio, Hitlers Helfer, der Musikantenstadl, Ulrich Wickert, Peter Kloeppel, Willy Millowitsch, Hans Meiser, Thomas Gottschalk, Hauser & Kienzle, Bärbel Schäfer, Jürgen von der Lippe, Barbara Eligmann, Linda de Mol, Michael Schanze usw. Die Stimmen der Originale traf niemand, auch bei Verkleidungen und Masken übertrieb man es nicht mit der Perfektion, aber dank der Original-Kulissen, in die die Komiker hineingestanzt wurden, und dank punktgenauer Mimik und Gestik des Ensembles funktionierten die Parodien auch so. Dieses Ensemble bestand aus Michael Müller, Peter Nottmeier, Petra Nadolny, Mona Sharma, Bernhard Hoëcker und Susanne Pätzold, ab der 3. Staffel im September 1999 war Mona Sharma nicht mehr dabei, Michael Kessler und Bettina Lamprecht kamen dazu. Anfang 2000 wurde Susanne Pätzold durch Annette Frier ersetzt. Neben Parodien auf bekannte Sendungen erfand Switch neue Sendungen wie „Junge Christen“, „Deutsche Welle Polen“ („In Farbe. Und bunt.“) oder „Fakten, Fakten, Fakten“, eine Mischung aus Kofferpackspiel und Redaktionskonferenz mit Ideensammlung zu einem vorgegebenen Thema, in der Hoëcker immer aus der Reihe tanzte, weil er nie so richtig verstand, worum es eigentlich ging („Hoëcker, Sie sind raus!“).

Switch lief zunächst samstags am Vorabend, wurde dann erst auf Montag, später auf Donnerstag, jeweils um 22.15 Uhr verlegt. Die Reihe brachte es 71 Folgen. Sie basierte auf dem australischen Format „Fast Forward“, von dem arte 1993 ein paar Folgen im Originalton gezeigt hatte. 2007 zeigt Pro Sieben die Neuauflage Switch Reloaded.

Allsendende Müllhalde

Erinnern Sie sich noch an KTI – Menschen lügen, Beweise nicht, den bemitleidenswerten Sat.1-Schnellversuch, auf den CSI-Erfolgszug aufzuspringen, der in Bild, Schauspiel und Inhalt extrem billig und laienhaft aussah und nach einer einzigen erfolglosen Ausstrahlung im vergangenen Mai nicht mehr gesehen ward?

Was damit passiert ist? Abgesetzt und verworfen? Das beantworte ich mit einem klassischen, frankelstnergeprüften JEIN. Denn was passiert wohl mit Sendungen, die in Bild, Schauspiel und Inhalt extrem billig und laienhaft sind?

Richtig. Sie laufen bei RTL2.

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Michael, 5. März 2007, 06:58.

Pastewka

Seit 2005 (Sat.1). Dt. Comedyserie von Chris Geletneky, Sascha Albrecht und Bastian Pastewka.

Wer es privat mit dem Fernsehstar Bastian Pastewka (Bastian Pastewka) zu tun bekommt, kommt fast unweigerlich zu dem Schluss, dass er ein Arschloch ist. Gut, Bastian ist vielleicht nicht der Sensibelste. Den Jahrestag seiner Beziehung merkt er sich, falls überhaupt, nur durch eine Eselsbrücke, die mit dem Todestag von Louis de Funès zu tun hat. Während die anderen neugeborene Babys streicheln, spielt er schon an der Fernbedienung rum. Und wenn ihm jemand sein Leid klagt, der Zuspruch verlangt, hat Bastian bestimmt gerade etwas über Synchronsprecher in Fernsehserien zu erzählen. Aber ein Arschloch ist er eigentlich nicht. Außer wenn er anderen Kunden Dinge vom Einkaufswagen stößt, um selbst vordrängeln zu können oder seine Nachbarin wegen Lärmbelästigung anschwärzt, selbstverständlich unter falschem Namen. Doch meistens ist er einfach nur ungeschickt. Die Verkettung blöder Zufälle, Unachtsamkeiten und Missverständnisse führt dann zwangsläufig zum eingangs erwähnten Urteil, das die Betroffenen auf keinen Fall für sich behalten.

Auf wundersame Weise hält es seine Freundin Anne (Sonsee Neu), eine Krankenschwester, schon seit Jahren mit ihm aus, doch allmählich möchte sie mit ihm zusammenziehen und ein Kind. Dabei hätte Bastian viel lieber einen neuen Fernseher. Viele Versuche Annes, eine gemeinsame Wohnung zu finden, scheitern ebenfalls an den typischen Verkettungen unglücklicher Umstände, was Bastian gar nicht so arg schmerzt. In der zweiten Staffel ziehen sie schließlich zusammen. Anne liebt seine Macken und seinen Humor, ist aber auch diejenige, die ihn bei Bedarf auf den Boden der Tatsachen zurückholt. Bastians Bruder Hagen (Matthias Mattschke) ist geschieden und arbeitslos und lädt gelegentlich seine wild pubertierende Tochter Kim (Christina do Rego) bei Bastian ab. Sie hasst ihn. Sie hasst sowieso alle. Noch mehr hasst ihn seine Nachbarin Frau Bruck (Bettina Lamprecht), mit der sich Bastian Schreiduelle im Treppenhaus liefert. Regine (Sabine Vitua) ist seine rauchende, trinkende und abgebrühte Managerin.

Die Grundidee basierte auf der US-Serie „Curb Your Enthusiasm“, in der der Seinfeld-Autor Larry David durch eine fiktionalisierte Version seines Privatlebens stolpert, sich von anderen beschimpfen lässt und viele Fernsehprominente als Gaststars auftreten. Letzteres ist auch bei Pastewka der Fall: Ingolf Lück, Helmut Krauss, Michael Kessler, Martin Semmelrogge, Hugo Egon Balder, Oliver Kalkofe, Martin Schneider, Thomas Kausch, Anke Engelke, Georg Uecker und andere spielten sich selbst. Inhaltlich gibt es keine größeren Überschneidungen mit der weit weniger witzigen Vorlage. Zumindest seine Besessenheit von Film- und Fernsehdetails wirkt glaubhaft eng an Pastewkas wirkliches Privatleben angelehnt.

Die erste Staffel lief erfolgreich freitags um 21.45 Uhr und wurde innerhalb der nächsten zwölf Monate noch zweimal komplett sonntags am Vorabend wiederholt, bevor die zweite Staffel den Sendeplatz am Freitag eine halbe Stunde früher bezog. Pastewka wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter die Rose d’Or für Pastewka als besten Sitcom-Darsteller und der Deutsche Fernsehpreis 2006 für die beste Sitcom.

Ohne Worte

2003–2004 (RTL). Halbstündige Comedyshow mit Bastian Pastewka in verschiedenen Sketchen. Pastewka verließ sich ganz auf sein Talent für Mimik, Gestik und Slapstick – denn er sprach in allen Rollen kein einziges Wort.

RTL testete die ambitionierte Idee mit einer einzelnen Pilotsendung. Sie kam gut an, und ab September 2004 ging die Show freitags um 21.45 Uhr in Serie, die zwar immer noch genauso lustig war, aber nicht mehr so gut ankam.

KTI — Menschen lügen, Beweise nicht

2006 (Sat.1); seit 2007 (RTL2). Pseudo-dokumentarische dt. Krimiserie.

Eine Gruppe von Schauspielern tut so, als seien sie Polizisten und Rechtsmediziner vom Kriminaltechnischen Institut (KTI) und klärten mit modernster Technik Verbrechen auf. Kriminalhauptkommissar Jürgen Schönewald ist echt.

Den Hype um CSI, noch bevor dieses zu RTL wechselte, wollte Sat.1 mit dieser deutschen Variante ausnutzen, die in Bild, Schauspiel und Inhalt extrem billig und laienhaft aussah. Die Publikumsresonanz war eindeutig, und so kam das Format nicht über die einzelne Pilotsendung hinaus. Da „billig und laienhaft“ bei RTL2 aber offenbar als herausragende Eigenschaften angesehen werden, ging es dort knapp ein Jahr später in Serie und läuft nun jeden Werktag eine halbe Stunde lang am Vorabend.

Wortlos glücklich

Es gibt ja eigentlich nur einen einzigen Grund, Wetten, dass…? zu schauen: Gewohnheit. Da ich die schon seit den 90er-Jahren überwunden habe, gibt es also eigentlich keinen mehr. Doch gestern stand Pastewka-Star Bastian Pastewka auf der Gästeliste, und den anzusehen, lohnt sich ja normalerweise immer. Schade nur, dass Gottschalk ihn nicht zu Wort kommen ließ. Dabei war er doch dort, um gemeinsam mit Joachim Fuchsberger seinen Film „Neues vom Wixxer“ zu bewerben, und nicht seine eingestellte Serie Ohne Worte.

Trotzdem waren die Herren Fuchsberger und Pastewka das Lustigste, was der lange Abend zu bieten hatte, und dabei hatten sie sichtlich Spaß und verstanden sich prima. Ferner konnte Bastian Pastewka ein weiteres Mal sein unendliches Fernsehwissen beweisen, als sich weder der heutige Wetten, dass…?-Moderator, noch der damalige Moderator von Auf los geht’s los erinnern konnten, wann genau es war, als Fuchsberger wegen eines Wetteinsatzes seine nächste Show im Nachthemd moderieren musste, Pastewka aber selbstverständlich schon: 1983.

Michael, 4. März 2007, 16:07.
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