In Memoriam Evelyn Hamann

…Auf dem Landsitz North Cothelstone Hall von Lord und Lady Hesketh-Fortescue befinden sich außer dem jüngsten Sohn Meredith auch die Cousinen Priscilla und Gwyneth Molesworth aus den benachbarten Ortschaften Middle Fritham und Nether Addlethorpe, ferner ein Onkel von Lady Hesketh-Fortescue, der 79-jährige Jasper Fetherstone, dessen Besitz Thrumpton Castle zur Zeit an Lord Molesworth-Houghton, einem Vetter von Priscilla und Gwyneth Molesworth, vermietet ist.

Gwyneth Molesworth hatte für Lord Hesketh-Fortescue in Nether Addlethorpe einen Schlipth…

Die englische Inhaltsangabe, Loriot IV, 7.11.1977.

Stefan, 29. Oktober 2007, 14:25.

In Memoriam Ronnie Hazlehurst

Bei wem weckt diese Musik Erinnerungen?

[audio:http://www.fernsehlexikon.de/wp-content/YesPM.mp3]

Es ist die Titelmusik von Yes, Minister und Yes, Premierminister — komponiert von Ronnie Hazlehurst, der am Montag im Alter von 79 Jahren verstorben ist. Ebenfalls von ihm stammt die Titelmusik zur legendären britischen Sitcom „Are You Being Served“, die die Möglichkeiten, die die Registrierkasse als Musikinstrument bietet, noch vor Pink Floyds „Money“ auslotete.

Stefan, 3. Oktober 2007, 09:48.

Helen Mirren in der Rolle ihres Lebens

Jane Tennison hat als Polizistin in London immer schon gegen mehr als Kriminelle zu kämpfen gehabt. Sie musste sich als Frau gegen die Männer durchsetzen, als Ermittlerin gegen korrupte Vorgesetzte, als Neuling gegen das Establishment. Im letzten Teil von Heißer Verdacht („Prime Suspect“) kämpft sie vor allem gegen sich selbst. Sie hat Karriere gemacht, steht kurz vor der Pensionierung, aber sie ist einsam, Alkoholikerin, hat Gedächtnisaussetzer, und das Sterben ihres Vaters reißt alte Wunden wieder auf. Trotzdem will sie es noch einmal allen (und sich selbst) beweisen und den Mord an einem jungen Mädchen aufklären.

Für Helen Mirren, die mit der Darstellung von Königin Elizabeth in „The Queen“ endlich zu einem Weltstar wurde, ist die ehrgeizige, aufrechte, aber höchst fehlbare Polizistin Jane Tennison die Rolle ihres Lebens. In 15 Jahren sind insgesamt sieben düstere Folgen entstanden, die meisten davon mit doppelter Spielfilmlänge, was es den Filmen erlaubte, die Charaktere außergewöhnlich gründlich zu entwickeln, die Handlung verschlungene Wendungen nehmen zu lassen und der Psychologie viel Raum zu geben, wenn Tennisson oder ihre Kollegen wieder einmal mit einem Verdächtigen im Verhörzimmer sitzen und versuchen, ihn zum reden zu bringen. Es ist die vielleicht beste Krimireihe der Welt, und man muss die ersten Teile nicht gesehen haben, um den letzten zu verstehen.

Und sich danach die anderen auf DVD zu kaufen oder auf dem Pay-TV-Sender 13th Street anzusehen, der die früheren Teile gerade donnerstags um 20.13 Uhr wiederholt.

Heißer Verdacht: Das Finale. Heute und am kommenden Sonntag, 22 Uhr, ZDF.

Stefan, 30. September 2007, 14:04.

Der Deutsche Fernsehpreis 2007 – LIVE

Okay, nicht „live“ im Sinne von live, schließlich herrscht zwischen dem Coloneum in Köln-Ossendorf und dem Rest der Welt heute eine zweistündige Zeitverschiebung, aber so live, wie es vom Sofa aus geht.

19.25 Uhr. Ist noch gar nicht losgegangen, und schon der erste Knaller: Michael Schumacher bekommt den Deutschen Fernsehpreis 2007. In der Kategorie „Bester ehemaliger Rennfahrer“… nee, gar nicht wahr. Ohne Kategorie. Ein „Sonderpreis“. Von wem Schumacher ausgewählt wurde, ist unklar. Vielleicht hat der federführende Sender (in diesem Jahr Formel-1-Sender RTL) einfach einen PR-technisch nützlichen Preisträger frei. Ah ja, der RTL-Sportchef schwärmt in der Pressemitteilung: „…hat die Formel 1 2006 zwar eine Lichtgestalt verloren, doch schon 2007 hat sie eindrucksvoll bewiesen, welcher Glanz weiter von ihr ausgeht.“ Kann man so sehen, muss man aber nicht.

19.38 Uhr. SMS-Hilferuf live aus dem Coloneum:

Es wird ganz schlimm. Schon das warm up. Horror.

Ist grade der große Autorenstreik? Niemand da zum Moderationen schreiben. Schreyl schnauzt alle an.

19.42 Uhr. SMS-Hilferuf live aus dem Coloneum:

Einige haben sich Bücher mitgebracht und lesen in der letzten Reihe. Echt. Es ist endlos.

Rückfrage von mir: „Im Saal??“ Antwort:

Ja. Schwöre.

19.52 Uhr. Ah, schön, RTL hat natürlich das gleiche dehnbare Verständnis von einer „Live“-Berichterstattung und blendet schon während der (vor mindestens zwei Stunden aufgezeichneten) Vorberichterstattung mit Frauke Ludowig das LIVE-Logo in der Ecke ein.

19.57 Uhr. Frauke Ludowig verrät, was Moderator Marco Schreyl vor der Sendung macht: Oh Gott ja, er wird geschminkt. Ich dachte, wir sehen jetzt endlich mal, wie er auf eine Moderationskarte die Worte schreibt: „Herzlich Willkommen, meinen Damen und Herren, in Köln!“


20.02 Uhr. Armin Morbach kommentiert im RTL-„Klamottencheck“ die Kleidung der weiblichen Gäste und hat dafür so einen bemalbaren Monitor bekommen, auf dem sonst die Fußballexperten Aufstellungen und Spielzüge einzeichnen, und kringelt die Dinge ein, von denen er redet. Endlich sieht man mal, was die Modeleute meinen, wenn von „Handtaschen“ oder „Schuhen“ die Rede ist.

20.14 Uhr. Marco Schreyl sagt: „Wir können schon mal sagen, es wird ein besonders schöner Fernsehpreis.“ Genau.

20.18 Uhr. Gut, wenigstens kann man Schreyl nicht vorwerfen, die Veranstaltung mit Glamour und, äh, Bedeutung zu überfrachten. Er schlappt halt so auf die Bühne, der spärliche Applaus versiegt, und dann erklärt er nochmal die Telefonnummern, unter denen man seinen Superstar — ach nee. Klingt aber so.

20.24 Uhr. Noch kein Preis verliehen, und schon der erste fiese Moment zum Fremdschämen. Schreyl sagt, RTL-Sportfrau Ulrike von der Gröben soll doch mal RTL-Nachrichtenmann Peter Kloeppel erklären, „wieso, weshalb, warum Borussia Mönchengladbach in der nächsten Saison Erstligafußball spielen wird.“ Stille. Drei Menschen applaudieren im Publikum. Stille. Schreyl: „Hat sie eigentlich mehr Applaus verdient, oder?“ Pause. Zögernder, pflichtbewusster Beifall.

Und wann hatte ich das letzte Mal so ein Gefühl von Sympathie für Oliver Pocher? Schreyl erklärt aus unerfindlichen Gründen, was Werbung ist, und sagt, dass Pocher in dieser Zeit ein Kaugummi unter seinem Stuhl verstecken könnte. Und Pocher stöhnt, runzelt die Stirn und zeigt demonstrativ gelangweilt auf die Uhr. Spontan-Fernsehpreis für Pocher!

20.30 Uhr. SMS-Hilferuf aus dem Coloneum, in Sachen Michael Schumacher:

Geschichte habe er geschrieben. Hah. Standing Ovation für diesen Trottel. Unfassbar.

20.32 Uhr. Ich bin ein bisschen hintendran. (Sorry, Pizza ist grad fertig geworden.) Fernsehpreis „Beste Sportsendung“ für Petra Höfer und Freddie Röckenhaus für „Blut und Spiele“ (ARD).

20.36 Uhr. Tim Mälzer liest eine Definition vor, was eine Sitcom ist, erzählt einen Witz („wirklich so passiert“) und wirft unwillkürlich die Frage auf, warum eigentlich die Dankesreden der Preisträger zeitlich begrenzt werden anstatt der Reden der Laudatoren und Preisüberreiche. Hilfe.

20.37 Uhr. Beste Sitcom: „Stromberg“. (ProSieben) Gut, man muss nur lange genug überleben als Sitcom im Deutschen Fernsehen, bis die nominierte Konkurrenz so schwach oder völlig abwegig (Mitten im Leben!?) ist, um den Deutschen Fernsehpreis zu bekommen. Trotzdem verdient, bringt aber die Absurdität der Veranstaltung ganz gut auf den Punkt.

20.40 Uhr. Oliver Pocher, gerade von mir mit dem Spontan-Fernsehpreis für notwendige Bösartigkeit ausgezeichnet, disst auf der Bühne nochmal Schreyl, klatscht ihn fies an und sagt: „Ich hätt den Geissen hier lieber gesehen. — Aber wir sind hier nicht bei nem Wunschsender“. Pocher vergibt den Preis für die beste Informationssendung:

Informationssendungen — ja, einige sind heute nicht nominiert. Schade für Sat.1.

Ungefähr erster großer Lacher des Abends. Ah ja. Pocher:

Da klatschen jetzt 200 Ex-Mitarbeiter.

Und als Sat.1-Chef Alberti gezeigt wird, legt er noch einen drauf:

Nächstes Jahr sitzt da ein anderer.

Wenn er nicht so quietschen würde vor Vergnügen über seine eigene Lustigkeit, wär er fast gut.

20.43 Uhr. Beste Informationssendung: RTL aktuell. Na, das ist ja mal eine Überraschung. Zufällig in dem Jahr, in dem RTL die Show… Ach, es langweilt mich schon beim Hinschreiben. Oder wie Peter Kloeppel sagt: „Wir wissen, die anderen beiden oder die anderen vier hätten genauso gut hier oben stehen können wie wir.“ In der Tat. Können ja alle immer irgendwie gewinnen, warum auch nicht; der Versuch herauszufinden, warum es der eine ist oder nicht der andere, ist bei dieser Veranstaltung so aussichtslos, dass die These vom Kuschelpreis für den ausrichtenden Sender mindestens so überzeugend ist wie jede andere.

20.45 Uhr. Wenn man beim Fernsehpreis 2007 Ulrich Wickert schon 13 Monate nach seinem Abschied für seinen „Abschied 2007“ feiert, könnte man dann nicht wenigstens in dem eingeblendeten Ausschnitt von seiner Abschiedssendung die Datumseinblendung „tagesthemen, 31.08.2006“ unkenntlich machen? Amateure.

20.47 Uhr. Okay, ein bisschen rumlügen muss man bei solchen Veranstaltungen. Aber man kann Marco Schreyl doch nicht ernsthaft von „einer der beliebtesten und witzigsten weiblichen Comediens“ sprechen und damit Mirja Boes meinen lassen.

20.50 Uhr. Bester Schauspieler Nebenrolle: Gabriela Maria Schmeide für Die Flucht. Schade, ich hätte viel Geld auf Roeland Wiesnekker für Blackout gesetzt. Und es ihm gegönnt.

20.56 Uhr. Wer hat den Laudatoren eigentlich gesagt, dass es eine gute Idee sei, diverse Definitionen des Genres, das sie auszeichnen, vorzulesen? Nach der Sitcom erklärt uns Sandra Maischberger nun, was der Unterschied zwischen Kabarett und Comedy ist. Beste Comedy: Neues aus der Anstalt (ZDF).

21.00 Uhr. Ach herrje, da funktioniert aber auch nichts. Die Preisträger Urban Priol und Georg Schramm haben sich offenbar vorgenommen, so lange durcheinander zu reden, bis das Mikrofon, wie angekündigt, automatisch runterfährt und die Musik anfängt zu spielen und sie schließlich zu übertönen. Aber das Mikro fuhr nicht, die Kapelle spielte nicht und, ja, in anderen Ländern hätte man das hingekriegt.

21.03 Uhr. Ist fast angenehm, Piet Klocke beim Reden zuzuhören, weil es da immerhin die Möglichkeit gibt, dass er extra Dinge sagt, die vollständig unverständlich und unwitzig sind.

21.05 Uhr. Bester Schauspieler: Matthias Koeberlin. Dem glaub ich sogar, dass er nicht damit gerechnet hat, den Preis zu gewinnen. Und ein feiner Dankesredensatz:

Ich möchte mich bei meiner Agentin bedanken, weil sie mich drum gebeten hat.

21.06 Uhr. Weitere Argumente, die Autoren von Marco Schreyl zu entlassen und aus dem Land zu jagen:

Meine Damen und Herren, es gibt Dinge, die sind einfach so. Wenn man mit einem Nachnamen zur Welt kommt, der auf den Buchstaben „ko“ endet, muss man einfach Berufsboxer werden — Wladimir Klitschko.

21.07 Uhr. Niki Lauda bereut sichtlich, bei diesem Unsinn als Laudator zugesagt und damit mehrere Stunden kostbarer Lebenszeit unwiderbringlich verschwendet zu haben.

21.12 Uhr. Beste Unterhaltungssendung: Schlag den Raab (ProSieben). Absolut verdient. Und es scheint der Abend von ProSieben werden — wie man dem glücksstrahlenden Gesicht von Jobst Benthues ansieht, dem Unterhaltungschef, der schon zum zweiten Mal auf die Bühne darf.

21.13 Uhr. Raab:

…und möchte mich bedanken bei ProSieben und Haim Saban, oder wem der Sender gerade gehört…

21.21 Uhr. Ich muss mein Urteil über die Autoren der Sendung revidieren. Sie sind nicht unfähig, sondern grausam. Sie haben Schreyl sagen lassen:

Wie heißt’s doch so schön? Kannst du nix, dann geh zum Fernsehen, und genau mit diesem Vorurteil würd‘ ich gern mal aufräumen.

Ach könnt‘ er’s doch.

21.24 Uhr. Damit war wirklich nicht zu rechnen. Sonja Zietlow schafft es, sich trotz scheinbar uneinholbarer Vorlagen ihrer Vorgänger unter die Favoriten für die Kategorie „missglückteste Ansage des Abends“ zu katapultieren. Sie erklärt die Aufgabenteilung zwischen ihr und ihrem Autor und Ehemann:

Ich steh hier vorne und bin sozusagen das Gesicht. Und er arbeitet eher hinten, unten im Dunklen. Er ist dann sozusagen dahinter. Aber wie das Leben so spielt: Viel zu selten werden Autoren für das gelobt, was hinten rauskommt.

21.27 Uhr. Bestes Drehbuch: Ralf Husmann (Dr. Psycho, Stromberg). Okay, es wird definitiv der Abend von ProSieben. Ich mag Husmann und seine Arbeit, auch wenn er auf der Bühne nicht gerade als Sympathieträger rüberkam, und dass ein Autor von Sitcoms und Comedyserien ausgezeichnet wurde, ist für Fernsehpreis-Standards eine kleine Sensation, denn traditionell ist diese Kategorie eigentlich für die großen Fernsehfilme reserviert. Husmann in seiner Dankesrede:

Ich möcht‘ mich bedanken bei den fünf-, sechs-, manchmal siebentausend Leuten, die das gucken, was ich mache.

21.34 Uhr. Franziska fürchtet sich (in den Kommentaren) vor dem Busen von Anke Schäferkordt. Ich kann sie verstehen, aber nichts dagegen tun.

21.35 Uhr. Beste Serie: KDD Kriminaldauerdienst. Absolut verdient, eine Revolution im ZDF-Freitagskrimi, leider nur mäßig vom Zuschauer goutiert. Manfred Zapatka, einer der Hauptdarsteller, ist völlig aus dem Häuschen und empört, dass ihr Erfinder Orkun Ertener den Drehbuchpreis nicht gewonnen hat. Schön, dass für ein paar Preisträger dieser Preis wirklich etwas wert ist, und für solche Sendungen wie KDD, die es auch senderintern schwer haben, hat die Auszeichnung wohl tatsächlich eine Bedeutung.

21.48 Uhr. Marco Schreyl erklärt gekonnt die Bedeutung des Sonderpreises — nicht dass jemand denkt, er verhalte sich zu anderen Preisen wie die Sonderschule zur Schule.

Mit ihm werden Persönlichkeiten geehrt, die mit außerordentlichen Leistungen Millionen von Menschen begeistert haben, und das eben nicht nur einen Sommer lang, sondern über Jahre. Solche Menschen sind rar, und aus diesem Grund ist der Sonderpreis auch nur sehr selten verliehen worden — der Halleysche Komet kommt ja schließlich auch nicht jeden Tag vorbei geflogen.

21.50 Uhr. So. Dank Niki Lauda ist nun klar, warum Michael Schumacher den Deutschen Fernsehpreis gewonnen hat:

Er war in der Lage, auch Großmütter hinter dem Kamin hervorzuholen, durch seine Leistung, damit sie alle vor den Fernseher gekommen sind, und darum sind wir heute alle hier. Die deutsche Gründlichkeit und seine Leistung hat es zustande gebracht, dass viele Deutsche sich mit ihm personifiziert haben und alle versucht haben, die lange Leitung zu verkürzen, dass sie mit ihrem eigenen Leben schneller und besser zurecht kommen.

Hilfe.

21.53 Uhr. Da sind sie nun, die stehenden Ovationen für Schumacher.

22.00 Uhr. Tatsächlich, auch Katja Burkard und Nazan Eckes scheinen den Schreylschen Gagautor zugeteilt bekommen zu haben. Ich kann den ganzen Unfug unmöglich transkribieren. Beste Kochshow: Das perfekte Dinner (Vox), und Tim Mälzer sieht aus, als ob er gleich heult. Es ist der erste Deutsche Fernsehpreis für Vox, und wirklich schön ist, dass von der Bühne aus Daniel Werner gelobt wird, der unverzicht- und wunderbare Off-Sprecher des Perfekten Dinners.

22.04 Uhr. Hat irgendjemand die Rede von Cordula Stratmann verstanden?

22.06 Uhr. Franz Dinda bekommt den ersten Nachwuchspreis — es trifft ihn wunderbar unerwartet, als erste Reaktion im Publikum fragt er seine Nachbarin: „Wusstest du das?“, und als erste Reaktion auf der Bühne fragt er Cordula Stratmann: „Und wofür jetzt genau?“ (Die Antwort: Blackout.)

22.10 Uhr. Der zweite Nachwuchspreis geht an Dennis Jacobsen, Randa Chahoud, Oliver Jahn für Ijon Tichy: Raumpilot (ZDF), und entweder ist die Musikkappelle, die ihren Auftritt und alle anderen begleitet, Entschuldigung: Scheiße. Oder schläft, wie das Publikum, in Teilen schon.

22.14 Uhr. Vielleicht könnte man gesetzlich verordnen, dass sich jede Jury, die mit dem Gedanken spielt, Veronika Ferres für einen Preis zu nominieren, den Ausschnitt ansehen muss, in dem Marco Schreyl sie auf ihre Konkurrenz anspricht, sie mit dem (zugegebenermaßen sehr blöden) Satz konfrontiert: „Ich bin der Meiunung, dieses Kleid muss doch auf die Bühne, oder?“, und sie sehr pikiert antwortet:

Wir sind keine Konkurrentinnen, wir sind Kolleginnen, und ich fand’s wunderschön, wie wir drei uns eben im Arm hatten.

22.21 Uhr. Schreyl nennt den „Late Night Talker“ „LNT“ und stellt den „LNT des ZDF vor: JBK“.

22.26 Uhr. Bester Fernsehfilm: Rose (ARD). Hm, hab ich nicht gesehen. Aber die Gewinner sind hin und weg, das ist doch schön.

22.31 Uhr. Laudatorin Maybrit Illner trägt zwar aus mir unbekannten Gründen eine Fahrradkette von imposanter Größe um den Hals, erzählt aber die schöne Geschichte, wie sie Post-Chef Zumwinkel nach den Zustellern fragen wollte, aber von den Zuhältern sprach. Andererseits — und das mag jetzt ein sehr abwegiger Gedanke sein: Aber wäre es nicht schön gewesen, wenn jemand im Rahmen der Kategorie „Reportage“, statt die üblichen Standards zu erzählen, kurz dem japanischen Fotografen Kenji Nagai gedacht hätte, der gerade in Birma getötet wurde?

22.35 Uhr. Beste Reportage: Gert Monheim für Der Gotteskrieger und seine Frau (ARD).

22.40 Uhr. Okay, meine Meinung über Reinhold Beckmann und Johannes B. Kerner ist vermutlich bekannt, aber diese Nominierungen in der Kategorie „Beste Moderation Information“ sind eine Farce. Nominiert wurden offensichtlich nicht die Moderatoren, sondern ihre außergewöhnlichen Gäste (Bert Dietz, Marina Litwinenko, Michael Buback/Peter-Jürgen Book). „Bester Gast in einer Talkshow“, das wäre doch noch eine Kategorien-Idee fürs nächste Jahr. Gewonnen hat jedenfalls: Reinhold Beckmann.

22.44 Uhr. Beste Regie: Lars Kraume für Guten Morgen, Herr Grothe.

22.47 Uhr. Schon irgendwie ’ne schöne Idee, und ausnahmsweise passend: Erika Berger den merkwürdigen neuen Preis für den „besten TV-Coach“ überreichen zu lassen. Leider hat auch ihr niemand eine paar nette Worte zum Aufsagen aufgeschrieben. Gewinnerin: Katharina Saalfrank. Für sie kommt der Preis natürlich spät, drei Jahre nach Sendestart, aber irgendwie doch verdient. Wenn man sich die Super-Nanny ansieht, entdeckt man, dass entgegen vieler Kritik es nicht nur um Voyeurismus geht, sondern auch um Lebenshilfe, und dass das so ist, liegt fast ausschließlich an ihr.

23.00 Uhr. Die Vorstellung der vier Gewinner in den Kategorien Schnitt, Musik, Ausstattung, Kamera ist immerhin marginal weniger peinlich als in den Vorjahren. Da mussten sie alle einmal kurz im Publikum aufstehen; diesmal durften sie immerhin für schätzungsweise zweieinhalb Sekunden gemeinsam auf der Bühne stehen, bevor Schreyl sagte: „Ihr Applaus, und vielen Dank“, und das auch erledigt war. Wer wer war, und für welche Sendungen sie gearbeitet haben, scheint aber nicht so wichtig gewesen zu sein.

23.02 Uhr. Es wird still in den Kommentaren. Wahrscheinlich liest keiner mehr mit. Wahrscheinlich guckt auch keiner mehr. Kurt Krömer soll die „beste Dokumentation“ ansagen, hat die Hose offen und liest aus seinem „Tagebuch“ vor.

23.05 Uhr. Immer noch.

23.07 Uhr. Warum überreicht Kurt Krömer den Preis für die beste Dokumentation? Warum? Warum? „So, Mädels“, sagt er, „Viel Spaß“. Und gibt den Preis an Jana Matthes und Andrea Schramm für Im Schatten der Blutrache (ARD). Hihi.

23.12 Uhr. Heiner Lauterbach. Ich hatte für Sekunden die Hoffnung, dass jemand aus Publikum auf die Bühne stürmen würde und ihn mindestens knebeln würde, wenn nicht Schlimmeres, wenn nicht das gesamte Publikum, wie ein Mann. Deklassiert alle bisher Nominierten in der Kategorie „Peinliche Laudatio“. Als sei es nicht schlimm genug für den Abend, dass seine traurige Sitcom nominiert war. Heiner, geh nach Hause.

23.15 Uhr. Die Dankesreden heute sind zumindest besser als die Vorreden. Maria Furtwängler, beste Schauspielerin, sagt:

Wow. Meine Güte. Mein Kopf ist ganz blutleer. Ich hatte mich so irrsinnig darauf konzentriert, was für ein Gesicht ich mache, wenn ich ihn nicht kriege, dass ich jetzt gar nicht mehr weiß, was ich sagen wollte.

23.27 Uhr. Regisseur und Produzent Nico Hofmann hält eine Laudatio auf Götz George. Und es ist wirklich eine Laudatio, eine genaue, ehrliche, persönliche Lobrede auf den Schauspieler und den Menschen, mit dem Satz:

Das Verhältnis der Deutschen zu ihrem großen Star Götz George erzählt auch viel über Deutschland und seine Stars, dass wir nämlich manchmal unfähig sind, unsere Stars zu lieben.

Es ist ein völliger Bruch mit dem Rest des Abends, weil hier echtes Interesse am Fernsehen und seinem Protagonisten zu spüren ist, und dass Hofmann behauptet, George sei im letzten Sommer 70 geworden, obwohl das erst im nächsten Jahr soweit sein wird, ist da auch egal.

Lange Standing Ovations.

23.30 Uhr. Ah, Abspann. Um das dann doch mal festzuhalten: Autoren der Sendung waren Klaus de Rottwinkel (früher bei Geld oder Liebe), Jens Oliver Haas (der Mann von Sonja Zietlow und Autor von Ich bin ein Star, holt mich hier raus) und Tim Gorbauch (kenn‘ ich nicht).

23.36 Uhr. Es gibt dann doch noch positive Überraschungen des Abends: Frauke Ludowig schafft es, neben einem sympathisch rumpöbelnden und auf RTL herumhackenden Stefan Raab große Gelassenheit und sogar ein gewisses Vergnügen auszustrahlen, bevor sie ihn mit ein paar Zetteln Papier aus dem Bild schubst.

23.38 Uhr. Weitere gute Nachrichten, diesmal von Marco Schreyl, der über den Fernsehpreis sagt:

Das kann man nur einmal moderieren.

Besser wird’s nicht. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und die rege Teilnahme und werde jetzt noch ein paar Screenshots von gelangweilten Saalgästen einbauen. Bis zum nächsten Jahr, dann im ZDF und, wenn wir Pech haben, präsentiert von Markus Lanz.

Stefan, 29. September 2007, 19:29.

Durchklatschen für Anne Will

Irgendjemand hat, vermutlich in bester Absicht, ein Foto von Anne Will an die Wand im großen Raum hinter Studio G angebracht, wo die wichtigen Menschen sich vorher und hinterher zum Essen, Trinken und Feiern treffen. Da hängt sie nun unter einem Szenenfoto von Sonja Zietlow und Dirk Bach mit Daniel Kübelböck in der Dschungelshow und neben zwei Bildern von Star Search, zu dessen Zeiten hier auch schon gegessen, getrunken und gefeiert wurde. Ein traditionsreicher Ort also.

Edgar, der Regieassistent, hat am Tag vorher noch für Florian Silbereisen gearbeitet, sagt er. Nun steht er vor einem Publikum, das ungefähr je zu einem Drittel aus wichtigen ARD-Menschen (Ulrich Deppendorf), anderen ARD-Menschen (Jens Riewa) und Journalisten (Bascha Mika) besteht. Er erklärt, dass am Anfang der Sendung „durchgeklatscht“ werden muss, und versucht, uns zu einer Art Solidargemeinschaft zusammenzuschweißen. Er sagt: „Machen Sie einfach der Anne Will ’ne schöne Sendung“ (als ob das in unseren Händen läge), und: „Wir müssen ganz fest zusammenhalten“ (das wüsste ich aber).

Dann steht sie plötzlich da, zwei Minuten vor Beginn der Live-Sendung, unfassbar dünn und sehr unscheinbar in ihrem grauen Hosenanzug vor der braunbeigen Kulisse, aber nicht zu übersehen, sobald sie ihr Lächeln einschaltet und sagt: „Ich war letzte Woche nervöser. Wenn’s da gewesen wäre, wär’s doof gewesen.“

Irgendwie ist auch ihr Vertrauen in das geladene Publikum begrenzt. Noch ein Appell, nett zu lächeln und zu klatschen. „Sie haben hier auch was zu tun“, sagt sie sehr lehrerinnenhaft. „Das ist Fernsehen, das ist Show.“ Ja doch!

Es ist faszinierend, Anne Will beim Arbeiten zuzusehen. Sie bewegt sich im Studio, als lebe sie hier seit Jahrzehnten und würde auch im Dunkeln über keine Stufe, kein Kabel stolpern. Sie sitzt in ihrem Sessel, schaut in die Kamera und strahlt mit jeder Pore aus: Das hier ist ihre Sendung. Sie kennt sich hier aus. Sie macht das hier ja nicht zum ersten Mal. Also, schon, aber das wirkt nicht so.

Das Erstaunliche an Anne Will ist, dass sie es schafft, so konzentriert zu sein, dass es entspannt aussieht. Wenn einer ihrer Gäste spricht, schaut sie ihn mit einer ganz besonderen Intensität an. Da gibt es einen Standardblick, der sagt: „Reden Sie weiter, ich hör‘ Ihnen zu“, und eine leicht mokant-amüsierte Variante, die ungefähr sagt: „Na, was Sie nicht sagen“ — die ist besonders für Politiker reserviert.

Und sie hört wirklich zu. Es gibt immer wieder Momente in der Sendung, in denen das auffällt. In denen sie unvermittelt nachhakt. Auf einen Widerspruch verweist. Kleine, böse, schlagfertige Pointen setzt. Nicht viele. Nur ein paar.

Das Schöne an dieser Premierensendung von Anne Will sind diese kleinen Momente, für die die Moderatorin sorgt. Wenn sie amüsiert und mit dem überlegenen Blick einer erwachsenen Frau das unfassbar kindergarteneske Spiel von Jürgen Rüttgers und Kurt Beck verfolgt und knapp kommentiert. Wenn sie nach einem besonders abwegigen Duell die nächste Frage mit den Worten einleitet: „Wenn die Stimmung schon am Boden ist…“ Sie trägt eine gutgelaunte Ernsthaftigkeit durch die Sendung. Nicht so kieksig überdreht wie Maybritt Illner, nicht so pseudoschwer wie Sabine Christiansen.

Neu an Anne Will sind vor allem die zwei Sitzgruppen für Betroffene, Bürger und Experten, die der eigentlichen Gesprächsrunde gegenüber Platz nehmen. Gleich am Anfang der Sendung setzt Anne Will sich zu einer Frau, die unter größtem Engagement für demütigende 1000 Euro brutto im Monat arbeitet. Das Gespräch gibt Anne Will eine Chance, später in der Runde die Politiker immer wieder auf den konkreten Fall zu verweisen und die Politiker zu fragen, was ihre schönen Gesetzesentwürfe denn der Betroffenen bringen würde.

Es ist eine gelungene Premiere für die Moderatorin, aber keine wirklich gute Sendung. Das Thema „Rendite statt Respekt“ gibt allen Anwesenden einen Vorwand, Sonntagsreden über die Arbeit und die Würde des Menschen zu halten — sogar Telekomchef Rene Obermann schafft es ohne große Herausforderung, sich als Konzernchef mit supersozialem Gewissen darzustellen, den die Diskussion um Mindestlöhne schon deshalb nicht interessiert, weil seine Firma locker viel mehr zahlt. Eine Dramaturgie ist nicht erkennbar, nach einer guten Dreiviertelstunde ist sehr die Luft raus, auch aus Anne Will, und dass ein Film in der Mitte der Sendung über eine ausgebrannte Ärztin im bleischweren Stil eines alten „Gott und die Welt“-Beitrages daherkommt, ist nicht hilfreich. Die Minuten dehnen sich.

Aber dann ist Schluss, und Jens Riewa sagt in ein ARD-Mikrofon, wie er die Sendung fand; am roten Teppich, der vom Studio zur After-Show-Party führt, brennen Fackeln; Scheinwerfer malen blaue Lichtstreifen in den Himmel, und es gibt warme Kartoffelsuppe mit Trüffeln aus kleinen Fläschchen mit Bügelverschluss. Und im Nachhinein bin ich mir nicht sicher, ob wir der Anne Will „’ne schöne Sendung gemacht haben“. Vielleicht hätte das auch lieber jemand dem Kurt und dem Jürgen sagen sollen.

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Stefan, 17. September 2007, 17:21.

Die prominente Kurzkritik

Premierengast Kurt Beck beim Verlassen des Studios von Anne Will zu einer Begleiterin:

Naja, war wie immer.
 

Stefan, 17. September 2007, 15:29.

Breaking News

Alles neu bei Wer wird Millionär?:

Günther Jauch trägt Brille!

Stefan, 3. September 2007, 20:18.

Sag beim Abschied leise Serv

Bei Sat.1 am Mittag war es ja so, dass die Moderatorin Mareile Höppner während der laufenden Sendung erfahren hat, dass es die letzte ist. Eine Verabschiedung gab es nicht. Die Zuschauer wurden am nächsten Tag durch ein Laufband in der ersatzweise ausgestrahlten Wiederholung von „Barbara Salesch“ informiert.

Das wirkte ein bisschen herzlos.

Zum Glück kam die Absetzung von Sat.1 News — Die Nacht gestern nicht ganz so plötzlich, und Moderatorin Claudia von Brauchitsch konnte zum Abschied wenigstens ein paar freundliche Worte des Dankes an die Zuschauer richten:

Mögen sie an ihrer Rendite ersticken.

(Mehr über die letzte Ausgabe von Sat.1 News — Die Nacht auch bei DWDL. Danke an ajo für das Video!)

Stefan, 1. September 2007, 16:11.

Hilferufe aus dem Sat.1-Text

Erst habe ich gedacht, im Teletext von Sat.1 seien die gestern im Rahmen der neuen „Überleben durch Selbstmord“-Strategie der Sendergruppe ProSiebenSat.1 kurzfristig eingestellten Boulevardmagazine Sat.1 am Mittag und Sat.1 am Abend nur deshalb noch für morgen angekündigt, weil alle Mitarbeiter dort auch längst entlassen wurden.

Beim genaueren Hinsehen scheint es aber eher so zu sein, dass dort tatsächlich noch Leute arbeiten und das Medium für verzweifelte Hilferufe nutzen:


(Hervorhebungen von mir.)

Stefan, 17. Juli 2007, 01:51.

Sommer, Sonne, Sat.1

1997 (Sat.1). Open-Air-Show.

„Spektakuläre Action, umwerfende Comedy und witzige Spiele“ versprach der Sender und zeigte stattdessen Moderator Jörg Wontorra beim Versuch, im Regenmantel auf Sylt neben Roland Kaiser und Claudia Schiffer gute Laune zu verbreiten. Der Betriebsausflug, der weitgehend ohne Zuschauerbeteiligung stattfand, führte ihn und seine Assistentin Daniela Noack an weiteren Samstagabenden zur Primetime noch nach Kreta, Warnemünde und Ibiza, an den Garda- und den Wolfgangsee und zum großen Finale natürlich nach Mallorca, aber auch wenn das Wetter besser war, heiter war es nie.

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